| Titel: | Ueber eine neue Art Maulbeerbaums, welche im k. k. ökonomischen Garten an der Universität zu Pavia gezogen wird, und über eine Abart von Seidenraupen, aus welcher man mehrere Seidenernten in einem Jahre erhalten kann. Schreiben des Hrn. Franz Gera zu Conegliano, C. d. Medicin, an Hrn. Dr. Barthol. Aprilis, Prof. d. Naturgeschichte am k. k. Lycäum zu Udine. | 
| Fundstelle: | Band 22, Jahrgang 1826, Nr. XVI., S. 73 | 
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                        XVI.
                        Ueber eine neue Art Maulbeerbaums, welche im k.
                           k. oͤkonomischen Garten an der Universitaͤt zu Pavia gezogen wird, und
                           uͤber eine Abart von Seidenraupen, aus welcher man mehrere Seidenernten in einem
                           Jahre erhalten kann. Schreiben des Hrn. Franz Gera zu Conegliano, C. d. Medicin, an
                           Hrn. Dr. Barthol. Aprilis,
                           Prof. d. Naturgeschichte am k. k. Lycaͤum zu Udine.
                        Aus dem Giornale di Fisica Dec. II. T. IX. 4.
                              Bimestre. S. 302. (Im Auszuge.)
                        Gera's, uͤber eine neue Art Maulbeerbaums.
                        
                     
                        
                           Ich theile Ihnen hier einige Notizen uͤber den neuen
                              Maulbeerbaum des Hrn. Prof. Moretti mit. Der Hr.
                              Professor uͤberzeugte sich bald durch wiederhohlte Versuche, daß die
                              Blaͤtter seines neuen Maulbeerbaumes den Seidenraupen besser zur Nahrung
                              dienten, als die des weißen Maulbeerbaumes, mochten diese von Wildlingen oder von
                              gepfropften Baͤumen genommen worden seyn, und daß die damit
                              gefuͤtterten Raupen mehr Seide gaben, die jener von den Wildlingen, welche
                              feiner, glaͤnzender und eben so fest ist, als die von den gepfropften
                              Baͤumen, gleich kommt. Man wußte schon laͤngst, daß die Seide von den
                              Wildlingen feiner und glaͤnzender ist, als von den gepfropften
                              Baͤumen, und man kann die Resultate der hieruͤber angestellten
                              Versuche in Grafen Dandolo's Werke, (dell arte di governare: i Bachi da seta, Milano, 1815,
                              p. 337 nachlesen. Auch Loisaleur de Longschamps wußte
                              dieß in seinem vortrefflichen Artikel: Maulbeerbaum im Diction
                                 . des Scienc. Naturell
                              T. 33. S. 362, wo er sagt, er wisse von einem
                              Landwirthe: daß das Blatt des Wildlinges besser ist, und eine feinere Seide liefert,
                              als der gepfropfte Maulbeerbaum.
                           Ich stellte unter der Leitung des Hrn. Professors Moretti
                              folgende Versuche an. Ich nahm 1) Eyer von unseren gewoͤhnlichen
                              Seiden-Nachtfaltern, die nur Ein Mahl im Jahre ausfallen, ließ sie ausfallen, und
                              theilte sie in drei gleiche Theile: den einen Theil. fuͤtterte ich mit
                              Blaͤttern von gepfropften Maulbeerbaͤumen, den anderen mit Blattern
                              von Wildlingen, den dritten mit Blaͤttern von dem neuen Maulbeerbaume 2) nahm ich, um die
                              Wirkung des Futters noch deutlicher zu sehen, noch andere Raupen von der zweiten
                              Haͤutung, die ausschließlich mit Blaͤttern von gepfropften
                              Baͤumen gefuͤttert wurden, und theilte auch diese in zwei Partieen,
                              wovon die eine ihr voriges Futter, die andere Futter von dem neuen Maulbeerbaume
                              erhielt. Diese Raupen, die gleichfalls einen gelben Cocon spinnen, gehoͤren
                              zu einer Abart, die drei Mahl im Jahre ausfallt und sich fortpflanzt, und wovon wir
                              unten Nachricht geben werden.
                           Die Beobachtungen, welche ich taͤglich an denselben machte und aufzeichnete,
                              werden im 8. Bande der Biblioteca agraria ossia
                                 Raccolta di scelte Istruzioni Economico-Rurali, die Hr. Prof. Moretti naͤchstens herausgeben wird, unter dem
                              Abschnitte: Buon governo dei Bachi da seta
                              erscheinen. Ich befolgte uͤbrigens die gewoͤhnliche Methode. Die
                              Raupen fielen morgens den 12. Mai bei einer Temperatur der Zimmerluft von
                              15°, 0, 3 aus, waͤhrend die der aͤußeren Luft, 11, 2°
                              war, und hatten ihr erstes Alter am 19. Mai erreicht. In der Zwischenzeit wechselte
                              die Temperatur der aͤußeren Luft zwischen 10 und 18°, und das
                              Barometer spielte zwischen 27'' 8''' und 27, 7''; die Witterung war nicht
                              regnerisch, aber wolkig. Von Mittag den 19. reichte das zweite Alter der Raupen bis
                              morgens den 24.; d.h. sie hatten ihre Haͤutung vollendet. Die Temperatur des
                              Zimmers war bestaͤndig 18°, die der aͤußeren Luft wechselte von
                              10° bis 15°; das Barometer von 27,6 bis 27,8; die Witterung war
                              schlecht; der gefallene Regen betrug 2 Lin. 5/12. Das dritte Alter war in 6 Tagen,
                              bei Zimmer-Temperatur von 16°, 6, vollendet; die aͤußere Temperatur
                              wechselte von 10 bis 17°; das Barometer von 27'',8, bis 27''10: die Witterung
                              war gewoͤhnlich schlecht; der Regen betrug 23 Lin. Am 31. Mai, der heiter
                              war, waren alle Raupen auf, und fingen ihr viertes Alter an. Die erstikende
                              HizeEs ist hoͤchst einfaͤltig, wenn wir unsere Faulheit in Cultur
                                    der Seidenraupen durch die Kaͤlte unseres Klima entschuldigen; der
                                    Italiaͤner leidet weit mehr durch die Hize. Wo der Maulbeerbaum nicht
                                    zu kalt hat, hat auch das Thierchen nicht zu kalt, das seine Blaͤtter
                                    frißt. A. d. U. die nun folgte, machte, daß alle Raupen, vorzuͤglich die des ersten
                              Versuches, von der Gelbsucht befallen waren (giallume),. und zwar so sehr, daß selbst Erfahrne an ihrer Rettung
                              verzweifelten. Luftzug, ohne alle Ruͤksicht darauf, daß es zu fruͤhe
                              am Morgen oder zu spaͤt am Abende war, hat sie vollkommen hergestellt. Dieses
                              Alter dauerte 6 Tage, bei einer Zimmer-Temperatur zwischen 19, 6° bis
                              17°, waͤhrend die Temperatur der aͤußeren Luft zwischen
                              14° bis 19, 7° wechselte, und das Barometer von 27'', 9 bis 27''. Die
                              Witterung war mittelmaͤßig; der Regen betrug nur 7/12 Lin. In
                              ungefaͤhr 8 Tagen hatten alle bei 17° Zimmer-Waͤrme ihr 5.
                              Alter zuruͤkgelegt, und fingen an sich einzuspinnen: die Temperatur der
                              aͤußern Luft wechselte zwischen 11, 2° und 22°, die Witterung
                              war truͤb, und der Regen betrug 10, 5 Lin. Am 26. Junius sammelte ich die
                              Cocons, und ging damit nach Velgiojoso, wo sie unter meiner und des geschiktesten
                              Abwinders, Hrn. Guy's Aufsicht von derselben Person, bei
                              derselben Temperatur des Wassers (welches bei jedem Haspel gewechselt wurde) unter
                              gleicher Kreuzung und in gleichem Winkel abgehaspelt wurden. Folgende Resultate sind
                              die Frucht mehrerer Versuche an Proben von 400 Anne Laͤnge, deren Gewicht den
                              Titel der Feinheit gab.
                           1. Versuch. Die Cocons wurden zu 4 in 5 abgewunden, und man arbeitete, der
                              groͤßeren Genauigkeit wegen, nur in zwei Abcheilungen. Die Cocons der Raupen,
                              welche mit Blaͤttern von gepfropften Baͤumen gefuͤttert wurden,
                              gaben einen Seidenfaden von 26 Denari genau; die der Raupen, welche mit Wildlingen
                              gefuͤttert wurden, einen Faden von 24 Denari, reichlich; und kaum weniger als
                              24 Denari wog die Seide der Raupen, die mit dem neuen Maulbeerbaume
                              gefuͤttert wurden.
                           2. Versuch. Da ich besorgte, daß die Verbesserung der Seide durch das Futter mit dem
                              neuen Maulbeerbaͤume zu unmerklich waͤre, indem die Raupen erst im
                              zweiten Aller mit den Blaͤttern desselben gefuͤttert wurden; so ließ
                              ich die Cocons von 6 in 7 abwinden. Die Cocons, die gepfropfte
                              Maulbeerblaͤtter bekamen, gaben eine Seide von 20 Denari; die mit den
                              Blaͤttern des neuen Maulbeerbaumes gefuͤtterten hingegen gaben eine um
                              zwei Denari feinere Seide, und diese Seide hat gewoͤhnlich mehr Glanz, ist
                              mehr goldgelb, und zeigt, am Mitostenometer versucht, eben so viel Staͤrke,
                              als die andere.
                           Der neue Maulbeerbaum veredelt ferner die Seide durch mehrere Generationen. Schon
                              unsere gewoͤhnlichen Raupen, halb mit Blaͤttern des neuen, und halb
                              mit Blaͤttern des gepfropften Maulbeerbaumes gefuͤttert, geben eine
                              bessere Seide. Die Nachkommenschaft dieser Raupen, auf aͤhnliche Weise
                              gefuͤttert, gibt noch bessere Seide, waͤhrend die Seide bei den
                              Raupen, die mit Blaͤttern des gepfropften Maulbeerbaumes gefuͤttert
                              werden, immer dieselbe bleibt, oder schlechter wird. Die Seide, die Hr. Prof. Moretti im vorigen Jahre spinnen ließ, und einige noch
                              aufbewahrte Cocons beweisen dieß hinlaͤnglich.
                           Die Verbreitung dieses neuen Maulbeerbaumes muͤßte daher von allgemeinem Nuzen
                              seyn. Es wird uns mittelst desselben vielleicht leicht werden, die chinesischen
                              Seidenraupen zu ziehen, die so schoͤne weiße Cocons spinnen, daß sie unsere
                              Cocons um Novi weit uͤbertreffen, und die beruͤhmte theure weiße Seide
                              von Canton und Nankin liefern. Frankreich besizt diese kostbaren Insecten durch die
                              Sorgfalt seiner Regierung und durch die Bemuͤhungen des Hrn. Duclusel schon
                              seit 50 Jahren, weiß aber nicht, wie es dieselben erhalten soll. (Vergl. Annales des
                              Arts et Manfactures
                              par
                              O'Reilly, fortgesezt von Barbier de Vemars, T. 33.; Annales de l'Industrie, par
                              Normand et Moléon, Vol. 4.; Bulletin de la Société d'Encouragement,
                                 Aout. 1823.) Im Dict. d. Scienc. Naturell. v. 33. p. 396. schreibt Hr. Loiseleur: Madame Salle sagt mir, daß man zu
                              Andrege (vorzuͤglich durch einen ihrer Freunde, der wiederholt Eyer aus
                              Nankin kommen ließ), die weißen chinesischen Seidenraupen sehr vervollkommnet hat.
                              Wenn man sie aber erst vervollkommnet, so konnten sie nicht schon fruͤher
                              vollkommen gewesen seyn. Vielleicht befindet man sich in Frankreich bloß deßwegen in
                              diesem Falle, weil die Entartung bei dem schlechten Futter immer dieselbe bleiben
                              muß; weil andere kleine Fehler in der Anzucht begangen werden, z.B. schlechte Lage
                              der Haͤuser, in welchen man die Raupen zieht; schlechte Auswal) der Eyer;
                              schlechte Abwindung u. dgl.; Umstaͤnde, durch welche auch dieser Entartung
                              abgeholfen werden kann. Einen Beweis hiervon habe ich an meiner Seidenraupenzucht zu
                              Pare di Conegliano, wo in Einem Zimmer 40 bis 48 Rubbi Galetta gezogen wird. Obschon
                              sie in einer Ebene liegt, laͤßt man doch die Blaͤtter von den
                              Huͤgeln kommen, und fuͤttert die Raupen im ersten Alter bloß mit
                              Wildlingen, wie man im Venezianischen gewoͤhnlich zu thun pflegt, und
                              erhaͤlt auf diese Weise so gute Cocons, wie jene auf den Huͤgeln. Wir
                              sehen immer die Rasse besser werden, wenn wir sie aus den Ebenen auf die
                              Huͤgel verpflanzen, und schlechter werden, wenn sie von den Huͤgeln in
                              die Ebene kommt, und so veredelt sich das Product der Raupe, wenn man sie mit feinem
                              Blatte fuͤttert, das nur wenig von jenen unnuͤzen Theilen
                              enthaͤlt, die weder fuͤr die Existenz noch fuͤr den Zwek des
                              Thierchens taugen. Welchen Werth wird daher nicht ein Blatt besizen, das selbst auf
                              fettem Boden in einer wenig parenchymatoͤsen und faserigen Substanz viel
                              Zuker und viel Harz enthaͤlt?
                           Was man bei uns fuͤr chinesische Seide ausgibt, und als solche keimt, ist
                              nichts als weiße Seide von Novi, die man mit Recht nach der chinesischen fuͤr
                              die beste Seide haͤlt, die aber noch weit von der blendenden Weiße der
                              chinesischen Seide entfernt ist. Sollte die Eifersucht der Franzosen uns nicht die
                              Erhaltung chinesischer Raupen zu erschweren suchen? Auch der Verfasser der Cenni su le qualitá e sul commercio delle sete
                                 d'Italia, di Francia o del Bengala
                              in den
                              Annali universali di Statistica, Economia
                              etc., 8. Milano. vol. V. p. 163. sagt von Italien: man hat einige Versuche bei
                                 uns gemacht, die chinesische Seidenraupe einzufuͤhren, aber sie waren
                                 verfehlt und nicht gehoͤrig verfolgt.“
                              Der Hr. Verfasser lobt hier als die vorzuͤglichsten Seidenzieher und
                                    Spinner in Italien die HHrn. Galvani zu Cordenons
                                    in Friaul, Locacelli zu Venedig, Bruni zu Como, Leonardi und Botta zu Mailand, Gavazzi zu Bellano bei
                                    Como, Piazzoni, Maffeis und Carissimo zu Bergamo, Turrina zu Cremona, Mylius zu Buffalora, Pellegrini und Robbioni zu Barese, und im Venezianischen die HHrn. Fabris Brandolini und Berlini zu Conegliano, Chemin, detto
                                       Palma zu Bassano, Gaspero zu
                                    Pordenone. Italien besizt diese Raupe erst seit diesem Jahre, in welchem meine Mutter
                              sich dieselbe, nicht ohne einige Schwierigkeit verschaffte. Mittelst dieses neuen
                              Maulbeerbaumes koͤnnen wir auch die sogenannten Treotti oder Terzaruoli vermehren, deren Cocons
                              von der hoͤchsten Guͤte sind. In Frankreich nennt man sie mit Unrecht
                              Milanesi, vielleicht weil Dandolo in seiner
                              „Arte“ etc. sagte, sie
                              fanden sich in der Gegend von Mailand; obschon man sie, wie ich selbst sah, in der Lombardie nur
                              wenig kennt, dafuͤr aber haͤufig im Friaul und im Venezianischen
                              zieht, und im Gebiethe von Treviso. Einige Franzosen, die von diesen Seidenraupen
                              sprechen, zeigen, daß sie sie nicht kennen. (Nouveaux cours
                                 complet d'Agriculture redigé par les Membres de l'Institut, Art. Vers. á soie und Dict. d. Scienc. nat. Art. Murier.)
                           Die Raupen dieser Abart haͤuten sich um Ein Mahl weniger, als unsere
                                 gemeine Sorte, wachsen im ersten Alter ziemlich langsam, im vierten aber
                                 schnell, und leben um 4 bis 6 Tage kuͤrzer: sie fressen aber eben so
                                 viel. Sie haben in meiner Raupenzucht jaͤhrlich ihren bestimmten Plaz, wo
                                 es weniger warm ist; denn sie sind zaͤrtlicher, als die anderen gemeinen,
                                 und lieben die Huͤgel, wie man sagt; kommen aber, nach meinen
                                 Beobachtungen, bei zwekmaͤsigem Futter auch in der Ebene fort. Sie
                                 machten selbst zu Udine, wie Sie mir schrieben, mehrere Ernten in einem Jahre
                                 von diesen Raupen, die gut spannen, und sehr feine Seide gaben; allein die Zahl
                                 der Cocons war nicht im Verhaͤltnisse zu der Menge der Blaͤtter,
                                 die sie fraßen, und die Menge der Seide stand nicht im Verhaͤltnisse zu
                                 der Menge der Cocons. Diese Erfahrungen verdienen wiederhohlt zu werden; denn
                                 sie sind von hohem Werthe. So wie die Seide dieser, so erhaͤlt noch mehr
                                 die Seide anderer, die leicht abzuwinden ist, dadurch eine praͤchtigere
                                 Farbe, groͤßere Weichheit, und hoͤheren Glanz. Wir koͤnnen
                                 also diese beiden Abarten oder Arten der Raupe mit dem neuen Maulbeerbaume
                                 ziehen, um so mehr, als er weniger Fruͤchte traͤgt. Denn Sie haben
                                 sehr richtig in Ihrem lezten Schreiben bemerkt, daß ein Hauptfehler an den
                                 gepfropften Maulbeerbaͤumen der ist, daß sie haͤufiger
                                 Fruͤchte tragen, deren Abstreifen eine langweilige Arbeit ist, und die,
                                 wenn man sie unter den Blaͤttern laͤßt, den Raupen schaden, die
                                 zuweilen davon fressen und Durchfall bekommen.“Vincent de St. Laurent im Dict. rais. d'Agricult., Art. vers – á
                              soie empfiehlt gleichfalls das Absondern der
                              Fruͤchte, indem sie durch ihre Ausduͤnstungen schaͤdlich
                              werden. Die Individuen, die man aus Samen von dem neuen Maulbeerbaͤume
                              erhaͤlt, sind gewoͤhnlich zur Haͤlfte maͤnnliche und zur
                              Haͤlfte weibliche; oͤfters sind mehr maͤnnliche, und die
                              weiblichen tragen wenigere und groͤßere Fruͤchte, als der weiße
                              Maulbeerbaum. Diese Art Maulbeerbaumes saugt daher auch den Boden weniger aus, und treibt mehr in die
                              Blaͤtter.
                           Was ist aber dieser neue Maulbeerbaum? werden Sie fragen: ist er eine eigene Art,
                              oder Abart?
                           Dieser Maulbeerbaum ging im J. 1816 im Garten des Hrn. Prof. Moretti auf, wo er unter fleißiger Wartung schnell wuchs, und folgende
                              Charaktere darboth:
                           1) seine Blaͤtter sind kurzgestielt, eifoͤrmig rund, an der Basis
                              herzfoͤrmig, an der Spize gespizt, die Spize von gewoͤhnlicher
                              Groͤße (20 Centimeter), ganz zart, wie die Blaͤtte des Widlinges des
                              weißen Maulbeerbaumes, auf beiden Flaͤchen glatt, besonders an der oberen,
                              die schoͤn gruͤn und glaͤnzend ist, blaßer und weniger dik und
                              stark, als die Blaͤtter des spanischen Maulbeerbaumes, Morus nigra, und die großblaͤttrige Abart
                              des weißen Maulbeerbaumes, die bei uns gewoͤhnlich unter diesem Nahmen, und
                              auch unter der Benennung der Veronese geht.Dieses, wegen seiner Groͤße und Schwere bei den Franzosen unter dem
                                    Nahmen Admirable bekannte Blatt muß bei uns
                                    durchaus verbannt werden; so wie jeder Maulbeerbaum, der demselben
                                    aͤhnliche Blaͤtter traͤgt. Solche Blaͤtter sind
                                    nur gut fuͤr den Verkaͤufer, aber schlecht fuͤr
                                    denjenigen, der Seidenraupen damit zu fuͤttern hat. Diese
                                    Blaͤtter sind uͤberdieß einem gewissen Roste. unterworfen,
                                    durch welchen sie schon auf dem Baume verderben; die Raupe frißt sie
                                    entweder nicht, oder, wenn sie dieselben aus Hunger fressen muß, so wird sie
                                    davon krank. A. d. D. Sie haben keine Runzel oder Falte, nur wenige etwas staͤrker
                              entwickelte Nerven, die nicht oder nur eben so viel weichhaarig sind, als die des
                              weißen Maulbeerbaumes. Die Blaͤtter sind gewoͤhnlich ganz, und
                              ungefaͤhr 2 Decimeter breit, und 2,50 lang. Der Blattstiel ist vollkommen
                              unbehaart, gefurcht, gewoͤhnlich 8 Centimeter lang.
                           2) das maͤnnliche Kaͤzchen ist langer, als an dem gemeinen
                              Maulbeerbaume; die Blumen stehen weiter von einander, und die Staubbeutel sind
                              kuͤrzer und stumpfer.
                           3) das weibliche Kaͤzchen ist, im Gegentheile, kuͤrzer, und die
                              weiblichen Blumen sind spiziger; die Staͤmpel sind ziemlich stark entwikelt,
                              sparrig, und bleibend bis die Frucht ausgereift hat, die anfangs violett, und dann
                              bei vollkommener Reise schwarz ist.
                           4) Wiederholet aus Samen gezogen, sowohl an dem hiesigen oͤkonomischen Garten, als
                              in den Gaͤrten vieler Landwirthe, die entweder die Samen unentgeldlich von
                              Hrn. Prof. Moretti, oder von dem Hrn. Custos dieses
                              Gartens, Pratesi (der zuerst fuͤr den Verkauf
                              diesen Baum vermehrte) oder von Dr. Vittadini aus
                              Mailand, der damit großen Handel trieb, erhielten, blieb dieser Baum, in gewiß mehr
                              als 120,000 Individuen, sich immer gleich. Dieser Baum hat einige Aehnlichkeit mit
                              Morus rubra
                              L. (Morus virginiesis arbor
                              Pluk.), jedoch mit dem Unterschiede, daß dieser
                              lieber strauchartig waͤchst, als hochstaͤmmig, und daß er, wie wir
                              gesehen haben, ein treffliches Futter gibt.
                           Nach diesen sicheren und (seit 10 Jahren wenigstens) unwandelbaren Merkmahlen scheint
                              mir dieser Maulbeerbaum eine eigene Art zu seyn, obschon Hr. Prof. Moretti noch daran zweifelt. Ich werde ihn Morus morettiana nennen.Hr. Prof. Moretti scheint sehr Recht zu thun, wenn
                                    er einstweilen noch zweifelt, ob dieser Morus eigene Art ist. Vielleicht ist
                                    dieser neue Maulbeerbaum der schwarze Maulbeerbaum des Hrn. Bertezen in London. Siehe
                                       Polyt. Journ. B. XX. S.
                                       293. A. d. U.
                              
                           Ich sprach oben von einer Abart der Seidenraupen, die zwei bis drei Mahl in demselben
                              Jahre ausfaͤllt, und sich fortpflanzt. Wir ziehen sie zur Erhaltung der Art
                              seit einigen Jahren in unserem Garten: in der Lombardie wird sie hier und da, im
                              Venezianischen nur von meiner Mutter allein gezogen. Ich uͤberlasse es den
                              Entomologen, die Unterscheidungs-Merkmahle dieser Art und der gemeinen anzugeben,
                              und bemerke bloß, daß die Eyer derselben alsogleich, nachdem sie von den Weibchen
                              der ersten Zucht gelegt wurden, ausfallen; eben dieß ist auch der Fall bei den Eyern
                              von der zweiten und dritten Zucht, wenn man nicht die Eyer alsogleich, nachdem sie
                              gelegt wurden, in eine Temperatur bringt, die jener des Frierpunctes nahe kommt. Der
                              Cocon ist von jenem der gemeinen Art auf keine, wenigstens keine wahrnehmbare, Weise
                              verschieden. Woher kommt aber diese Art? Wir wissen, daß sie in Frankreich nicht
                              existirt. Rozier (im Cours
                                 complet d'Agriculture, Art. Vers á
                                 soie) sagt, daß er es fuͤr unmoͤglich halte, in Einem Jahre
                              zwei Seiden-Ernten zu erhalten. Der Verfasser des Artikels: Murier im Dict. des
                                 Sciences laͤugnet, daß es eine Abart von Raupen geben koͤnne, die sich zwei
                              Mahl im Jahre vermehrt, nicht bloß bei uns, sondern selbst in Indien, wo man doch
                              weiß, daß in einem Jahre 12 Ernten gemacht werden. Da er glaubt, daß mehrere Ernten
                              vorteilhaft waͤren, empfiehlt er die Eyer immer in einer Temperatur von
                              0° zu halten, und nur dann sie herauszunehmen, wann man sie ausfallen lassen
                              will. Wird aber dieß so leicht ausfuͤhrbar seyn? Werden die Eyer nicht zu
                              Grunde gehen oder unfruchtbar werden? Wir wissen ferner, daß wir diese Abart erst
                              seit wenigen Jahren kennen (Opuscoli scelti sulle scienze e
                                 sulle arti, Milano 1787. vol. X. S. 423. Sperienze e
                                 riflessioni del P. M. Alloati
                              sopra una seconda raccolta di bozzoli nell'anno stesso);
                              daß aber Niemand mehr derselben erwaͤhnte. Sind sie vielleicht durch die
                              Bemuͤhungen einiger fleißigen Landleute entstanden, die, neue Ernten
                              versuchend, immer nur diejenigen wenigen Raupchen aufzogen, die unter einer großen
                              Menge Eyer oͤfters von selbst auszufallen pflegen? (Alloati a. a. D.) Ich fand wirklich in meiner
                              Seidenzucht, daß die Raupen, die aus solchen Eyern von selbst ausfielen, Nachtfalter
                              gaben, deren Eyer im naͤchsten Fruͤhjahre die ersten waren, welche
                              ausgefallen sind.
                           Die Schriftsteller sind nicht einig, ob mehrere Ernten wirklich vorteilhaft sind.
                           Vincens de Laurent (Nouveau cours
                                 d'Agricult.) bemerkt, und mit ihm mancher andere, gegen die vielen Ernten
                              in einem und demselben Jahre: 1) daß die Maulbeerblatter bei einer zweiten Ernte zu
                              hart sind, und fuͤr die Raupen nicht mehr taugen. 2) daß die Gewitter und die
                              schwuͤle Hize dem Gelingen der zweiten Ernte ein maͤchtiges Hinderniß
                              entgegen stellen. 3) daß dann der Arbeitslohn zu hoch sieht. 4) daß durch das
                              wiederhohlte Entblaͤttern der Maulbeerbaͤume dieselben
                              gaͤnzlich zu Grunde gehen.
                           Hr. Loiseleur hat diese Einwuͤrfe im Nouv. Dict. d. Scienc. Nat. Art. Murier. Art. hinlaͤnglich widerlegt.
                              Hinsichtlich des ersten und lezten Einwurfes glaube ich ein besseres Mittel
                              vorschlagen zu koͤnnen, als man bisher empfohlen hat. Loiseleur und die Vertheidiger mehrerer Ernten empfehlen einige
                              Maulbeerbaͤume bei der ersten Ernte gaͤnzlich zu entblaͤttern,
                              und dann wieder andere bei der zweiten. Wenn man aber den Maulbeerbaum so
                              spaͤt entblaͤttert, wie bei der zweiten Ernte, so fuͤgt man
                              sich einen Schaden zu, den man selten wieder gut machen wird, da die Natur, die immer
                              fuͤr die Zukunft sorgt, jezt nur wenige Mittel darbiethen kann, den Schaden
                              zu ersezen; und wenn der Baum dadurch getoͤdtet wird, wird sich nur das alte
                              Sprichwort erwahren: daß Besser der Feind des Guten ist. Mir schien es
                              raͤthlicher, die Maulbeerbaͤume nur zur Haͤlfte zu
                              entblaͤttern, und die andere Haͤlfte fuͤr die zweite Ernte
                              aufzubewahren, wo die Knospen an der Basis der, bei der ersten Ernte abgestreiften,
                              Blaͤtter sich bereits hinlaͤnglich entwikelt haben werden. Da ich nur
                              Eine Heke von dem neuen Maulbeerbaume zur Fuͤtterung meiner Raupen hatte, so
                              nahm ich nur hier und da die Blaͤtter von derselben weg. So wie die
                              Blaͤtter weggenommen waren, trieben allmaͤhlich neue nach, und jezt
                              sind sie bereits so groß, daß man ohne allen Schaden die aͤlteren
                              Blaͤtter wegnehmen kann. Die Theorie scheint sich hier nicht gut mit der
                              Praxis zu vertragen. Offenbar werden auf diese Weise auch die Baͤume besser
                              erhalten, indem ihnen immer ein Organ bleibt, das eben so nothwendig fuͤr sie
                              ist, als die Wurzel selbst. Um ein zartes Futter fuͤr die Raupen der zweiten
                              Ernte in ihren beiden ersten Altern zu erhalten, empfiehlt Hr. Loiseleur junge Maulbeerbaͤume, die, zur rechten Zeit geschnitten,
                              bis zur zweiten Ernte wieder junge Blaͤtter treiben werden. Dieses Verfahren
                              ist um so zwekmaͤßiger, als die jungen Raͤupchen in den ersten beiden
                              Altern nur wenig fressen.
                           Die Gewitter und die schwuͤlen Tage sind den Raupen nicht notwendiger Weise
                              schaͤdlich. Unsere Landsleute haben wohl dieses Vorurtheil, und schreiben
                              gewoͤhnlich diesem Umstande das Mißlingen der Seiden-Ernte zu,
                              waͤhrend die Erfahrung diesen Irrthum hinlaͤnglich widerlegt. Ich
                              erinnere mich in einem Schriftsteller uͤber China, vielleicht war es Pater du
                              Halde, gelesen zu haben, daß, je heißer die Luft ist, die die Raupen umgibt, und je
                              kuͤrzere Zeit dieselben leben, desto mehr Seide sie liefern sollen. Er sagt
                              auch, daß man in einigen Oertern Raupen habe, die nur 23 Tage brauchen, um sich
                              einzuspinnen. Vielleicht meint er die sogenannten Terzaruoli, die bekanntlich eine
                              kuͤrzere Lebensdauer haben. Was die Waͤrme betrifft, so waͤre
                              es der Muͤhe werth. Versuche anzustellen, wobei man aber nicht vergessen
                              duͤrfte, daß andere behaupten, große Waͤrme gaͤbe grobe Seide,
                              und daß man daher die Raupen nie waͤrmer halten duͤrft, als sie in
                              ihrem Vaterlande gehalten werden. Das Donnern wird von einigen fuͤr sehr schaͤdlich, von
                              andern fuͤr gleichguͤltig gehalten, wie z.B. vom Abbeé Sauvages, der Versuche hieruͤber anstellte, und
                              selbst Pistolen-Schuͤsse und die große tuͤrkische Trommel dabei nicht
                              sparte. Diese Versuche konnten jedoch das nicht erzeugen, was der Donner vermag, und
                              nicht jene Erschuͤtterung hervorbringen, die mir das Schaͤdlichste bei
                              der Sache scheint: denn es kann dadurch der Seidenfaden an der spinnenden Raupe
                              reißen, wodurch die Seidenbehaͤlter des Thierchens dann nicht mehr
                              gehoͤrig entleert werden koͤnnen, das Thierchen sich nicht verwandeln
                              kann, die Haut desselben aufspringt, und der Saft sich durch den ganzen Cocon
                              verbreitet. Solche Gewitter Haben aber selten im Herbste Statt, wo die zweite Ernte
                              gemacht werden soll.Es wundert uns, daß der Hr. Verfasser hier nicht der Einwirkung der Elektricitaͤt auf Seidenraupen
                                    erwaͤhnte. Wir koͤnnen ihn aber und das Publikum versichern,
                                    daß Seidenraupen von Gewittern nicht mehr leiden, als empfindliche Menschen.
                                    Justi ließ vor 60 Jahren Seidenraupen
                                    frieren, so daß sie brachen, wenn man sie auf die Erde fallen ließ.
                                    Allmaͤhlich aufgethaut, frassen sie wieder ruhig fort, und spannen
                                    sich ein. A. d. U.
                              
                           Allerdings wird der Arbeitslohn zu dieser Zeit theuer seyn; allein die Kuͤrze
                              der Zeit, waͤhrend welcher man ihm zu bezahlen hat, und die Ernte selbst wird
                              ihn reichlich ersezen. Und kann man immer denselben Gewinn von derselben Arbeit
                              haben? Wenn man nicht Raum genug hat, um auf ein Mahl soviel Seidenraupen zu ziehen,
                              als man mit seinen Baͤumen naͤhren koͤnnte, oder wenn die erste
                              Zucht in Folge irgend einer Krankheit der Raupen mißlungen waͤre, sollte man
                              nicht zur zweiten eilen?
                           Der neue Maulbeerbaum und diese Raupen-Abart haben bei uns die Seidenraupenzucht
                              soweit gebracht, daß wir die Auslaͤnder nicht um ihre Fortschritte beneiden
                              duͤrfen.
                           Ich beschaͤftige mich gegenwaͤrtig mit einem Manuale pel Filatore della seta, in welchem ich
                              Santoreni's Maschine beschreibe, die ich jezt so
                              verbessert habe, daß sie, wie ich glaube, den piemontesischen
                                 Haspel noch uͤbertrifft, und alle von den Franzosen und
                              Englaͤndern daran angebrachten Verbesserungen. Dieses Manuale wird gleichfalls in der oben erwaͤhnten Biblioteca des Hrn. Prof. Moretti erscheinen. Ich werde darin die Regeln angeben, nach welchen man
                              eine feine, vollkommene, leichte, feste und gleich dike Seide verfertigen kann; nach
                              welchen man die Neben-Producte bei der Seidenernte gehoͤrig benuͤzen
                              kann, die wir so sehr vernachlaͤßigen; auch werde ich die beste Weise
                              angeben, die Seide zu paken. Ich werde die verschiedenen Arten aufzahlen, die
                              Seidenraupen in den Cocons zu toͤdten, und vorzuͤglich von dem
                              americanischen Ofen sprechen, und von einem anderen, wenn nicht so guten, doch
                              wohlfeileren. Ich werde zeigen, wie man die Galetten vor Wuͤrmern, und
                              vorzuͤglich vor dem Spekkaͤfer (Dermestes
                                 lardarius) bewahrt, und wie man dieselben vor ihrer Verarbeitung
                              zuzubereiten hat. Ich werde von der Anwendung sprechen, die Gentouls von dem gebundenen Waͤrmestoffe zur Erhizung der
                              Abwindekessel gemacht hat, so wie von dem Gebrauche, den ich zuerst von diesem
                              Dampfe zur Erwaͤrmung des Bralle'schen Apparates
                              zur Rostung des Hanfes und Flachses in dem kurzen Zeitraͤume von 4 bis 6
                              Stunden gemacht zu haben glaube, und den ich noch weit wohlfeiler gemacht habe. Ich
                              beschreibe dann fuͤr kleinere Seidenzuchten die neuen Verbesserungen Vaucanson's und Fontanelli's,
                              und meine Verbesserung bei dem Aufwinden der Seide auf den Haspel; auch beschreibe
                              ich Rumford's Oefen und die americanischen Kessel. Pavia 30. Jun. 1826.Hr. Franc. Gera erhielt bei der lezten
                                    Preis-Vertheilung der Industrie-Preise zu Venedig die Medaille fuͤr
                                    seine verbesserte Methode die Seide abzuwinden etc. A. d. U.
                              
                           
                        
                           Zusaz der Redaction.
                           Wir freuen uns dieser neuesten Notiz uͤber die Fortschritte der Seidenzucht in
                              Italien auch zwei Beweise fuͤr die Verbreitung eines regen Geistes zur
                              Aufmunterung des baierschen Landvolkes zur Seidenzucht beifuͤgen zu
                              koͤnnen, wo am Ende dann doch der Landshuter Professor, Dr. Schultes, Recht behalten wird, der daselbst 17 Jahre
                              lang jaͤhrlich zwei Mahl lehrte, „daß, wenn unsere Landleute schon
                                 in der Jugend in der Seidenzucht gehoͤrig unterrichtet und dazu
                                 angehalten wuͤrden, wir alle so gut in Seide gehen koͤnnten, wie
                                 der japanische Bauer, und die hundert Taufende, welche fuͤr Seide- und
                                 Seidenfabrikate
                                 jaͤhrlich ins Ausland gehen, unserem Vaterlande erhalten
                                 wuͤrden.“
                              
                           Der eine der Beweise, die wir hier liefern wollen, ist eine kleine Schrift eines
                              ehrenwerthen Buͤrgers der Stadt Augsburg: „Kurze, auf eigene
                                 Erfahrung gegruͤndete Anleitung zum inlaͤndischen Seidenbaue, von
                                 J. B. Niedergesees, 8. Augsburg. 1826 in Commission der Wagner'schen
                                 Buchhandlung 15 S.“ (Preis 6 Kreuzer.)
                           Wir sind uͤberzeugt, daß, wenn diese kleine Schrift gehoͤrig im Lande
                              verbreitet wuͤrde, vorzuͤglich unter den Gewerbsgenossen des Hrn.
                              Verfassers, sie fuͤr Verbreitung der Seidenzucht vielleicht mehr wirken
                              wuͤrde, als manches kostbare Werk und manche noch kostbarere Anstalt
                              fuͤr die Seidenzucht von Seite der Regierung. Der Gewerbsmann hat seine
                              eigene Weise sich uͤber seine Angelegenheiten gegen seines Gleichen
                              auszudruͤken, und er findet bei dieser Weise hundert Mahl leichter Eingang
                              und mehr Gehoͤr, als der Gelehrte, gegen welchen der Gewerbsmann immer, und
                              nur zu oft aus den triftigsten Gruͤnden, Mißtrauen traͤgt. Wie oft hat
                              er sich nicht von den gelehrten Herren auf das Schmaͤhlichste getauscht
                              gesehen! Wir koͤnnen es daher dem ehrenfesten Hrn. Niedergesees durchaus nicht verargen, wenn er gegen Gelehrte hier und da
                              zu Felde zieht, und seinen lieben Landsleuten beweiset, daß es bloß etwas gesunden
                              Menschenverstand und etwas Thaͤtigkeit fordert, um sich bei Hause im Stillen
                              eine kleine Summe von 50 bis 150 st. jaͤhrlich zu einer Zeit zu verdienen, wo
                              keine andern dringenden Feldarbeiten seine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, und wo
                              der Landmann bei uns gewoͤhnlich seine Promenaden haͤlt. Herr
                              Niedergesees hat allerdings noch nicht die gehoͤrige Erfahrung, wovon er sich
                              mit der Zeit selbst uͤberzeugen wird, oder schneller uͤberzeugen
                              koͤnnte, wenn er eine kleine Reise in die Lombardei oder in das
                              suͤdliche Frankreich thun wollte; es bleibt ihm aber immer das Verdienst, daß
                              er der erste bayrische Gewerbsmann war, der seine lieben Landsleute zu einer
                              Beschaͤftigung ermunterte, die ihnen eben so nuͤzlich, als fuͤr
                              das Bayerland ersprießlich ist. Moͤchte diese Lancaster'sche Methode, daß ein
                              Gewerbsmann den andern unterrichtet, bald allgemeiner in unserem Vaterlande
                              werden.
                           Der zweite ist ein Werk von weit groͤßerem Umfange; es ist das 
                              „Lehrbuch des Seidenbaues fuͤr Deutschland, und besonders
                                 fuͤr Bayern, oder vollstaͤndiger Unterricht uͤber die
                                 Pflanzung und Pflege der Maulbeerbaͤume, dann Behandlung der
                                 Seidenwuͤrmer (Seidenraupen) sohin uͤber die ganze Seidenzucht.
                                 Vom Staatsrath von Hazzi. Mit einer illuminirten
                                 Abbildung der ganzen Seidenzucht (?) und mehreren Holzschnitts-Abdruͤken.
                                 4. Muͤnchen, 1826. 107 Seiten und 1 Tabelle.“