| Titel: | Ueber Seidenzucht. | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. LXXXI., S. 287 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber Seidenzucht.
                        Ueber Seidenzucht.
                        
                     
                        
                           Da es scheint als fingen wir endlich in Nord-Europa an, eben so gescheidt zu werden,
                              als die Bauern in China, auf Japan und in Ost-Indien, es bereits seit Jahrtausenden
                              gewesen sind, indem sie, statt ihre Weiber und Kinder rauhen Hanf und Flachs zu
                              grober Leinwand verarbeiten zu lassen, die weit fleißigeren und geschikteren kleinen
                              Spinn-Maschinen, genannt Seiden-Raupen, Seide fuͤr sich spinnen lassen, und
                              sich in den leichtesten und feinsten, elegantesten und gesuͤndesten Stoff, in
                              Seide, statt in Sakleinwand, kleiden; da ferner jezt uͤberall auf dem festen
                              Lande, wie auf der großen Insel, die das feste Land und alle Meere beherrscht,
                              Seidenzucht an der Tages-Ordnung ist; so wird man es uns nicht verargen, wenn wir, dem Beispiele
                              des Technikers Gill auf jener Insel folgend.
                              Beitraͤge zur Geschichte der Seidenzucht am Ende des vorigen Jahrhundertes
                              liefern.
                           Die Gesellschaft zur Aufmunterung der Kuͤnste,
                                 Manufacturen und des Handels (Society for the Encouragement of
                                 Arts, Manufactures and Commerce) hat das Verdienst, durch Preise
                              zuerst in England zur Seidenzucht ermuntert zu haben. Hr. Gill (und nach ihm, polytechn. Journ. Bd. XVI. S. 243. Bd. XVIII. S.
                                 74. und S. 440.), hat die
                              fruͤhesten Versuche der Frau Williams, Jungfrau
                              Rhodes, und des hochw. Hrn. Swayne aus den Transactions dieser
                              Gesellschaft erzaͤhlt. Er liefert nun N. 49. S. 31, aus
                                 dem VIII. Bd. der Transactions dieser Gesellschaft die kurze Notiz
                              uͤber Hrn. Salvatore
                                 Bertezen's Seidenzucht in England. Dieser Herr lieferte im Jahre 1790
                              fuͤnf Pfund Seide von 12,000 Raupen, die er in England zog, und erhielt
                              dafuͤr auch die goldene Medaille. Die Cocons, so wie die davon abgehaspelten
                              Seiden-Straͤhne, waren von der schoͤnsten Qualitaͤt, und Hr.
                              Bertezen nahm keinen Anstand zu erklaͤren, daß
                              das Klima von England fuͤr Seidenzucht guͤnstiger ist, als jenes von
                              Italien.
                           Hr. Swayne fand sich durch dieses glaͤnzende
                              Resultat des Hrn. Bertezen im folgenden Jahre zu einem
                              Aufsaze veranlaßt, welcher sich im X. Bande der Transactions
                                 of the Society for Encouragement etc. befindet, und welchen Hr. Gill in seinem Repository. N.
                              49. S. 32. mittheilte, und aus welchem wir hier einen gedraͤngten Auszug
                              liefern.
                           Hr. Swayne bemerkt, daß Hr. Bertezen, welcher, bald nachdem er den Preis erhalten hatte, England
                              verließ, eine ausgezeichnet gute Raçe von Raupen besaß, von welcher er
                              Niemanden um keinen Preis ein Ey zukommen ließ, und daß er seine Weise, die Raupen
                              zu behandeln geheim hielt. Er bemerkt ferner, daß Hrn. Bertezen's Resultat von jenem der Miß Rhodes
                              sehr abweicht, nach deren Rechnung 30,000 Raupen zu 5 Pfund Seide nothwendig sind,
                              und nicht 12,000. Er vermuthet, daß Hr. Bertezen, da die
                              Seide nach Troy-Gewicht verkauft wird, sein Pfund zu 12 Unzen (24 Loth) rechnete,
                              waͤhrend Miß Rhodes nach Avoir-dupois gerechnet hat; so daß also, nach ihrer Rechnung, nur 21,600
                              Raupen zu 5 Pfund Seide nothwendig waͤren; noch immer ein bedeutender Unterschied. Frau Williams sagt, daß sie von 244 Cocons beinahe anderthalb
                              Unzen (3 Loth) Seide erhielt; sie wuͤrde also zu 5 Pfunde Seide Troy-Gewicht
                              14,640 Raupen gebraucht haben. „Ich zog“, sagte er,
                              „im vorigen Jahre kaum 100 Raupen (bloß des Versuches wegen, und um
                                 die Brut nicht ausgehen zu lassen), und ließ sie alle ihre Cocons durchbohren.
                                 Nur 50 konnten abgehaspelt werden, und die von diesen Cocons troken abgehaspelte Seide wog genau 100 Gran.
                                 Hiernach wuͤrde man auf 5 Pfund, Seide (Troy-Gewicht), 15,550 Raupen
                                 rechnen muͤssen. Die auf diesen 50 Cocons zuruͤckgebliebene Seide
                                 wog, nach dem Abhaspeln, noch 33 Gran. Wenn man hiervon nur die Haͤlfte
                                 zu der abgehaspelten Seide addirt, so wuͤrde man fuͤr obige 5
                                 Pfund Seide nur 13,405 Raupen brauchen; und dieser Unterschied ist nicht sehr
                                 bedeutend.“
                              
                           „Es ist aber auch moͤglich“, faͤhrt er fort,
                              „daß Hr. Bertezen seine Seide nach Avoirdupois Gewicht rechnete, und die runde Zahl,
                                 12,000, nach einer Regel annahm, die er in einer Broschuͤre uͤber
                                 Seidenzucht aufstellte, wo er 150 Cocons, deren jeder im Durchschnitte 5 Gran
                                 wiegt, auf Eine Unze (2 Loth), Organsin Seide rechnet, was, das Pfund zu 16
                                 Unzen gerechnet, genau 12,000 Raupen gibt. Bertezen
                                 sagt naͤmlich in jener Broschuͤre: „Diese
                                    Cocons“ (er meint jene, die er das Jahr vor der Herausgabe dieser
                                 Broschuͤre in England zog), „wogen, nach dem Einsammeln, jeder
                                    6 Gran; einige wogen fuͤnf; die schwaͤchsten vier. Um also
                                    zwei Loch Organsin-Seide zu erhalten, werden 150 solcher Cocons
                                    hinreichen.“ Ich muß gestehen, daß ich den Ausdruk: nach dem Einsammeln, (after
                                    gathering) nicht recht verstehe. Beim ersten Lesen sollte man meynen,
                                 es waͤre hier das Einsammeln der Cocons von den Zweigen verstanden, auf
                                 welchen die Raupen sich einspannen; allein; da die Puppe in diesem Falle noch in
                                 denselben eingeschlossen ist, mußten sie schwerer wiegen. Es kann auch nicht
                                 heißen, nachdem die Puppen getoͤdtet und getroknet wurden; denn selbst in
                                 diesem Falle hatten sie noch mehr wiegen muͤssen, da eine todte Puppe,
                                 selbst in Cocons von gemeiner Raçe, im Durchschnitte vier Gran wiegt. Hr.
                                 Bertezen mußte also die ganze von der Raupe
                                 gesponnene Seide verstehen, ohne alles Insect in derselben, und dann ist dieser
                                 Ertrag allerdings außerordentlich, indem ich nur 2 1/4 Gran abgehaspelte Seide
                                 von Einem Cocon erhielt, die getroknete Puppe noch Ein Mahl soviel wog,
                                 und die Floret-Seide die Haͤlfte der abgehaspelten betrug.“
                              
                           „Hr. Pullein
                                  sagt in seinem Versuche uͤber Seidenzucht (Essay
                                 on the culture of silk), der besten Abhandlung, die mir uͤber diesen
                              Gegenstand zu Gesichte kam, daß „3300 Cocons mit den darin enthaltenen
                                 (lebendigen) Puppen“, ungefaͤhr 12 Pfund wiegen, welche 12
                              Pfund ungefaͤhr 16 Unzen abgehaspelte Seide, und 8 Unzen Floret-Seide geben.
                              „Hieraus kommt fuͤr jeden Cocon 2 1/3 Gran abgewundener Seide.
                                 In einem Aufsaze uͤber die Behandlung der Seidenraupen im II. B. der American Philosophical Transactions, welche die
                                 HHrn. Hare und Skinner zu
                                 London aus einem der ersten Haͤuser in Italien erhielten, und Hrn. Dr. Morgan zu Philadelphia mittheilten, heißt es,
                                 daß 150 Unzen guter Cocons ungefaͤhr eilf Unzen Seide geben, wenn
                                 fuͤnf bis sechs Cocons zu Einem Faden genommen werden. (Hr. Bertezen nahm 7 bis 9); wenn man grober windet,
                                 erhaͤlt man etwas mehr. Dieß gibt, nach meiner Rechnung, nicht mehr als
                                 zwei und 1/20 Gran auf jeden Cocon, waͤhrend Hrn. Bertezen's Raupen 3 Gran und 1/50 gaben, obschon sie noch nicht von
                                 der ersten Classe waren. Leute, die seine Raupen und Cocons sahen, versichern,
                                 daß sie erstaunlich groß, leztere kaum etwas kleiner, als gemeine
                                 Huͤhnereyer waren.“
                              Man kann bei Seidenraupen nimmermehr genug auf gute Raçe sehen, deren
                                    Guͤte nicht sowohl in der Groͤße, als in der Menge des
                                    Gespinnstes, in dem sogenannten Markigen des Cocons, gelegen ist. Es ist
                                    unvermeidlich, daß bei den ersten Versuchen, die man unerfahrne Leute auf
                                    dem Lande mit Wartung und Pflege der Seidenraupen aus den Eyern, die man
                                    ihnen zu diesem Behufe mittheilt, machen laͤßt, die beste Raçe
                                    ausarten muß, indem die guten Leute noch nicht wissen, wie man mit diesen
                                    Thierchen umzugehen hat, bloß um sie gut zu erhalten, viel weniger um sie zu
                                    veredeln. Man wird, daher bei Seidenraupen-Zucht, wie bei der Pferde-Zucht,
                                    immer gezwungen seyn, ein sogenanntes Gestuͤte, und auf diesem die
                                    edle Raçe zu unterhalten. A. d. Ueb.
                              
                           „Es ist indessen nicht immer die Folge, daß der Cocon, je groͤßer
                                 desto besser ist; wir wissen aus guter Quelle (aus dem obigen Aufsaze in den American Philosophical Transactions)“,
                              daß kleine und markige Cocons die besten sind; daß die Cocons in gebirgigen Gegenden
                              besser, als jene in den Ebenen sindDieß gilt bloß vom mittaͤgigen Europa, und beweist, daß die Cocons im
                                    noͤrdlichen noch besser werden muͤssen. A. d. Ueb..
                           
                           Es ist wahr, daß sie nicht so groß sind; die Raupe ist aber auch
                              verhaͤltnißmaͤßig kleiner. „Man soll also
                                 nicht auf die Groͤße der Raçe allein sehen, sondern nur auf den
                                 Ertrag an Seide. Es ist ferner troͤstlich zu bemerken, daß, je
                                 groͤßer die Raupe ist, sie auch desto mehr fressen wird.Was um so viel besser ist, wenn sie verhaͤltnißmaͤßig
                                       spinnt. A. d. Ueb. Hr. Pullein sagt in Bezug auf
                                 auslaͤndische Brut: daß weder Thiere noch Pflanzen, wenn sie aus einem
                                 Klima in ein anderes von verschiedener Temperatur verpflanzt werden, sich
                                 alsogleich naturalisiren; daß einige Zeit verstreichen muß, oft mehrere
                                 Generationen nothwendig sind, ehe ihre Nerven und Fasern sich an die
                                 verschiedenen Einwirkungen der Sonne und der Luft gewoͤhnen
                                 koͤnnen.“ Die Folge, die er hieraus zieht, ist diese, daß man
                              nicht erwarten darf, daß Seidenraupen, die aus Eyern gezogen wurden, welche vor
                              wenigen Wochen aus Italien oder Frankreich nach England kamen, alsogleich in England
                              gedeihen werden; daß also diejenigen, welche Seidenraupen in England ziehen wollen,
                              besser thun werden, ihre Eyer von solchen Seidenfaltern zu nehmen, die bereits
                              fruͤher in England gezogen wurden. Dieser Meinung widerspricht, wird man
                                 sagen, der gluͤkliche Versuch des Hrn. Bertezen; allein Hrn. Bertezen's Versuch
                                 beweist, wenn ich mich nicht irre, nichts dagegen, weil er kuͤnstliche
                                 Waͤrme anwendete“
                              Anwendung kuͤnstlicher Waͤrme, die Hr. Swayne zu: tadeln scheint, ist zum Gedeihen der Seidenraupen bei
                                    uns unerlaͤßlich. Hierin besteht das große Gluͤk der
                                    noͤrdlichen Seiden-Zieher vor den suͤdlichen, daß sie sich,
                                    fuͤr eine Kleinigkeit, die in oͤkonomischer Hinsicht nicht in
                                    Anschlag gebracht werden kann, eine immer gleichmaͤßige, der Raupe
                                    hoͤchst zutraͤgliche, Temperatur verschaffen koͤnnen.
                                    Hierin lag wahrscheinlich das ganze Geheimniß des Hrn. Bertezen + 22° R., aber nicht hoͤher,
                                    waͤhrend des ganzen Raupen-Zustandes. A. d. Ueb..
                           
                              „Als Beispiel, wodurch Hrn. Pullein's obige
                                 Ansicht bestaͤtigt wird, will ich anfuͤhren, daß die Raupen, die
                                 ich aus den von der Gesellschaft zur Aufmunterung
                                 etc. mitgetheilten Eyern erhielt, und die aus Turin kamen, viel
                                 zaͤrtlicher waren, als die von derjenigen Brut, die ich fruͤher
                                 selbst gezogen hatte; auch war die Seide, die sie spannen, nicht so stark, als
                                 die der lezteren. Ich muß indessen billiger Weise gestehen, daß die Turiner
                                 Raupen eine ganz besondere Varietaͤt von den anderen zu seyn schienen;
                                 ihre Eyer waren kleiner, und blieben auch in der Folge so; die Raupen waren
                                 nicht so groß, und hatten einige besondere Merkmahle. Die Cocons, die sie
                                 spannen, waren weiß oder fleischfarben, und hatten eine verschiedene und
                                 unregelmaͤßige Gestalt; einige derselben waren beinahe kugelig; der Faden
                                 des Cocons schien kleiner und zarter, und war von dem natuͤrlichen Leime
                                 fester zusammen geleimt, so daß man ihn nur in sehr heißem Wasser abhaspeln
                                 konnte. Es war ferner eine Eigenheit an diesen Raupen, daß sie keine
                                 Lattich-Blaͤtter fraßen, und lieber starben, als von denselben
                                 kosteten.“
                              
                           Hr. Swayne wollte eine Baumschule von
                              Maulbeerbaͤumen anlegen. Er saͤete den groͤßten und besten
                              Theil seiner Samen im April 1789 auf ein Mistbeet, das er zu einem leichten warmen
                              Beete bestimmt hatte. Der Duͤnger hatte aber bereits vorher ausgegohren, war
                              sehr alt, und hizte kaum merklich. Den uͤbrigen Theil des Samens warf er auf
                              ein Beet an einer gegen Mittag gekehrten Mauer. Der Same auf dem Mistbeete keimte
                              etwas fruͤher, als der andere; die Pflaͤnzchen wuchsen gut, und
                              mehrere derselben erreichten im ersten Sommer sechs Zoll Hoͤhe. Um sie gegen
                              die Nachtheile des Frostes zu schuͤzen, dekte er sie Anfangs Winters mit
                              Moos, das in Wasser abgebruͤht wurde, um die Eyer und Puppen der darin
                              nistenden Insecten, so wie auch die Samen, die darin enthalten seyn mochten, zu
                              tobten. Der Winter war indessen so gelinde, daß diese Sorgfalt
                              uͤberfluͤßig war. Im Fruͤhjahre hatte er mehr als 3000, dem
                              Anscheine nach gesunde, Baͤumchen: allein im Spaͤtjahre des folgenden
                              Sommers befiel sie eine Krankheit, in Folge deren sich faule Fleken auf den
                              Blaͤttern zeigten, welche nach und nach abfaulten. Als er sie im Herbste
                              verpflanzen wollte, zeigte sich bei der Untersuchung, daß sie beinahe alle gerade
                              uͤber dem Boden abgefault waren. Die Ursache dieser Krankheit schreibt er
                              theils der nassen Witterung, theils dem Umstande zu, daß die Wurzeln der Pflanzen in
                              den Duͤnger schlugen, indem die Baͤumchen an der Mauer nicht so sehr
                              davon litten, ob schon auch von diesen einige umkamen. Der Sommer des Jahres 1789
                              war, so wie jener des darauf folgenden Jahres, dem Ausreifen der Maulbeeren so
                              unguͤnstig, daß er keine reifen Samen davon erhalten konnte. Er hofft noch
                              Mittel zu finden,
                              die Maulbeerbaͤume durch Steklinge zu vermehren, und fuͤhrt folgende
                              allerdings beherzigungswerthe Stelle aus dem vortrefflichen alten Evelyn
                              Evelyn, ein Schriftsteller des 17ten
                                    Jahrhundertes, der fuͤr England das ist, was Herrera im 16ten Jahrhunderte fuͤr Spanien, Olivier de Serres fuͤr Frankreich, und im
                                    vorigen Jahrhunderte v. Muͤnchhausen
                                    fuͤr Deutschland war. Die Vermehrung der Maulbeerbaume durch
                                    Steklinge ist allerdings moͤglich, aber unsicher. Die sicherste und
                                    leichteste und schnellste ist durch Ableger. A. d. Ueb. an. „Es laͤßt sich erweisen, daß in vier bis fuͤnf
                                 Jahren der Maulbeer-Baum uͤber ganz England verbreitet seyn kann, und
                                 wenn die armen Fraͤulein stolzer Familien so gern drei bis vier Shillings
                                 durch Seiden-Ernte gewinnen, und sich mit dieser angenehmen und leichten
                                 Unterhaltung beschaͤftigen wollten, wie andere es bei harter Arbeit mit
                                 Hanf und Flachs und Wolle fuͤr vier Pfennige thun muͤssen, so
                                 wuͤrde der Maulbeerbaum sich bald uͤber ganz England
                                 verbreiten.“ Hr. Swayne haͤlt es
                              fuͤr ein Ungluͤk, daß wir noch nicht wissen, welche Art von
                              Maulbeerbaum eigentlich gezogen werden soll: „du
                                    Halde“, sagt er, „erzaͤhlt, daß man in
                                 China vorzuͤglich den weißen Maulbeerbaum braucht; Hr. Swinbuͤrne sagt uns, daß man in Calabrien
                                 durchaus nur den rochen, ich glaube er meint den schwarzenHr. Swayne ist es, als hochwuͤrdigem
                                       Herren, zu verzeihen, wenn er zu leicht glaubt. Er weiß nicht, daß der
                                       weiße Maulbeerbaum zwei Abarten hat, die eine mit rothen, die andere mit
                                       weißen Fruͤchten. Erstere ist in trokenen heißen Gegenden
                                       haͤufiger, und wird daselbst oͤfters ganz schwarzroth,
                                       waͤhrend sie im Norden ganz blaß roͤthlich ist. A. d.
                                       Ueb. braucht, obschon er dieß nur fuͤr ein Vorurtheil haͤlt,
                                 indem die Chinesen, Piemontesen und die Seiden-Wirthe in Languedoc die weiße
                                 Sorte vorziehen. In seinen Reisen durch Spanien (Travels
                                    through Spain) bemerkt er, daß in Valencia die Maulbeerbaͤume
                                 alle von der weißen Sorte sind, und in Grenada, wo man die beste Seide erzeugt,
                                 alle von der schwarzen. Hr. Hanway in seinen Reisen
                                 durch Persien (account of his travels in Persia),
                                 erwaͤhnt eines strauchartigen Maulbeerbaumes,Ist dieß jene Art, die Hr. Nouailles neulich
                                       nach England brachte? A. d. D. Es waͤre sehr der Muͤhe
                                       werth, daß man mit den verschiedenen Arten von Maulbeerbaͤumen
                                       nicht bloß mit den Abarten, Versuche anstellte, und auch mit Morus
                                       constantinopolitana. Poir,
                                       indica, latifolia, australis, mauritiana
                                       etc. Vielleicht ist der strauchartige Maulbeerbaum in Persien bloß
                                       strauchartig gezogen; denn es ist sehr gut, den Maulbeerbaum
                                       strauchartig, als Heke zu ziehen. A. d. Ueb.
                                 der,
                                 jaͤhrlich geschnitten, die besten Blaͤtter fuͤr die
                                 Seidenraupen gibt; er sagt nicht, ob die Maulbeerblatter in diesem Lande von der
                                 Abart mit weißen oder mit schwarzen Fruͤchten sind, erzaͤhlt uns
                                 aber, daß er zu Astrabad am 17. May mit großen weißen Maulbeer-Fruͤchten
                                 bewirthet wurde, die koͤstlich schmekten. Wir sind also gewiß, daß man in
                                 Persien weiße Maulbeeren hat. Hr. Pullein sagt uns,
                                 daß man sich in Persien der Blaͤtter der schwarzen Maulbeerbaͤume
                                 zum Aufziehen der Seidenraupen bedient, scheint aber geneigt, die der weißen
                                 Maulbeerbaͤume vorzuziehen. Barham und Evelyn sind entschieden fuͤr die weißen. Hr.
                                 Young schreibt mir: „es
                                    ist sehr sonderbar, daß, so viel ich glaube, die schwarzen
                                    Maulbeerbaͤume gar nie gebraucht werden. Ich habe sehr schoͤne
                                    Baͤume dieser Art sowohl in der Provence, als in Piemont gesehen; sie
                                    werden aber nie gestreift, sondern bloß der Fruͤchte wegen gezogen.
                                    Ich habe sehr oft hieruͤber Nachfrage gehalten, und immer
                                    gehoͤrt, daß die Seide von denselben nichts taugt. Wenn die Blätter
                                    davon zu brauchen waͤren, so wuͤrde ein solcher Baum
                                    jaͤhrlich ein Paar Louis d'or tragen; allein man braucht sie ganz und
                                    gar nicht.“ Hr. Bertezen gibt zu, „daß man in Italien und Frankreich sich der weißen
                                    Maulbeerbaͤume bedient, und die schwarzen so sehr verachtet, daß man
                                    sie an einigen Orten als Gift fuͤr die Seidenraupen
                                    betrachtet“; allein er versichert uns, „daß er fuͤr jeden Fall die Blaͤtter des schwarzen
                                    Maulbeerbaumes vorzieht“, und gibt auch die Gruͤnde
                                 dafuͤr an, und sezt noch hinzu: „daß in gut
                                    eingerichteten Seidenzucht-Anstalten man der großen Vortheile wegen die
                                    Blaͤtter von beiden Arten von Maulbeerbaͤumen mit einander
                                    verbindet. Wenn Hr. Bertezen uns nicht dieses
                                    gesagt haͤtte, so wuͤrde ich mir nie eingebildet haben, daß
                                    man diese beiden verschiedenen Blaͤtter zugleich mit Vortheil bei
                                    denselben Raupen brauchen koͤnnte.“
                                 Es ist wirklich merkwuͤrdig, wie gelehrte Herren die einfachste
                                       Sache von der Welt verwirren koͤnnen. Es ist allgemein bekannt,
                                       daß der weiße Maulbeerbaum, Morus
                                          alba, in seinen beiden Abarten, jener mit weißen Fruͤchten,
                                       und jener mit mehr oder minder rothen, die reif oft
                                       ganz schwarzroth werden, das allgemeine Futter fuͤr unsere
                                       Seidenraupen ist, und daß die behaarten scharfen Blaͤtter des
                                       schwarzen Maulbeerbaumes, Morus nigra,
                                       der die großen schwarzen saͤuerlich Wen Fruͤchte liefert,
                                       wenn sie ja von der Seidenraupe anfressen werden, eine sehr grobe Seide
                                       geben. A. d. Ueb.
                                 
                              
                           
                           
                              „Das Blatt des schwarzen Maulbeerbaumes ist offenbar saftiger, als das des
                                 weißen, und daher wuͤrde ich fuͤr jeden Fall behaupten, daß ein
                                 Uebergang von dem weißen Blatte zu dem schwarzen die Raupen leicht bersten
                                 machen koͤnnte, indem jenes zuviel Nahrungsstoff enthaͤlt. Ich
                                 hatte mich einst fuͤr die schwarzen Maulbeerblaͤtter
                                 erklaͤrt, habe mich aber zeither uͤberzeugt, daß die
                                 Blaͤtter des weißen Maulbeerbaumes den Wuͤrmern viel angenehmer
                                 sind, und daß sie bei diesem Futter am besten gedeihen. Um fuͤr diese
                                 Raupen ein Futter zu erhalten, welches denselben sowohl angenehm als gesund ist,
                                 muͤssen die Baͤume selbst in einem sehr gesunden und frischen
                                 Zustande sich befinden: sie muͤssen daher einen ihrer Natur angemessenen
                                 Boden finden, und dieser kann fuͤr verschiedene Arten von
                                 Maulbeerbaͤumen verschieden seyn. Nach meiner Erfahrung scheint der weiße
                                 Maulbeerbaum einen feuchteren und schwereren Boden zu lieben, als der schwarze,
                                 so daß man daher fuͤr trokenen oder sandigen und steinigen Boden den
                                 schwarzen „(Hr. Swayne meint hier
                                    wahrscheinlich den weißen mit rothen Fruͤchten)“
                                 fuͤr nassen thonigen Boden aber den weißen Maulbeerbaum waͤhlen
                                 muß. Ein. sehr schwerer und nasser Boden taugt aber weder fuͤr den einen
                                 noch fuͤr den anderen.“
                              
                           Hr. Swayne bemerkt in einem Postscriptum daß ihm ein Mann von Ansehen auf dem festen Lande geschrieben
                              habe: „das kalte, großen Theils sandige Preußen hat im Jahre 1789 nicht
                                 weniger, als 4500 Pfund Seide gezogen. Was koͤnnte man nicht in einem
                                 milderen und fruchtbareren Lande erwarten, wenn man sich nur sechs Wochen lang
                                 mit dieser nuͤzlichen und eintraͤglichen Beschaͤftigung
                                 unterhalten wollte.“ Bekanntlich ging nach Friedrich des Einzigen
                              Tode die Seidenzucht in Preußen zu Grunde, so wie sie in jedem Lande zu Grunde ging,
                              und gehen mußte, wo sie auf Kosten der Regierung betrieben, wurde; denn es war, ist
                              und wird stets das Loos aller Regierungen seyn, bei jedem Zweige der Industrie, den
                              sie auf ihre Kosten treiben, um zwei Mahl alterum tantum
                              des Gewinnes betrogen zu
                              werden. Industrie kann nur Sache des Privatfleißes seyn.
                           Hr. Gill hat N. 50. seines Repository S. 125, und so auch das Edinbourgh Philosophical Journal. 27, S. 54, und das
                              lezte Mechanics' Magazin einen Auszug aus Hrn. Joh. Murray's Bemerkungen uͤber Seidenraupen-Zucht (Remarks on the cultivation of the Silk-Worm)
                              mitgetheilt. Dieses Werk ist ein gedraͤngter Auszug aus dem classischen Werke
                              des Hrn. Grafen Dandolo, und verdiente allerdings eine
                              deutsche Uebersezung von einem in der Seidenraupen-Zucht erfahrnen Manne, indem es
                              sehr gut geschrieben und geeignet ist, dem Volke die Augen uͤber sein
                              Interesse zu oͤffnen, was bei uns noch weit mehr Roth thut, als in
                              England.