| Titel: | Ueber Luftschifffahrt. | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. CXV., S. 452 | 
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                        CXV.
                        Ueber Luftschifffahrt.
                        Aus Gill's technical Repository. N. 50. S.
                              122.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IX. (Im Auszuge.)
                        Ueber Luftschifffahrt.
                        
                     
                        
                           Die Aëronautik ist seit 50 Jahren fast immer noch ein Gegenstand bloßer
                              Curiositaͤt geblieben, und man ist in Gefahr, sich laͤcherlich zu
                              machen, wenn man von irgend einer praktischen Anwendung derselben spricht.
                              Vielleicht theilt sie indessen nur das Schiksal ihrer aͤlteren Schwestern, die oft
                              Jahrhunderte lang warten mußten, ehe sie mit Ehren an den Mann gebracht werden
                              konnten.
                           Ein Hr. J. M. S. aus Cork (der schon fruͤher im technical Repository, Bd. VII S. 172 und 136., Polytechn. Journ. B. XVIII. S. 126. einige Ideen uͤber
                              Luftballons mittheilte), macht auf den hohlen leichten Bau der Knochen in den
                              Voͤgeln aufmerksam, und meint, daß man nur mittelst aͤhnlicher hohler,
                              leichter, und dabei doch fester, Roͤhren den Luftballon befluͤgeln
                              koͤnne.
                           Er schlaͤgt vor, das Schiffchen auf die gewoͤhnliche Weise mittelst
                              Seile an dem Ballon zu befestigen; zugleich soll aber aus dem Schiffchen eine hohle
                              starke Stange, wie ein Mast, bis in die Mitte des Ballons hinaufsteigen, wo sie sich
                              mit einer Querstange verbindet, die zu beiden Seiten aus dem Ballon hervorragt. An
                              jedem Ende dieser Querstange ist ein Fluͤgel eingelenkt. Diese
                              Fluͤgel, welche nach unten eine flache oder concave Flaͤche bilden
                              (Fig. 8.),
                              werden durch Gas in halbkugelfoͤrmigen seidenen Saͤken getragen. Das
                              Gas in diesen Fluͤgeln sieht mittelst der hohlen Roͤhren und Gelenke
                              mit einem Verdichtungs-Apparate in dem Schiffchen in Verbindung, so daß man Gas aus
                              dem einen Fluͤgel ausziehen, und denselben dadurch genau mit dem anderen in
                              Gleichgewicht sezen koͤnnte. Der Aëronaute kann von dem Schiffchen aus
                              diese Fluͤgel mittelst Schnuͤren in Thaͤtigkeit sezen, und
                              dadurch, mittelst der Stangen, der ganzen Maschine die Bewegung mittheilen. Die
                              senkrechte und die Querstange koͤnnen innenwendig in dem Ballon noch durch
                              zwei hohle Staͤbe verstaͤrkt werden, welche man gegen die beiden
                              ersteren Stangen so schief stellt, daß sie im Ballon, im Gase selbst, zwei Dreieke
                              bilden. Die von dem Gase getragenen Fluͤgel koͤnnen sehr groß seyn;
                              der Widerstand der Luft wird ihnen, wenn der Luftschiffer sie durch die
                              Schnuͤre in Bewegung sezt, Widerstand genug darbiethen, auf welchen sie mit
                              ihrer weit ausgebreiteten Flaͤche einwirken koͤnnen. Die
                              ausgebreiteten Fluͤgel werden, beim Niederlassen, als Fallschirm, und dadurch
                              zu groͤßerer Sicherheit dienen. Wenn noch eine Stange unter rechten Winkeln
                              auf die erste Querstange innenwendig in dem Ballon vorgerichtet ist, so kann ein
                              Bogspriet oder ein Ruder daran angebracht werden, welches, so wie die
                              Fluͤgel, mittelst Gasballen gestuͤzt werden kann.
                           
                           
                              „Man hat, sagt Hr. S., vor einiger Zeit versucht, zu London eine
                                 Gesellschaft zur Aufmunterung der Luftschifffahrt zu errichten; es wird aber
                                 besser seyn, vorerst eine hinreichende Theorie uͤber die Leitung der
                                 Luftballons zu gruͤnden, ehe man sich in kostspielige Versuche
                                 einlaͤßt. Wenn man einmahl weiß, daß ein Ballon auf diese Art durch
                                 Fluͤgel bewegt werden kann, kann man auch versuchen, eine Flaͤche,
                                 die von mehreren kleinen Ballonen getragen wird, fortzubewegen.“
                              
                           Hr. S. schlaͤgt zum Gebrauche der Luftschiffer bei dem Niederlassen noch eine
                              lange Stange vor, an welcher der ganzen Laͤnge nach ein Seil mittelst eines
                              Fadens festgebunden ist. Ein Ende dieser Stange ist mit einer Pike versehen. Mit
                              dieser Stange kann er nun den Ballon zerreißen, wenn er in Gefahr ist, in die See
                              hinausgewehet zu werden; er kann das Schiffchen von Gebaͤuden, Baͤumen
                              etc., gegen welche er geschlaͤudert wird, wegtauchen; er kann die Gewalt des
                              Stoßes beim Niederlassen dadurch brechen; er kann sich an Buͤschen damit
                              festhalten, und bricht die in die Erde eingedrungene Stange, so dient die Pike, da
                              sie noch am Seile haͤngt, als Anker. Man koͤnnte auch eine Art von
                              Fußeisen unten an dem Schiffchen anbringen, mit welchen dasselbe sich festhalten
                              kann, wenn es auf die Erde kommt.Die wuͤnschenswertheste Vorrichtung an einem Luftballone scheint uns
                                    diese, denselben so abzuwiegen, daß er sich nicht hoͤher als ein paar
                                    Fuß uͤber die Erde erhebt, und dann von einem Pferde mit der
                                    groͤßten Leichtigkeit, Schnelligkeit und Sicherheit gezogen werden
                                    kann. Bei diesem Anlasse machen wir die Freunde der Aëronautik auf
                                    die schaͤzbare Abhandlung des Hrn. Melzl's
                                    im Bd. XIV. S. 63. des
                                    polytechnischen Journals wiederholt aufmerksam.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
