| Titel: | Ueber Theorie und Praxis der Aepfelmost-Bereitung (Cyder-making). | 
| Fundstelle: | Band 24, Jahrgang 1827, Nr. XXXVI., S. 167 | 
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                        XXXVI.
                        Ueber Theorie und Praxis der
                           Aepfelmost-Bereitung (Cyder-making).Der Aepfelmost (Cyder) ist in England beinahe das
                                 einzige fuͤr den Suͤd-Deutschen trinkbare Getraͤnk,
                                 und man kann es wirklich gut nennen. Ober-Oesterreich, d.h., das Land ob der Enns, ist das einzige Land in
                                 Suͤd-Deutschland, wo man viel Aepfel- und
                                 Birnen-Most bereitet: alle Aeker und Wiesen sind mit Aepfel- und
                                 Birnbaͤumen bepflanzt, die die verschiedenen zum Moste geeigneten Sorten,
                                 von Aepfeln und Birnen tragen. Es ist zu bedauern, daß die Sitte dieser
                                 Most-Bereitung sich nicht auch nach Bayern herauf erstrekt, wo in den
                                 fruchtbaren Ebenen am rechten Donau-Ufer die Obstbaumzucht so sehr
                                 vernachlaͤßigt ist, waͤhrend das linke noͤrdliche von
                                 Kehlheim bis Hengersberg hinab Obst ausfuͤhrt. Aber gerade in diesen
                                 Gegenden Bayerns, wo man der Pomona Gaͤrten pflanzt, scheint man
                                 weder die Cyder-Bereitung noch die Branntwein-Bereitung aus den
                                 Zwetschgen, die in dem benachbarten Ober-Oesterreich so fleißig betrieben
                                 wird, in allen ihren Vortheilen zu kennen und zu wissen, daß guter alter
                                 Zwetschgen-Brantwein (den man im Osten Slibovitza nennt), so gut ist, als der beste Rum. Es waͤre sehr
                                 zu wuͤnschen, daß die Cyder- und
                                 Zwetschgen-Rum-Bereitung in Nieder-Bayern eben die
                                 Aufmerksamkeit erhielte, die die Bereitung des Kirschenwassers hier und da in
                                 dem fleißigen Oberlande in Bayern, gefunden hat. A. d. Ueb.
                           
                        Aus Hrn. Gill's
                           technical
                                 Repository. N. 57. S. 187.
                        Ueber Theorie und Praxis der
                           Aepfelmost-Bereitung.
                        
                     
                        
                           Bei Bereitung des Aepfelmostes haͤngt sehr viel von dem
                              dabei eingeschlagenen Verfahren ab, indem dieselbe Aepfel-Sorte Most von sehr
                              verschiedener Farbe und Guͤte gibt. Wenn man z.B., die Aepfel zu einem Breie
                              zermahlt, und auf ein Mahl in die Presse gibt, und dann den Saft in das Faß thut,
                              und daselbst gaͤhren laͤßt, so erhaͤlt man einen rauhen,
                              beinahe farblosen, Most. Wenn man daher die Aepfel von einem und demselben Baume,
                              die gleichzeitig gepfluͤkt wurden, am Abende zermahlt, und erst am
                              naͤchsten Tage in die Presse gibt, so wird die Einwirkung der Luft auf den
                              Brei den Most bedeutend faͤrben.
                           Wenn man starken Aepfelmost (strong
                                 Cyder) verfertigen will, verfaͤhrt man auf folgende Weise. Man
                              belegt den Boden der Presse in einem Viereke mit einer Lage Weizenstroh, und gibt
                              hierauf, und ungefaͤhr einen Zoll hoch, eine Lage Aepfelbrei. Auf diese kommt
                              eine zweite Lage Strohes, aber so, daß die Halme die Richtung der vorigen unter
                              rechten Winkeln durchkreuzen, und bringt auf diese wieder eine Lage Aepfelbrei,
                              u.s.f., bis die ganze Brei-Masse, die man auf ein Mahl auspressen will,
                              eingetragen ist. Nun laͤßt man die Presse herab und so lange einwirken, bis
                              einige Quart Saftes ausgepreßt sind, worauf die Seiten der unter der Presse
                              befindlichen Masse, des Kuchens, (den man in England den Kaͤse, cheese, nennt), mit einem
                              Heu-Messer zu einem regelmaͤßigen Vierekezugepuzt werden. Die Presse
                              wird dann gehoben; die Abfaͤlle, die an den Seiten weggepuzt wurden, werden
                              oben auf den vierekigen Preßkuchen gelegt, und der bereits ausgepreßte Saft oben in
                              die Mitte eingegossen, damit er wieder durchlaͤuft, und verfeinert wird. Nun
                              wird die Presse wieder niedergelassen, und ungefaͤhr ein Drittel des Saftes
                              ausgepreßt. In diesem Zustande laͤßt man alles, bis Abends, wo die Presse
                              aufgezogen und der Cyder in das Faß gebracht wird. Jezt puzt man den Kuchen rings
                              umher, schneidet die vier Eken weg, und macht ihn achtekig, und hierauf, immer
                              duͤnne Schnitten ringsumher wegnehmend, allmaͤhlich rund. Alle die
                              weggeschnittenen Stuͤke werden oben auf den Kuchen gelegt, die Presse wird
                              wieder herabgelassen, und neuerdings der Saft ausgepreßt. Auf diese Weise wird so
                              lange fortgefahren, bis der Kuchen in seinem Durchmesser sich sehr verkleinert hat,
                              wobei man jedoch immer sorgt, daß der Mittelpunct des Kuchens unmittelbar unter dem
                              Mittelpuncte der Spindel der Presse bleibt. Durch dieses Zupuzen und Zuschneiden des
                              Kuchens werden auch die Kerne der Aepfel mit dem Messer zerschnitten, und dadurch
                              erhaͤlt der Most seinen eigenen Geschmak; zugleich wird aber auch durch die
                              dadurch entstehende Verkleinerung des Durchmessers des Kuchens die Kraft der Presse
                              immer vermehrt, und aller Saft vollkommen ausgepreßt. Der ausgepreßte Saft wird in
                              das Faß gebracht, das groß genug seyn muß, das Product eines Preßkuchens zu fassen,
                              es mag einen bis fuͤnf Hogsheads betragen. Nachdem dieser Saft eine kurze
                              Zeit uͤber im Fasse war, wird er anfangen zu perlen, und dieses Perlen wird
                              schnell zunehmen, bis es beinahe ein scheinbares Sieden erreicht hat, welches
                              allmaͤhlich aufhoͤrt. Der auf diese Weise gegohrene Most wird in
                              Faͤsser abgezogen, in welchen er bald seine Gaͤhrung vollendet; wobei
                              man aber sorgen muß, daß dieselben taͤglich nachgefuͤllt werden, bis
                              die Gaͤhrung vollkommen ihr Ende erreicht hat, wo man dieselben dann
                              zuspuͤndet, und eine kurze Zeit uͤber noch ein kleines Loch offen
                              laͤßt, welches am Ende mit einem kleinen hoͤlzernen Zaͤpfchen
                              gleichfalls geschlossen wird. Most, der auf diese Art bereitet wurde, wird stark
                              gefaͤrbt seyn, einen guten Geschmak haben, und sehr stark seyn.
                           Suͤßer Aepfelmost (sweet
                                 luscious Cyder), wird auf folgende Weise bereitet. Man preßt aus dem Kuchen
                              so viel Most auf ein Mahl, daß, nach seiner Reinigung im ersten Fasse, das zur
                              weiteren Aufnahme desselben bestimmte Faß beinahe voll wird, welches nun alsogleich
                              damit, aber nicht ganz, gefuͤllt wird. Da das ganze bei diesem Verfahren
                              darin besteht, die Gaͤhrung zu unterbrechen, so muß man dafuͤr sorgen,
                              daß der Most von seinem Bodensaze (seinen Hefen) alsogleich abgezogen wird, sobald
                              die Gaͤhrung eintritt; was sich aber nicht durch das Auge erkennen
                              laͤßt. Wenn man dieses Abziehen von den Hefen verschieben wuͤrde, bis
                              das oben bemerkte Perlen eintritt, so wuͤrde dieß zu spaͤt seyn; die
                              Hefe wuͤrde sich dann schon mit der Fluͤßigkeit verkoͤrpert
                              haben, und da in denselben der Gaͤhrungsstoff gelegen ist, so wuͤrde die
                              Gaͤhrung zu schnell fortschreiten, und so lange anhalten, bis sie den ganzen
                              Zukerstoff zerstoͤrt hat, den man doch bei diesem Verfahren
                              zuruͤkhalten will. Man muß daher zu anderen Kennzeichen des Wiederanfanges
                              der Gaͤhrung seine Zuflucht nehmen, und diese findet man in dem kohlensauren
                              Gase, welches alle gaͤhrende Koͤrper im Anfange der bei ihnen
                              eintretenden Gaͤhrung entwikeln. Nachdem also der Most ungefaͤhr 16
                              Stunden lang im Fasse war, wird ein kleines Stuͤkchen Kerze auf einem an
                              seinem unteren Ende umgebogenen Drahte brennend in das Faß bis an die
                              Oberflaͤche des Mostes hinabgelassen; wenn die Kerze daselbst noch brennt,
                              ist es noch nicht Zeit zum Abziehen; denn es ist gut, wenn der Most so lange, als es
                              mit Sicherheit geschehen kann, im Fasse bleibt, damit er alle Hefen so viel als
                              moͤglich absezen kann. Dieser Versuch mit der Kerze wird von Stunde zu Stunde
                              wiederholt, bis man sieht, daß die Kerze auf der Oberflaͤche des Mostes
                              duͤster brennt, was jedes Mahl geschieht, sobald kohlensaures Gas sich
                              entwikelt, welches sogar die Flamme oͤfters ausloͤscht. Da das
                              kohlensaure Gas schwerer ist, als die atmosphaͤrische Luft, so schwimmt es
                              immer uͤber der Oberflaͤche des Mostes. Sobald sich nun diese
                              Erscheinung an der Kerze zeigt, was gewoͤhnlich geschieht, nachdem der Cyder
                              16 bis 24 Stunden lang im Fasse war, so wird er mit aller Sorgfalt abgezogen, damit
                              die Hefen nicht aufgeruͤhrt werden, und in ein Hogshead-FaßEin Hogshead haͤlt 63 Gallons, oder 630 Pfd. Wasser. A. d. Ueb. umgefuͤllt, das aber nicht ganz voll werden darf. Nach
                              ungefaͤhr einer Woche wiederholt man den Versuch mit der Kerze, die man durch
                              das Spundloch einfuͤhrt, und erneuert denselben alle 5 bis 6 Stunden, bis man
                              Zeichen der wieder anfangenden Gaͤhrung entdekt, wo dann der Most in ein
                              neues Hogshead-Faß gezogen werden muß, in welchem er dann gewoͤhnlich
                              Ein Jahr lang, ohne alles neue Abziehen, liegen kann. Es gibt aber auch
                              Cyder-Arten, die man gewoͤhnlich alle drei Wochen abziehen muß, was
                              jedoch gewoͤhnlich nur dann der Fall ist, wann die fruͤheren Arbeiten
                              bei demselben vernachlaͤßigt wurden.
                           Aepfelmost, der auf diese Weise behandelt wurde,
                              behaͤlt alle seine Suͤßigkeit, und ist zuweilen besser, als mancher
                              weiße Wein.