| Titel: | Bericht des Hrn. Labarraque über die Fabrik lakirter Fuß-Tapeten, welche die HHrn. Vernet zu Bordeaux errichteten. | 
| Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. CXIII., S. 388 | 
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                        CXIII.
                        Bericht des Hrn. Labarraque uͤber die Fabrik lakirter
                           								Fuß-Tapeten, welche die HHrn. Vernet zu Bordeaux
                           								errichteten.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 										d'Encouragement. N. 274. S. 129.
                        (Im
                              								Auszuge.)
                        Labarraque, uͤber die Fabrik lakirter
                           								Fuß-Tapeten.
                        
                     
                        
                           Die HHrn. Vernet haben die lakirten
                              									Fußtapeten aus England nach Frankreich gebracht, und sich ein Brevet d'Importation et de Perfectionnement hieruͤber ertheilen
                              									lassen.
                           
                           Ihre Fabrik brannte leider, bei einem Brande zu Bordeaux ab, und sie arbeiten jezt
                              									einstweilen unter einer Scheune, die 150 Fuß lang, 40 Fuß breit und 30 Fuß hoch
                              									ist.
                           Sie verfertigen ihre Tapeten aus einer starken Leinwand mit sehr festen Enden, welche
                              									in einer Laͤnge von 32 Fuß bis auf eine Breite von 21 Fuß von Weibern
                              									aneinander genaͤhet werden.
                           Das auf diese Weise zugerichtete Tuch wird auf einen starken hoͤlzernen Rahmen
                              									gespannt und aufgenagelt, so daß es eine Tafel von 20 Fuß Hoͤhe, und 30 Fuß
                              									Breite bildet. Vierzig solche Rahmen stehen in dieser Scheune immer unter Arbeit.
                              									Auf jeder Seite eines jeden Rahmens steht ein Arbeiter auf einer Steheleiter, und
                              									traͤgt mittelst eines Pinsels einen Grund von Bleiglaͤtte mit Oehl
                              									abgerieben, und mit Oker und Umber, so viel noͤthig ist, auf. Nachdem der
                              									Grund an beiden Seiten troken geworden ist, wird er mit Bimsstein abgerieben, und
                              									eine neue Lage von derselben Farbe aufgetragen, die wieder abgebimset wird, u.s.f.,
                              									bis 6 Lagen uͤber einander kommen, und man weder durch Gefuͤhl, noch
                              									durch das Auge eine Spur von einer Naht mehr wahrnehmen kann.
                           Nachdem die Leinwand hinlaͤnglich gut getroknet ist, wird sie zusammengerollt,
                              									und in das alte Ball-Haus (jeu de paume
                              									Wir kennen in Deutschland den Gebrauch der Ballhaͤuser nicht, weßwegen
                                    											wir das jeu de paume beifuͤgen mußten,
                                    											damit man es nicht fuͤr ein Ball-Haus
                                    											haͤlt, in welchem man tanzt. Beinahe jedes Dorf im suͤdlichen
                                    											Frankreich hat, wenn nicht ein Ball-Haus um das Ball-Spiel zu lernen, doch
                                    											eine Ballwand, um den Ball an derselben herum zu treiben, und sich
                                    											koͤrperliche Gewandtheit zu verschaffen: daher ist auch der Franzose
                                    											koͤrperlich gewandter als der Deutsche. Wenn man an einer gewißen
                                    											Universitaͤt Ballhaͤuser statt Paukboden errichtet
                                    											haͤtte, und die akademische Jugend wenigstens zu geschikten
                                    											Ballspielern erzoͤge, wuͤrde das Land mehr gewinnen, als wenn
                                    											man sie den Aeltern mit Lungenfuͤchsen heimfuͤhrt, oder gar
                                    											als die alten Gespenster in Gestalt eines Doctoris
                                       												Philosophiae. A. d. Ueb. )getragen, welches 45 Fuß hoch und 36 Fuß breit ist. Hier wird sie
                              									aufgerollt, der Einwirkung der Luft ausgesezt, die frei um sie streichen kann, und
                              									endlich gedrukt. Zu diesem Zweke wird ein Ende der Leinwand auf einer Latte
                              									aufgenagelt, an welcher sich drei Rollen befinden, uͤber welche
                              									Schnuͤre laufen. Ein Theil der Leinwand wird auf einem Tische ausgebreitet, und mit
                              									hoͤlzernen Modeln aus freier Hand gedrukt. Die gedrukte Leinwand wird
                              									mittelst einer Winde in die Hoͤhe gezogen, wo sie auf Querbalken ruht, und so
                              									haͤngend getroknet. Man drukt mit 2 bis 6 Farben, und bei jeder Farbe, die
                              									ehe troken werden muß, bis man eine neue auftraͤgt, wird dieselbe Arbeit
                              									wiederholt.
                           Die Tapeten werden erst 6 Monate nach ihrer Verfertigung verkauft, damit die Farbe
                              									gehoͤrig troknen kann, und aller Geruch sich verliert.
                           Die Fabrik hat, obschon sie englische Model besizt, ihren eigenen Zeichner, ihre
                              									Modelschneider, und beschaͤftigt uͤberhaupt 35 Arbeiter.
                           Es wird kein Harz zu den Farben genommen. Wenn Harz bei den Farben waͤre, so
                              									haͤtten diese Tapeten bei der großen Kaͤlte, die wir in diesem Winter
                              									hatten, wenigstens steif werden, wo nicht brechen muͤssen: sie
                              									haͤtten, bei einer Hize von 30–35°, der man sie aussezte, weich
                              									werden, dem Nagel nachgeben, an einander kleben muͤssen, da sie
                              									uͤbereinander aufgeschichtet lagen. Von allem diesen aber bemerkten wir
                              									nichts.
                           Was die Dauerhaftigkeit dieser Tapeten betrifft, so hat man uͤber dieselbe nur
                              									Erfahrungen von 10 Monaten. So lange liegt naͤmlich eine solche Tapete in der
                              									Gallerie des Hrn. Bossange, des Vaters,
                              									Buchhaͤndlers in rue Richelieu, N. 60 und eine
                              									andere in einem Saale, in welchem Vorlesungen uͤber Litteratur gehalten
                              									werden. Diese beiden Tapeten haben an den sehr besuchten Oertern, an welchen sie
                              									liegen, waͤhrend dieser Zeit sich nicht abgetragen, obschon die
                              									Naͤgel, mittelst welcher sie befestigt waren, sich sehr abgenuͤzt
                              									hatten, und schoͤn polirt wurden, und auf der Tapete in dem Vorlese-Saale ein
                              									schwerer Acajou-Tisch immer auf derselben hin und her gerollt wird. Zunaͤchst
                              									an der Thuͤre wurden zwar die Farben mit der Zeit etwas matt; sie erhielten
                              									aber bald durch Ueberfahren mit einem Stuͤke Seife und einem nassen Schwamme
                              									ihren vorigen Glanz wieder.
                           Obschon in dem Magazine der HHrn. Vernet viele
                              									Stuͤke dieser Tapeten uͤber einander liegen, und jedes an 3 Ztr.
                              									schwer ist, bemerkte man doch keine Eindruͤke an den unten liegenden
                              									Stuͤken.
                           Die Dike dieser Tapeten betraͤgt, ohne die auf dieselben aufgedrukten Farben, mehr als
                              									Eine Linie. Einige Tapeten sind im persischen Geschmake, andere à la d'Aubusson, andere wie Trippsammet etc. Wenn
                              									man sie auch im Winter nicht statt wollener Fuß-Teppiche brauchen wollte, so haben
                              									sie doch im Sommer entschiedene Vorzuͤge vor diesen, vorzuͤglich in
                              									Wohnungen zu ebener Erde, die etwas feucht sind, in Badezimmern, Kauflaͤden,
                              									in Gaͤngen, Vorzimmern, auf Stiegen, in Billard-Zimmern etc. Sie lassen sich
                              									leicht reinigen, da man sie nur mit einem Stuͤke Seife, und hierauf mit
                              									nassem Schwamme uͤberfahren darf, wodurch sie wieder wie neu werden. Sie sind
                              									sehr gesund, insofern sie in feuchten Wohnungen keine Feuchtigkeit aus dem Boden
                              									aufsteigen lassen.
                           Der Preis dieser Tapeten ist ungefaͤhr derselbe, wie jener der echt
                              									englischen. Da aber die Englaͤnder mehrere der rohen Materialien, die sie zu
                              									diesen Tapeten nothwendig haben, von dem festen Lande holen muͤssen, und der
                              									Arbeitslohn in England weit hoͤher steht, als in Frankreich, so werden die
                              									HHrn. Vernet ihre Tapeten nach und nach wohlfeiler geben
                              									koͤnnen, so daß der Gebrauch derselben in Frankreich nach und nach eben so
                              									allgemein werden kann, wie er es bereits in England ist.
                           Zu Paris kostet der Quadrat-Fuß dieser Tapeten
                           
                              
                                 in
                                 sechs
                                 Farben
                                 gedrukt
                                 80
                                 Centimen.
                                 
                              
                                 –
                                 vier
                                    –
                                     –
                                 75
                                      –
                                 
                              
                                 –
                                 drei
                                    –
                                     –
                                 60
                                      –
                                 
                              
                                 –
                                 zwei
                                    –
                                     –
                                 50
                                      –
                                 
                              
                           Die HHrn. Vernet verfertigen auch Tapeten zur Bedekung
                              									runder Tische von verschiedenem Durchmesser mit Arabesken, Medaillons,
                              									Blumenstuͤken, Landschaften, die unten Tuch sind; Deken uͤber
                              									Kaͤsten, uͤber Claviere unten mit Percal gefuͤttert etc., die
                              									man indessen auch fruͤher schon eben so schoͤn in Frankreich
                              									verfertigt hat.Die hier beschriebenen lakirten Fußboden-Tapeten der HHrn. Vernet zu Bordeaux sind weiter nichts, als unser
                                    											farbig gedruktes Wichstuch, das in Deutschland schon seit Jahrhunderten zu
                                    											Tapeten, Tischdeken, und in dazu geeigneten Dessins seit vielen Jahren zu
                                    											Fußdeken verwendet wird. Die ganze Abweichung von unserer
                                    											gewoͤhnlichen Wichstuch-Bereitung besteht nach der vorstehenden
                                    											Fabrikationsweise darinnen, daß die HHrn. Vernet
                                    											die ausgespannte Leinwand gleich mit Oehlfarbe grundiren, waͤhrend
                                    											wir solche mit einem Kleister (von Mehl und Kleien gekocht)
                                    											uͤberziehen, der die Raͤume zwischen den Faͤden des
                                    											Gewebes fuͤllt, und demselben gleichzeitlich eine glatte
                                    											Oberflaͤche gibt, wenn die Kleisterdeke nach dem Troknen mit
                                    											Bimsstein geschliffen wird. Man sieht leicht ein, daß die Methode der HHrn.
                                    												Vernet bedeutend kostspieliger, als unsere
                                    											Verfahrungsweise ist, indem sie die Grundirung gleich mit Oehlfarbe
                                    											vornehmen, und so mehr als die doppelte Quantitaͤt derselben gegen
                                    											unsere Verfahrungsweise brauchen. Indessen sind solche Tapeten, da sie aus
                                    											Leinwand verfertigt sind, die mit Oehlfarbe getraͤnkt ist, immer
                                    											feuergefaͤhrlich, was selbst von wollenen Fuß-Teppichen gilt.
                                    											Feineren Nerven wird auch der Oehlgeruch laͤstig werden, zumahl wenn
                                    											im Winter stark geheizt wird, und mehrere Personen sich in den mit solchen
                                    											Tapeten bedekten Zimmern befinden. In Frankreich und England, wo man wegen
                                    											Mangel an Holz keine schoͤnen Bretter zu Fußboden bekommen kann, sind
                                    											allerdings Tapeten Beduͤrfniß, um den schaͤndlichen Fußboden
                                    											unter denselben zu verfielen; wo man aber immer schoͤnes Holz zu
                                    											Fußboden haben kann, wird dieses auch immer den Tapeten vorzuziehen seyn. A.
                                    											d. R.