| Titel: | Ueber die Klappen an Dampf-Maschinen; von Hrn. Gaultier de Glaubry. | 
| Fundstelle: | Band 24, Jahrgang 1827, Nr. LVIII., S. 303 | 
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                        LVIII.
                        Ueber die Klappen an Dampf-Maschinen; von
                           Hrn. Gaultier de
                              Glaubry.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement. N. 271. S. 14.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        Gaultier de Glaubry, uͤber die Klappen an
                           Dampf-Maschinen.
                        
                     
                        
                           Der Unfall, der sich neulich am Dampfbothe zu Lyon auf der
                              Rhone zutrug, hat die Dampf-Schifffahrt, und die Dampfmaschinen mit hohem
                              Druke uͤberhaupt in großen Mißcredit gebracht. Man fuͤrchtet,
                              ungeachtet alles dessen, was man uͤber die wahrscheinlichen Ursachen dieses
                              Unfalles sagen kann, immer wieder dasselbe Ereigniß, so lange man keine sicheren
                              Ritte! dagegen anwenden wird.
                           Man schreibt das Zerplazen des Dampfkessels auf dem Dampfbothe zu Lyon der
                              Ungeschiklichkeit des Aufsehers zu, der die Sicherheits-Klappe
                              uͤberlud, um dem Dampfe mehr Spannung zu geben. Hr. Clément meint, daß der Kessel vielleicht
                              aus demselben Grunde sprang, weßwegen vor einigen Jahren die von demselben Hrn.
                              Steele, der diese Maschine
                              erbaute, zu Essone errichtete Maschine in der Fabrik des Hrn. Ferey in die Luft geflogen ist. Die Frage bei
                              den Dampfmaschinen ist noch immer diese: sind die Sicherheits-Klappen
                              wirklich Sicherheits-Klappen?
                           
                           Es ist laͤngst bekannt, daß die gewoͤhnlichen
                              Sicherheits-Klappen zuweilen ihren Dienst versagen, und zwar aus
                              verschiedenen zufaͤlligen Ursachen, gegen welche man sie nicht immer
                              schuͤzen kann. Hrn. Clément's merkwuͤrdige Beobachtung an den Klappen des
                              Geblaͤses zu Fourchambault, die sich auch sehr gut auf die Klappen der
                              Dampfmaschinen anwenden laͤßtVergl. polyt. Journal Bd. XXII. S. 8.
                                    A. d. Ueb., hat erwiesen, daß sie nur eine falsche Sicherheit gewaͤhren, und daß
                              sie in vielen Faͤllen, auf ihrem Loche liegen bleiben koͤnnen, ohne
                              bei vermehrtem Druke sich zu heben. Man muß also zu anderen Mitteln seine Zuflucht
                              nehmen, um Unfaͤlle zu vermeiden.
                           Die Scheiben aus einer Composition, die bei einer hoͤheren Temperatur des
                              Dampfes schmelzbar ist, haben seit einiger Zeit den Beifall aller
                              verstaͤndigen Arbeiter erhalten, und bestimmte Erfahrungen haben erwiesen, in
                              wie fern die Anwendung derselben vorteilhaft ist. Ein sehr achtbarer Gelehrter, der
                              mit Recht die oͤffentliche Meinung fuͤr sich hat, hat indessen eine
                              andere Ansicht, die, bei der Achtung, die er verdient, wegen des Einflußes, den sie
                              haben koͤnnte, einer Eroͤrterung werth ist.
                           Die Scheiben aus der erwaͤhnten Composition bestehen aus Wißmuth, Blei und
                              Zinn, und, je nachdem diese Metalle in verschiedenen Verhaͤltnissen gemengt
                              sind, schmelzen sie bei verschiedenen Temperaturen, lassen dem Dampfe freien
                              Ausgang, und verhindern die Berstung des Kessels durch zu große Spannung des
                              Dampfes. Sie muͤssen, uͤberhaupt, so eingerichtet seyn, daß sie bei
                              einer nur etwas hoͤheren Temperatur, als diejenige ist, bei welcher die
                              Maschine arbeiten soll, schmelzen.
                           Sie muͤssen ferner an einer gehoͤrig berechneten Stelle angebracht
                              seyn; denn die Spannung des Dampfes ist nicht auf allen Puncten des Kessels gleich,
                              und eine Scheibe, die auf einem Puncte des Kessels schmelzen wuͤrde, kann auf
                              einem anderen unversehrt bleiben; man wuͤrde vergebens Scheiben, die bei 2, 3
                              oder 4 Atmosphaͤren schmelzen, im Vorrathe haben, wenn man nicht
                              wuͤßte, wo dieser Druk im Kessel wirklich Statt hat. Es wuͤrde auch
                              mit der Klappe selbst so gehen, wenn man sie uͤber dem Herde oder am Ende des
                              Kessels anbringen wollte. Die beste Stellung der Klappe scheint indessen
                              uͤber dem Herde zu seyn.
                           
                           Diese Meinung stimmt auch mit der Ansicht des Hrn. Clément, welcher sehr richtig bemerkte,
                              daß man bei diesen Scheiben nur den Grad der Schmelzbarkeit derselben, nicht aber
                              ihre Erweichung berechnete, die der Schmelzung vorausgehen muß. Einige Theile der
                              Composition dieser Scheiben schmelzen fruͤher als andere; man sieht an der
                              Oberflaͤche derselben in der Mitte Blaͤschen gebildet, die dem
                              Blumenkohle gleichen; es bildet sich in der Mitte eine Oeffnung, durch welche der
                              Dampf ausfaͤhrt, und die Scheibe wird nie hinausgeworfen. Wenn die Scheibe
                              sehr groß waͤre, wuͤrde diese Entstellung und die dadurch erfolgende
                              Zerstoͤrung noch weit wichtiger seyn. Man koͤnnte sie auch durch eine
                              Art kleinen Rostes schuͤzen. Vielleicht muͤßte man sie dann diker,
                              vielleicht in einer anderen Mischung verfertigen. Man muͤßte hier erst noch
                              im Dunkeln tappen, bis man zu sicheren Resultaten durch Versuche gelangen
                              koͤnnte.
                           Hr. Clément haͤlt
                              duͤnne Kupferplatten fuͤr besser, als Scheiben von leicht schmelzbarem
                              Metalle, und ist der Meinung, daß jene diese verbannen muͤßten. Wenn wir
                              indessen seine Gruͤnde erwaͤgen, so scheint uns die Frage noch
                              unentschieden.
                           Wenn der Druk des Dampfes immer nach und nach zunaͤhme, und endlich ein
                              bestimmtes Maximum erreichte, vielleicht wuͤrde die Kupferplatte dann sich
                              biegen, und endlich brechen, um den Dampf ausfahren zu lassen; wie, wenn aber der
                              Stoß ploͤzlich geschieht? Wird die Kupferplatte da jedes Mahl Zeit haben,
                              sich zu biegen? Man wird dieß nicht unbedingt verneinen koͤnnen.
                           Bei Dampfmaschinen mit hohem Druke kann das Wasser nur durch eine Drukpumpe
                              eingesprizt werden. Wenn diese einige Zeit uͤber stokte, oder auch nur
                              weniger Wasser einsprizte, als zur Dampferzeugung nothwendig ist, kann der Kessel
                              sich zu sehr erhizen, rothgluͤhend werden, und wenn dann nur einige Pfunde
                              kaltes Wasser eingesprizt werden, die augenbliklich in Dampf sich verwandeln, kann
                              eine Kraft erzeugt werden, die den Kessel noch ehe als die Platte, oder zugleich mit
                              dieser sprengt.
                           In diesem Falle wuͤrde aber die leicht schmelzbare Scheibe nuͤzen; die
                              Temperatur des Kessels allein wuͤrde sie schon zum Schmelzen bringen, und ein
                              Loch von hinlaͤnglich weitem Durchmesser in ihr erzeugen, ehe das
                              eingesprizte Wasser diese gefaͤhrliche Kraft erzeugt hat.
                           Ein anderer Umstand, der bei Dampfkesseln mit hohem Druke zu fuͤrchten ist,
                              und auch bei dem Dampferzeuger der Perkins'schen Maschine Statt hat, ist jene
                              Erhoͤhung der Temperatur, in deren Folge eine Dampf-Atmosphaͤre
                              zwischen dem, Kessel und dem Wasser sich bildet. In diesem Falle wird die Wirkung
                              der Maschine durch Vermehrung des Feuers sehr vermindert, und nimmt bei der
                              Abkuͤhlung wieder eben so gewaltig zu, wegen der Beruͤhrung, die dann
                              zwischen der Fluͤßigkeit und den Wanden des Kessels Statt hat, wodurch sehr
                              nachtheilige Folgen fuͤr lezteren entstehen koͤnnen.
                           Auch hier wuͤrde eine leicht schmelzbare Scheibe von großem Nuzen seyn; denn
                              diese wuͤrde schmelzen, ehe sich eine Dampfatmosphaͤre zwischen dem
                              Kessel und dem Wasser erzeugen kann, und sie wuͤrde nur in dem Falle nicht
                              nuͤzen, wo sich ein Bodensaz in dem Kessel bilden wuͤrde, der
                              denselben rothgluͤhend, und bei etwas staͤrkerem Druke dann bersten
                              macht.
                           Man spricht von der Gefahr fuͤr die Arbeiter, in der Naͤhe des Ofens,
                              wenn die Scheibe schmilzt, und der beiße Dampf herausfaͤhrt; allein, eben
                              diese Gefahr hat auch bei den duͤnnen Kupferplatten Statt, und man kann
                              derselben dadurch vorbeugen, daß man uͤber der schmelzbaren Scheibe eine
                              Roͤhre von Eisenblech anbringt, die den Dampf irgendwohin ableitet, wo er
                              keinen Schaden verursachen kann.
                           Man sagt ferner, daß die schmelzbaren Scheiben den Nachtheil haben wuͤrden,
                              oͤfters zu schmelzen, und daß der sich verbreitende Dampf in der
                              Werkstaͤtte schaͤdlich werden koͤnnte. Allein, eben dieser
                              Nachtheil hat auch bei jedem Klappen-Systeme Statt; er wird auch bei den
                              duͤnnen Kupferplatten Statt haben, wenn diese bei dem berechneten Druke
                              brechen. Ueberdieß schreibt das Gesez vom 29. October 1823 vor, die Kessel an einem
                              abgeschiedenen Orte der Werkstaͤtte anzubringen, und wenn dieses Gesez
                              befolgt wird, kann der Dampf in der Werkstaͤtte nicht nachtheilig werden. Auf
                              einem Dampfbothe entsteht uͤberdieß dadurch kein bedeutender Nachtheil. Wenn
                              man ferner sagt, daß die leicht schmelzenden Scheiben oͤfters fruͤher
                              als die uͤbrigen Klappen wirken, so muͤßte man gewiß seyn, daß die
                              uͤbrigen Klappen immer zur gehoͤrigen Zeit wirken, und wenn sie gut
                              sind, so trifft sie derselbe Vorwurf. Man sagt ferner, daß die Scheiben den Nachtheil haben, die Arbeit
                              zu unterbrechen; eben dieß gilt aber auch von den Kupferplatten.
                           Es fragt sich ferner, ob diese duͤnnen Kupferplatten, wenn sie auch so gut
                              sind, wie die schmelzbaren Scheiben, stets vollkommen gleich erhalten werden
                              koͤnnen, und, wenn sie auch durchaus von ganz gleicher Dike sind, ob sie auch
                              uͤberall gleich zaͤhe sind? kann man sich darauf verlassen, daß
                              mehrere, dem Anscheine nach gleiche, Platten auch im gleichen Grade zaͤhe
                              sind?
                           Dieß ist nicht der Fall bei den schmelzbaren Scheiben, und dieß ist ein Grund mehr
                              fuͤr die Beibehaltung derselben.
                           Es gibt einen Fall, in welchem aber auch diese Scheiben nicht gegen Gefahr
                              schuͤzen koͤnnen; und dieser ist, wenn man andere
                              Fluͤßigkeiten, als Wasser, die bei weniger hohen Temperaturen sieden, zur
                              Dampferzeugung anwendet. In diesem Falle wuͤrden die duͤnnen
                              Kupferplatten den Vorzug verdienen, obschon man auch fuͤr diese Temperaturen
                              schmelzbare Scheiben verfertigen koͤnnte.
                           Als Beispiel fuͤr die Gefahren der schmelzbaren Scheiben bei anderen
                              Temperaturen, als bei denjenigen, bei welchen sie schmelzen, dient der Unfall,
                              welcher vor einigen Jahren sich bei Hrn. Pelletier ereignete, welcher eine schmelzbare Scheibe an einem
                              Autoclave anwendete, um Pflanzenstoffe mit Alkohol zu behandeln. Das Autoclave
                              sprang waͤhrend der Arbeit.
                           Waͤre das Dampfboth auf der Rhone mit einer schmelzbaren Scheibe versehen
                              gewesen, so wuͤrde dieser Unfall nicht Statt gefunden haben.
                           Man koͤnnte, fuͤr den Fall, daß ein Bodensaz sich bildete, oder daß der
                              Kessel gluͤhend wuͤrde, noch ein anderes Mittel anwenden, das zwar
                              schon in England angewendet wuͤrde, das aber die Unbequemlichkeit hat,
                              aͤußerst langweilig in der Anwendung zu seyn. Es besteht in dem Einsezen
                              einer Scheibe aus Blei im Grunde des Kessels. Diese Scheibe schmilzt, wenn der
                              Kessel zu heiß wird, und beugt jedem Unfaͤlle vor, den man durch Klappen
                              nicht immer abzuwenden vermag. Wenn man die Bildung des Bodensazes durch Anwendung
                              der ErdaͤpfelPolyt. Journ. Bd. X. S. 254. A. d.
                                    Ueb. vermeidet, oder nach Darcet's Methode der Reinigung der BrunnenroͤhrenEbend. Bd. XXII. S. 480. A. d.
                                    Ueb. wegschafft, so wuͤrde diese bleierne Scheibe fuͤr den Fall
                              nuͤzen, wo der Kessel anfaͤngt leer zu werden.
                           Vielleicht ließe sich eine Vorrichtung zur Verbindung mit dem Kessel ausmitteln,
                              durch welche man die Bleischeibe, wenn sie geschmolzen ist, wieder leicht einsezen
                              koͤnnte. Man vergleiche uͤber die schmelzbaren Scheiben Annales de l'Industrie, T. IV.