| Titel: | Unterricht über das Leimen des Papieres in der Bütte. Von Hrn. Mérimée. | 
| Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. CXI., S. 382 | 
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                        CXI.
                        Unterricht uͤber das Leimen des Papieres
                           								in der Buͤtte. Von Hrn. Mérimée.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 										d'Encouragement. N. 274. S. 118.
                        Mérimée, uͤber das Leimen des Papieres in der
                           								Buͤtte.
                        
                     
                        
                           Es ist ein merkwuͤrdiges Beispiel der Fortschritte der
                              									Chemie, daß man durch die Analyse eines Bogens Papier auf die Kunst gerieth, Papier
                              									in der Buͤtte zu leimen, und diese Entdekung ist allerdings nicht diejenige,
                              									die Hrn. Braconnot die mindeste Ehre brachte.
                           Man versichert zwar, daß mehrere Papiermacher das von Hrn. Braconnot in den Annales de Chimie T. 33. p. 93. (Polytechn. Journ. Bd. XXIV. S. 48.) vorgeschlagene Verfahren
                              									ohne Erfolg wiederholten. Wenn dieß richtig ist, so ist es auch richtig, daß der
                              									Fehler mehr an den Papiermachern, als an Hrn. Braconnot
                              									gelegen ist: denn wir erhielten nach dem von demselben angegebenen Verfahren sehr
                              									schoͤne Resultate.
                           Wir haben uns zwar einige Abweichungen bei unserer Arbeit erlaubt, und erlauben uns
                              									hier unser Verfahren nur insofern mitzutheilen, als es anderen nuͤzlich seyn,
                              									und ihre Arbeit ihnen erleichtern kann.
                           Man sandte vor ungefaͤhr 20 Jahren der Société d'Encouragement aus Deutschland Muster von Papier,
                              									welches theils mit Harzseife, theils mit Staͤrke geleimt war. Sie waren nur
                              									schwach geleimt. Man laͤßt in den deutschen Papiermuͤhlen, wie auch in
                              									den meisten der unsrigen, die Lumpen faulen. Der Zeug, der durch das Faulen um
                              									seinen Kleber gebracht wurde, fordert dann eine groͤßere Menge
                              									Staͤrke, und wenn man von lezterer so viel zusezt, als das Papier nothwendig
                              									hat, um gehoͤrig geleimt zu werden, so laͤßt es sich nicht aus der
                              									Presse abloͤsen, ohne sich zu schaͤlen.
                           Das Leimen durch Zersezung einer Harzseife mittelst Alaunes war in den meisten
                              									unserer Papier-Muͤhlen wohl bekannt; man wendete dieses Verfahren aber nur
                              									bei denjenigen Papier-Sorten an, welche wenig geleimt werden sollten, wie bei
                              									einigen Drukpapier-Sorten.
                           
                           Wir kannten diese beiden Verfahrungs-Arten, als Hr. D'Arcet und ich im Jahre 1815 von der Société d'Encouragement den Auftrag erhielten, das Leimen
                              									des Papieres vervollkommnen zu helfen. (Vergl. Bulletin de la
                                 										Société, 14me année p.
                              									239.)
                           Die Idee, beide Verfahrungs-Arten mit einander zu verbinden, schien uns zu
                              									natuͤrlich, als daß wir sie nicht haͤtten haben sollen. Wir mußten
                              									voraussezen, daß der Zusaz von etwas Seife die Anwendung einer groͤßeren
                              									Menge von Staͤrke erlauben wuͤrde, ohne das Aneinanderkleben der
                              									Blaͤtter zu vermehren. Wir wußten, daß die Chineser, die ihrem Zeuge
                              									Reiß-Leim zusezen, zugleich auch den schleimigen Saft einer Eibisch-Art demselben
                              									beimischen, damit die Blaͤtter in der Presse nicht aneinander kleben. Die
                              									Erfahrung bestaͤtigte unsere Vermuthung. Da wir aber mit Papier aus gefaulten
                              									Lumpen arbeiten mußten, so erhielt unser Papier, obschon die Tinte auf demselben
                              									nicht durchschlug, nicht jene Steifheit, die man im Papierhandel als das sicherste
                              									Zeichen eines gut geleimten Papieres erklaͤrt. Wir blieben uͤberzeugt,
                              									daß dieses Verfahren nur bei Papier aus nicht geleimten Lumpen vollkommen gelingen
                              									koͤnnte, und daß man damit so lange warten muͤßte, bis unsere
                              									Papiermacher von dem fehlerhaften Systeme, ihre Lumpen faulen zu lassen,
                              									zuruͤkgekommen seyn wuͤrden.
                           Wir verfuhren auf folgende Weise:
                           Nachdem die Lumpen vollkommen zerrieben waren, und der Zeug (la pâte) bis auf den Punct gebracht wurde, wo man ihn nur mehr
                              									blauen durfte, ließen wir zwei Kufen Leim aus Alaun und Staͤrke in die
                              									Stampfe schuͤtten. Nachdem dieser Zusaz mit dem Zeuge hinlaͤnglich
                              									gemengt war, fuͤgten wir nach und nach eine Aufloͤsung von soviel
                              									Harzseife zu, als zur Zersezung des Alaunes nothwendig schien. Der Cylinder
                              									entwikelte dann viel Schaum, den man mittelst eines Glases Oehles verschwinden
                              									machte.
                           Wir glaubten dem Papiere mehr Steifheit zu geben, wenn wir hierauf geklaͤrten
                              									thierischen Leim der Staͤrke zusezten. Das Papier schaͤlte sich aber
                              									etwas, als man es aus der Presse von den weißen Filzen nahm. Als wir jedoch hierauf
                              									in der Buͤtte etwas Weniges von weißer Seife-Aufloͤsung zusezten,
                              									schalten sich die Bogen nie wiederThierischer Leim ist nicht nothwendig. Es ist nichts davon in den Papieren
                                    											der HHrn. Canson zu finden. A. d. D.,
                           
                           Die Harzseife war nicht so zubereitet, wie Hr. Braconnot
                              									es empfiehlt; naͤmlich nicht mit kaustischem Alkali, sondern mit basisch
                              									kohlensaurer Soda, und wir sezten so lange Harz zu, bis nichts mehr von demselben
                              									sich mit jener verband. Man verduͤnnte diese basische Seife mit warmem
                              									Wasser, und goß sie in ein Faß. Das nicht mit derselben verbundene Harz fiel zu
                              									Boden, und die Aufloͤsung der Seife erstarrte bei dem Erkalten in eine
                              									Gallerte.
                           Wir verfuhren bei diesen Versuchen, wie man in der Faͤrberei verfaͤhrt;
                              									d.h., wir suchten um die Theilchen der Lumpen so gleichfoͤrmig, als
                              									moͤglich ein Gemenge von Alaun, Harz und Staͤrke niederzuschlagen.
                           Es schien mir in dieser Hinsicht noch besser, wenn man damit anfinge, daß man die
                              									Lumpen alaunt, und dann den Niederschlag der uͤbrigen Materialien
                              									veranlaͤßt, indem man Harzseife, die vorlaͤufig mit Starke gemengt
                              									ist, spaͤter zusezt.
                           Ich halte es fuͤr vorteilhaft, dem Wasser, in welchem man die Staͤrke
                              									verduͤnnt, etwas kaustische Soda zuzusezen. Man weiß, daß die kaustischen
                              									Alkalien augenbliklich das Staͤrkmehl in Leim verwandeln; und, da
                              									spaͤter noch ein Sieden hinzukommt, so wird der Leim dadurch noch
                              									fluͤßiger. Man koͤnnte dann erst die Seife zugießen, und, nachdem
                              									alles gehoͤrig gemengt wurde, koͤnnte man diese Mischung nach und nach
                              									dem gealaunten Zeuge zusezen, bis Alles auf den gehoͤrigen
                              									Saͤttigungspunkt gebracht ist, wovon man sich leicht mittelst eines
                              									sogenannten Reagens-Papieres uͤberzeugen kann. Man koͤnnte hierauf
                              									etwas Aufloͤsung von weißer Seife in der Buͤtte zusezen, und, wenn bei
                              									dem Schoͤpfen sich Blasen bilden sollten, so kann man mittelst etwas Oehles,
                              									oder mittelst einer oͤhligen Emulsion, diese Blasen verschwinden machen.
                           Wir bedienten uns des Oehles von Kohlsaat zum Vertreiben des Seifen-Schaumes: ein
                              									troknendes Oehl, wie Nuß- oder Mohn-Oehl, wuͤrde hierzu besser seyn.
                              									Wahrscheinlich wuͤrde eine oͤhlige Emulsion dieselben Dienste leisten,
                              									und wuͤrde dann den Vorzug verdienen, vorzuͤglich bei Papier, welches
                              									zum Mahlen mit Wasserfarben bestimmt ist.
                           Obschon uns Leim aus bloßem Weizen-Mehle bei unseren Versuchen genuͤgte, so
                              									ist doch Leim aus Staͤrkmehl weit besser, weil er schneller troknet, und, in
                              									dieser Hinsicht wuͤrde ich Leim aus Reißmehl vorschlagen, welches die
                              									Chinesen uns benuͤzen lehrten.
                           
                           Es kommt sehr viel auf das Verhaͤltniß dieser verschiedenen Materialien an;
                              									dieses Verhaͤltniß richtet sich aber nach der Natur des Zeuges, je nachdem
                              									dieser mehr oder weniger Kleber enthaͤlt. Man muß dieses Verhaͤltniß
                              									durch Versuche im Kleinen bestimmen, wobei ein erfahrner Papiermacher keine
                              									Schwierigkeit finden kann.
                           Das Alkali der Seife zersezt das Berlinerblau; dieses taugt also nicht zum
                              									Blaͤuen des Papieres. Man muß, wie die Hollaͤnder und
                              									Englaͤnder, Schmalte hierzu nehmen, welche ein glaͤnzenderes und
                              									dauerhafteres Blau gibtDas aber auch die Federn, wegen der Glastheilchen, die es enthaͤlt,
                                    											abscheulich abstumpft. A. d. Ueb.. Man muß die Schmalte mit der Staͤrke abruͤhren, wenn man den
                              									Leim bereitet: dadurch wird sie leichter, und schlaͤgt sich nicht, wie auf
                              									dem geblaͤuten Papiere aus den englischen Fabriken, auf der Ruͤkseite
                              									des Blattes nieder.