| Titel: | Analyse eines Pulvers, welches man zu Paris unter dem Namen Farbe (couleur) an die Juweliere verkauft. Von Hrn. J. L. Casaseca. | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. CXXIII., S. 479 | 
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                        CXXIII.
                        Analyse eines Pulvers, welches man zu Paris unter
                           dem Namen Farbe (couleur) an die Juweliere verkauft. Von
                           Hrn. J. L.
                              Casaseca.Das Pulver, welches die Goldarbeiter und Juweliere gewoͤhnlich anwenden,
                                 um dem Golde Farbe zu geben, besteht aus Kochsalz, Salpeter und Alaun; allein
                                 seit einiger Zeit kommt auch ein anderes im Handel vor, und die Untersuchung von
                                 diesem wurde mir aufgetragen. A. d. O.
                           
                        Aus den Annales de Chemie et de Physique. 1826.
                              Maͤrz. p. 325.
                        Casaseca's, Analyse eines Pulvers, welches man zu Paris unter dem
                           Namen Farbe an die Juweliere verkauft.
                        
                     
                        
                           Aus Habsucht und Unwissenheit werden im Handel unter verschiedenen Namen oft eine
                              ungeheure Menge schaͤdlicher Substanzen verbreitet, denen man mehr oder
                              weniger außerordentliche Eigenschaften beilegt, und durch die das Publicum, welches
                              denselben Vertrauen schenkt, oft sehr uͤblen Zufaͤllen ausgesezt wird,
                              indem es die schaͤdlichen Eigenschaften, die diese Substanzen manchmal in
                              hohem Grade besizen, und durch die sie auf eine eigene Art wirken, nicht argwohnt.
                              Es ist daher hoͤchst nothwendig, solche geheimnißvolle Praͤparate
                              bekannt, und einen jeden mit den Bestandtheilen und der Analyse derselben vertraut
                              zu machen.
                           Physische Eigenschaften dieses Pulvers. Man wendet dieses
                              Pulver an, um dem Golde Farbe zu geben (mettre l'or en
                                 couleur); es ist schmuzig-weiß mit einem Stiche in's Roͤthliche;
                              sein Geschmak ist salzig, dem des Kochsalzes aͤhnlich; es laͤßt einen
                              unangenehmen metallischen Nachgeschmak im Munde, und zieht bedeutend Feuchtigkeit
                              aus der Luft an.
                           Chemische Eigenschaften. Bei Behandlung mit kaltem Wasser
                              loͤst sich das Pulver großentheils auf, und laͤßt einen weißen
                              Ruͤkstand, der sehr schwer ist, und den wir auf einem Filtrum sammelten; beim
                              Abwaschen und Troknen wurde derselbe auf der Oberfläche roͤthlich; im Innern
                              blieb er jedoch weiß. – Die Aufloͤsung war vollkommen klar und
                              durchsichtig, und roͤthete das Lakmuß-Papier; sie gab mit salpetersaurem
                              Silber einen sehr haͤufigen Niederschlag von salzsaurem Silber, und mit
                              salpetersaurem Baryt einen ziemlich betraͤchtlichen von schwefelsaurem Baryt. Mit
                              Aetzkali gab sie einen flokigen Niederschlag, der sich in
                              uͤberschuͤßigem Kali groͤßtentheils wieder aufloͤste;
                              der in uͤberschuͤßigem Kali unaufloͤsliche Theil bestand aus
                              Bittererde, welche in Verbindung mit Schwefelsaͤure und Salzsaͤure
                              immer im Kochsalze enthalten ist. Ein anderer Theil der Aufloͤsung wurde mit
                              Salzsaͤure im Ueberschuß, und hierauf mit Ammonium versezt, wodurch wir die
                              Gegenwart eines Thonerde-Salzes entdekten; da nun die concentrirte Aufloͤsung
                              mit salzsaurer Platina auch einen Niederschlag gab, so zeigte es sich, daß in der
                              Aufloͤsung Alaun enthalten sey, und zwar Alaun mit Kali als Basis; denn das
                              Pulver gab beim Abreiben mit Aetzkali und Befeuchten mit Alkohol keinen
                              ammoniakalischen Geruch. Schwefelwasserstoff faͤrbte die Aufloͤsung
                              gelblich, weßwegen wir Arsenik vermutheten; wir untersuchten daher eine geringe
                              Menge des Pulvers auf gluͤhenden Kohlen, wobei sich eine große Menge weißen
                              Dampfes von Arsenik und Salzsaͤure entwikelte. Wir sammelten hierauf den, am
                              Filtrum befindlichen, Ruͤkstand, trokneten ihn, und erhizten ihn in einer
                              Glas-Roͤhre mit einem glichen Gewichte Aetzkali und mit der Haͤlfte
                              seines Gewichtes Kohle, wodurch wir sublimirten metallischen Arsenik erhielten.
                           Nach diesen Versuchen schritten wir zu einer genauen Analyse; wir behandelten zu
                              diesem Zweke 20 Grammen dieses Pulvers mit soviel kaltem Wasser, als noͤthig
                              war, um die Salze aufzuloͤsen, so daß wir mit dem Abwaschen des
                              Ruͤkstandes mit kaltem Wasser aufhoͤrten, sobald die filtrirte
                              Fluͤßigkeit weder mit salpetersaurem Silber, noch mit salpetersaurem Baryte
                              mehr einen Niederschlag gab; bei dieser Vorsicht und bei der geringen
                              Aufloͤslichkeit des Arseniks in kaltem Wasser konnten wir uͤberzeugt
                              seyn, keine merkliche Menge davon zu verlieren. Der Ruͤkstand wog getroknet
                              2,250 Gram.; wir brachten ihn in eine beschlagene glaͤserne Retorte, und
                              erhizten sie bis zum Rothgluͤhen, wobei sich alles weiße Arsenik-Oxid
                              verfluͤchtigte, und im Halse der Retorte verglaste; beim gehoͤrigen
                              Zerschlagen der Retorte fanden wir am Boden derselben einen braͤunlichen
                              Ruͤkstand, der aus Eisenoxid und Thonerde bestand, weil man zur Bereitung des
                              Pulvers wahrscheinlich graues Salz anwendete, welches man calcinirt, und welches dem
                              Pulver die roͤthliche Farbe gibt; dieser Ruͤkstand wog 0,115 Gram.; wir erhielten also
                              2,135 Gram, reines Arsenik-Oxid, was beilaͤufig den neunten Theil von 20
                              Gram, betraͤgt; eine Menge, welche sehr betraͤchtlich und
                              gefaͤhrlich ist, vorzuͤglich wenn das Publikum nicht weiß, daß so ein
                              heftiges Gift darin enthalten ist.
                           Uebrigens erhielten wir noch 0,455 Gram. Thonerde, was nach Berzelius 4,190 Kali-Alaun gibt, und 13,560 Gram. Kochsalz; so daß also 20
                              Gram, des Pulvers enthalten:
                           
                              
                                 Reines weißes Arsenik-Oxid
                                   2,135
                                 
                              
                                 Kali-Alaun
                                   4,190
                                 
                              
                                 Kochfalz
                                 13,560
                                 
                              
                                 Eisenoxid und Thonerde
                                   0,115
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 20,000 Grammen
                                 
                              
                           Ich glaube, daß, wenn dieses Pulver, wie man mich versicherte, wirklich angewendet
                              wird, um das Gold zu faͤrben, das Arsenik-Ond dabei keine Wirkung hat,
                              sondern daß dasselbe bloß durch den Alaun und das Kochsalz wirkt, welche sich
                              gegenseitig zersezen, und schwefelsaure Soda und saure salzsaure Thonerde bilden,
                              die wenig Verwandtschaft zu einander haben.
                           
                        
                           Note von Hrn. d'Arcet.
                           Ich hatte Gelegenheit, mehrere Mahle die Mischung zu untersuchen, welche unter dem
                              Namen Farbe (Couleur) bekannt ist, und deren sich die
                              Goldarbeiter bedienen, um dem Golde des Schmukes, welches nur 750 Tausendtheile
                              Feingehalt hat, die schoͤne gelbe Farbe und das schoͤne Matt zu geben,
                              welches feines, unpolirtes Gold besizt. Das Resultat dieser Analysen war, in runden
                              Zahlen, folgendes:
                           
                              
                                 Salpeter
                                   40
                                 
                              
                                 Alaun
                                   25
                                 
                              
                                 Kochsalz
                                   35
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 
                              
                           Ich wußte nicht, daß man einige Veraͤnderungen an dieser Mischung angebracht
                              habeZur Faͤrbung der verarbeiteten Gold-Stuͤke findet man noch
                                    mehrere andere Zusammensezungen in Stratingh's
                                    Handbuch fuͤr Probirer, Gold- und Silberarbeiter. Augsburg bei v.
                                    Jenisch und Stage. 1824. S. 224 bis 229. A. d. Red., und wenn man sich wirklich des von Hrn. Casaseca
                              angegebenen Pulvers bedient, um dem Golde Farbe zu geben, so kann dieß erst seit
                              kurzer Zeit der Fall
                              seyn, und man wird dasselbe erst anwenden, seit die verschieden gefaͤrbten
                              Legierungen des Goldes mit Silber, Kupfer, Spießglanz und Platinna so sehr in die
                              Mode kommen. Die Beobachtung des Hrn. Casaseca scheint
                              mir sehr wichtig, und wird die Regierung gewiß veranlassen, Maßregeln zu ergreifen,
                              um den Personen, welche die neue Mischung bereiten, verkaufen oder anwenden, alle
                              jene Vorsichtsmaßregeln vorzuschreiben, welche ein so großer Arsenik-Gehalt
                              erheischt.