| Titel: | Wie man Grün auf Roth druken kann? | 
| Autor: | Dr. phil. Johann Gottfried Dingler [GND] | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. CXXII., S. 476 | 
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                        CXXII.
                        Wie man Grün auf Roth druken kann?
                        Dingler's Chromgrün und Chromgelb auf Calicos.
                        
                     
                        
                           Fraͤgt ein Hr. Philologus zu Paisley im Glasgow Mechanics' Magaz.
                              Maͤrz. S. 63. Er erzaͤhlt: „daß er gekoͤrntes Zinn in
                                 Kochsalzsaͤure aufloͤste, in die Aufloͤsung fein gestoßenes
                                 Berlinerblau that, und dann mit etwas arabischen Gummi und Pfeiffenthon die
                                 Aufloͤsung verdikte. In ein anderes Gefaͤß gab er
                                 Weinsteinsaͤure und Wasser, und goß die Aufloͤsung der ersteren zu
                                 der vorigen verdikten Mischung in solchem Maße, daß mittelst einer Drukerform
                                 (Model), Calico gedrukt werden konnte. Sobald der bedrukte Calico in der
                                 Waͤrme getroknet ward, wurde dieser sogleich in
                                 Chlorinkalk-Fluͤßigkeit gebracht: die mit Pfeiffenthon in obigem Gemenge
                                 bedekten Stellen wurden alsogleich schoͤn hellblau. Der Calico wurde aus
                                 der Chlor-Kalkaufloͤsung genommen, in kaltem Wasser gewaschen, und
                                 alsogleich in eine Aufloͤsung von saurem chromsaurem Kali gebracht, in
                                 der die hellblauen Stellen wunderschoͤn gruͤn wurden: allein, so
                                 bald der Calico aus der Chromkali-Aufloͤsung in kaltes Wasser kam,
                                 verschwand das Gruͤn wie eine Fee, und das Blau kam wieder zuruͤk. Was ist
                                 die Ursache hiervon? Vielleicht wird einer von euch Herren die Guͤte
                                 haben, mir dieses Raͤthsel zu loͤsen, wodurch er mich sehr
                                 verbinden wuͤrde etc.“
                              
                           Obschon die englischen Fabrikanten selten einem Deutschen den Zutritt in ihre
                              Fabriken gestatten, und obschon wir, Oesterreich allein ausgenommen, von unseren
                              Regierungen nicht jenen Schuz genießen, dessen sich der Englaͤnder, so wie
                              der Franzose und der Oesterreicher, und sogar der Ruße zu erfreuen hat, und unsere
                              Maͤrkte vor unserer Thuͤre mit englischen Waaren uͤberschwemmt
                              sehen muͤssen, wollen wir doch unserm verehrten Collegen zu Glasgow zu
                              Huͤlfe kommen, und ihm sagen, wie wir schon seit 4 Jahren zu Augsburg
                              Gruͤn auf adrianopelrothgefaͤrbten Calicos hervorbringen.
                           1 Pfund Berlinerblau (feinstes), wird mit etwas Wasser
                              moͤglichst fein zerrieben, dann in einem steinernen Hafen mit so viel Wasser
                              verduͤnnt, daß die gesammte Wassermenge 12 Pfund betraͤgt. Nun
                              werden
                           1 1/2 Pfund Staͤrke (Amylum), und
                           6 Pfund gestoßenes krystallisirtes salpetersaures Blei in einen
                              kupfernen Kessel gethan, dann mit dem abgeriebenen Berlinerblau angeruͤhrt,
                              auf's Feuer gebracht, und unter fleißigem Umruͤhren aufgekocht. Der Kessel
                              wird nun vom Feuer gehoben, und der Farbe 4 Pfund gestoßene krystallisirte
                              Weinsteinsaͤure zugesezt, und darauf die fertige Farbe so lange
                              geruͤhrt, bis sie kalt ist.
                           Wird mit dieser Farbe tuͤrtischroth-gefaͤrbter Calico gedrukt, und
                              derselbe nach dem Troknen in eine etwas concentrirte neutrale
                              Chlorin-Kalkfluͤßigkeit gebracht, dann wird die tuͤrkischrothe Farbe
                              auf der gedrukten Stelle zerstoͤrt, und die aufgedrukte erscheint blau. Wird
                              nun der Calico in reinem Wasser ausgewaschen, und darauf durch eine schwache
                              Chromkali-Aufloͤsung, die durch etwas Salpetersaͤure schwach
                              gesaͤuert wurde, genommen, dann verbindet sich die Chromsaͤure des
                              Chromkali mit dem Bleioxyd des salpetersauren Blei zu Chromgelb (chromsaurem Blei),
                              und die Farbe erscheint nun in der Vermischung mit dem Blau, gruͤn.
                           Durch mehr oder weniger Berlinerblau kann man alle Abstufungen von Gruͤn
                              darstellen. Dieses Gruͤn kann man auch auf alle andere farbige Gruͤnde
                              anwenden. Bei hellen Farben ist das Durchnehmen durch ein starkes neutrales
                              Chlorinkalkbad nicht noͤthig, und dazu reicht schon eine schwache
                              Chlorinkalk-Fluͤßigkeit aus. Bei Hellem Violett und Lilas zerstoͤrt
                              die blaue Reservage fuͤr sich schon den Grund der Farbe, wo man in diesem
                              Falle den gedrukten Calico nach dem Troknen der Farbe bloß in fließendes Wasser zu
                              haͤngen, und nach dem gehoͤrigen Auswaschen durch das
                              saͤuerliche Chromkalibad zu nehmen hat.
                           Dunkle Farben muͤssen auf Calicos, welche vor den Beizen einige
                              Oehlbaͤder erhalten haben, hervorgebracht werden, oder nach dem
                              Faͤrben durch einige Oehlbaͤder genommen, und darauf von der
                              uͤberfluͤßigen Fette, wie bei Waare, welche zu Adrianopelroth bestimmt
                              ist, gut gereinigt werden, worauf denn das Druken, Entfaͤrben in
                              fluͤßigem Chlorinkalk und Gilben im Chrombade folgt.
                           Es duͤrfte vielleicht einigen unserer Leser die Darstellung des Chromgelbes
                              auf denselben Farben von Interesse seyn, welches, wie folgt, bereitet wird.
                           3 Pfund gestoßenes kristallisirtes salpetersaures Blei,
                           2 Pfund fein gestoßene Pfeiffenerde, und
                           24 Loth Staͤrke (Amylum) werden in einer kupfernen
                              Pfanne mit
                           6 Pfund Wasser angeruͤhrt, und das Ganze unter fleißigem
                              Umruͤhren durchs Kochen verdikt. Die Reservage wird nun vom Feuer genommen,
                              und sogleich
                           2 1/2 Pfund gestoßene krystallisirte Weinsteinsaͤure
                              hinzugesezt, und das Ganze bis zum voͤlligen Erkalten geruͤhrt,
                              alsdann durch einen Spizbeutel gedruͤkt, oder mittelst einer Buͤrste
                              durch ein feines Haarsieb getrieben. Die Anwendung, naͤmlich Druken,
                              Behandeln in der Chlorinkalk-Kuͤpe und Gilben in saͤuerlicher
                              Chromkali-Fluͤßigkeit, geschieht unter denselben Handgriffen, wie bei
                              vorstehendem Blau zu Gruͤn.
                           Nimmt man statt salpetersaurem Blei, krystallisirtes salpetersaures Wismuth, dann
                              erhaͤlt man Orangegelb.
                           Alle diese Chemikalien sind vom Herausgeber des polytechnischen Journals in bester
                              Qualitaͤt, und zu billigem Preis zu beziehen; auch wird demnaͤchst
                              eine Abhandlung uͤber die weitere Anwendung des Chromkali zur Hervorbringung
                              verschiedener anderer Farben in der Drukerei und Faͤrberei in diesem Journale
                              mitgetheilt.