| Titel: | Ueber das Pfropfen, Aeugeln und Ziehen der Garten-Rosen in Flandern. Von Hrn. J. B. Van Mons, M. D. | 
| Fundstelle: | Band 24, Jahrgang 1827, Nr. CII., S. 452 | 
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                        CII.
                        Ueber das Pfropfen, Aeugeln und Ziehen der
                           Garten-Rosen in Flandern. Von Hrn. J. B. Van Mons, M. D. 
                        Aus dem VI. Bd. 3. Th. der
                              Transactions of the Horticultural
                                 Society of London in Gill's technical Repository. April. 1827. S.
                              196.
                        Van Mons, uͤber das Pfropfen, Aeugeln und Ziehen der
                           Garten-Rosen.
                        
                     
                        
                           Man glaubt allgemein, daß man Rosen nicht pfropfen, sondern
                              nur aͤugeln kann; diese Meinung ist jedoch irrig, denn beides gelingt gleich
                              gut.
                           
                           Zum Pfropfen nimmt man gewoͤhnlich Reiser von gleichem Durchmesser mit dem
                              Stamme; man kann aber auch die duͤnnsten Reiser nehmen, wenn man den Spalt
                              nicht bis in die Mitte des Stammes fuͤhrt. Das Pfropfreis wird auf beiden
                              Seiten in Form eines verlaͤngerten Keiles geschnitten, und die Rinde des
                              Stokes muß auf das Pfropfreis zu beiden Seiten passen. Man macht den Verband mit
                              feinem Baste, den man vorher wasserdicht werden ließ, indem man ihn durch eine
                              Aufloͤsung von weißer Seife, und dann durch eine
                              Alaun-Aufloͤsung zieht. Man dekt den Verband mit einer Lage fetten
                              Thones, dem man alten geloͤschten Kalk zusezt, und mit Eyweiß, das mit vier
                              bis fuͤnf Theilen Wasser abgeschlagen wird, befeuchtet. Diese Mischung wird
                              mit einem Haarpinsel aufgetragen. Die besten Stoͤke zum Pfropfen sind die
                              Schoͤßlinge irgend einer Art von Gartenrose.
                           Wir pfropfen in Flandern auf dieselbe Weise auch auf die wilde oder
                              Hunds-Rose, nur mit der Vorsicht, daß der Spalt tief genug geht, um die
                              zugeschnittene Kante des Pfropfreises uͤber dem Schnitte fest auf dem Holze
                              des Stokes aufsizen zu lassen. Der Verband wird auch hier mit Bast gemacht, aber mit
                              weißem Pfropfwachse aus Burgunderpech, weißem Wachse und gelochtem Terpenthine mit
                              oder ohne weißer Staͤrke. Schwarzes Pfropfwachs wird zu heiß, wenn es der
                              Sonne ausgesezt wird.
                           Rosen lassen sich im Fruͤhjahre sehr gut aͤugeln, wenn man das Auge
                              oder die Knospe mit etwas Holz aus dem Mutter-Reise nimmt. Man schneidet
                              hierzu die Propfreise vor dem Winter ab, und stekt sie in die Erde, wo man sie so
                              lange laͤßt, bis im Fruͤhjahre der Saft in der Rinde zu fließen
                              anfaͤngt. Um das Auge zu erhalten, machen wir zuerst etwas unter dem Auge
                              einen Quer-Einschnitt bis in das Holz, welcher Einschnitt mit einem anderen
                              laͤngeren Schnitte zusammentrifft, der etwas uͤber dem Auge
                              anfaͤngt, und nach abwaͤrts laͤuft. Man sorgt dafuͤr,
                              daß mit der Rinde zugleich etwas Holz von dem Reise abgeloͤset wird. In den
                              Stok selbst macht man einen Einschnitt in Form eines umgekehrten lateinischen T, so , und bringt das Auge in die Rinde. Die
                              horizontalen Kanten oder Raͤnder dieses Schnittes muͤssen sowohl am
                              Stoke als am Auge auf das genaueste auf einander passen, und sich wechselseitig
                              beruͤhren. Der Verband wird mit wasserdichtem Baste angelegt jedoch ohne Thon. Acht Tage nach
                              der Einsezung der Knospe schneidet man den Stok bis auf den lezten Zweig unmittelbar
                              uͤber dem eingefuͤgten Auge an der entgegengesezten Seite desselben
                              nieder, und kuͤrzt auch diesen bis auf zwei oder drei Augen ein. Alles
                              Seitenholz wird abgeworfen, und wenn das Auge sein fuͤnftes Blattchen
                              getrieben hat, kneipt man das Ende desselben ab, und zwingt es dadurch Zweige zu
                              bilden. So behandelt wird das Auge noch im September desselben Jahres
                              bluͤhen.
                           Man kann auch Rosen im Fruͤhjahre aͤugeln ohne zu warten bis die Rinde
                              sich loser, wenn man das Auge, mit etwas Holz unter demselben, in eine Nische in dem
                              Stoke einsezt, die der Vertiefung aͤhnlich ist, welche in dem Reise durch das
                              Ausnehmen des Auges auf die oben angegebene Weise entsteht: in diese Nische wird nun
                              das Auge genau eingepaßt, und mittelst eines leichten Drukes befestigt. Man
                              empfiehlt die Nische in dem Stoke dort einzuschneiden, wo bereits ein Auge an
                              demselben stand. Das eingesezte Auge wird mit Bast und mit Pfropfwachs
                              verbunden.
                           Wenn ich im Junius aͤugle, entblaͤttere ich die jungen Triebe der
                              Pflanze, die ich vermehren will, und vierzehn Tage darauf sind die Augen in den
                              Blattwinkeln bereits stark genug angeschwollen, um ausgeschnitten und
                              eingefuͤgt werden zu koͤnnen. Solche Augen treiben oͤfters noch
                              in demselben Jahre Zweige, die reichlich bluͤhen.
                           Im August und September sezen wir unsere Knospen auf Stoͤke, die nicht
                              beschnitten wurden. Wir sezen sie auf das alte Holz, nicht bloß weil wir niedrig
                              aͤugeln, sondern weil dieß am besten gelingt.
                           Man mag zu was immer fuͤr einer Zeit aͤugeln, so wird das Auge
                              unfehlbar treiben, wenn alle Zweige gehoͤrig eingekuͤrzt wurden.
                           Ein Rosen-Reis ist selten zu troken, um sicher anzuschlagen, wenn man hinter
                              dem Auge eine duͤnne Schichte Holzes daran laͤßt. Ich habe auf diese
                              Weise mit dem besten Erfolge von Reisern geaͤugelt, die zehn Tage lang im
                              Kasten lagen. Zum Versenden pake ich die Pfropfreiser in langes Gras, und umgebe sie
                              außen mit der Laͤnge nach gelegtem Strohe.
                           Wir halten es fuͤr besser, unsere Rosen nicht hoͤher als 6 Zoll uͤber dem Grunde zu
                              aͤugeln und zu pfropfen; 1) damit der ganze Busch dem Auge des Beobachters
                              dargestellt bleibt, und, 2) weil die Vereinigung sicherer gelingt, indem die Pflanze
                              durch ihren eigenen Schatten die Erde feucht haͤlt. Ueberdieß geschieht nicht
                              selten, daß, wenn man den Stamm hoͤherer Rosenstoͤke aus was immer
                              fuͤr einem Grunde biegt, man denselben an der gepfropften oder oculirten
                              Stelle beschaͤdigt.
                           Zur Schnittzeit werden die Aeste der geaͤugelten Individuell, die man
                              zwergartig zieht, jaͤhrlich bis auf 9 Zoll Laͤnge eingekuͤrzt.
                              Eben dieß nehmen wir auch mit unseren nicht geaͤugelten Rosen vor, indem wir
                              dadurch eine Menge junges Holz, einen sehr buschigen Stok und eine große Menge
                              Blumen erhalten. Wir schneiden Ende Jaͤnners. Alles vierjaͤhrige Holz
                              wird ganz zuruͤkgeschnitten, und nach acht Jahren nehmen wir die
                              Stoͤke aus und erneuen sie.
                           Wenn wir wollen, daß unsere Rosen spaͤt im Herbste bluͤhen sollen, so
                              schneiden wir sie im Fruͤhjahre, sobald wir die
                              Bluͤthen-Knospen daran wahrnehmen, zuruͤk.
                           Um Stoͤke zu erhalten, nehmen wir Wurzeltriebe der Hunds-Rose aus den
                              Waͤldern und von den Heken, wo sie bei uns haͤufig vorkommt, und, wie
                              die meisten wildwachsenden Baͤume und Straͤucher, ihre Wurzeln wie
                              Ableger ausbreitet. Wir waͤhlen vorzuͤglich solche Stoͤke, die
                              keine Seiten-Aeste haben, und graben sie vor dem Winter aus, um sie nach
                              demselben an Ort und Stelle zu verpflanzen. Den Stamm schneiden wir bis auf
                              anderthalb Fuß Laͤnge nieder. Die Stoͤke treiben gewoͤhnlich
                              das Jahr nach dem Aeugeln von der Wurzel, und spaͤter noch staͤrker.
                              Wir zerstoͤren diese Wurzeltriebe nicht, sondern legen sie im folgenden
                              Fruͤhjahre Einen Zoll tief, oder noch tiefer ein, und lassen nur die Endspize
                              uͤber der Erde. Jedes Auge treibt einen ganzen Buͤschel Wurzeln, und
                              bildet so einen schoͤnen Stok, den man nach dem Winter herausnimmt.
                           Wenn, was selten geschieht, ein Auge ausbleibt, schneiden wir den Stok bis auf einen
                              halben Zoll unter der Erde nieder, wodurch wir dann eine Menge Wurzeltriebe
                              erhalten, die wir auf aͤhnliche Weise, wie oben, einlegen. Diese Triebe
                              schießen senkrecht empor, und muͤssen in dieser Richtung durch
                              Beihuͤlfe eines nebengestekten Staͤbchens erhalten werden, wodurch sie
                              leichter erstarken, und dann noch jung oder im dritten vierten Jahre geaͤugelt
                              werden koͤnnen. In dem Jahre, wo man einen Stok aͤugeln will, muß man
                              alle Aeste sammt dem Gipfel niederschneiden.Es ist sonderbar, daß Hr. van
                                       Mons nichts von der Weise meldet, die Rosen baumartig zu
                                    ziehen, da sie doch mit seiner Methode so viele Aehnlichkeit hat, und nur
                                    darin abweicht, daß man die hoͤchsten und schlanksten wilden
                                    Rosenstaͤmme im Herbste ausgraͤbt, in den Garten an Ort und
                                    Stelle sezt, und im Fruͤhjahre an ihrem Gipfel, statt 6 Zoll
                                    uͤber der Erde, aͤugelt oder pfropft. A. d. Ueb.