| Titel: | Ueber das Springen der Dampf-Maschinen. Von Jak. Perkins. | 
| Fundstelle: | Band 24, Jahrgang 1827, Nr. CVII., S. 484 | 
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                        CVII.
                        Ueber das Springen der Dampf-Maschinen.
                           Von Jak.
                              Perkins.
                        Aus dem London Journal of Arts. April 1827. S.
                              93.
                        Perkin's, uͤber das Springen der
                           Dampf-Maschinen.
                        
                     
                        
                           Man haͤlt es allgemein fuͤr ausgemachte.
                              Thatsache, daß die Waͤrme des Dampfes in Beruͤhrung mit Wasser bei
                              einer gegebenen Elasticitaͤt unwandelbar dieselbe ist; dieß ist aber durchaus
                              nicht der Fall. Dampf kann so erzeugt werden, und wird auch oͤfters so
                              erzeugt, daß er einen sehr hohen Grad von Temperatur besizt, ohne
                              verhaͤltnißmaͤßig an Kraft zugenommen zu haben, so daß es ganz
                              offenbar einleuchtet, daß die Temperatur des Dampfes nicht als Maßstab der
                              Elasticitaͤt desselben dienen kann. Viele Experimentatoren haben in dieser
                              Hinsicht, vorzuͤglich bei hoͤheren Temperaturen, sich sehr getauscht.
                              Wenn irgend ein Theil des Dampfkessels wegen Mangels an Wasser heißer wird, als das
                              in demselben enthaltene Wasser, so wird der Dampf bald zu heiß werden, ohne jedoch
                              eine verhaͤltnißmaͤßig groͤßere Elasticitaͤt dadurch zu
                              erlangen. Bei einigen neueren Versuchen habe ich dem Dampfe eine Hize gegeben, die
                              die hoͤchste Spannung desselben, d.h. einen Druk von 56,000 Pf. auf den
                              Quadrat-Zoll, haͤtte hervorbringen muͤssen, wenn der Dampf
                              Wasser genug gehabt haͤtte; allein der Zeiger zeigte nur einen Druk von
                              weniger als 5 Atmosphaͤren. Nachdem ich mich von dieser Thatsache durch eine
                              Reihe von Versuchen uͤberzeugt hatte, gerieth ich auf die Idee, daß, wenn man
                              in den uͤberhizten Dampf warmes Wasser einsprizte, man augenbliklich
                              hoͤchst elastischen Dampf erhalten wuͤrde, und daß die
                              Elasticitaͤt dieses lezteren von der Temperatur und von der Menge des
                              ersteren, so wie von der Menge Wassers abhaͤngen wuͤrde. Um mich
                              hiervon zu uͤberzeugen, machte ich folgenden Versuch.
                           Ein Dampferzeuger wurde mit Wasser gefuͤllt, und bis auf 500° (F.)
                              gehizt, so daß der Dampf eine Kraft von 50 Atmosphaͤren erhalten mußte. Die
                              Druk-Klappe war aber mit einem Druke von 60 Atmosphaͤren beladen, und
                              das Wasser konnte folglich sich nicht in Dampf ausdehnen. Der Recipient, der weder
                              Wasser noch Dampf enthielt, wurde auf ungefaͤhr 1200 Grade gehizt. Nun wurde
                              etwas Wasser mittelst der Drukpumpe in den Erzeuger getrieben; dieses schlug unter
                              der Drukklappe in den Recipienten eben so viel Wasser durch, welches daselbst
                              augenbliklich in Dampf verwandelt wurde. Da dieser Dampf eine Hanfschnur an der
                              Dampfroͤhre zehn Fuß weit von dem Kessel entzuͤndete, so muß er
                              wenigstens 800° heiß gewesen seyn, und muͤßte hiernach eine Spannung
                              oder einen Druk von 800 Atmosphaͤren besessen haben. Da aber nicht Wasser
                              genug da war, um ihm die gehoͤrige Dichtigkeit zu geben, zeigte der Zeiger
                              bloß einen Druk von ungefaͤhr 5 Atmosphaͤren. Mochte nun der Druk des
                              Dampfes, der durch die Dampfroͤhre fuhr, 5 oder 100 Atmosphaͤren
                              gewesen seyn, die Dampfroͤhre blieb in ihrer vorigen Temperatur, was ich dem
                              Umstande zuschrieb, daß der Dampf mit Waͤrmestoff uͤberladen war. Es
                              wurde nun mit der Pumpe mehr heißes Wasser eingesprizt, und der Zeiger zeigte einen
                              Druk von 50 bis 80 Atmosphaͤren. Der Dampf dehnte sich, da die
                              Drossel-Klappe zum Theile offen war, bald aus, und kam auf den vorigen Druk
                              von ungefaͤhr 5 Atmosphaͤren zuruͤk. Es wurde nun mehrere Mahle
                              wieder Wasser eingesprizt, und der Zeiger schwankte bei jedem Pumpen-Zuge
                              zwischen 5 und 40 und sogar 108 Atmosphaͤren, je nachdem mehr oder weniger
                              Wasser eingesprizt wurde, zum deutlichen Beweise, daß hier bei diesem verminderten
                              Druke viele uͤberfluͤßige Hize und doch wenig Elasticitaͤt
                              vorhanden war. Hier ward es mir nun klar, daß dieß die wahre Ursache der
                              schreklichen Explosionen der Dampfkessel sowohl bei niedrigem als bei
                              hoͤherem Druke veranlassen koͤnnte.
                           Es sind viele Beispiele vorhanden, wo unmittelbar vor diesen schreklichen Berstungen
                              die Maschine sehr matt ging und eine Abnahme an Kraft zeigte. Wir wollen, zur
                              Erlaͤuterung der Theorie dieser ploͤzlichen Berstungen, annehmen, die
                              Zufuͤhrungs-Pumpe sey verstopft; das Wasser wird also unter gewisse
                              Theile des Kessels hinabsinken, die von demselben haͤtten bedekt bleiben
                              sollen, und die Temperatur dieser Theile wird hoͤher steigen, als die des
                              Wassers. Der Dampf, der mit diesen Theilen in Beruͤhrung steht, wird die Hize
                              derselben aufnehmen, und sich mit derselben uͤberladen.Praktische Mechaniker wissen, daß die Fuͤtterung der Staͤmpel
                                    oͤfters von dem Dampfe verkohlt wird, obschon dieser immer mit dem
                                    Wasser in
                                    Beruͤhrung bleibt, dessen Temperatur nicht uͤber 230°
                                    steigt. Offenbar mußte aber solcher Dampf uͤberhizt, und weit heißer
                                    seyn, als das Wasser, auf welchem er ruhte, so daß er eine Explosion
                                    erzeugen muͤßte, wenn das Wasser in ihm emporstiege, und er schneller
                                    abgezogen als erzeugt wuͤrde. A. d. O. Da aber die Hize im Wasser nicht niedersteigt, so kann das Wasser unter dem
                              uͤberhizten Dampfe diese Hize nicht aufnehmen. Sie bleibt in dem Dampfe und
                              uͤberhizt diesen so, daß er zuweilen den oberen Theil des Kessels roth
                              gluͤhend machen,Hr. Moyle, praktischer
                                    Mechaniker in Cornwallis, erzaͤhlte mir folgende interessante
                                    Thatsache.Als er in seine Kesselstube ging, fand er eine Leiter, die mit ihrem Fuße auf
                                    dem oberen Theile des Kessels ruhte, in Flammen. Er sah augenbliklich, daß
                                    der Kessel rothgluͤhend geworden ist, ohne daß er jedoch wissen
                                    konnte, warum, und befahl so schnell wie moͤglich das Feuer
                                    auszuloͤschen, wodurch er wahrscheinlich sein Haus und sein Leben
                                    gerettet hat. Bei dem Erkalten zeigte sich, daß nur sehr wenig Walser in dem
                                    Kessel war.Einen aͤhnlichen Fall theilte mir Hr. Williams, Hauptfuͤhrer der
                                    Liverpool- und Dublin-Dampf-Compagnie, mit. Auf einer
                                    seiner Fahrten zwischen Dublin und Liverpool wekte ihn Nachts ein starker
                                    Geruch nach brennendem Holze. Nach vielem Suchen zeigte sich's, daß ein
                                    Stuͤk Fichtenholz auf dem Kessel lag und brannte.Ein traurigerer Fall ereignete sich zu Pittsburgh (N. America) an dem
                                    dortigen Eisengußwerke. Man hatte dort, wie gewoͤhnlich in
                                    Nord-America, eine Dampfmaschine mit hohem Druke, und zwar von der
                                    Kraft von 60 oder 80 Pferden. Diese Maschine erhielt ihren Dampf von 3
                                    einzelnen walzenfoͤrmigen Kesseln, deren jeder 18 Fuß lang war, und
                                    30 Zoll im Durchmesser hatte. Man bemerkte, daß der eine dieser Kessel schon
                                    seit einiger Zeit roth gluͤhte; da die beiden uͤbrigen Kessel
                                    aber noch Dampf genug lieferten, so achtete man nicht darauf, bis der Kessel
                                    endlich plazte. Der Kessel sprang unter einem Winkel von 45° von dem
                                    einen Ende ab, und fuhr wie eine Rakete durch das Hausdach und fiel in einer
                                    Entfernung von 600 Fuß von demselben nieder. A. d. O. und Kohlen oder andere Koͤrper, mit welchen er in Beruͤhrung
                              kommt, entzuͤnden kann. Wenn aber endlich das Wasser unter dem
                              uͤberhizten Dampfe aus was immer fuͤr einer Ursache die
                              uͤbergroße Hize des Dampfes und des Kessels in sich aufnimmt, so wird es
                              augenbliklich in hoͤchst elastischen Dampf verwandelt, und keine
                              Sicherheits-Klappe auf der Welt wird die Explosion zu verhindern
                              vermoͤgen. Um zu zeigen, wie ploͤzlich das Wasser mit den
                              uͤberhizten Theilen des Kessels in Beruͤhrung gebracht werden kann, so wie auch mit
                              dem uͤberhizten Kessel, moͤgen folgende Thatsachen dienen. 
                           So lang Wasser nicht uͤber 212 Grad gehizt ist, wird es bloß kochen; und
                              sogenannten atmosphaͤrischen Dampf abgeben, ohne selbst in Dampf
                              uͤberzugehen; so wie es aber mehr erhizt wird, erhaͤlt es auch mehr
                              und mehr Neigung in Dampf uͤberzugehen. Da der Dampf in demselben
                              Verhaͤltnisse auf die Oberflaͤche des Wassers druͤkt, als die
                              Temperatur des Wassers zunimmt, so kocht es bloß, als wenn es unter dem Druke der
                              Atmosphaͤre kochte, ohne mit dem Dampfe aufzusteigen. Wenn aber der Dampf
                              schneller abgezogen als erzeugt wird, dann wird dieser kuͤnstliche Druk
                              beseitigt, und das Wasser steigt mit dem Dampfe in dem Verhaͤltnisse der
                              Schnelligkeit der Entweichung des lezteren empor. Wenn nun Dampf und Wasser, auf
                              diese Weise mit einander gemengt, den ganzen Kessel fuͤllen, wird die
                              uͤberschuͤßige Hize des uͤberhizten Dampfes, so wie die
                              groͤßere Hize des Kessels, augenbliklich von dem Wasser aufgenommen, das mit
                              dem Dampfe emporsteigt, wodurch der Dampf dann hinlaͤnglich dicht oder
                              kraͤftig wird, um die so oft eingetretenen Faͤlle von Berstung nicht
                              bloß bei Kesseln mit hohem, sondern auch mit niedrigem, Druke hervorzubringen. Wenn
                              das Wasser, wie in dem oben angegebenen Falle, zu tief im Kessel steht, wird der
                              daruͤber befindliche Dampf bald uͤberhizt; und wenn unter diesen
                              Umstaͤnden das Gewicht von der Sicherheits-Klappe abgenommen
                              wird,Es ist in der Leichenbeschauung, die bei Gelegenheit der Explosion auf dem
                                    Dampfbothe Graham am Humber Statt hatte, bemerkt
                                    worden, daß kurz vor dem Auffahren des Kessels 20 Pfunde von der
                                    Sicherheits-Klappe abgenommen wurden. Waͤre der Dampf in
                                    diesem Kessel gehoͤrig gebildet worden, so haͤtte in dem
                                    Augenblike, wo man die Klappe nachließ, keine Berstung Statt haben
                                    koͤnnen. Wenn aber das Wasser, wie es wahrscheinlich der Fall gewesen
                                    seyn mochte, zu niedrig stand, und der Dampf uͤberhizt war, war dieß
                                    gerade die beste Weise, Explosion zu veranlassen, indem man den Dampf
                                    schneller entweichen ließ, als er sich bildete.Es gab mehrere Faͤlle, wo durch das Ausstroͤmen des Dampfes bei
                                    irgend einem Spalte oder Risse die Umstehenden fruͤhe genug vor der
                                    Explosion zur Flucht gewarnt wurden. In einem Falle wenigstens wurde der
                                    Kessel aus seinem Lager durch die Gewalt des bei einem Risse
                                    herausstroͤmenden Dampfes, ganz nach Art einer Rakete in die Luft
                                    gehoben, ehe noch das Wasser sich durch Entfernung des Dampfes bei diesem Risse
                                    hinlaͤnglich ausdehnen konnte, um die Hize des Kessels und des
                                    Dampfes aufzunehmen: der Kessel zerplazte erst, nachdem er mehrere Fuß hoch
                                    in die Luft gehoben war, mit großem Knalle, ein Stuͤk desselben flog
                                    noch hoͤher, und das andere schlug mit großer Gewalt zur Erde nieder.
                                    Es ist, glaube ich, eine Tatsache, daß mehr Menschen durch Kessel mit
                                    niedrigem, als mit hohem Druke getoͤdtet wurden.Erst vor ungefaͤhr 12 Monaten wurden in Flintshire 12 Personen durch
                                    das Springen eines Kessels mit niedrigem Druke getoͤdtet, und man hat
                                    dafuͤr Kessel mit hohem Druke eingesezt. Einige der schreklichsten
                                    Explosionen in America hatten bloß an Kesseln mit niedrigem Druke Statt. A.
                                    d. O. oder nur ein kleiner Riß im Kessel durch Nachgebung der Waͤnde entsteht,
                              muß eine Explosion geschehen. Das einzige sichere Mittel, diese Art von Explosion zu
                              verhuͤten, ist, das Wasser nie bis unter irgend einen Theil im Kessel
                              hinabsinken zu lassen, der dem Feuer ausgesezt ist. Im Falle, daß das Wasser zu
                              niedrig werden sollte, laͤßt sich dieß sehr leicht erkennen, wenn man eine
                              Roͤhre, deren obere Muͤndung sich trompetenfoͤrmig
                              oͤffnet, so in dem Kessel anbringt, daß das untere Ende derselben einige Zoll
                              tief unter Wasser steht. Wenn aus dieser Roͤhre dann Dampf ausfaͤhrt,
                              so ist dieß ein Zeichen, daß das Wasser zu tief steht, und nachgefuͤllt, oder
                              daß das Feuer ausgeloͤscht werden muß.Diese Vorrichtung laͤßt sich nur an Kesseln mit niedrigem Druke an
                                    bringen wegen der Hoͤhe der Saͤule, die man noͤthig
                                    haben wuͤrde, um dem Druke des Dampfes das Gleichgewicht zu halten.
                                    Maschinen mit hohem Druke, wie man sie in Cornwall hat, wuͤrden
                                    Roͤhren von 60 bis 120 Fuß brauchen, und die neue
                                    Sicherheits-Maschine mit hohem Druke wuͤrde eine vier Mahl
                                    hoͤhere Roͤhre fordern, als die Pauls Kirche hoch ist. A. d.
                                    O. Wenn uͤberhizter Dampf bei der Sicherheits-Klappe oder bei
                              irgend einer anderen Oeffnung ausfahrt, so sieht man dieß, selbst an den
                              kaͤltesten Tagen, nicht; man kann ihn aber verdichten, wenn man einen kalten
                              Koͤrper in die Naͤhe haͤlt.Eine andere Ansicht hieruͤber gab Cav. Morosi im Giornale di Fisica Dec. II. T.
                                       X. 2. Bimestre p. 152, welche wir in
                                    dem vorhergehenden Hefte dieses polyt. Journals S. 464 mitgetheilt haben. A. d.
                                    R.