| Titel: | Ueber die Nachtheile der Wiesen-Ranunkel oder sogenannten Schmalzblumen, und über die Nothwendigkeit der Maßregeln zur schleunigen Vertilgung derselben. Von Karl Whitlaw, Esqu. | 
| Fundstelle: | Band 21, Jahrgang 1826, Nr. LXXXIX., S. 373 | 
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                        LXXXIX.
                        Ueber die Nachtheile der Wiesen-Ranunkel oder
                           								sogenannten Schmalzblumen, und über die Nothwendigkeit der Maßregeln zur schleunigen
                           								Vertilgung derselben. Von Karl
                              									Whitlaw, Esqu.
                        Aus Hrn. Gill's technical Repository. Junius. 1826. S.
                              									342.
                        (Im
                              								Auszuge.)
                        Whitlaw, über die Nachtheile der Wiesen-Ranunkel, oder sogenannten
                           								Schmalzblume.
                        
                     
                        
                           Der scharfe Ranunkel (Ranunculus acris), ist unter den vielen giftigen
                              									Gewaͤchsen der Ranunkel-Familie vielleicht der verderblichste. Ich weiß aus
                              									verschiedenen von mir angestellten Versuchen, daß diese Pflanze eine, der
                              									Hauptursachen des gegenwaͤrtig so sehr uͤberhand nehmenden Krebses
                              									ist.
                           Das Vehikel, durch welche dieses Gift aus dem Ranunkel in den menschlichen
                              									Koͤrper gelangt, ist vorzuͤglich das fette Fleisch der Thiere, die
                              									diese Pflanze fraßen, und die Butter derselben. Es entwikelt sich vorzuͤglich
                              									leicht bei sogenannten gallichten Constitutionen in einem Alter von 35 bis 55
                              									Jahren.
                           Da das Landvolk keinen Unterricht uͤber sein physisches Wohl
                              										erhaͤlt,Hr. Whitlaw ist, so viel der Uebersezer weiß,
                                    											Vorstand einer seit 1822 unter dem Schuze seiner k. Hoheit, des Herzoges von
                                    												York, zu London errichteten Heil-Anstalt
                                    											fuͤr Krebs-Kranke (Asylum for the Cure of
                                       												Scrofula and Cancer, 13, Terrace,
                                       												Bayswater) er hat folglich Gelegenheit mehr Erfahrungen
                                    											uͤber diese Krankheit und ihre Ursachen zu sammeln, als mancher
                                    											andere. Der Uebersezer ist nicht so leichtglaͤubig, daß er mit einem
                                    											großen Philosophen Glauben und Wissen fuͤr einerlei haͤlt, und
                                    											erlaubt sich an Hrn. Whitlaw's Bemerkungen in
                                    											Hinsicht auf Ursache des Krebses noch zu zweifeln; ergreift aber die
                                    											Gelegenheit, unsere deutschen lieben Landsleute auf die Nachtheile
                                    											aufmerksam zu machen, die denselben durch ihre hochgepriesenen
                                    											Schmaͤlz- und Butter-Blumen entstehen, welche ihre Wiesen mehr gelb
                                    											als gruͤn machen, und ihr Heu von Jahr zu Jahr mehr
                                    											verdraͤngen, um so williger, als es hier um ein Vorurtheil, oder
                                    											vielmehr um eine Thorheit sich handelt, die nicht bloß nach Hrn. Whitlaw's Ansicht dem Menschen gefaͤhrlich
                                    											seyn kann, sondern die seinen Herden wirklich hoͤchst verderblich
                                    											ist, nicht bloß darum, weil der Ranunkel Giftgewaͤchs, sondern weil
                                    											er auch Heuyerderber ist, und dem Thiere seine Nahrung verkuͤmmert.
                                    											Wo soll aber der Landmann die Gewaͤchse kennen lernen, die ihn und
                                    											seine Herden vergiften? Sein Pfarrer, in katholischen Laͤndern
                                    											wenigstens, kennt sie nicht. Sein Schulmeister kennt sie auch nicht. Woher
                                    											kann also der Landmann Unterricht uͤber dasjenige erhalten, was ihm
                                    											zur Wartung und Pflege seiner Heerde, seines Gartens, seiner Aeker am
                                    											meisten Noth thut? Und man kann sich wundern, wenn der Landmann aus Mangel
                                    											an den noͤthigsten Kenntnissen nicht mehr Steuer und Abgaben zahlen
                                    											kann, und auf die Gant geraͤth? Wahrlich es gehoͤrt weit mehr
                                    											Kenntniß, zur zwekmaͤßigen Administration eines Bauernhofes, als zur
                                    											Ausfuͤllung manches Stuhles. So lange man fuͤr Dorfschulen
                                    											nicht eben so viel oder noch mehr thut, als fuͤr
                                    											Universitaͤten und Akademien, so lange wird man sich nicht wundern
                                    											duͤrfen, wenn der Landmann verarmen und auf die Gant kommen muß. Wir
                                    											haben schon einmahl den preußischen Staat, wo auf Kosten der Regierung
                                    											Herbarien an dem großen botanischen Garten angelegt, und an die Dorfschulen
                                    											versendet werden, damit die Landleute die nuͤzlichen und
                                    											schaͤdlichen Gewaͤchse kennen lernen, jenen Staaten als Muster
                                    											vorgefuͤhrt, in welchen man den botanischen Gaͤrten nicht mehr
                                    											die gehoͤrige Mittel zuweist. A. d. Ueb.so darf es uns nicht befremden, wenn wir die Wiesen um die Doͤrfer
                              									mit giftigem Unkraute bedekt finden, die die Gesundheit der Bewohner der
                              									Nachbarschaft untergraben. Auf meinen lezten Reisen durch die Gegenden von Bach,
                              									Bristoll, Chippenham fand ich mehr Krebskranke daselbst, als ich jemahls irgendwo
                              									angetroffen habe. Ich verwies es den Landleuten, daß sie ihre Wiesen mit solchem
                              									giftigen Unkraute uͤber wachsen ließen; und sie entschuldigten sich damit,
                              									daß sie dabei ganz gut fuͤhren; daß ihre Thiere dabei fett wurden, und ihre
                              									Butter davon eine schoͤne gelbe Farbe erhielte. Ich habe indessen gefunden,
                              									daß, wenn man traͤchtige Kuͤhe auf feuchten, mit Ranunkeln
                              									uͤberwachsenen. Wiesen weiden laͤßt, sie ihre Kaͤlber
                              									haͤufig verwerfen, und daß sich oͤfters harte Knoten an ihren Eutern
                              									bilden, die so empfindlich werden, daß man den Thieren die Beine binden muß, um sie
                              									melken zu koͤnnen.
                           Die Milch dieser Thiele wird rozig, wenn man sie mit Kaͤlbermagen gerinnen
                              									laͤßt, und auch, wenn man sie frisch zum Thee nimmt. Die Landleute
                              									bestaͤtigten diese meine Bemerkungen, die ich zuerst nur in den Umgebungen
                              									jener Staͤdte von Nord-America machte, wo man die Ranunkel mit dem Kleesamen
                              									aus Europa hin verpflanzte.
                           Vor dreißig Jahren, ehe die Ranunkel in diese Gegenden kamen, kannte man daselbst den
                              									Krebs beinahe gar nicht: jezt nimmt aber dieses scheußliche Uebel daselbst beinahe in
                              									demselben Verhaͤltnisse zu, in welchem diese Giftpflanze sich immer mehr und
                              									mehr vermehrt, und es wird einst in America so fuͤrchterlich wuͤthen,
                              									als jezt in Europa.
                           Als ich im Jahre 1818 am Columbia-Collegium in Suͤd-Carolina botanische
                              									Vorlesungen hielt, stellte ich mehrere Versuche an Thieren an, um die Wirkung dieser
                              									Pflanze zu beobachten. Ein Guͤterbesizer hatte Ranunculus acris in seinem Garten, und bald verbreiteten sich die Samen
                              									desselben uͤber seine Gruͤnde. Ich gab Hunden und Kazen die Pflanze zu
                              									fressen, und legte dieselbe den Thieren auch aͤußerlich auf die Haut zwischen
                              									den Schenkeln auf, und alle diese Thiere starben.
                           Drei junge Leute, die bei mir Vorlesungen hoͤrten, legten sich die gequetschte
                              									Pflanze auf ihre Schenkel. Der eine derselben war blond und blauaugig, sehr gesund,
                              									und aß gern sauer und Pflanzen und Fruͤchte uͤberhaupt. Nach 12
                              									Stunden war die Stelle, auf welcher der Ranunkel diese Zeit uͤber gelegen
                              									war, entzuͤndet, jedoch ohne Blasen, und die Entzuͤndung verlor sich
                              									ohne weiteren Nachtheil. Der Zweite, von strafferem Baue, hatte, nachdem die Wanze
                              									12 Stunden lang auf seiner Haut gelegen war, Blasen an der Stelle, auf welcher sie
                              									gelegen war: diese Blasen heilten, nachdem sie aufgeschnitten und, wie
                              									gewoͤhnlich, verbunden wurden, sehr schnell weg. Der Dritte hatte schwarzes
                              									Haar und schwarze Augen, war gallichter Complexion, und sah gelblich aus; er aß gern
                              									Butter, Fleisch, vorzuͤglich Schweinfleisch, und war hartleibig. Der
                              									aufgelegte Ranunkel entzuͤndet seinen Schenkel so schnell, und so heftig, daß
                              									er jenen nicht 12 Stunden lang liegen lassen konnte, und das dadurch entstandene
                              									Geschwuͤr gab einen so uͤbelriechenden gauchigen Eiter, und nahm einen
                              									so boͤsartigen Character an, daß meine ganze Heilkunst erschoͤpft war,
                              									und ich einen Indianer zu Huͤlfe rufen mußte, der es indessen bald zuheilte.
                              									Das Geschwuͤr sah einem Krebse sehr aͤhnlich, so daß ich auf den
                              									Gedanken kam, der Ranunkel konnte Krebs erzeugen.
                           Um sich zu uͤberzeugen, wie die von der sogenannten Schmalzblume (dem
                              									Ranunkel), gelb gefaͤrbte Butter wirkt, lege man sich ein Nuß großes
                              									Stuͤk hiervon auf die Zunge, und lasse es 8 bis 10 Minuten lang liegen, bis
                              									es schmilzt: hierauf seze man die Zunge einige Zeit uͤber der Einwirkung der
                              									Luft aus, und man wird sich bald uͤberzeugen, wie solche Butter auf Magen und
                              										Eingeweide des
                              									Menschen wirken muß. Wenn man solche Butter zerlaͤßt, und 24 Stunden lang,
                              									der Luft ausgesezt, in einer Temperatur haͤlt, die die Blutwaͤrme
                              									nicht uͤbersteigt, und sich die Nase, die Lippen und die Haͤnde damit
                              									beschmiert, so wird man sich uͤberzeugen, wie gut es ist, diese Pflanze zu
                              									vertilgen.
                           Hr. Gill fuͤgt aus Bigelow's
                              									Medical Botany einige Bemerkungen bei, aus welchen
                              									erhellt, daß Wasser uͤber Ranunculus acris
                              									destillirt, wenn man dasselbe nur einige Secunden im Munde haͤlt, eine
                              									Empfindung von Schaͤrfe und ein gewist ses Steken erregt. Wenn man dieses
                              									Wasser hinabschlingt, so entsteht ein Gefuͤhl von Brennen im Magen. Dieses
                              									Wasser behaͤlt seine Schaͤrfe mehrere Monate lang, wenn es in
                              									glaͤsernen Flaschen, die gut geschlossen sind, aufbewahrt wird: wenn es
                              									friert oder stark gesotten wird, verliert es jedoch seine Schaͤrfe. Ranunculus bulbosus und repens ist eben so giftig, wenn auch die Wirkung
                              									derselben langsamer kommt. Auch sie erzeugen boͤsartige, krebsartige
                              									Geschwuͤre.