| Titel: | Verbesserte Methode beim Bleichen des Baumwollen- und Leinen-Garnes oder Gewebes, worauf Miles Turner und Lorenz Angell, beide Seifensieder zu Whitehaven in Cumberland, sich am 24. Juli 1823 ein Patent ertheilen ließen. | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. CXXI., S. 471 | 
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                        CXXI.
                        Verbesserte Methode beim Bleichen des Baumwollen-
                           und Leinen-Garnes oder Gewebes, worauf Miles Turner und Lorenz Angell, beide Seifensieder zu Whitehaven
                           in Cumberland, sich am 24. Juli 1823 ein Patent
                           ertheilen ließen.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Januar, 1826.
                              S. 26.
                        Turner's, verbesserte Methode beim Bleichen des Baumwollen- und
                           Leinen-Garnes oder Gewebes.
                        
                     
                        
                           Unsere Erfindung besteht in einer verbesserten Lauge oder Bleichfluͤßigkeit,
                              welche auf folgende Weise zum Bleichen des Leinen- oder Baumwollen-Garnes und der
                              Leinwand oder des Kattunes angewendet wird.
                           Wir nehmen alkalische Schwefelleber, broͤkeln diese, und werfen sie mit
                              ungeloͤschtem Kalke in ein gewoͤhnliches Seifensieder-Faß; auf 15 bis
                              16 Ztr. Schwefelleber nehmen wir 8 Winchester-Bushel Kalk. Ueber dieses Fast wird
                              ein zweites vollkommen aͤhnliches gestellt. Beide Faͤsser sind auf
                              ihrem Boden mit Stroh, Asche, Flußgeroͤlle oder anderen Substanzen bedekt, um
                              die Lauge durchzufiltriren. Das untere Faß, welches die Schwefelleber und den Kalk
                              enthaͤlt, wird dann mit Wasser gefuͤllt, welches, nachdem es einige
                              Zeit daruͤber gestanden ist, abgezogen wird, und die Lauge oder
                              Bleichfluͤßigkeit bildet. Was in dem unteren Fasse unaufgeloͤst
                              zuruͤkbleibt, wird in das obere Faß geschuͤttet, welches man das
                              schwache Faß nennt, und daselbst neuerdings mit Wasser uͤbergossen,
                              waͤhrend man das untere, sogenannte starke. Faß neuerdings mit frischer
                              Schwefelleber und frischem Kalke fuͤllt. Nachdem das Wasser in dem schwachen
                              Fasse lang genug verweilte, wird es in das untere abgezogen, wo es wieder, nachdem
                              es eine gehoͤrige Zeit uͤber verweilte, abgelassen wird, und eine
                              zweite Portion dieser Bleich-Fluͤßigkeit liefert. Durch Wiederholung dieser
                              Arbeit wird alles Wirksame aus der Schwefelleber und aus dem Kalke ausgezogen, und
                              was in dem oberen oder schwachen Fasse nach zweimahligem Aufschuͤtten
                              uͤbrig bleibt, dient bloß als Seifensieder-Asche. Die auf obige Weise
                              erhaltene Lauge muß mit Wasser solang verduͤnnt werden, bis sie am Hydrometer
                              ungefaͤhr dieselbe Dichtigkeit zeigt, die die Pottasche Lauge bei den
                              Bleichern gewoͤhnlich hat; und hierin muß daß, Garn oder die Leinwand oder
                              der Kattun gebaͤucht oder gesotten werden. Der Bleicher kann hierauf auf die
                              gewoͤhnliche Weise entweder durch Ausbleichen an der Luft, oder durch
                              Anwendung oxigeniter Kochsalzsaͤure, oder saurer Fluͤßigkeiten etc.
                              verfahren, und bei dem Sieden oder Baͤuchen sich dieser Lauge, statt der
                              Pottasche, bedienen. Das Verfahren, welches jedoch einen Hauptgrundsaz in unserer
                              Erfindung ausmacht, und welches wir fuͤr das bessere halten, ist dieses, daß
                              man das Garn oder das Gewebe, so wie es aus dem Sude in unserer Lauge kommt, in eine
                              wohlfeile saure Fluͤßigkeit (Vitriol-Oehl ist vielleicht die beste und
                              wohlfeilste) bringt, und aus dieser in oxigenirte Kochsalzsaͤure von der beim
                              Bleichen gewoͤhnlichen Dichtigkeit, in welcher dasselbe eingeweicht und
                              gewaschen werden muß. Hierauf muß es wieder in obiger Lauge gewaschen und gesotten,
                              und dann wieder ebenso in den Saͤuren, wie oben, behandelt werden, ohne daß
                              es der atmosphaͤrischen Luft ausgesezt wird, bis es vollkommen weiß geworden
                              ist. Da nun obige Lauge, auf obige Weise angewendet, nach unserem besten Glauben und
                              Wissen, ganz neu ist, und niemahls vorher in diesen Koͤnigreichen gebraucht
                              wurde, so nehmen wir diese unsere Erfindung als ausschließliches Privilegium und
                              unser Recht in Anspruch.
                           
                        
                           Anmerkungen der Patent-Traͤger.
                           Der Grundsaz, worauf diese Erfindung beruht, besteht lediglich in der Kraft, welche
                              jede alkalische Schwefelleber besizt, Oehl, Harz etc., so gut wie Pottasche oder
                              Soda, in Seife zu verwandeln, verbunden mit der Leichtigkeit, die der Bleicher hat,
                              bei den nachfolgenden Operationen den Schwefel zu beseitigen, nachdem dieser bereits
                              als Alkali diente. Bei der verhaͤltnißmaͤßigen Wohlfeilheit, mit
                              welcher Schwefelleber erzeugt werden kann, und da die Materialien, aus welchen sie
                              bereitet wird, im Ueberflusse im Inlande zu haben sind, werden unsere Bleichen
                              dadurch unabhaͤngig von allen politischen Ereignissen, durch welche die
                              Pottasche Zufuhr aus dem Auslande gefaͤhrdet werden kann.
                           Die große Schwierigkeit, mit welcher die Fabrikanten, welche Alkali aus
                              schwefelsaurer Soda und Pottasche bereiten, zu kaͤmpfen haben, indem sie den
                              Schwefel von der Schwefelleber, scheiden, ist hier gaͤnzlich umgangen; denn
                              sie entspricht hier der Absicht des Bleichers, indem sie das Oehl, das Harz etc.,
                              welches in den aus Hanf, Flachs, Baumwolle bereiteten Waaren enthalten ist, aufloͤst,
                              und so die nakte Faser der bleichenden Wirkung der Saͤuren und der
                              Atmosphaͤre, die in dem Bleichungs-Processe nachfolgen, bloß legt, sowohl in
                              Verbindung mit demselben, als ohne denselben. Das Eintauchen in Saͤuren, und
                              das Ausbreiten auf dem Rasen, dem die Waaren unterzogen werden (man mag was immer
                              fuͤr ein Alkali anwenden), wird den Schwefel kraͤftig niederschlagen,
                              und die gruͤnliche Farbe beseitigen, besser als alles, was man in dieser
                              Absicht einzeln anwenden kann.
                           Der Bleicher, der sein eigener Chemiker ist, kann sich dieses Planes mit allem
                              Vortheile bedienen, indem er in der schwefelsauren Soda, die in seinen Abfallen
                              enthalten ist, hinlaͤngliches Material zur leichtesten und wohlfeilsten
                              Verfertigung seiner Schwefelleber besizt. Wenn er neben seinem Laboratorium eine
                              wasserdichte Grube hat, so darf er nur eine Lage zerstoßener Steinkohlen
                              uͤber den Boden derselben ausbreiten, und die Abfaͤlle an
                              schwefelsaurer Soda, den Ruͤkstand von der Bereitung der oxidirten
                              Salzsaͤure, in dieselbe laufen lassen, hierauf wieder eine Lage Steinkohlen
                              anbringen u.s.f.
                           Wenn seiner Zeit die Grube geleert wird, wird dasjenige, was herausgenommen wurde, in
                              einen Reverberir-Ofen gebracht, die einzige Vorrichtung, die hierzu nothwendig ist.
                              Der Ofen, obschon etwas anders gebaut, als die gemeinen Reverberir-Oefen zum
                              Ausbaken der Bleicher-Asche aus der ruͤckstaͤndigen Pottasche-Lauge,
                              braucht nicht großer zu seyn, und kommt auch nicht theurer zu stehen. Man braucht
                              nicht auf den Braunstein Ruͤksicht zu nehmen, der sich in den
                              Filtrir-Gefaͤßen von selbst ausscheidet. Ein Bushel gemeines Salz, wie man es
                              zur Bleichfluͤßigkeit oder zum Bleichpulver braucht, kehrt aus diesem Ofen
                              als Ein Zentner Schwefelleber wieder, und acht bis zehn Zentner dieser Asche geben
                              alkalische Lauge genug, um Eine Tonne (20 Ztnr.) Leinen-Garn zu bleichen. Wenn die
                              Tonne Steinkohlen 8 Shill. (4 fl. 48 kr.) kostet, so kommt der Zentner dieser
                              Schwefelleber, alle Ausgaben mit eingerechnet, auf Ein Pfund Sterl. ungefaͤhr
                              zu stehen.
                           Bei Anwendung dieser Laugen hat der Bleicher vorzuͤglich auf Einen Umstand zu
                              sehen. Es befindet sich naͤmlich in dieserLauge eine groͤßere Menge
                              fester Koͤrper, als in der Pottasche-Lauge; um den ganzen Schwefel-Betrag
                              mehr. Wenn daher eilt Sud Waare vollendet ist, und die ruͤckstaͤndige
                              Lauge abgelassen wird,
                              muß die Waare mit kaltem Wasser sorgfaͤltig abgekuͤhlt und
                              ausgewaschen werden; denn, wenn man dieselbe in der Pfanne troken werden ließe, ehe
                              man sie auswaͤscht, wuͤrde der in der Lauge aufgeloͤste feste
                              Koͤrper sich auf der Waare befestigen, und dieselbe entfaͤrben. Eben
                              diese Sorgfalt ist auch bei dem Baͤuchen nothwendig, welches jedoch, bei
                              Mittel-Waaren, wenigstens bei dem Garne, umgangen werden kann; man kann sich, statt
                              desselben, eines einfacheren und schnelleren Verfahrens bedienen, indem man kalte
                              Lauge in den chemischen Troͤgen auf folgende Weise anwendet. Wenn das
                              chemische Bleichmittel (the Chemie [Chlorine])
                              erschoͤpft ist, laͤßt man es ablaufen, und fuͤllt die
                              Troͤge augenbliklich mit hellem Wasser, in welchem man die Waare
                              waͤscht; das Garn bleibt naͤmlich auf den Walzen, und diese werden
                              einige Minuten lang in dem reinen Wasser gedreht. Man laͤßt hierauf dieses
                              Wasser ab, und ungefaͤhr vier Zoll Wasser mehr einlaufen. Diesem Wasser sezt
                              man eine geringe Menge kalter Lauge zu, und dreht die Walzen wieder eine kurze Zeit
                              uͤber, bis alle uͤberschuͤßige Saͤure neutralisirt, und
                              das Garn von einem Ueberschusse alkalischer Lauge durchdrungen ist. Diese, beinahe
                              erschoͤpfte, alkalische Lauge laͤßt man dann wieder ablaufen,
                              fuͤllt die Troͤge wieder mit Wasser, und waͤscht das Garn auf
                              den Walzen wie vorher. Hierauf nimmt man es von den Walzen ab, ringt es aus, und
                              breitet es aus.Dieses Verfahren, Garne (Gespinnste) in einem Gefaͤße, ohne es
                                    waͤhrend dem Bleichprozesse auch nur ein Mahl durch die Hand zu
                                    nehmen, rein zu bleichen, verdient in anderen Bleichanstalten nachgeahmt zu
                                    werden. Laugen, so wie die Schwefelleber-Aufloͤsung, werden durch
                                    Erwaͤrmen, das durch Einstroͤmen von Wasserdaͤmpfen
                                    bezwekt wird, wirksamer gemacht, und der Bleichprozeß dadurch sehr
                                    beschleunigt. Wendet man statt der an Wasser gebundenen Chlorine (oxidirten
                                    Salzsaͤure) fluͤßigen Chlorinkalk (welches Mittel die HHrn.
                                    Verfasser chemisches Bleichmittel nennen) an, und wird leztere
                                    Bleichfluͤßigkeit ebenfalls durch Einstroͤmen von
                                    Wasserdaͤmpfen erwaͤrmt, dann wird der Bleichprozeß auf die
                                    moͤglichst kuͤrzeste Zeit zuruͤkgefuͤhrt. Die
                                    Verwendung des schwefelsauren Natrums, das man bei der Bereitung der
                                    Chlorine aus der Zusammensezung von Braunstein, Kochsalz und
                                    Schwefelsaͤure, als Ruͤkstand erhaͤlt, auf
                                    Schwefelleber, verdient gleichfalls die Aufmerksamkeit derjenigen Bleicher,
                                    welche ihr Geschaͤft wissenschaftlich betreiben, in einem hohen
                                    Grade. Ueber das Bleichen mit Schwefelleber findet man in polytechnischen Journale
                                    Bd. VIII. S. 166. und Bd. XIV. S. 433. weitere Nachricht,
                                    eben so ist in Bd. XVII. S. 346.
                                    ihre vorzuͤgliche Wirksamkeit beim Bleichen des Strohs und der
                                    Stroharbeiten angefuͤhrt. A. d. R.
                              Die Vortheile dieses
                              Verfahrens vor dem gewoͤhnlichen Baͤuchen und Sieden bestehen nicht
                              bloß in Ersparung von Zeit, Arbeit und Brennmaterial; man erspart hier nicht bloß
                              alle Sorge, daß die schmuzige Lauge nicht, wie bei den beiden vorigen Operationen,
                              verduͤnste, eintrokne, und die Waare entfaͤrbe; sondern man erspart
                              auch viel an dem Gewichte des Garnes, wenn dieses auf diese Weise behandelt
                              wird.Diese Bemerkung ist sehr richtig, und beweist, daß der Bleichprozeß der HHrn.
                                    Patent-Traͤger nach Grundsaͤzen geleitet wird. Bei diesem
                                    Anlasse fuͤhren wir einen Aufsaz: „Ueber das Bleichen der Leinwand“ im Kunst und
                                    Gewerbeblatt N. 1. 1826. S. 3. an, welcher Hrn.
                                    Stuhlmuͤller,
                                    Polizei-Commissaͤr am Zuchthaus zu Plassenburg zum Verfasser hat. Der
                                    Hr. Verfasser verwirft die Saͤuren (!) beim Bleichen, und gibt sein
                                    neues Verfahren in folgendem an: die rohe Leinwand haͤngt er 48
                                    Stunden in Fluß, oder weicht sie in Wasser, damit sich die Schlichte
                                    aufloͤst, reinigt und troknet sie, weicht die ordinaͤre
                                    Leinwand 12 bis 24 Stunden in starke Aschenlauge, feinere in
                                    schwaͤchere, und ganz feine bloß in Seifenbruͤhe, laͤßt
                                    sie nach dieser Zeit abtropfen, und darauf im Dampfbottich 6 bis 8 Stunden
                                    lang Wasserdaͤmpfe durchziehen, und die sich waͤhrend der Zeit
                                    sammelnde Fluͤßigkeit von Zeit zu Zeit ablaufen. Die solchergestalt
                                    ausgesottene (!!) Leinwand laͤßt er nun walken oder sonst gut
                                    reinigen, zwei Tags unter fleißigen Begießen auf die Bleiche legen, darauf
                                    in Wasser (!!!) oder Seifenbruͤke einwelchen, und wieder wie
                                    vorher
                                    Stunden in Wasserdaͤmpfen auskochen, und wiederholt lezteres
                                    Behandeln so lange, bis die Leinwand den erforderlichen Grad von Weiße
                                    erlangt hat. Der Hr. Verfasser will nach dieser Weise in 30 Tagen
                                    ordinaͤre Hausleinwand so weiß wie vollkommen gebleichte
                                    hollaͤndische Leinwand erhalten haben. Diese Abhandlung begleitete
                                    ein des Bleichens kundigerer Leser mit bescheidenen Anmerkungen,
                                    uͤber die sich der Hr. Verfasser so entruͤstete, daß er in N. 10. derselben Zeitschrift in seinen noch
                                    weniger sagenden Gegenbemerkungen (welche, beilaͤufig gesagt, ihrer
                                    eigenen Widerspruͤche wegen keiner Beantwortung werth geachtet wurden) sich gleich im Anfange derselben –
                                    dahin aͤußert: „daß ihm fuͤr die Zukunft alle Lust
                                       vergangen sey, je wieder dergleichen zu thun,“ welcher
                                    Aeußerung wir die Ueberzeugung beifuͤgen: daß durch dessen
                                    Unterlassen weder die Wissenschaft noch die Kunst zu bleichen zu Schaden
                                    kommt! Daß man aber auch im Auslande die Ansichten des Verfassers der
                                    Anmerkungen theilte, davon kann sich der Hr. Verfasser im Bulletin des Sciences technologiques
                                    uͤberzeugen, wo im Aprilhefte S. 222. seine Methode ganz kurz
                                    angefuͤhrtist, und der Eingang dazu, wie folgt, beginnt: „L'auteur de cet article ne parait pas etre bien familier avec
                                          doctrines chimiques etc.“ A. d. R. Ob diese leztere Ersparung von dem ruhigen Gange der Arbeit abhaͤngt,
                              indem die Waare durch die verschiedenen auf einander folgenden Processe immer in
                              derselben Lage durchlaͤuft, die Straͤhne auf den Walzen sich in der
                              chemischen Fluͤßigkeit immer nach der Laͤnge ihrer Faden bewegen,
                              wodurch alle Faserchen an denselben eine Neigung erhalten sich auf dem
                              Koͤrper des Fadens dichter anzulegen, waͤhrend bei dem Baͤuchen
                              und Sieden die Bewegung der Fluͤßigkeit gerade in entgegengesezter Richtung
                              quer uͤber den Faden geschieht, und folglich die Fasern aufgelokert, und zum
                              Abfallen geneigt gemacht werden; ob diese Erklaͤrung hinreicht? Soviel ist
                              gewiß, daß Ersparung an Gewicht bei diesem Verfahren Thatsache ist, und daß der
                              Fabrikant dadurch bedeutend gewinnt.