| Titel: | Ueber die Theorie der Verdünstung. Von Th. Tredgold, Esq. | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. LXXI., S. 261 | 
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                        LXXI.
                        Ueber die Theorie der Verdünstung. Von Th. Tredgold,
                           Esq.
                        Aus dem Philosophical Magazine and Journal. N. 333. S.
                              45.
                        Tredgold, über die Theorie der Verdünstung.
                        
                     
                        
                           Man hat viel uͤber Verduͤnstung geschrieben, allein, man hat sie mehr
                              als Gegenstand von Versuchen betrachtet, als daß man die Grundprincipien aufgesucht
                              haͤtte, auf welche es bei derselben ankommt. Folgende Untersuchung
                              hieruͤber ist nicht auf einen einzelnen Fall beschraͤnkt, sondern man
                              nimmt an, der Dampf entwikele sich von der Oberflaͤche des Wassers.
                           Sobald die Luft, welche mit dem Wasser in Beruͤhrung ist, mit Dampf
                              gesaͤttigt ist, hoͤrt die Verduͤnstung auf, oder es ist
                              Gleichgewicht zwischen den Kraͤften, welche Verduͤnstung erzeugen und
                              hindern.
                           Man nehme nun an, daß ein Theil des Dampfes aus der Luft weggenommen wurde, so wird
                              das Gleichgewicht gestoͤrt worden seyn, und, wenn alle uͤbrigen
                              Umstaͤnde dieselben bleiben, muß das Streben zur Wiederherstellung des
                              Gleichgewichtes im Verhaͤltnisse mit der Menge Dampfes stehen, welche man
                              vorher aus der gesaͤttigten Luft weggenommen hat; denn es wurde nichts
                              geaͤndert, als das Gewicht des Dampfes in einer gegebenen Menge Luft.
                           Allein, da das Gleichgewicht aufgehoben ist, faͤngt die Verduͤnstung wieder an,
                              und der Dampf kann ohne anhaltende Nachhuͤlfe von Waͤrme nicht
                              gebildet werden; es muß daher, um diese Waͤrme zu erhalten, wenn sie aus
                              keiner anderen Quelle, als aus den zunaͤchst umherstehenden Koͤrpern
                              von gleicher Temperatur zufließen kann, die Temperatur der Oberflaͤche, auf
                              welcher der Dampf sich bildet, vermindert werden, damit die Waͤrme aus den
                              benachbarten Koͤrpern oder aus den Theilen desselben Koͤrpers dahin
                              fließt; und da die erforderliche Waͤrme im Verhaͤltnisse zu der Menge
                              Dampfes steht, welche waͤhrend einer gegebenen Zeit gebildet wird, so steht
                              die Verminderung der Temperatur im Verhaͤltnisse mit dieser Menge.
                           Es ist ferner offenbar, daß der gebildete Dampf eine Elasticitaͤt haben wird,
                              welche mit der Temperatur der Oberfläche, aus welcher er erzeugt wird, folglich auch
                              mit der verminderten Temperatur der verduͤnstenden Oberflaͤche in
                              Verhaͤltniß steht.
                           Es sey, T, die allgemeine Temperatur, t, die Temperatur der verduͤnstenden
                              Oberflaͤche bei ihrer lezten Verminderung, und, w, das Gewicht des Dampfes, welcher zur Saͤttigung eines Kubikfußes
                              Luft bei der Temperatur, t, nothwendig ist, in Granen.
                              Wenn es nun durch Versuche erwiesen ist, daß die Verdunstung einer
                              Oberflaͤche von Einem Fuße in Einer Minute = a
                              ist, wenn w = 1 ist; so
                              erhalten wir 1 : a : : w :
                              aw, = gleich der Verduͤnstung, wenn das
                              Gewicht des Dampfes, welcher zur Saͤttigung bei der Temperatur, t, erforderlich ist, w,
                              ist.
                           Es sey ferner, e, die Verduͤnstung in Granen,
                              welche die Temperatur um Einen Grad vermindert, so wird T – t = aw/e; oder, T =
                              t + aw/e. Dieß ist indessen nicht in aller Strenge genau, außer
                              wenn die specifische Waͤrme der Koͤrper bei allen Temperaturen gleich
                              waͤre.
                           Das Gewicht eines Kubikfußes Dampf bei einer Temperatur von 60° (Th.), und bei
                              einem Druke von 30 Zoll ist 329,4 Gran, und wenn, f,
                              irgend eine andere druͤkende Kraft ist, so wird 30 : f : : 329,4 : 329,4f./30 = 10,98f = dem Gewichte eines Kubikfußes unter dem Druke, f, und unter der Temperatur von 60° (Fahrenh.),
                              und bei der Temperatur,
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 20, S. 262
                              
                           beinahe. Das heißt, das Gewicht eines Kubikfußes Dampf ist,
                              bei dem Druke, f, und bei der Temperatur, t, = 5600f/(450 + t) Gran.
                           Die Expansion der troknen Luft durch Saͤttigung derselben mit Feuchtigkeit
                              scheint gleich der Zusezung desselben Volumen Dampfes unter einer Kraft, die er in
                              einem leeren Raume bei derselben Temperatur, jedoch beide auf denselben Druk
                              reducirt, haben wuͤrde. Wenn daher, p, der
                              groͤßere Druk oder die groͤßere Kraft, p',
                              der kleinere ist, so ist, da die Raͤume sich umgekehrt wie die Kraͤfte
                              verhalten, p : p' : : V : V' = p'V/p = dem Volumen des
                              duͤnneren Fluidums, welches mit dem groͤßeren Druke correspondirt;
                              folglich p'V/p + V = V ((p' + p)/p) = dem durch die Ausdehnung vergroͤßerten
                              Volumen.
                           Wenn die Luft so duͤnn ist, daß die Kraft derselben geringer ist, als jene des
                              Dampfes bei gleicher Temperatur, so druͤkt, p,
                              die Kraft der Luft aus; wenn aber die elastische Kraft der Luft jene des Dampfes bei
                              gleicher Temperatur uͤbertrifft, so ist p = der
                              Kraft der Luft.
                           Wenn die Kraͤfte dieselben sind, oder p' = p, so wird das Volumen, durch die Expansion
                              verdoppelt.
                           General Roy's Versuche stimmen, so weit sie verfolgt
                              wurden, sehr genau mit dieser Formel. Allein die Vergleichung dieser Versuche, die
                              Hr. Daniell anstellte, ist nicht ganz richtig. Das
                              Volumen der Luft muß das Volumen derselben bei der Temperatur des Dampfes, und nicht
                              das vergroͤßerte nach der Expansion seyn, wie er in seinen Essays, S. 176. animmt. Ein Beispiel wird dieß
                              deutlicher zeigen.
                           Wir nehmen hier Hrn. Daniell's Fall (das Volumen er
                              gesaͤttigten Luft bei 32° zu finden, wenn das der trokenen ei Zero die
                              Einheit ist), wo er 30 : 30,216 : : 1 : 1,0072 hat, welches, zur Expansion, =
                              0,07802 addirt, 1,08522 gibt.
                           Es sollte aber heißen 30 : 30,216 : : 1,07802 : 1,08578. Bei meiner Vergleichung
                              sezte ich die Luft bei 0 gesaͤttigt; und obschon die Formel alle Zahlen etwas
                              groͤßer gibt, kommen sie noch der Wahrheit naͤher, als nach Hrn. Daniell's Rechnungen.
                           
                           Wenn diese Grundsaͤze uͤber Vermischung des Dampfes mit Luft richtig
                              sind, so wird ein Kubikfuß trokener Luft bei der Temperatur, t, mit 5600f/(450 + t) Granen Dampf von derselben Temperatur gesaͤttigt seyn. Wenn
                              also, x, die Temperatur auf dem Depositions-Puncte, und,
                              t, die Temperatur der verduͤnstenden
                              Oberflaͤche ist, so erhalten wir
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 20, S. 263
                              
                           oder der Verduͤnstung einer Einen □ Fuß
                              betragenden Oberflaͤche in Einer Minute in Granen.
                           Da, t, nun die Temperatur der verduͤnstenden
                              Oberflaͤche ist, so wird die allgemeine Temperatur T = t + E/e
                              seyn.
                           Die dynamische Frage in Hinsicht auf die Geschwindigkeit, mit welcher der Dampf aus
                              der verduͤnstenden Oberflaͤche aufsteigt, bleibt noch zu betrachten
                              uͤbrig, und wird wahrscheinlich einen der Leser dieser Zeitschrift
                              beschaͤftigen.