| Titel: | Ueber Verfertigung, Wahl und Behandlung eines Rasier-Messers. Von Hrn. E. Rhodes, Messerschmid zu Sheffield. | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. LXXIV., S. 267 | 
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                        LXXIV.
                        Ueber Verfertigung, Wahl und Behandlung eines
                           Rasier-Messers. Von Hrn. E.
                              Rhodes, Messerschmid zu Sheffield.
                        Aus Hrn. Gill's technical Repository. N. 49. S.
                              46.
                        Rhodes, über Verfertigung, Wahl und Behandlung eines
                           Rasier-Messers.
                        
                     
                        
                           Hr. Gill sezt hier seinen im VII. Bd. S. 47. seines Repository (Polytechn. Journ. Bd. XVII. S. 188.) begonnenen Auszug aus dem
                              trefflichen Werke des Hrn. Rhodes fort.
                           
                              „Was man taͤglich zu thun hat, muß so
                                    gut, und so bequem als moͤglich
                                 gethan werden. Barbieren mit einem schlechten, oder
                                 selbst mit einem mittelmaͤßigen Rasir-Messer
                                 gehoͤrt zu den Muͤhseligkeiten des
                                    menschlichen Lebens. Barbieren ist eine Operation, die man sich ehe
                                 gefallen lassen, als suchen muß, die zuweilen mit Schmerzen verbunden ist, und,
                                 da sie nicht wohl vermieden werden kann, fuͤr jeden Fall so wenig
                                 laͤstig, als moͤglich, gemacht werden muß. Man hat daher jede neue
                                 Form und Zuthat an einem Rasir-Messer, ja selbst an einem Streichriemen, mit einer Art von Begierde aufgenommen; die
                                 Taͤuschungen haben alle ihren Gluͤkstag gefunden, und
                                 wahrscheinlich der Absicht entsprochen, in welcher sie geschaffen
                                 wurden.“
                              
                           
                              „Ueber Schwere und Form eines Rasir-Messers werden wenige Bemerkungen hinreichen, indem
                                 die Haupteigenschaften eines solchen in ganz etwas anderem bestehen,
                                 naͤmlich in. der Regelmaͤßigkeit und Zwekmaͤßigkeit seiner
                                 Hoͤhlung, in seiner Haͤrte, und in der Dauerhaftigkeit
                                 seiner Schneide. Indessen hat auch Schwere und Form
                                 ihre Wichtigkeit, und verdient Aufmerksamkeit. Die Schwere wird durch die Laͤnge bestimmt, die, nach den
                                 Fabrikregeln, zwischen 4 bis 5 Zoll betraͤgt. Die Dike des Ruͤkens
                                 der Klinge muß ein bestimmtes Verhaͤltniß zu seiner Breite haben,
                                 welches, allgemein gesprochen, drei zu Eins und einem Halben ist, obschon dieses
                                 Verhältniß auch
                                 etwas Abaͤnderung erlaubt: man muß jedoch wissen, daß, je weiter man sich
                                 von demselben entfernt, desto unbrauchbarer das Rasir-Messer wird. Die Ursache
                                 hiervon ist offenbar. Das Rasir-Messer muß abgezogen werden, und dabei
                                 gleichfoͤrmig auf der Schneide und auf dem Ruͤken liegen. Wenn man
                                 also eine schmale Klinge mit einem unverhaͤltnißmaͤßig diken
                                 Ruͤken abzieht, so erhaͤlt man eine kurze und dike Schneide, mit
                                 welcher man sich auf keine Weise bequem barbiren kann. Wenn aber, auf der
                                 anderen Seite, die Klinge zu breit, und der Ruͤken zu leicht ist, so wird
                                 eine lange und duͤnne Schneide unvermeidlich zum Vorscheine kommen
                                 muͤssen, und diese wird einem starken Barte auch nicht einen Augenblik zu
                                 widerstehen vermoͤgen. Es ist also offenbar, daß gehoͤriges
                                 Verhaͤltniß zwischen Breite und Dike der Klinge mehr
                                 Beruͤksichtigung verdient, als die Laͤnge, welche leztere so sehr
                                 einzig und allein von freier Wahl abhaͤngt, daß alles, was man
                                 daruͤber sagen koͤnnte, uͤberfluͤßig ist. Die Starke
                                 und Dike, folglich auch die Schwere des Haͤlters, (die englischen
                                 Messerschmide nennen ihn the
                                 tang), auf welchen man den Finger auflegt,
                                 verdient gleichfalls alle Aufmerksamkeit. Man muß hier ein gewisses
                                 Verhaͤltniß beobachten, wenn nicht die Guͤte des besten
                                 Rasir-Messers dadurch leiden soll: wenn er zu dik und schwer ist, so wird die
                                 Schwere des schneidenden Theiles der Klinge dadurch so sehr vermindert, daß man
                                 stark druͤken muß, wenn das Messer seinen Dienst thun soll; wenn er zu
                                 duͤnn und leicht, wie an den franzoͤsischen Rasir-Messern ist, so
                                 kann man das Messer nicht fest in der Hand halten. Jedes Extrem muß daher hier
                                 sorgfaͤltig vermieden werden. Uebermaͤßige Staͤrke oder
                                 Schwere des Griffes erzeugt dasselbe.“
                              
                           
                              „Es entsteht hier natuͤrlich die Frage: wie kann ein unerfahrner
                                 Messer-Schmid diese Fehler alsogleich entdeken? Wenn das Auge, das alsogleich
                                 jedes Mißverhaͤltniß entdekt, in diesem Falle kein sicherer Leiter seyn
                                 sollte,Wie soll der junge Arbeiter seine Augen als Fuͤhrer brauchen
                                       lernen, wenn in Schul-Instructionen den Schullehrern befohlen wird, den
                                       Kindern zu verbrechen, daß sie nicht ihre Augen oͤffnen, sondern
                                       dieselben „immer niedergeschlagen, und
                                             vor sich hingekehrt haben sollen.“ Die Natur gab
                                       unserem Auge acht Muskel, um es frei zu bewegen, und unsere Schulen
                                       Minister wollen, daß das Auge so stokstill stehen soll, wie an
                                       einem abgestochenen Ziegenboke! Sie sollen lieber befehlen, man solle
                                       den Kindern gar die Augen ausstechen, damit sie weder sehen, noch ein
                                       Augenmaß bekommen. Man lese, was uͤber Erlernung des Augenmaßes
                                       der unsterbliche Maclure in seinem Berichte
                                       uͤber die Pestalozzische Methode in eben diesem Hefte von Gill's
                                       Repository sagt. A. d. Ueb. so soll er das Messer in die Hand nehmen; sie wird den Fehler sicher
                                 entdeken. Ehe man
                                 daher ein Rasir-Messer kauft, muß man es in die Hand nehmen, und in derselben
                                 Richtung halten, in welcher man es bei dem Rafiren halten muß. Wenn es zu
                                 duͤnn am Halter ist, wird man bald fuͤhlen, daß man es nicht ohne
                                 staͤrkeres Ergreifen, als bei einer so zarten Arbeit, wie das
                                 Bartschaben, nicht wohl thunlich ist, in einer schneidenden Richtung erhalten
                                 kann, und, wenn er zu dik oder zu schwer ist, wird man, obschon man dann das Messer
                                 viel leichter und bequemer haͤlt, sehr bald fuͤhlen, daß der
                                 schneidende Theil der Klinge so sehr von der Hand uͤberwogen wird, daß
                                 auch hier, obschon aus einer entgegengesehen Ursache, bedeutender Kraftaufwand
                                 nothwendig ist, um das Rasir-Messer mit gehoͤriger Wirkung zu
                                 fuͤhren.“
                              
                           
                              „In dem Gefuͤhle der Vortheile einer festen und zugleich leichten
                                 Haltung eines Rasir-Messers haben einige Messerschmide empfohlen, wenigstens die
                                 Seiten, wenn nicht den ganzen Haͤlter feilenartig auszuhauen; hierdurch
                                 leidet aber die Eleganz und die hoͤhere Vollendung dieses Instrumentes,
                                 wenn man auch an der Nuͤzlichkeit dieser Vorrichtung nicht zweifeln
                                 kann.“
                              
                           
                              „Die Form ist eben so wichtig, wie die Schwere, und durchaus nicht so rein
                                 willkuͤrlich, wie Man allgemein glaubt; wenigstens hat eine Form einen
                                 entschiedenen Vorzug vor der anderen.“
                              
                           
                              „Ungleiche Breite, die nothwendig eine verhaͤltnißmaͤßige
                                 Ungleichheit in der Dike des Ruͤkens einschließt, ist immer mehreren
                                 Schwierigkeiten unterworfen, die vorzuͤglich von der weit
                                 groͤßeren Sorgfalt herruͤhren, welche man während des Verlaufes
                                 der Fabrication eines solchen Messers auf dasselbe verwenden muß, und noch mehr
                                 von dem sehr kritischen Verfahren bei dem Harten desselben; denn, während man
                                 den dikeren Theilen der Klinge den erforderlichen Grad der Hize gibt, werden die
                                 duͤnneren meistens so sehr uͤberhizt, daß das ganze Rasir-Messer
                                 unwiderbringlich verloren, und gaͤnzlich verdorben ist. Man muß gestehen, daß sich
                                 diesem furchtbaren Nachtheile begegnen laͤßt: allein, dieß kann nur durch
                                 große Sorgfalt und Behutsamkeit geschehen.“
                              
                           
                              „Ein Rasir-Messer mit gerader Schneide taugt durchaus nicht zu allgemeinem
                                 Gebrauche; es paßt nur fuͤr jene, die uͤberzeugt sind, daß jedes
                                 schneidende Werkzeug, von der Saͤge bis zum Rasir-Messer, aus einer
                                 regelmaͤßigen Reihe von Zaͤhnen oder Spizen besteht, die
                                 naͤher oder weiter von einander stehen, und die gelernt haben, zwischen
                                 der Operation des Schneidens und des Krazens, (wenn
                                 man es so nennen darf), zu unterscheiden. Lezteres ist indessen die herrschende
                                 Manier beim Barbieren; es ist mehr oder minder, der Schlendrian beinahe aller,
                                 die sich selbst den Bart abschaben. Da dieß nun ein Uebel ist, das sich nicht
                                 gaͤnzlich beseitigen laͤßt, so muß wenigstens einige Verkehrung
                                 dagegen getroffen werden. In wiefern dieß in der Gewalt des Messerschmides
                                 liegt, wird vielleicht aus folgenden Bemerkungen erhellen. Es mag hier als
                                 Grundsaz gelten, daß, der Ruͤken des Rasir-Messers mag was immer
                                 fuͤr eine Form haben, die Schneide desselben immer einen Theil eines
                                 Kreises beschreiben muß.“
                              
                           
                              „Es muß jedem, der nur etwas uͤber diesen Gegenstand nachgedacht,
                                 und einige Aufmerksamkeit auf die Art und Weise, wie ein Rasir-Messer gebraucht
                                 wird, gewendet hat, so ziemlich einleuchtend seyn, daß eine, hier empfohlene,
                                 kreisfoͤrmig gekruͤmmte Klinge,
                                 selbst wenn sie auf eine so unverstaͤndige Weise, wie wir oben
                                 andeuteten, gebraucht wird, einen entschiedenen Vortheil gewaͤhrt; man
                                 mag sie schief uͤber das Gesicht von der Spize bis zum Absaze
                                 fuͤhren, oder ohne ihr die mindeste schiefe Richtung zu geben, sie gerade
                                 vorwaͤrts ziehen, sie muß nothwendig schneiden, selbst dann, wo ein
                                 Rasir-Messer mit gerader Schneide nichts anderes thun
                                 wuͤrde, als die Haut fretten und wund machen, ohne den Bart
                                 wegzunehmen.“
                              
                           
                              „Man muß indessen immer gestehen, daß der Vorzug eines Rasir-Messers mit
                                 voller oder gekruͤmmter Schneide vor einem Rasir-Messer mit gerader
                                 Schneide hinsichtlich des Schneidens vorzuͤglich in der hoͤchst
                                 fehlerhaften Art zu barbieren besteht; und so lang als dieser Fehler noch
                                 fortwaͤhren wird, so lang wird ein Rasir-Messer mit voller Schneide einen
                                 entschiedenen Vorzug voraus haben. Es geschieht nicht selten, daß gewisse Herren, die unter
                                 dem Barbieren stoͤhnen und seufzen, ihr Bluten, Schinden und Grinsen der
                                 Schlechtheit des Rasir-Messers zuschreiben, waͤhrend der Hauptfehler bloß
                                 an ihnen selbst gelegen ist.“
                              
                           
                              „Krazen und Schneiden ist nicht einerlei; wenn man, allem guten Rache
                                 zuwider, die ganze Schneide eines Rasir-Messers auf einen Theil seines Gesichtes
                                 anlegen, und in gerader Linie nach abwaͤrts ziehen will, wie der Mezger
                                 die Borsten von dem Ruͤken eines Schweines abkrazt, statt daß er der
                                 Schneide jedes Mahl eine schiefe und schneidende Richtung gibt, so wird man sich
                                 nicht selten in einer peinlichen Lage befinden, und alle die
                                 Verwuͤnschungen, die man gegen das Messer ausstoͤßt, werden keine
                                 Erleichterung gewaͤhren.“
                              
                           
                              „Form, Schwere, gehoͤriges
                                    Verhaͤltniß verbunden mit dem gehoͤrigen Grade von Haͤrte sind allerdings wesentliche Bedingungen
                                 eines guten Rasir-Messers: allein, zur Guͤte
                                 desselben gehoͤrt auch eine regelmaͤßige und
                                    zwekmaͤßige Aushoͤhlung, oder Concavitaͤt. Es ist bekannt, daß diese regelmaͤßige
                                 Aushoͤhlung dem Messer mittelst des Schleifens gegeben wird, indem man
                                 Steine von verschiedenem Durchmesser, (der zwischen vier und zwoͤlf Zoll
                                 wechselt), je nachdem der Preis des Messers verschieden seyn soll, anwendet. Es
                                 muß jedem auffallen, daß dieser Umstand allein schon einen hoͤchst
                                 wichtigen Unterschied in der Schneide hervorbringen muß.“
                              
                           
                              „Das Schleifen der Rasir-Messer auf einem vierzoͤlligen Steine ist
                                 in neueren Zeiten so allgemein geworden, daß man uns hier fuͤglich einige
                                 Bemerkungen uͤber die angeblichen Vorzuͤge dieses Verfahrens
                                 erlauben kann. Es laͤßt sich leicht einsehen, daß ein auf diese Weise
                                 verfertigtes Rasir-Messer nothwendig eine sehr duͤnne Schneide bekommen
                                 muß; ein Umstand, der, fuͤr sich allein schon, dasselbe nicht allgemein
                                 brauchbar macht, obschon es in einzelnen Faͤllen mit Vortheil angewendet
                                 werden mag. Ein starker drahtartiger Bart wird alle die hochgepriesene
                                 Vortrefflichkeit eines solchen Messers bald auf die Probe stellen, und beweisen,
                                 daß hier ein geringerer Grad von Aushoͤhlung, und folglich eine
                                 staͤrkere und festere Schneide, unerlaͤßlich nothwendig ist. Aus
                                 den hier angefuͤhrten Beobachtungen erhellt, daß die Concavitaͤt
                                 der Klinge jedes Mahl der Staͤrke des zu beseitigenden Hindernisses
                                 angemessen seyn muß. Rasir-Messer, die auf Steinen von sechs bis sieben Zoll im
                                 Durchmesser
                                 abgeschliffen sind, kann man als die zum allgemeinen Gebrauche am meisten
                                 tauglichen empfehlen; sie sind fuͤr jeden, auch noch so harten, Dienst
                                 hinlaͤnglich ausgehoͤhlt oder ausgeschliffen, und vereinigen die
                                 gehoͤrige Staͤrke und Festigkeit der Schneide mit dem
                                 erforderlichen Grade von Duͤnnheit, wenn anders die Staͤrke, des
                                 Ruͤkens, und die Breite der Klinge damit in gehoͤrigem
                                 Verhaͤltnisse steht.“
                              
                           
                              „Diese Aushoͤhlung der Klinge muß ferner hoͤchst
                                 gleichfoͤrmig und regelmaͤßig seyn, denn sonst wird die Schneide
                                 ungleich: ein Fehler, den der Stein, auf welchem man denselben abzieht, ehe
                                 vermehren, als vermindern wird, und der nur durch ein gaͤnzliches neues
                                 Ueberschleifen auf eine vollkommnere Weise beseitigt werden kann. Der Stein, auf
                                 welchem man ein neues Rasir-Messer abzieht, laͤßt auf demselben einen
                                 Eindruk zuruͤk, welcher ein sicheres Kennzeichen gewaͤhrt, wodurch
                                 man diesen fuͤrchterlichen Fehler alsogleich erkennen kann. Es bilden
                                 sich naͤmlich zwei Linien, die eine auf der Schneide, die andere auf
                                 jenem Theile des Ruͤkens, welcher waͤhrend des Abziehens auf dem
                                 Steine ruht.
                              
                           
                              Wenn man das Rasir-Messer genau untersucht, wird man diese Linien, welche sich
                                 durch eine verschiedene Art von Politur unterscheiden, leicht entdeken; an
                                 einigen Rasir-Messern sind sie hoͤchst ungleich, und geben von der Spize
                                 bis zu dem Absaze sehr verschiedene Breiten; an anderen sind sie in vollkommen
                                 gleicher Breite und umwandelbarer Regelmaͤßigkeit. Auf diese Linien muß
                                 man mit aller Aufmerksamkeit achten, indem sie ein sicheres Mittel darbiethen,
                                 durch welches auch der oberflaͤchlichste Beobachter eine fehlerhafte
                                 Arbeit an einem der ersten Erfordernisse eines guten Rasir-Messers entdeken
                                 kann. Es ist kaum noͤthig noch beizufuͤgen, daß, wo diese Linien
                                 gleich weit von einander sind, auch eine regelmaͤßige und gleichfoͤrmige Concavitaͤt nicht fehlen kann, und daß
                                 man, im entgegengesezten Falle, auf keine gute Schneide rechnen
                                 darf.“
                              
                           
                              „Aus dem bisher Gesagten erhellt, daß man kein untruͤgliches
                                 Kennzeichen aufstellen kann, nach welchem man alle an einem Rasir-Messer
                                 vorkommenden Fehler mit Sicherheit entdeken kann. Einige derselben liegen
                                 allerdings vor Augen; andere sind aber verborgen, und entziehen sich der
                                 Beobachtung.“
                              
                           
                              „Rasir-Messer wurden in fruͤheren Zeiten in einiger Hinsicht eben
                                 so gut verfertigt, als man sie gegenwaͤrtigt macht; es war wirklich einmahl eine
                                 Zeit, wo man Rasir-Messer zum Barbieren machte: in
                                 den neueren Zeiten macht man sie zum Verkaufen, ohne auf
                                    das Barbieren oder irgend etwas anderes Ruͤksicht zu nehmen. Man
                                 scheint weder die Guͤte des Materiales, welches man bearbeitet, noch die
                                 Art, wie dasselbe am Besten bearbeitet werden kann; zu studieren. Nur zu oft
                                 wird dem Publicum ein wohlfeiles und unbrauchbares Messer aufgebuͤrdet,
                                 und auf diese Weise der Ruf der Messerschmide zu Sheffild untergraben. Indessen
                                 findet sich unter der Masse unbedeutender Waare, die aus diesem alten
                                 Stapel-Plaze aller Messerschmid-Arbeiten ausgeht, noch manches Stuͤk von
                                 der ausgezeichnetesten Guͤte, das man der besten Arbeit in der Welt
                                 gleichstellen kann, wenn es dieselbe nicht vielleicht gar
                                 uͤbertrifft.“
                              
                           
                              „Man hat neulich einige neue und wichtige Verbesserungen am Stahle
                                 versucht, welche, wenn sie endlich gelingen, sowohl fuͤr die Verfertigung
                                 der Rasir-Messer, als jeder anderen Art von Messerschmid-Arbeit hoͤchst
                                 nuͤzlich werden koͤnnen. Herr Stodart, F. R.
                                    S. (der vor Kurzem starb), und Hr. Faraday,
                                 Assistent an der Royal Institution, hat der Royal Society eine wichtige Mittheilung gemacht, in
                                 welcher diese beiden hochverdienten Maͤnner eine Reihe von Versuchen
                                 beschreiben, die sie in der Absicht unternahmen, um zu bestimmen, in wiefern der
                                 feinste Stahl durch Zusaz von anderen Metallen verbessert werden kann. Einige
                                 dieser Versuche scheinen sehr gluͤkliche Resultate gegeben zu haben, und
                                 koͤnnen vielleicht in kurzer Zeit der Stadt Sheffild sehr wichtige
                                 Dienste leisten. Es kann nicht fehlen, daß Anwendung chemischer Kenntnisse auf
                                 Verbesserung des feinsten Stahles von wohlthaͤtigen Folgen seyn muß.
                                 Dieses herrliche und hoͤchst nuͤzliche Metall wurde in neueren
                                 Zeiten auf einen Grad von Reinheit und Vollkommenheit gebracht, deren man ehevor
                                 dasselbe fuͤr gaͤnzlich unfaͤhig erklaͤrte: man darf
                                 indessen ja nicht glauben, daß man bereits den hoͤchsten Grad von
                                 Vollkommenheit an demselben erreichte: eine solche Voraussezung wuͤrde
                                 nicht bloß unverstaͤndig, sondern zugleich auch verderblich und ungereimt
                                 seyn. Das Publicum ist daher jenen Maͤnnern allen Dank schuldig, die, in
                                 geduldiger und muͤhevoller Forschung, verborgene Eigenschaften entdeken,
                                 die chemischen Verwandtschaften aufspuͤren, und die Geheimnisse der Natur
                                 auf eine in das Leben eingreifende nuͤzliche Weise verwenden. Die HHrn. Stodart und Faraday haben
                                 ihre Untersuchungen mit aller Geduld unter einer Menge unguͤnstiger
                                 Umstaͤnde und ungenuͤgender Resultate fortgesezt.Wir haben sie im polytechn. Journ. Bd.
                                          III. S. 19. u. Bd. VIII S.
                                          252 ausfuͤhrlich mitgetheilt. A. d. R. Die Combinationen, die sie vermutheten, hatten nicht immer Statt; sie
                                 faͤnden aber endlich die genauen Verhaͤltnisse, welche zur Bildung
                                 einer vollkommenen Legirung des Stahles mit Silber, Platinna etc. nothwendig
                                 sind. Die erstere dieser Verbindungen, sagen sie, „liefert einen
                                    Stahl, der haͤrter, als der beste Guß-Stahl, und selbst
                                    haͤrter, als indischer Wootz ist; die daraus verfertigten Arbeiten
                                    sind von der hoͤchsten Guͤte.“
                                 „Silber kann dem Stahle, sagen sie, „in jedem Falle mit
                                    Vortheil zugesezt werden, wo man sehr guten Stahl noͤthig
                                    hat.“
                                 
                              
                           
                              „Um zu sehen, in welchem Verhaͤltnisse Stahl durch Silber-Legirung,
                                 wie die HHrn. Stodart und Faraday empfahlen, besser werden kann, machte ich eine Reihe
                                 aͤhnlicher Versuche, deren Resultate alle die Wichtigkeit ihrer
                                 Untersuchungen, und die Genauigkeit ihrer Schluͤsse bewiesen. Meine
                                 naͤchste Absicht war, diesen verbesserten Stahl zu verarbeiten, und seine
                                 hoͤheren Vorzuͤge durch die Vortrefflichkeit der daraus
                                 verfertigten Arbeiten zu erweisen. Ich habe mich nun beinahe ein Jahr lang
                                 dieses verbesserten Stahles in meiner Fabrike bedient, und die seit dieser Zeit
                                 daraus verfertigten Rasir-Messer sind stets auf eine entschiedene Weise besser
                                 ausgefallen, sowohl in Hinsicht auf Feinheit, als auf Dauerhaftigkeit der
                                 Schneide; sie sind besser geworden, als sie bisher noch nirgendwo im ganzen
                                 Koͤnigreiche gewesen sind.“
                              
                           
                        
                           Ueber das Abziehen der Rasir-Messer auf dem Steine, und
                              uͤber das Streichen derselben auf dem Riemen.
                           
                              „Man bediene sich des SteinesDer Eisenstein-Wezstein (iron-stone hone)
                                       gibt dem Rasir-Messer, obschon man denselben nur selten braucht, die
                                       feinste Schneide. Man findet ihn in jenen Eisen- und Kohlengruben, die
                                       in Brand geriethen, und er kommt unter dem Namen kuͤnstlicher Jaspis (artificial jasper) vor. Man hat ihn von verschiedenen Graden
                                       von Feinheit. Gill. nur selten, nehme nur selten seine Zuflucht zu demselben, und nie
                                 fruͤher, als bis durch haͤufiges und wiederholtes Streichen auf
                                 dem Riemen die Schneide des Rasir-Messers
                                 gaͤnzlich verloren gegangen ist; man bediene sich des besten lichten
                                 Oehles, und sorge dafuͤr, daß der Stein immer rein und frei von allem
                                 Staube erhalten wird. Wer immer starken Bart und zarte Haut hat, wird sehr gut
                                 thun, wenn er vor dem Barbieren das Gesicht gut mit Seife und Wasser
                                 waͤscht; je mehr und besser man die Seife zu Schaum schlägt, und je
                                 langer man den Bart einseift, desto leichter wird man sich barbieren. Man tauche
                                 das Messer, ehe man es auf dem Gesichte anlegt, in heißes Wasser, lege die
                                 Klinge beinahe flach an, und sorge dafuͤr, daß man derselben immer einen
                                 schneidenden, statt einen krazenden oder schabenden, Zug gibt. Nach
                                 dem Barbieren streiche man das Messer alsogleich auf dem Riemen, um alle
                                 Feuchtigkeit zu beseitigen, die auf der Schneide hangen geblieben seyn
                                 koͤnnte, und bediene sich keines gewoͤhnlichen Streichriemens, indem die Composition, mit
                                 welcher diese Riemen gewoͤhnlich belegt sind, immer schlecht und dem
                                 Messer nachtheilig ist. Der Riemen muß von der besten Ledersorte seyn, und wenn
                                 die Composition abgegangen ist, so ist es am besten, denselben mit etwas reinem
                                 Talge zu uͤberreiben, und dann etwas von dem obersten Theile eines
                                 gepuzten Dochtes darauf zu thun, der ein feines Pulver bildet, welches so gut
                                 ist, als die beste Composition, die man jemahls zu diesem Zweke angewendet hat.
                                 Eine andere treffliche Methode einen Streichriemen zu verjuͤngen, ist
                                 diese, daß man ihn gut mit sogenanntem Pinter (pewler)Einer Composition aus 9–10 Theilen, und ein Theil Spießglanz. A.
                                       d. Ueb. uͤberreibt, und das Leder mit den feinsten Metalltheilchen
                                 impraͤgnirt.“
                              
                           
                              „Am Schluͤsse dieser Bemerkungen kann ich nicht unterlassen gegen
                                 den elastischen Polster-Streichriemen zu Protestiren,
                                 welcher dadurch, daß er dem Druke des Messers leicht nachgibt, die feine, scharfe, flache Schneide, die der Stein
                                 erzeugt, leicht wegnimmt, und dafuͤr eine verderbliche runde Schneide gibt. Ein flacher Streichriemen, der
                                 nicht zu sehr mit Leder uͤberladen ist, ist am Besten geeignet, die Form
                                 zu unterhalten, die der Stein der Schneide gegeben hat; alle anderen Riemen sind
                                 nur dazu, um praktisch alle Theorie zu zerstoͤren, nach welcher man dem
                                 Messer eine gute Schneide gegeben hat.“