| Titel: | Untersuchung einer krystallisirten Verbindung von hyposalpetriger Säure mit Schwefelsäure, von William Henry, Mitglied der königl. Gesellschaft d. Wiss. zu London. | 
| Fundstelle: | Band 24, Jahrgang 1827, Nr. XXXIII., S. 146 | 
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                        XXXIII.
                        Untersuchung einer krystallisirten Verbindung von
                           hyposalpetriger Saͤure mit Schwefelsaͤure, von William Henry, Mitglied der
                           koͤnigl. Gesellschaft d. Wiss. zu London.
                        Aus dem Journal de Pharmacie. Maͤrz 1827. im
                              Auszuge.
                        Henry's, Untersuchung einer krystallisirten Verbindung von
                           hyposalpetriger Saͤure mit Schwefelsaͤure.
                        
                     
                        
                           Hr. Henry erhielt vor einiger Zeit
                              von Hrn. Mutrie, in dessen Fabrik zu Lloyd-Field,
                              bei Manchester, Schwefelsaͤure und andere chemische Producte verfertigt
                              werden, eine Substanz zur Untersuchung, welche man in der Bleiroͤhre fand,
                              die zum Befestigen der unreinen Luft einer der Kammern dient, in welcher die
                              Schwefelsaͤure verdichtet wird, welche durch Verbrennen von Salpeter mit
                              auslaͤndischem Schwefel in einem abgesonderten Gefaͤße gebildet wurde.
                              Es war damahls sehr kalt, und die Quantitaͤt der producirten Saͤure
                              verminderte sich betraͤchtlich, ohne daß man wußte, warum. Man vermuthete, es
                              wuͤrde sich die Zugroͤhre durch sublimirten Schwefel versperrt haben;
                              als man aber ihr Inneres untersuchte, fand man sie gerade an dem Winkel, wo sie
                              aufhoͤrte, horizontal zu seyn und perpendiculaͤr wurde, ganz durch einen
                              krystallinischen Koͤrper verstopft, der im Aeußern dem Borax glich. Der
                              Theil, welchen man Hrn. Henry brachte, bildete eine feste
                              Masse am Boden einer Bouteille und konnte bloß durch die Zerstoͤrung der Form
                              der Krystalle, aus welchen sie bestand, davon losgemacht werden. Nachdem man diese
                              Substanz ein paar Tage in einem warmen Zimmer hatte stehen lassen, sah sie weich und
                              teigartig aus, und nach einiger Zeit bedekte eine sehr dichte Fluͤßigkeit
                              (von 1,831 spec. Gew.) den festen Theil, Der krystallisirte Theil der Masse, aus
                              welchem die Fluͤßigkeit entstanden war, und welcher immer in festem Zustande
                              blieb, obgleich er weich war, besaß einen sehr sauren Geschmak und faͤrbte
                              die Finger, wenn er damit befuͤhlt wurde, wie concentrirte salpetrige
                              Saͤure. Als er mit Wasser uͤbergossen wurde, erhoͤhte sich die
                              Temperatur um mehr als 60° Fahrenh. (12,5° R.) Es entstand ein starkes
                              Aufbrausen, und rothe Daͤmpfe, aͤhnlich dem Salpetergas, wenn es in
                              die Luft entweicht. Eine aͤhnliche Gasentwiklung beobachtete Hr. Henry auch, als er den zerflossenen Theil der Masse in
                              Wasser goß. 100 Gran der festen Substanz gaben, als sie in einer beinahe ganz mit
                              Wasser gefuͤllten Entbindungsflasche aufgeloͤst wurden, 16,6 Cubikzoll
                              sehr reinen Salpetergases; mehr als die Haͤlfte dieses Gases entband sich
                              ohne Unterstuͤzung durch Waͤrme, und das Uebrige beim Erwaͤrmen
                              der Aufloͤsung.
                           Die krystallinische Substanz ertrug, als sie in einem kleinen Kolben von Glas, dessen
                              Hals so gebogen war, daß er unter die Oberflaͤche des Wassers in einer
                              pneumatischen Wanne tauchte, allein erhizt wurde, uͤber eine Stunde lang eine
                              Temperatur von 220° Fahr. (83,5° R.) ohne eine elastische
                              Fluͤßigkeit zu entbinden. Aber bei 280° (F. + 110,2° R.)
                              entband sich Salpetergas. Eben diese Substanz wurde jedoch bei einer Temperatur von
                              400° (F. + 163,5° R.) nicht ganz zersezt; denn die
                              zuruͤkgebliebene Fluͤßigkeit gab, als man sie in Wasser goß,
                              Salpetergas in Menge. Eine gleiche Quantitaͤt des Salzes gab mehr Gas aus,
                              wenn es in festem Zustande erhizt wurde, als wenn es in Wasser aufgeloͤst
                              worden war; 100 Gran der festen Substanz gaben davon 19,5 Cubikzoll. Außer dem
                              permanenten Gase schied Hr. Henry durch Waͤrme
                              daraus noch einen Dampf, der offenbar salpetrige Saͤure war, weil er einige
                              Tropfen Wasser, die in einem kleinen Recipienten enthalten waren, anfangs
                              gruͤn und blau, dann orange faͤrbte.
                           Nachdem Hr. Henry sich versichert hatte, daß das feste
                              Salz keine fixe Basis enthaͤlt, und bloß Schwefelsaͤure, salpetrige
                              Saͤure und Salpetergas gibt, zerlegte er 100 Gran der krystallinischen
                              Substanz (durch ein sehr einfaches Verfahren) in:
                           
                              
                                 Wasserfreie Schwefelsaͤure
                                 
                                 
                                   68,000
                                 
                              
                                 Salpetergas (16,6 CubikzollSalpetrige
                                    Saͤure
                                 5,2737,800
                                 
                                    
                                    
                                   13,073
                                 
                              
                                 Wasser
                                 
                                 
                                   18,927
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 100,000
                                 
                              
                           Da nun die Elemente der salpetrigsauren Verbindungen waͤhrend der Analyse sich
                              offenbar auf eine ganz andere Weise vereinigten, als sie zuvor in dem festen
                              Koͤrper selbst existirten, so findet es Hr. Henry
                              sehr wahrscheinlich, daß die Zusammensezung des festen Koͤrpers in 100
                              Theilen folgende ist:
                           
                              
                                 Schwefelsaͤure
                                   70,67 (5 Atome)
                                 
                              
                                 Hyposalpetrige Saͤure
                                   13,42 (1 Atom)
                                 
                              
                                 Wasser
                                   15,91 (5 Atome)
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Der Ueberschuß an Wasser, welcher durch den Versuch uͤber die durch die
                              Theorie gegebene Quantitaͤt erhalten wurde, erklaͤrt sich dadurch, daß
                              die Substanz wahrscheinlich mehr Wasser absorbirt hatte, als zur Krystallisation
                              noͤthig ist.
                           In diesem krysiallisirten Koͤrper dient also (wie in den bekannten
                              Verbindungen der Flußspathsaͤure mit Kieselerde und Boraxsaͤure
                              u.s.w.) eine schwache Saͤure einer staͤrkeren zur Basis.