| Titel: | Chemische Uebersicht über die Lithographie. Von Hrn. Houzeau, Pharmacien interne des hôpitaux. | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. CXXXV., S. 543 | 
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                        CXXXV.
                        Chemische Uebersicht über die Lithographie. Von
                           Hrn. Houzeau, Pharmacien interne des hôpitaux.
                        Aus dem Journal de Pharmacie. 1826. April. p.
                              173.
                        Houzeau's, Chemische Uebersicht über die Lithographie.
                        
                     
                        
                           Die Lithographie ist eine so allgemein verbreitete, und mit so vielen Vortheilen
                              verbundene Kunst, daß nur wenige Menschen ganz unbekannt mit derselben bleiben
                              konnten; allein, selbst jene, welche sich vorzuͤglich mit ihr
                              beschaͤftigten, konnten sich nicht erklaͤren, wie ein Stein, auf
                              welchem sich eine Zeichnung befindet, die weder vertieft noch erhaben ist, auf ihrer
                              ganzen Oberflaͤche die Wirkung einer mit Drukerschwaͤrze beladenen
                              Walze aushalten kann, ohne daß er ganz schwarz wird, waͤhrend bloß jene
                              Stellen diese Schwaͤrze leicht aufnehmen, welche mit einer Kreide von
                              besonderer Zusammensezung gezeichnet wurden. Ihre Verwunderung stieg sogar noch
                              hoͤher, als sie sahen, daß eine Zeichnung, welche durch Terpentingeist
                              vollkommen ausgeloͤscht wurde, nach einiger Zeit, wie durch Zauber, wieder
                              erscheint, und daß man zu diesem Zweke bloß eine mit Drukerschwaͤrze beladene
                              Walze auf der Oberflaͤche des Steines zu bewegen braucht; daß endlich diese
                              Schwaͤrze bloß an den gezeichneten Stellen haͤngen bleibt, ohne die
                              uͤbrigen Theile, welche vorher mit einem Schwamme befeuchtet worden waren, zu
                              verunreinigen.
                           Die Lithographen, erstaunt uͤber dieses Resultat, suchten dasselbe zu
                              erklaͤren, und stellten, ohne uͤber die Bestandtheile ihrer Kreiden oder jene des
                              Steines nachzudenken, nach den Thatsachen, welche sie beobachteten, eine Theorie
                              auf, nach welcher sie dasselbe der bekannten Eigenschaft der fetten Koͤrper,
                              in Kalksteine einzudringen und zuruͤkgestoßen zu werden, wann diese mit
                              Wasser impraͤgnirt sind, zuschreiben. Waͤre dieß der Fall, so
                              waͤre ihre Kunst keine rein chemische, wie sie es behaupten; denn, ist die
                              Eigenschaft des Fettes, in Kalksteine einzudringen, und sich nicht mit Wasser zu
                              vermengen, eine chemische Eigenschaft? Diese Erklaͤrung, die einzige, welche
                              sie gaben, ist auch nichts weniger als genuͤgend; sie ließ noch immer
                              Zweifel, und gestattete dem Geiste auch nicht, alle beobachteten Erscheinungen zu
                              erklaͤren.
                           Da ich eine genuͤgendere Erklaͤrung zu geben wuͤnschte, so
                              trachtete ich, die Natur aller zur Lithographie gehoͤrigen Koͤrper
                              gehoͤrig zu studiren, um, wo moͤglich, zu entdeken, auf welche Weise
                              dieselben auf einander wirken; ehe ich aber meine Versuche uͤber diesen
                              Gegenstand angebe, will ich ganz kurz die Methoden angeben, nach welchen man in den
                              Steindrukereien verfaͤhrt.
                           Ist ein Stein mit der fetten Kreide, oder mit der lithographischen Tinte mit der
                              Feder oder mit dem Pinsel, gezeichnet, so richten ihn die Lithographen, ehe sie ihn
                              abdruken, auf folgende Weise zu: man gibt dem Steine eine Neigung von 45°,
                              und gießt schnell Salpetersaͤure darauf, welche, nach dem Tone der Zeichnung,
                              mit 10–15 Theilen Wasser verduͤnnt ist; unmittelbar nachdem sich an
                              allen Stellen des Steines nun das Aufbrausen gezeigt hat, gießt man eine große Menge
                              Wasser darauf; um die Einwirkung der Saͤure, welche durch eine
                              laͤngere Beruͤhrung der Zeichnung ihre halben Farben und die zartesten
                              Theile nehmen, und sie endlich ganz zerstoͤren wuͤrde, sogleich
                              aufzuheben. Der hinlaͤnglich ausgesuͤßte Stein wird mit einer
                              concentrirten Aufloͤsung von arabischem Gummi uͤberzogen, um ihn gegen
                              die Beruͤhrung aller fremden Koͤrper zu schuͤzen; nach
                              12–15 Stunden, manches Mahl auch gleich darauf, nimmt man den Gummi weg, und
                              gießt auf den befeuchteten Stein eine hinlaͤngliche Menge Terpenthingeist, um
                              die Zeichnung ganz auszuloͤschen, d.h. um alles zu entfernen, was nicht mit
                              dem Steine verbunden ist; der Stein scheint hierauf ganz weiß zu seyn; befeuchtet
                              man ihn aber, und sezt man ihn senkrecht den Sonnenstrahlen aus, so steht man die ganze Zeichnung,
                              weil die Kreide, mit welcher sie gemacht wurde, sich nicht befeuchten laͤßt,
                              und daher im Lichte matter aussieht, als der uͤbrige Theil des Steines.
                              Hierauf nimmt man eine Walze, die mit Drukerschwaͤrze bedekt ist, welche aus
                              Kienruß, der durch Calciniren seines empyreumatischen Oehles beraubt wurde, und aus
                              Leinoͤhl, das durch lang fortgeseztes Eindampfen verdikt wurde, bereitet
                              wird; rollt man nun diese Walze auf der ganzen Oberflaͤche des Steines herum,
                              so erscheint die Zeichnung nach und nach wieder, und obschon die Walze sowohl die
                              gezeichneten, als nicht gezeichneten Stellen beruͤhrt, so werden doch bloß
                              die ersteren schwarz. Man braucht dann den Stein nur mehr mit einem Blatte feuchten
                              Papieres zu bedeken, und ihn unter die Presse zu bringen, um einen Abdruk der
                              lithographinen Zeichnung zu erhalten. Durch abwechselnde Wiederholung dieser beiden
                              Operationen erhaͤlt man eine große Menge aͤhnlicher
                              Abdruͤke.
                           Die Begießung mit der Saͤure hat einen sehr wichtigen Zwek; es wird dadurch
                              die Zeichnung etwas erhaben gemacht, und vorzuͤglich die Oberflaͤche
                              des Steines aus einem kohlensauren Salze in ein salpetersaures verwandelt, damit sie
                              fuͤr fette Koͤrper undurchdringlich wird. Denn, so aufloͤslich
                              auch der salpetersaure Kalk ist, so bleibt doch eine sehr duͤnne Schichte mit
                              dem Steine verbunden. Diese Schichte ist sehr glatt, und wird, wenn sie feucht ist,
                              und wenn man sie mit einem fetten Koͤrper beruͤhrt, nicht davon
                              beschmuzt, waͤhrend eine Oberflaͤche von kohlensaurem Kalke unter
                              gleichen Umstaͤnden denselben sehr leicht absorbirt. Diese Beobachtung kann
                              man jeden Augenblik bei der Ausuͤbung der Lithographie machen; denn, rizt man
                              einen Theil des zubereiteten Steines, und vergißt man ihn neuerdings mit
                              Salpetersaͤure zu uͤbergießen, so steht man, daß diese Stelle, wenn
                              sie auch noch so gut befeuchtet ist, doch die Drukerschwaͤrze annimmt, und
                              dadurch die Abdruͤke verunreinigt. Schwefelsaͤure und
                              Salzsaͤure wirken beinahe eben so; allein die Salpetersaͤure verdient
                              den Vorzug, weil das Salz, welches sie bildet, leichter aufloͤslich, als das
                              schwefelsaure, und schwerer aufloͤslich, als das salzsaure Salz ist, und
                              daher auf dem Steine eine Schichte von hinlaͤnglicher Dike
                              zuruͤklaͤßt, waͤhrend das salzsaure Salz ganz weggewaschen
                              werden wuͤrde, und das schwefelsaure Salz, indem es dem Steine nur sehr
                              schwach anhaͤngt, sich bei der Wirkung der Presse und der Walze abloͤsen, und den
                              kohlensauren Kalk nakt zuruͤklassen wuͤrde.
                           Der zum Steindruke taugliche Stein ist dichter kohlensaurer Kalk. Werner's dichter Kalkstein, und die schieferartige Abart
                              von Hauy. Am haͤufigsten wird der von Solenhofen
                              angewendet („Solenhausen près de
                                    Munic!!!“ sagt der Hr. Verf.) Er erhielt den Namen Schiefer,
                              weil er sich, wie Thonschiefer, in wagerechten Schichten befindet, deren Dike und
                              Haͤrte in dem Maße zunimmt, als man sich weiter von der Oberflaͤche
                              des Bodens entfernt. Er gehoͤrt zu den tertiaͤren und
                              Uebergangs-Gebirgen, und die Lager davon sind 2–3 Fuß dik, und befinden sich
                              beilaͤufig in der Tiefe von 6 Fuß. Das Herausfordern desselben ist sehr
                              leicht; man braucht ihn nur in wuͤrfelfoͤrmigen Massen herauszunehmen,
                              und deren Blaͤtter durch einen starken und ploͤzlichen Schlag von
                              einander zu trennen. Sein Bruch ist muschelig, etwas flach. Die
                              franzoͤsischen Steine zum Steindruke erhalten wir von Châteauroux; sie
                              sind dichter, ihre Textur ist fester, und ihr Bruch manches Mahl splitterig. Sie
                              sind nicht, wie die deutschen, in parallelen Schichten abgesezt, sondern bilden ein
                              bedeutendes Floͤz, welches man nicht bloß saͤgen, sondern auch noch
                              großen Theils aufopfern muß, um die haͤufigen Hoͤhlen zu vermeiden,
                              welche sich in demselben befinden. Ohne diese großen Nachtheile waͤren wir
                              Deutschland nicht mehr zinsbar; denn die franzoͤsischen Steine sind zu
                              Feder-Zeichnungen den deutschen weit vorzuziehen, und stehen ihnen bei Zeichnungen
                              mit der Kreide nicht nach. Man entdekte so eben einen neuen Steinbruch, welcher noch
                              mehr mit den Steinen von Solenhofen (Solenhausen!)
                              wetteifert, und dieselben bald in Vergessenheit bringen wird.
                           Alle diese Steine bestehen fast ausschließlich aus Kohlensaͤure und Kalkerde;
                              eine Bedingung, welche durchaus nothwendig ist, damit sie mit den lithographischen
                              Kreiden eine Verbindung eingehen koͤnnen. Man darf ja nicht glauben, wie man
                              es fruͤher that, daß alle Steine, welche fette Koͤrper eindringen und
                              sich mit Wasser befeuchten lassen, zum Steindruke taugen; sondern die Kreide muß
                              auch, nicht bloß mechanisch von Molekuͤl zu Molekuͤl dringen, sondern
                              die Zusammensezung des Steines veraͤndern, und mit demselben eine besondere
                              Verbindung geben, welche
                              die eigentliche Zeichnung liefert, und welche ich bald untersuchen werde.
                           Da ich die Bestandtheile des Steines kannte, so blieben mir nur mehr die der Kreide
                              auszumitteln. Ich sah, daß sie aus Seife, Talg, Wachs und Gummi-Lak besteht, welche
                              bei einer hohen Temperatur zusammengeschmolzen und hinlaͤnglich mit Kienruß
                              gefaͤrbt werden, und fing nun an einzusehen, daß eine wahre chemische
                              Verbindung zwischen dem Steine und der Kreide Statt haben koͤnne. Unter den 4
                              Substanzen, aus welchen die lithographische Kreide besteht, schien mir die Seife
                              diejenige zu seyn, welche diese Verbindung bilden konnte; denn sie besteht, wie man
                              weiß, aus Soda in Verbindung mit Oelsaͤure und Margarinsaͤure.
                              Jedermann weist, daß, wenn man Seife in einem Wasser aufloͤst, welches
                              kohlensauren Kalk enthaͤlt, dieses Wasser sich truͤbt, milchig wird,
                              und zulezt einen bedeutenden Bodensaz gibt. Dieser Niederschlag besteht aus den
                              fetten Saͤuren, welche die Soda verließen, und sich mit dem Kalke verbanden,
                              zu welchem sie naͤher verwandt sind, und mit welchem sie
                              unaufloͤslichen oleo-margarinsauren Kalk geben.
                           Diese Daten brachten mich natuͤrlich auf den Gedanken, daß durch unmittelbare
                              Beruͤhrung der Seife und des kohlensauren Kalkes dieselbe Wirkung
                              hervorgebracht werden koͤnne, und daß die lithographische Zeichnung eine
                              wahrhaft salzige Verbindung, oleo-margarinsaurer Kalk, sey; dieser Koͤrper
                              besizt auch wirklich, wenn er sich in sehr duͤnnen Schichten befindet, wie es
                              beim Steindruke der Fall ist, ganz besondere Eigenschaften. Man untersuche eine, mit
                              seifenhaltiger Kreide gezeichnete, Stelle, welche durch Terpenthingeist ganz
                              ausgeloͤscht wurde, und man wird dieselbe viel weißer finden, als jene
                              Stellen, auf welche nichts gezeichnet wurde. Die Haͤrte des Steines wird
                              dadurch vermehrt; denn wenn man mit der Spize eines Federmessers einen leichten Riz
                              auf demselben macht, so wird man sich aufgehalten fuͤhlen, wenn man an die
                              gezeichnete Stelle kommt, wo sich oleo-margarinsaurer Kalk befindet; alle nicht
                              gezeichneten Stellen brausen mit verduͤnnter Salpetersaͤure sehr
                              leicht auf, waͤhrend an den gezeichneten gar kein oder ein sehr schwaches
                              Aufbrausen Statt hat, indem die duͤnne Schichte von oleo-margarinsaurem Kalke
                              den Stein gegen die Wirkung der Saͤure schuͤzt. So natuͤrlich
                              mir diese Ansicht schien, und so sehr sie auch mit den bekannten Theorien im Einklange steht, so
                              wollte ich derselben doch nicht fruͤher vollkommen trauen, als bis ich sie
                              durch die Erfahrung bestaͤtigt fand; ich wartete daher, ehe ich alle Zweifel
                              aufgab, bis ich aus dem gezeichneten Steine reine Oehlsaͤure und
                              Margarinsaͤure abgeschieden haben wuͤrde. Zu diesem Zweke bereitete
                              ich eine Aufloͤsung von lithographischer Tinte, als wenn ich mit der Feder
                              haͤtte zeichnen wollen, und bestrich damit einen vollkommen reinen Stein.
                              Nach 24 Stunden entfernte ich mit Terpenthingeist Alles, was sich nicht verbunden
                              hatte. Der Stein wurde dadurch sehr weiß; ich mußte nun die Schichte des gebildeten
                              oleo-margarinsauren Salzes herabnehmen, was ich dadurch bewerkstelligte, daß ich die
                              Oberflaͤchen von zwei, auf ganz gleiche Weise zubereiteten, Steinen mit Sand
                              und Wasser gegen einander rieb, und den weißen Bodensaz, der sich dadurch bildete,
                              sorgfaͤltig sammelte. Dieses Verfahren wiederholte ich mehrere Mahle, um eine
                              hinlaͤngliche Menge oleo-margarinsauren Kalkes zu erhalten. Durch Abwaschen
                              des Steines mit destillirtem Wasser, bis dasselbe mit Kalk-Aufloͤsung keine
                              Spur von Seife mehr anzeigte, uͤberzeugte ich mich, daß alles entfernt war,
                              was sich nicht mit dem Steine Verbunden hatte. Die aus oleo-margarinsaurem und
                              kohlensaurem Kalke bestehende Masse behandelte ich nun mit Weinsteinsaure; der
                              kohlensaure Kalk zersezte sich dadurch leicht, der oleo-margarinsaure erforderte
                              aber eine Temperatur von 100° zu seiner Zersezung. Das Ganze gab mit
                              Weinsteinsaͤure eine weiße halbfluͤßige Masse, welche ich mit warmem
                              hoͤchst wasserfreien Alkohol behandelte; durch oͤfteres
                              aͤhnliches Behandeln schied ich alle freie Oehl- und Margarinsaͤure
                              ab. Die alkoholische Aufloͤsung ließ dieselben bei Vermengung mit einer
                              hinlaͤnglichen Menge destillirten Wassers leicht fahren; die
                              Fluͤßigkeit wurde milchig weiß, und bei ruhigem Stehen sammelten sich die
                              Saͤuren auf der Oberflaͤche; sie wurden mm durch ein Filtrum
                              abgeschieden, und durch langes Auswaschen gereinigt. Nach dem Troknen waren sie
                              weiß, besaßen einen etwas ranzigen Geruch, und brannten mit schoͤner Flamme.
                              Ihre alkoholische Aufloͤsung roͤthete das Lakmuß-Papier, gab mit
                              Kalkwasser und basischem essigsauren Blei einen häufigen Niederschlag, und gab durch
                              Saͤttigung mit aͤzender Soda wahre Seife. Zulezt trennte ich noch mit
                              Loͤsch-Papier die Oehlsaͤure von der Margarinsaͤure.
                           Da ich auf einen einzigen Versuch wenig Vertrauen sezte, so wiederholte ich denselben
                              mehrere Mahle; allein ich erhielt immer dieselben Resultate, selbst bei
                              Abaͤnderung des Verfahrens.
                           So brachte ich z.B. bei der gewoͤhnlichen Temperatur das Pulver eines
                              lithographischen Steines mit einer concentrirten Seifen-Aufloͤsung zusammen.
                              Nach einigen Tagen wusch ich es mit vielem Wasser ab, und ließ sogar das gebildete
                              oleo-margarinsaure Salz mit einer hinlaͤnglichen Menge destillirten Wassers
                              kochen. Nachdem ich mich uͤberzeugt hatte, daß die Abwaschwasser nichts mehr
                              enthielten, behandelte ich das Ganze mit verduͤnnter Salpetersaͤure,
                              wo die Zersezung dann bei der gewoͤhnlichen Temperatur erfolgte. Den Tag
                              darauf schwammen auf der Salpetersaͤure kleine unregelmaͤßige Massen
                              von Oehlsaͤure und Margarinsaͤure, deren aͤußere Theilchen,
                              durch die Einwirkung der Salpetersaͤure gefaͤrbt, die
                              Fluͤßigkeit schwach gelb faͤrbten. Diese Saͤuren wurden
                              getrennt, mehrere Mahle ausgewaschen, hierauf mit Alkohol behandelt, und durch die
                              gewoͤhnlichen Mittel aus ihrer Aufloͤsung abgeschieden. Sie waren
                              weiß, und besaßen alle Eigenschaften der Oehl- und Margarinsaͤure.
                           Dieser Versuch, auf mehrere Arten wiederholt, sezte mich in den Stand, zu beobachten,
                              wie jede Art von Stein sich zur lithographischen Tinte verhaͤlt. Der Stein
                              von Solenhofen verbindet sich viel leichter mit den fetten Saͤuren der Seife,
                              als der von Châteauroux, der viel dichter ist; denn unter ganz gleichen
                              Umstaͤnden erhielt ich aus ersterem eine viel groͤßere Menge der
                              fetten Saͤuren, als aus lezterem. Man darf aber deßwegen nicht glauben, daß
                              der franzoͤsische Stein minder gut sey; denn die Schichte von
                              oleo-margarinsaurem Kalke braucht nicht sehr dik zu seyn, damit die lithographirte
                              Zeichnung schoͤne und zahlreiche Abdruͤke gibt.
                           Wendet man zur Zersezung des fetten Kalk-Salzes keinen Ueberschuß von Saͤure
                              an, so entsteht eine neue Verbindung; der Theil der fetten Saͤuren, welcher
                              von der Salpetersaͤure ausgeschieden wurde, geht an das, noch unzersezte,
                              oleo-margarinsaure Salz, verbindet sich damit, und erzeugt ein saures margarinsaures
                              Salz, welches sich in warmem Alkohol von 30° sehr leicht aufloͤst, und
                              sich beim Abkuͤhlen in Gestalt von sehr diken, vollkommen weißen Floken
                              abscheidet. Der Alkohol, aus dem sie durch Filtriren abgeschieden wurden,
                              enthaͤlt noch etwas davon, was er durch Eindampfen los laͤßt, oder was
                              man durch Zusaz von
                              uͤberschuͤßiger Salpetersaͤure leicht zersezen kann. Die
                              Fluͤßigkeit scheint anfangs durchsichtig zu seyn, weil die frei gewordenen
                              fetten Saͤuren im Alkohol aufgeloͤst bleiben; verduͤnnt man sie
                              aber mit Wasser, so truͤbt sie sich, wird milchig, und die Saͤuren
                              kommen auf die Oberflaͤche derselben.
                           Aus dem Vorhergehenden laͤßt sich schließen, daß die Kalksteine allein zum
                              Steindruke taugen, und daß unter diesen bloß der dichte kohlensaure Kalk angewendet
                              werden koͤnne; denn der erdige kohlensaure Kalk und die Kreide leisten der
                              Presse zu wenig Widerstand, saugen zuviel Wasser ein, ihre Theilchen loͤsen
                              sich zu leicht ab, waͤhrend der zukerartige kohlensaure Kalk wegen seines
                              krystallinischen Gefuͤges und seiner zu großen Dichtheit sich der
                              noͤthigen Verbindung mit der fetten Kreide widersezt. Auch die, mit anderen
                              Arten von Kalk angestellten, Versuche waren fruchtlos. Man behauptete, die
                              lithographischen Steine ließen sich durch besondere Zusammensezungen, durch
                              Porzellan, Metall-Platten etc. ersezen; allein dem ist nicht so; denn den
                              Zeichnungen, welche man mit diesen verschiedenen Koͤrpern erhaͤlt,
                              fehlt es an Kraft und Nettigkeit, und sie sind nicht im Stande, eine groͤßere
                              Zahl von Abdruͤken zu geben, ohne daß sie immer schlechter und schlechter
                              wuͤrden. Haͤtten die Lithographen, ehe sie diese verschiedenen
                              Substanzen anwendeten, uͤber die Natur ihrer Kreide, uͤber die Wirkung
                              derselben auf den kohlensauren Kalk nachgedacht, so wuͤrden sie sich eine
                              große Menge fruchtloser Versuche erspart haben.
                           Es laͤßt sich aus dem Angefuͤhrten auch schließen, daß der Talg, das
                              Wachs und das Harz in der lithographischen Saͤure unnuͤz sind; allein,
                              mit Seife allein laͤßt sich nicht zeichnen, denn sie besizt zu wenig
                              Festigkeit; es ließen sich keine reinen und zarten Striche mit derselben machen, und
                              da ihre Farbe auch jener des Steines sehr aͤhnlich ist, so koͤnnte man
                              die Zeichnung nicht beurtheilen; vorausgesezt, daß die Seife durch Kienruß
                              hinlaͤnglich gefaͤrbt waͤre, so wuͤrde sie doch nicht
                              gegen die Wirkung der Salpetersaͤure schuͤzen, welche man zur
                              Zurichtung der Steine anwenden muß; es wuͤrde ein Theil zerstoͤrt und
                              aufgeloͤst werden, so daß die schwachen und dampfartigen Stellen beim
                              Abdruken mißlingen koͤnnten. Der Talg beseitigt diese Nachtheile, indem er
                              die Seife gegen die Wirkung der Saͤure schuͤzt; das Wachs und der
                              Gummi-Lak geben derselben das gehoͤrige Mark und die nothwendige
                              Haͤrte.
                           
                           Es laͤßt sich hoffen, daß die Lithographen, wenn sie die Koͤrper, mit
                              welchen sie arbeiten, besser kennen, sowohl ihre Kreide als ihre Verfahrungs-Art
                              vervollkommnen koͤnnen, und ihre schoͤne Kunst auf eine hoͤhere
                              Stufe von Vollkommenheit bringen werden.