| Titel: | Ueber die Wirkung der Säuren auf einige Salz-Auflösungen. Eine in der Académie royale de Medicine (Section de Pharmacie) am 30. Juli 1825 gelesene Abhandlung; von den HHrn. Apothekern Soubeiran und Henry Sohn. | 
| Fundstelle: | Band 21, Jahrgang 1826, Nr. LV., S. 248 | 
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                        LV.
                        Ueber die Wirkung der Säuren auf einige
                           								Salz-Auflösungen. Eine in der Académie royale de Medicine (Section de Pharmacie) am 30. Juli 1825 gelesene Abhandlung;
                           								von den HHrn. Apothekern Soubeiran und Henry Sohn.
                        Aus dem Journal de Pharmacie. 1825. Sept. p.
                              									430.
                        Soubeiran, über die Wirkung der Säuren auf einige
                           								Salz-Auflösungen.
                        
                     
                        
                           Die Versezung einen Aufloͤsung eines neutralen Salzes
                              									mit einer Saͤure bietet, wenn dadurch nicht die Ausscheidung einer
                              									gasfoͤrmigen oder festen Substanz erfolgt, durchaus keine Erscheinung dar,
                              									aus welcher sich auf eine chemische Einwirkung dieser Elemente auf einander
                              									schließen ließe. Man versuchte sich das zu erklaͤren, was unter diesen
                              									Umstaͤnden vorgeht; allein die Meinungen der Chemiker in dieser Hinsicht
                              									beruhten mehr auf theoretischen Ansichten, als auf positiven Versuchen. Es herrscht
                              									daher noch sehr viel Ungewißheit uͤber die Beantwortung der Frage: auf welche Weise eine
                              									Saͤure wirkt, wenn dieselbe, in eine Salz-Aufloͤsung gegossen, die
                              									Basis oder die Saͤure, wenigstens nicht sichtbar, ausscheidet.
                           Berthollet glaubte, daß die Basis sich unter die
                              									Saͤuren, im Verhaͤltnisse ihrer chemischen Kraft theile, und daß
                              									dadurch zwei neue Salze mit uͤberschuͤssiger Saͤure
                              									entstuͤnden. Nimmt man die Ansicht dieses Gelehrten an, so findet man sich in
                              									deutlichem Widerspruche mit jenen Thatsachen, welche die Chemiker veranlaßten, die
                              									Verbindung der Koͤrper mit einander in bestimmten Verhaͤltnissen
                              									anzunehmen. Gießt man naͤmlich in eine Aufloͤsung von
                              									Salzsaͤurer Pottasche etwas schwefelsaure, so wird nach Berthollet's Hypothese, Saͤure schwefelsaure und Saͤure
                              									Salzsaͤure Pottasche in bestimmten Verhaͤltnissen entstehen. Sezt man
                              									neuerdings, und nach und nach, schwefelsaͤure zu, so wird jeder neue Zusaz
                              									von schwefelsaͤure das Verhaͤltniß der, an die Salzsaͤure
                              									gebundenen, Pottasche vermindern, so daß sich, im Laufe des Versuches, Saͤure
                              									Salzsaͤure Pottasche bilden wuͤrde, in welcher die relativen
                              									Verhaͤltnisse der Basis und der Saͤure von dem Augenblike an, in
                              									welchem das neutrale Salzsaͤure Salz zersezt zu werden beginnt, bis zu jenem,
                              									in welchem sich die schwefelsaͤure des lezten Theilchens der Pottasche
                              									bemaͤchtigt, wechseln wuͤrde.
                           Um diese Erscheinungen mit der Theorie der bestimmten Verhaͤltnisse in
                              									Einklang zu bringen, nimmt Berzelius an, daß sich die
                              									Basis so unter die beiden Saͤuren theilt, daß zwei neutrale Verbindungen
                              									entstehen, waͤhrend die ausgetriebene Saͤure und ein Theil der
                              									zersezenden Saͤure frei in der Fluͤßigkeit bleiben, sich in gewisser
                              									Hinsicht zuruͤkstoßen, oder doch gegenseitig ihre chemische Kraft
                              									aufheben.
                           Wir unternahmen die Arbeit, welche wir der Academie vorlegen, um zu sehen, welche
                              									dieser beiden Ansichten den Vorzug verdiene, oder ob beide, durch eine dritte, mehr
                              									mit den Thatsachen uͤbereinstimmende, Hypothese zu ersezen seyen.
                           Bei dem ersten Versuche wurden 4 Gramme geschmolzene Salzsaͤure Soda
                              									(Salzsaͤure 2,477, Soda 2,138) in 16 Grammen kaltem destillirten Wasser
                              									aufgeloͤst. In die Fluͤßigkeit wurde soviel schwefelsaͤure
                              									gegossen, als zur Saͤttigung der Soda des Kochsalzes noͤthig ist
                              									(2,741 Gramme wasserfreie Saͤure). Es zeigte sich keine Salzsaͤure;
                              									die Fluͤßigkeit wurde mit einem bedeutenden Ueberschusse von Alkohol von
                              									40° vermengt und
                              									der Niederschlag so lang mit Alkohol abgewaschen, bis dieser mit salpetersaurem
                              									Silber keine Spur von Salzsaͤure mehr anzeigte. Der getroknete und calcinirte
                              									Niederschlag wog 3,366 Gramme, und war schwefelsaure Soda.
                           Die ruͤkstaͤndige Fluͤßigkeit mußte die schwefelsaͤure
                              									und die Soda enthalten, welche kein schwefelsaures Salz gebildet hatten, ferner alle
                              									Salzsaͤure, und vielleicht etwas, vom Alkohol aufgeloͤste
                              									schwefelsaure Soda. Wir versicherten uns zwar, daß sich bei Faͤllung einer
                              									Aufloͤsung von schwefelsaurer Soda, welche in denselben
                              									Verhaͤltnissen, wie bei obigem Versuche, gemacht wurde, mit Alkohol kaum eine
                              									Spur dieses Salzes aufloͤste; allein ein anderer Versuch belehrte uns, daß
                              									die Gegenwart von etwas uͤberschuͤßiger Saͤure die
                              									Aufloͤsung desselben beguͤnstigt. Wir suchten daher die schwefelsaure
                              									Soda in der alkoholischen Fluͤßigkeit auszumitteln. Sie wurde mit Ammonium
                              									uͤbersaͤttigt, wodurch ein Niederschlag entstand, der mit Alkohol
                              									abgewaschen und getroknet wurde. Er bestand aus einem Gemenge von schwefelsaurer
                              									Soda und schwefelsaurem Ammonium, welches durch das Feuer vertrieben wurde, und
                              									0,678 Gramme schwefelsaure Soda zuruͤkließ, was mit der ersteren zusammen
                              									4,044 Gramme schwefelsaure Soda gibt. Diese Menge enthaͤlt 0,47 Gramme
                              									schwefelsaure weniger, als angewendet wurde, welche wir in der alkoholischen
                              									Fluͤßigkeit wieder fanden, wo sie zur Bildung des schwefelsauren Ammoniums
                              									gedient hatte.
                           Die erhaltene schwefelsaure Soda enthaͤlt auch nicht alle Soda des Kochsalzes.
                              									Die Menge, welche nicht von der schwefelsaure aufgenommen wurde, betraͤgt,
                              									nach obigen Angaben berechnet, 0,787 Gramm, Salzsaͤure Pottasche, und sezt
                              									voraus, daß 2,055 Salzsaͤure von der schwefelsaure ausgeschieden wurden.
                           Bei diesem Versuche wirkte also die schwefelsaure so auf das Kochsalz, daß
                              									schwefelsaure Soda daraus entstand; allein ein Theil der Salzsaͤuren Soda
                              									wurde nicht zersezt, sondern vom Alkohol aufgeloͤst, wie die
                              									uͤberschuͤssige schwefelsaure und die ausgetriebene
                              									Salzsaͤure.
                           Das Verhaͤltniß zwischen der Salzsaͤure und der schwefelsaure, ist wie
                              									2,05 der ersteren und 0,47 der lezteren.
                           Dieses Resultat fuͤhrt natuͤrlich zu der Idee, daß die Zersezung des
                              									Kochsalzes aufhoͤrte, als die Menge der daraus abgeschiedenen
                              									Salzsaͤure hinreichte, um der schwefelsaure das Gleichgewicht zu halten, und daß
                              									die Aufloͤsung nach dem Zusaze der schwefelsaure neutrale salzsaure und
                              									schwefelsaure Soda und schwefelsaure und Salzsaͤure enthielt, welche sich
                              									gegenseitig das Gleichgewicht zu halten im Stande waren.
                           Befinden sich die Elemente wirklich in diesem Zustande in der Fluͤßigkeit, so
                              									muß man, bei Anwendung verschiedener Verhaͤltnisse von Kochsalz- und
                              									schwefelsaure, Resultate erhalten, welche insofern gleich sind, als sich die
                              									schwefelsaure und Salzsaͤure in einem aͤhnlichen Verhaͤltnisse
                              									befinden werden. Um uns hiervon zu uͤberzeugen, wiederholten wir den
                              									vorhergehenden Versuch, nahmen aber 8 Gramm. Kochsalz, und bloß 1/4 der
                              									schwefelsaure, welche noͤthig ist, um die Soda in ein schwefelsaures Salz zu
                              									verwandeln (1,375 wirkliche Saͤure); wir bemerkten hierbei, daß das Ammonium
                              									wenig schwefelsaure Soda niederschlug; eine Erscheinung, welche sich sehr
                              									natuͤrlich durch den minder Saͤuren Zustand der Fluͤßigkeit
                              									erklaͤren laͤßt; uͤberdieß fanden wir 0,033 Gramm, freie
                              									schwefelsaure, und 1,204 Gramm. Salzsaͤure, was, in Bezug auf die relativen
                              									Verhaͤltnisse der Saͤuren, einen bedeutenden Unterschied zwischen dem
                              									Producte dieser Operation, und dem der vorigen ausmacht.
                           Durch dieses Resultat in unserer Erwartung getaͤuscht, machten wir viele
                              									Versuche, um uns diese Erscheinung zu erklaͤren, wodurch wir uns
                              									uͤberzeugten, daß die Verhaͤltnisse des angewendeten Wassers auch jene
                              									der Saͤuren veraͤndern. Verdreifacht man naͤmlich, bei dem
                              									ersten Versuche, die Menge des Wassers, so ist das Verhaͤltniß der
                              									schwefelsaure zur Salzsaͤure wie 1 : 2, waͤhrend wir es zuerst wie 1 :
                              									4 fanden. Dieser Unterschied muß daher ruͤhren, daß die Verwandtschaft der
                              									Saͤuren merklich abnimmt, je nachdem die waͤsserige Aufloͤsung
                              									derselben mehr oder weniger verduͤnnt ist; es gibt auch wirklich eine Menge
                              									von Umstaͤnden, unter welchen Erscheinungen dieser Art Statt haben, und
                              									welche sich auf keine andere Weise erklaͤren lassen. So werden, in
                              									Saͤuren Fluͤßigkeiten aufgeloͤste. Koͤrper
                              									gefaͤllt, wenn Man eine groͤßere Menge Wasser zusezt; so haͤlt
                              									die Salzsaͤure, wenn sie concentrirt ist, bei der Bildung des Purpurs von
                              									Cassius, das Zinnoxid zuruͤk, waͤhrend sie, wenn die
                              									Aufloͤsungen verduͤnnt sind, dasselbe faͤllen laͤßt.
                              									Vermindert sich aber die Verwandtschaft einer Saͤure mit dem Zustande ihrer
                              									Concentration, so ist auch sehr begreiflich, daß diese Abnahme nicht bei allen Samen
                              									in demselben Verhaͤltnisse Statt hat, und so ist es auch leicht zu erklaͤren,
                              									warum die Mengen der Saͤuren, welche sich das Gleichgewicht halten, nach dem
                              									Concentrations-Zustande der Fluͤßigkeit, in welcher sie sich befinden,
                              									verschieden sind.
                           Wir konnten nicht zweifeln, daß ein hinlaͤnglicher Ueberschuß von
                              									schwefelsaure das Kochsalz vollkommen zerseze, und die Erfahrung hat auch diese
                              									Voraussezung vollkommen gerechtfertigt. Aus dem Vorhergehenden nehmen wir also an,
                              									daß die schwefelsaure, einer Aufloͤsung von Kochsalz zugesezt, alle
                              									Salzsaͤure austreibt, wenn sie in gehoͤrigem Ueberschusse angewendet
                              									wird, daß aber im entgegengesezten Falle nur ein Theil des Kochsalzes zersezt wird,
                              									und daß die Aufloͤsung neutrale schwefelsaure und Salzsaͤure Soda,
                              									schwefelsaure und Salzsaͤure enthaͤlt.
                           Wir haben diese Versuche auch umgekehrt angestellt, indem wir Salzsaͤure auf
                              									schwefelsaure Soda einwirken ließen, und wir erhielten aͤhnliche Resultate.
                              									Ein großer Ueberschuß von Salzsaͤure vertrieb die schwefelsaure; geringere
                              									Quantitaͤten Salzsaͤure zersezten die schwefelsaure Soda zum Theile,
                              									und in der Aufloͤsung befand sich Kochsalz, schwefelsaure Soda, schwefelsaure
                              									und Salzsaͤure Das Verhaͤltniß der beiden Saͤuren zu einander
                              									war verschieden, je nachdem man die Menge des Wassers, welche zur Aufloͤsung
                              									der schwefelsauren Soda gedient hat, veraͤnderte.
                           Wegen eines gleichen Zwekes untersuchten wir auch die Wirkung der weinsteinsaure auf
                              									eine Aufloͤsung von essigsaurer Soda, 4 Gramm., unter der Presse zwischen
                              									Flußpapier getroknete, essigsaure Soda, (Soda 0,9132, Saͤure 1,4984, Wasser
                              									1,5884) wurden in 14 Gramm. Wasser aufgeloͤst; hierauf wurde die, zur
                              									Saͤttigung der Soda noͤthige, Menge weinsteinsaure, (krystallisirte
                              									Saͤure 2,213, wasserfreie 1,949) zugesezt; die Fluͤßigkeit wurde dann
                              									durch eine große Menge Alkohol von 40° gefaͤllt und filtrirt; der
                              									Niederschlag wurde mit Weingeist abgewaschen, um alle in demselben
                              									aufloͤslichen Theile zu entfernen; endlich wurde er im Ofen getroknet und
                              									untersucht. Er bestand aus neutraler weinsteinsaurer Soda, und wog 2,79 Gramm. Um
                              									mit Bestimmtheit das wahre Verhaͤltniß der weinsteinsauren Soda und des
                              									Wassers, woraus er bestand, auszumitteln, wurde in einem Platin-Tiegel vorsichtig
                              									ein Gramme zersezt, um die weinsteinsaure zu zerstoͤren. Es blieben 0,465
                              									geschmolzene kohlensaure Soda zuruͤk, und nach diesem Resultate wurde das
                              									ganze Gewicht der weinsteinsauren Soda berechnet; es ergaben sich 2,433 Gramm., welche 1,656
                              									Gramm, weinsteinsaure enthalten. – Die alkoholische Fluͤßigkeit wurde
                              									in der Kaͤlte mit Kalk uͤbersaͤttigt; der Niederschlag, der
                              									sich bildete, wurde gut ausgewaschen, und hierauf zum Rothgluͤhen erhizt,
                              									wobei er stark den charakteristischen Geruch von angebrannter weinsteinsaure
                              									verbreitete; um aber auszumitteln, ob diese Saͤure nicht zum Theile als Salz
                              									vorhanden sey, machten wir folgende Versuche.
                           Wir loͤsten weinsteinsaure Soda in etwas Wasser auf, saͤuerten diese
                              									Aufloͤsung stark mit weinsteinsaure, und faͤllten sie mit Alkohol. Die
                              									filtrirte Fluͤßigkeit wurde abgedampft, und der Ruͤkstand verbrannt.
                              									Die Kohle wurde mit Salzsaͤure behandelt, und die Salzsaͤure
                              									Fluͤßigkeit hierauf bis zur Trokenheit eingedampft. Sie gab keine merklichen
                              									Spuren von Kochsalz, was beweist, daß die weinsteinsaure Soda vollkommen vom Alkohol
                              									gefaͤllt wurde.
                           Da uns ein anderer Versuch belehrte, daß die neutrale weinsteinsaure Soda doch etwas
                              									in Alkohol aufloͤslich ist, so mußten wir sehen, ob sich dieses Salz nicht in
                              									unserer alkoholischen Fluͤßigkeit befinde. Zu diesem Zweke
                              									schuͤttelten wir sie in der Kaͤlte mit Bleihydrat und filtrirten sie
                              									hierauf. Der Alkohol wurde nun durch Abdampfen groͤßten Theils vertrieben,
                              									allein salpetersaurer Baryt zeigte keine weinsteinsaure. Da wir vermutheten, die
                              									weinsteinsaure Soda koͤnnte, (wenn sie wirklich vorhanden ist), zugleich mit
                              									dem weinsteinsauren Blei gefaͤllt worden seyn, so wuschen wir die auf dem
                              									Filtrum zuruͤkgebliebene Masse mit Alkohol von 20° aus, um das
                              									Aufloͤsliche aufzuloͤsen; allein nach dem Eindampfen zeigte der
                              									salpetersaure Baryt, auch hier, kaum merkliche Spuren von weinsteinsaure. Diese
                              									Saͤure fand sich hingegen in großer Menge in dem, auf dem Filtrum gebliebenen
                              									Blei-Niederschlage, indem wir denselben in Salzsaͤure aufloͤsten, das
                              									Blei mit Schwefelwasserstoff abschieden, die Saͤuren mit Ammonium
                              									saͤttigten, und die Weinsteinsaͤure mit salpetersaurem Baryte
                              									faͤllten.
                           Diese Versuche beweisen, daß die untersuchte alkoholische Fluͤßigkeit keine
                              									weinsteinsaure Soda, wohl aber Weinsteinsaͤure enthaͤlt. Hiernach
                              									lassen sich nun die Bestandtheile der alkoholischen Fluͤßigkeit sehr leicht
                              									berechnen. Wir sahen, daß der durch den Alkohol gebildete Niederschlag
                              									weinsteinsaure Soda ist, und 1,656 Gramm. weinsteinsaure enthaͤlt, d.h. 0,293
                              									Gramm weniger, als davon
                              									angewendet wurden. Diese befinden sich in der alkoholischen Fluͤßigkeit: die
                              									weinsteinsaure Soda enthaͤlt auch nicht alle Basis des angewendeten
                              									essigsauren Salzes; der Unterschied betraͤgt 0,359 Gramm, Essigsaure Soda,
                              									was voraussezt, daß 1,365 Gramm. Essigsaure ausgetrieben wurden; hieraus erhellt,
                              									daß sich die, in der alkoholischen Fluͤßigkeit enthaltenen freien
                              									Saͤuren, wie 1 weinsteinsaure zu 4,65 Essigsaure verhalten.
                           Wir wiederholten diesen Versuch mit Vermehrung des Wassers; die Essigsaure Soda wurde
                              									in 40 Gramm., statt in 15 Gramm. Wassers aufgeloͤst; hierbei fanden wir, daß
                              									die Menge der freien weinsteinsaure als 1 betrachtet, die Essigsaure 5,62 betrug;
                              									was beweist, daß das Verhaͤltniß Mischen den beiden Saͤuren sich mit
                              									den Verhaͤltnissen des Wassers aͤndert; aus diesem Versuche ergibt
                              									sich also die vollkommene Harmonie zwischen diesen Resultaten, und jenen der
                              									vorhergehenden Versuche.
                           Bei Behandlung der essigsauren Soda mit dem vierten Theile der weinsteinsaure, welche
                              									noͤthig ist, um alle Soda in neutrale, weinsteinsaure Soda zu verwandeln,
                              									wird eine geringere Menge Essigsaure zersezt; allein alle uͤbrigen Producte
                              									bleiben dieselben, wie vorher.
                           Als wir diese Arbeit anfingen, hatten wir vor, die Wirkung der Saͤuren auf die
                              									Salz – Aufloͤsungen im Allgemeinen dar zuthun; da aber ein großer
                              									Theil des Interesse dieser Aufgabe damit verschwand, daß es unmoͤglich ist,
                              									die Mengen der verschiedenen Saͤuren, welche sich das Gleichgewicht zu halten
                              									im Stande sind, und den Grad ihrer gegenseitigen Verwandtschaft positiv
                              									auszumitteln; so mußten wir unsere Nachforschungen beschraͤnken, und uns mit
                              									dem Studium einiger dieser Zersezungen begnuͤgen; es genuͤgte uns
                              									daher auch, die Gegenwart der freien Saͤuren und der Salze in bestimmten
                              									Verhaͤltnissen aufzufinden, ohne das wechselseitige Verhaͤltniß
                              									derselben auszumitteln. Wir wollen nun diesen lezten Theil unserer Arbeit
                              									durchgehen.
                           Wir versezten eine Auflosung von phosphorsaurer Soda mit soviel schwefelsaure, als
                              									noͤthig ist, um die Soda in neutrale schwefelsaure Soda umzuwandeln, und
                              									faͤllten dann die Aufloͤsung mit Alkohol. Die Analyse des
                              									Niederschlages zeigte schwefelsaure und phosphorsaure Soda. Der Niederschlag hatte
                              									nach dem Calciniren keine Wirkung auf die Lackmuß-Tinctur; allein vor dem Calciniren
                              									faͤrbte er dieselbe roth. Dieser saͤuerliche Zustand konnte nicht von
                              									etwas anhaͤngender Saͤure herruͤhren, denn das Auswaschen geschah mit der
                              									groͤßten Sorgfalt; er ruͤhrte auch nicht von saurer schwefelsaurer
                              									Soda her, denn die, mit schwefelsaure gemengte, schwefelsaure Soda wird durch
                              									Alkohol von der neutralen schwefelsauren Soda getrennt; die Eigenschaft die
                              									Lackmuß-Tinctur zu roͤchen, kam also von saurer phosphorsaurer Soda her; denn
                              									Versuche, auf welche wir spaͤter zuruͤkkommen werden, bewiesen uns,
                              									daß sich unter diesem Umstande ein Bi-Phosphat bildet.
                           Wenn der durch Alkohol erzeugte Niederschlag ein Gemenge von neutraler schwefelsaurer
                              									und saurer phosphorsaurer Soda ist, so muß er in der Rothgluͤhhize seine
                              									Saͤure Eigenschaft verlieren; denn die Phosphorsaure des Bi-Phosphates wird
                              									einen Theil schwefelsaure austreiben, um einen neuen Theil neutrale phosphorsaure
                              									Soda zu bilden; wir haben auch gesehen, daß der Niederschlag nach dem Calciniren den
                              									Lackmuß nicht roͤthet. Wir brachten eine bestimmte Menge des im Ofen
                              									getrokneten Niederschlages in eine lutirte Retorte, deren Hals uͤber der
                              									Lampe in die Laͤnge gezogen und umgekruͤmmt wurde, und dessen Ende in
                              									eine Aufloͤsung von salpetersaurem Baryt tauchte; als nun die Retorte stark
                              									erhizt war, entwikelten sich weiße Daͤmpfe, welche, als sie in den
                              									salpetersauren Baryt gelangten, einen Niederschlag von schwefelsaurem Baryte
                              									bildeten; zugleich entwikelten sich Gas-Blasen, welche sich durch ihren Geruch
                              									fuͤr schwefelige Saͤure zu erkennen gaben; die Analyse zeigte auch in
                              									dem, im Ofen getrokneten. Niederschlage weniger schwefelsaure, als in dem
                              									rothgegluͤhten.
                           Aus diesen Erscheinungen koͤnnen wir, als erstes Resultat, annehmen, daß sich
                              									neutrales Soda-Sulphat und Soda-Biphosphat bildet. Da sich dieses lezte Salz
                              									merklich in Alkohol aufloͤst, wenn derselbe nicht sehr entwaͤssert
                              									ist, und da die Gegenwart der Saͤuren die Aufloͤslichkeit der
                              									schwefelsauren Soda beguͤnstigt; so untersuchten wir die Fluͤßigkeit,
                              									ob sie freie Saͤuren enthalte. Wir schuͤttelten sie mit einem
                              									Ueberschusse von Eisenoxid-Hydrat, und Dritten sie hierauf; dann untersuchten wir
                              									sie, vergleichungsweise, mit einer Aufloͤsung von schwefelsaurer Soda, welche
                              									ebenfalls mit einer Aufloͤsung von Eisenoxid geschuͤttelt worden war;
                              									diesen Vergleich stellten wir an, um zu sehen, ob das Eisenoxid die schwefelsaure
                              									Soda nicht zersezt. Diese leztere Fluͤßigkeit zeigt mit den Reagentien etwas
                              									schwefelsaure und kein Eisen, waͤhrend unsere erste Fluͤßigkeit viel
                              									Eisen, Schwefelsaͤure und Phosphorsaure enthielt. Die Phosphorsaure wurde also
                              									von der schwefelsaure nicht ganz vertrieben; ein Theil blieb mit der Soda, als
                              									Biphosphat verbunden, waͤhrend ein anderer Theil ausgeschieden, und zugleich
                              									mit schwefelsaure in der Fluͤßigkeit gefunden wurde.
                           Wendet man den vierten Theil der, zur Saͤttigung der Soda noͤthigen
                              									schwefelsaure an, so wird bloß ein Theil des neutralen phosphorsauren Salzes in
                              									Soda-Biphosphat umgewandelt, und die Aufloͤsung enthaͤlt
                              									Soda-Phosphat, Biphosphat, neutrales Sulphat, schwefelsaure und
                              									Phosphorsaͤure. Eine hinlaͤngliche Menge schwefelsaure zersezt aber
                              									die phosphorsaure Soda vollkommen.
                           Untersucht man Vergleichungsweise die Wirkung der Phosphorsaure auf die schwefelsaure
                              									Soda, so erhaͤlt man aͤhnliche Resultate, aber wohlgemerkt, in
                              									umgekehrtem Sinne.
                           Wir fanden, daß der Zusaz einer großen Menge Salzsaͤure zur phosphorsauren
                              									Soda, alle Phosphorsaure entfernt; allein bei schwaͤcheren Dosen geschah die
                              									Zersezung nur zum Theile; die neutrale, phosphorsaure Soda wurde ganz, oder zum
                              									Theile in Biphosphat verwandelt, und frei, ohne Verbindung, blieben Phosphorsaure
                              									und Salzsaͤure. Die Wirkung der Phosphorsaure auf das Kochsalz ist ganz
                              									analog.
                           Die Gegenwart der freien Salzsaͤure in der alkoholischen Fluͤßigkeit
                              									haben wir auf folgende Weise dargethan. Sie wurde mit einem Ueberschusse von
                              									kaustischer Bittererde geschuͤttelt und filtrirt; sie mußte dann Kochsalz,
                              									vielleicht phosphorsaure Soda und Bittererde, und Salzsaͤure Bitterde
                              									aufgeloͤst enthalten. Da das leztere dieser Salze sich bloß durch die Hize
                              									zersezen laͤßt, und die, in dem Alkohole enthaltene, Salzsaͤure allein
                              									dasselbe bilden konnte; so mußten wir, wenn dasselbe wirklich in der
                              									Fluͤßigkeit enthalten war, beim Eindampfen, Calciniren und Behandeln
                              									derselben mit Wasser einen Ruͤkstand von Bittererde erhalten; die Gegenwart
                              									der Bittererde war dann ein sicheres Zeichen von jener der Salzsaͤure, und
                              									dieß sind auch wirklich die Resultate, zu welchen wir gelangten.
                           Wir muͤssen noch einen Augenblik bei einem der Producte dieser Operation
                              									verweilen: wir sagten, daß der mit Alkohol erhaltene Niederschlag Soda-Biphosphat
                              									ist; Berzelius gab, indem er angab, daß die phosphorsaure
                              									Soda aus der Aufloͤsung in Phosphorsaure durch Alkohol, als saures
                              									phosphorsaures Salz
                              									abgeschieden wird, die Bestandtheile desselben nicht an. Die Analogie der
                              									Umstaͤnde, unter welchen es sich absezt, mit jenen, unter welchen die Kalk-
                              									und Baryt-Sesquiphosphate entstehen, konnte die Meinung veranlassen, es habe hier
                              									eine aͤhnliche Verbindung Statt; allein, die Erfahrung zeigte uns, daß dieses
                              									Salz zwei Mahl soviel Saͤure enthielt, als das neutrale phosphorsaure. Wir
                              									untersuchten es auf zweierlei Art; ein Mahl, indem wir ein bestimmtes Gewicht davon
                              									nahmen, es in einer geringen Menge Wasser aufloͤsten, genau mit Soda
                              									saͤttigten, und in einem tarnten Platin-Tiegel abdampften. Das Gewicht des
                              									geschmolzenen neutralen phosphorsauren Salzes, verglichen mit dem Gewichte des
                              									Saͤuren phosphorsauren Salzes, zeigte den Ueberschuß der Phosphorsaure an.
                              									Wir machten auch einen vergleichenden Versuch; indem wir das Saͤure
                              									phosphorsaure Salz saͤttigten, und es mit kochendem salzsauren Blei
                              									zersezten; das Gewicht des phosphorsauren Bleies gab die Menge der Phosphorsaure,
                              									und folglich auch jene der Soda.
                           Den lezten Versuch machten wir mit einer Aufloͤsung von salpetersaurer
                              									Pottasche; wir behandelten dieses Salz mit schwefelsaure, und erhielten auch dadurch
                              									den fruͤheren analoge Resultate; die kraͤftigere der Saͤuren
                              									bemaͤchtigte sich naͤmlich bloß eines Theiles der Basis, und die
                              									Producte waren schwefelsaure, salpetersaure, neutrale schwefelsaure Pottasche, und
                              									neutrale salpetersaure Pottasche; das neutrale schwefelsaure Salz wurde mit Alkohol
                              									gefaͤllt und ausgewaschen, um die Saͤuren davon zu trennen; es blieb
                              									mit etwas Salpeter vermengt; die alkoholische Aufloͤsung enthielt etwas
                              									schwefelsaure Pottasche, salpetersaure Pottasche, schwefelsaure und salpetersaure.
                              									Die Gegenwart der schwefelsaure war leicht auszumitteln, indem wir die
                              									Fluͤßigkeit mit uͤberschuͤßigem Kalke schuͤttelten,
                              									filtrirten, und den Niederschlag mit kaltem Wasser auswuschen, um die salpetersaure
                              									und schwefelsaure Pottasche davon zu scheiden. Die auf dem Filtrum
                              									zuruͤkgebliebene Substanz loͤste sich in concentrirter
                              									Salzsaͤure ganz auf, und mit salzsaͤurem Baryte zeigte sich dann die
                              									Schwefelsaͤure.
                           Wenn wir die verschiedenen, in dieser Abhandlung angegebenen, Resultate
                              									zusammenstellen, so glauben wir annehmen zu koͤnnen, daß eine Saͤure,
                              									welche einer Salzaufloͤsung zugesezt wird, sich jederzeit eines Theiles ihrer
                              									Basis bemaͤchtigt; die chemische Kraft der beiden Saͤuren mag
                              									uͤbrigens seyn, welche sie wolle; daß die Zersezung des Salzes vollkommen
                              									geschehen koͤnne, wenn die zersezende Saͤure in hinlaͤnglichem
                              									Uͤberschusse vorhanden ist, (eine von den Chemikern bereits erwiesene
                              									Thatsache); daß sich bei den Einwirkungen dieser Art immer Salze in bestimmten
                              									Verhaͤltnissen bilden, und daß sich zu gleicher Zeit freie Saͤuren in
                              									der Aufloͤsung befinden, die ihre Wirkung gegenseitig verhindern; daß die
                              									Mengen der Saͤuren, welche sich so das Gleichgewicht zu halten im Stande
                              									sind, nicht immer in demselben Verhaͤltnisse stehen; daß ihre relativen
                              									Verhaͤltnisse nach jenen Umstaͤnden verschieden sind, unter deren
                              									Einfluß man arbeitete; und endlich, daß die Zersezung eines Salzes durch eine
                              									Saͤure, wenn alle Producte aufgeloͤst bleiben, sich nicht von den
                              									gewoͤhnlichen Verbindungs-Gesezen entfernt, und daß Verbindungen in
                              									bestimmten Verhaͤltnissen entstehen.
                           Wir muͤssen uns gegen einen Einwurf, welcher Alles, von uns Aufgestellte,
                              									umwerfen koͤnnte, vorsehen. Konnte man nicht glauben, daß die Salze in
                              									bestimmten Verhaͤltnissen, welche durch den Zusaz von Alkohol abgeschieden
                              									wurden, vorher nicht bestanden, und daß die Bildung derselben durch ihre
                              									Unaufloͤslichkeit in der alkoholischen Fluͤßigkeit bedingt wurde? Man
                              									muͤßte aber dann auch voraussezen, daß die Cohaͤsion unter ganz
                              									aͤhnlichen Umstaͤnden auf zwei verschiedene Weisen wirken
                              									koͤnne. Sie haͤtte auch wirklich nur die Bildung eines Theiles des
                              									unaufloͤslichen Salzes bedingt, waͤhrend die alkoholische
                              									Fluͤssigkeit doch hinlaͤngliche Mengen dieser Elemente enthielte, um
                              									viel mehr Salz, zu bilden, als der Alkohol aufzuloͤsen im Stande ist. So
                              									bleibt z.B. bei der Zersezung der Phosphorsauren Soda durch eine Saͤure, nach
                              									dem Zugießen des Alkoholes, eine bedeutende Menge Soda und Phosphorsaure
                              									aufgeloͤst. Dieser Unterschied ist noch ausgezeichneter, wenn man sich der
                              									weinsteinsaure bedient, welche mit einem Theile der Basis in der alkoholischen
                              									Fluͤßigkeit aufgeloͤst bleibt, waͤhrend doch alle
                              									weinsteinsauren Salze in Alkohol unaufloͤslich sind, und um so mehr noch,
                              									wenn die Fluͤßigkeit sauer ist.
                           Es ließe sich nach dieser Hypothese auch eben so wenig erklaͤren, warum nicht
                              									immer das am schwersten aufloͤsliche Salz entsteht; warum z.B. bei der
                              									Einwirkung der weinsteinsaure auf die Essigsaure Soda, sich neutrale weinsteinsaure
                              									Soda bildete, die merklich in Alkohol aufloͤslich ist, und nicht lieber das
                              									ganz unaufloͤsliche Bitartrat. Auch scheint uns erwiesen, daß sich die Wirkung des Alkoholes,
                              									unter diesen Umstaͤnden, darauf beschrankt, vorher schon gebildete
                              									Koͤrper von verschiedener Aufloͤslichkeit zu trennen.
                           Auf eine beinahe aͤhnliche Weise zu schließen, koͤnnten wir uns auch
                              									die Elemente der alkoholischen Maͤßigkeit, wie wir oben angegeben haben,
                              									zusammengesezt denken; es ist sehr unwahrscheinlich, daß sich Theilchen der Basis
                              									mit bedeutenden Verhaͤltnissen Saͤure verbinden, wie man dieß
                              									voraussezen muͤßte; uͤberdieß beweist auch die Erfahrung, daß sich
                              									dieß nicht so verhaͤlt. Wenn diese Verbindungen wirklich bestehen, so ist die
                              									Basis zwischen die beiden Saͤuren, welche zwei Saͤure Salze bilden,
                              									getheilt; saͤttigt man sie, so muͤßte jedes derselben in ein neutrales
                              									Salz verwandelt werden. Die Erfahrung zeigte uns aber, daß, wenn man die, bei der
                              									Behandlung der essigsauren Soda mit weinsteinsaure erhaltene, alkoholische
                              									Fluͤßigkeit mit Blei saͤttigt, keine weinsteinsaure Soda entsteht; was
                              									beweist, daß sich die weinsteinsaure ganz getrennt in der Aufloͤsung befand.
                              									Wir koͤnnen dieser Bemerkung um so mehr allgemeine Guͤltigkeit
                              									verschaffen, als da, wo man haͤtte voraussezen koͤnnen, daß die
                              									Saͤure, als Salz, in der alkoholischen Fluͤßigkeit enthalten sey, die
                              									Erfahrung bewies, daß dieses Salz selbst etwas in Alkohol aufloͤslich
                              									war.
                           Aus dem Angefuͤhrten halten wir uns fuͤr berechtigt, die von uns
                              									aufgestellte Hypothese als die natuͤrlichste Erklaͤrung dieser
                              									Thatsachen zu betrachten.