| Titel: | Ueber die Anwendung des Jods in der Färberei und Untersuchung zweier aus England gekommenen Salze. Von Hrn. Pelletier. | 
| Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. XIV., S. 38 | 
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                        XIV.
                        Ueber die Anwendung des Jods in der
                           Faͤrberei und Untersuchung zweier aus England gekommenen Salze. Von Hrn.
                           Pelletier.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement. N. 279. S. 325
                        Pelletier, uͤber die Anwendung des Jods in der
                           Faͤrberei.
                        
                     
                        
                           Die Nachtheile, welche das Jod bei seiner Anwendung in der
                              Medicin hervorbringt;Auf welche Dr. Schultes zuerst aufmerksam machte,
                                    unter allen uns bekannten Aerzten, welche spaͤter dagegen warnten. A.
                                    d. R. die Unfaͤlle, welche staͤrkere Gaben dieses Mittels
                              herbeifuͤhrten, machten dasselbe nach und nach, wenn nicht gaͤnzlich
                              aufgeben, doch weit weniger gesucht. Man bereitet indessen in Frankreich noch immer
                              Jod, und versendet mehr davon, als jemahls, nach England und nach Deutschland.
                              Dieser Umstand allein wuͤrde, wenn man nicht positive Beweise dafuͤr
                              haͤtte, hinreichen, um uns aufmerksam zu machen, daß dieser Koͤrper
                              auch in den Kuͤnsten seine Anwendung fand. Bei meiner lezten Reise nach
                              England, im vorigen Jahre, erfuhr ich auch in der Thal, daß man daselbst große
                              Mengen von Queksilber-Perjoduͤr erzeugt, und als englischen Zinnober
                              zu Papier-Tapetenmahlerei verkauft. Ich wußte, daß man dasselbe auch zum
                              Druken der Leinwand und der Calicots benuͤzt, konnte mir aber uͤber
                              die Art, wie es angewendet wird, keine Auskunft verschaffen.
                           Bei meiner Ruͤkkehr nach Frankreich stellte ich einige Versuche an, die mir
                              aber mißlangen. So erhaͤlt man z.B., wenn man Gewebe mit einer
                              Aufloͤsung hydriodsauren Kalis traͤnkt, und sie dann durch
                              Aufloͤsungen von Metallen zieht, welche unaufloͤsbare Joduͤre
                              erzeugen, verschiedene und oft sehr schoͤne Farben nach der Verschiedenheit
                              der Aufloͤsungen; allein die Farbe ist nur an der Oberflaͤche; sie
                              gibt nur eine Tuͤnche, einen Beschlag; man kann dieß nicht Faͤrben
                              nennen, da keine Verbindung zwischen den Theilchen des Faͤrbestoffes und des
                              zu faͤrbenden Stoffes dadurch entsteht. So weit war ich gekommen, als ein
                              Fabrikant von Muͤlhausen mir ein Muster eines Salzes zustellte, welches er
                              sich zu Glasgow nur mit schwerem Gelde verschaffen konnte, und dessen er sich nach
                              englischer Art, mit Vortheil in seiner Kattundrukerei bediente, ohne zu wissen, was
                              es ist. Dieses Muster wurde mir in einer blechernen Buͤchse zugesendet,
                              welche davon angegriffen, und beinahe durchfressen war; es war fluͤßiges
                              Queksilber darin, Eisen, und Zinn, wahrscheinlich von der blechernen Buͤchse herruͤhrend.
                              Abgesehen von diesen fremdartigen Stoffen, glaubte ich indessen nach der von mir
                              angestellten Analyse desselben, daß es Queksilber-Joduͤr mit einem
                              großen Ueberschusse von hydriodsaurem Kali seyn muͤsse, wodurch das
                              Queksilber-Joduͤr aufloͤsbar wird. Ich bereitete nach dieser
                              Ansicht ein Salz, welches mir dem englischen Salze vollkommen aͤhnlich zu
                              seyn schien. Wenn man mit einer Aufloͤsung desselben verschiedene Gewebe
                              traͤnkt, so nahmen dieselben, selbst nach vollkommener Reinigung, wenn man
                              sie durch Metall-Aufloͤsungen, vorzuͤglich durch
                              Aufloͤsungen von Sublimat und salpetersaurem Bleie durchzog, ziemlich
                              schoͤne Farben an, wie wenn man sie mit dem englischen Salze auf
                              aͤhnliche Weise behandelte. Indessen zeigte sich ein auffallender
                              Unterschied, wenn man das englische und das franzoͤsische Salz mit einer
                              Saͤure behandelte. Ersteres gab einen schoͤn rothen Niederschlag:
                              Queksilber-Perjoduͤr; lezteres bildete eine schoͤn rothe
                              Fluͤßigkeit, aber keinen Niederschlag. Bei einigem Nachdenken uͤber
                              diese Verschiedenheit gerieth ich auf die Idee, daß in dem englischen Salze eine
                              gewisse Menge jodsaures Kali enthalten seyn muͤßte, deren Saͤure,
                              sobald sie frei wird, auf die Hydriod-Saͤure wirken, diese zersezen,
                              und dadurch hindern muͤßte, das Queksilber-Joduͤr
                              aufgeloͤst zu erhalten. Das englische Salz-Muster hatte indessen zu
                              sehr gelitten, als daß ich meine Vermuthungen durch Analyse haͤtte
                              bestaͤtigen koͤnnen. Es blieb mir nur die Synthese uͤbrig. Es
                              schien mir selbst, daß man in der Fabrik eine mit Jod gesaͤttigte
                              Kali-Aufloͤsung anwenden mußte, und man weiß, daß man in diesem Falle
                              ein Gemenge von jodsaurem Kali und hydriodsaurem Kali in bleibendem
                              Verhaͤltnisse vor sich hat. Ich arbeitete nach diesen Grundsaͤzen;
                              allein, das aus dieser Aufloͤsung erhaltene Salz gab, statt eines
                              Niederschlages von schoͤnrothem Queksilber-Perjoduͤr, einen
                              braunen Niederschlag mit Jod im Ueberschusse. Ich glaubte daher die Menge der
                              jodsauren Kalis vermindern zu muͤssen, und nach einigen vergeblichen
                              Versuchen gelang es mir das englische Salz, von welchem ich indessen ein neues
                              unverdorbenes Muster erhielt, vollkommen nachzumachen. Die Verhaͤltnisse, bei
                              welchen ich stehen blieb, sind
                           
                              
                                 hydriodsaures Kali
                                   65
                                 
                              
                                 jodsaures Kali
                                     2
                                 
                              
                                 Queksilber-Joduͤr
                                   33
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 
                              
                           Dieses Salz, das in England 50 Franken das Pfund (das Kilogramm 100) gekostet haben
                              mag, kommt, in Frankreich bereitet, nur auf 6 Laubthaler (36 Franken), wenn man das
                              Jod zu 40 Franken rechnet.
                           
                           Ich uͤberlasse es den Fabrikanten der gedrukten Zeuge, zu entscheiden, ob die
                              Anwendung desselben vortheilhaft seyn, und welchen Gebrauch man davon machen kann;
                              ich zweifle nicht, daß, wenn man es zu Glasgow anwendet, man dasselbe auch zu Paris,
                              Rouen, Muͤlhausen etc. anwenden wird, zumahl wenn man es durch Versuche
                              brauchen gelernt hat. Ich kann uͤber die Anwendung nur unbestimmte Auskunft
                              geben. So scheint es mir, daß man dieses Salz ehe an den Stoffen anwenden muß, als
                              man dieselben durch die Metall-Aufloͤsungen durchzieht. Die
                              Metall-Aufloͤsungen, die die schoͤnsten Farben geben, sind
                              Blei- und Queksilber-Aufloͤsungen. Man kann dieses Salz mit
                              Vortheil mittelst einer Staͤrke-Aufloͤsung an den Stoffen
                              anwenden, die durch Jod bekanntlich violettblau wird, und die Staͤrke scheint
                              selbst dieses Salz auf den Stoffen zu fixiren.Ohne Zweifel wird man nicht so, sondern gerade umgekehrt verfahren
                                    muͤssen, indem man die Zeuge mit den Metallaufloͤsungen beizt,
                                    und sie nachher durch die Aufloͤsung des hydriodsauren Kalis
                                    hindurchzieht. Die Metallsalze, von welchen man sich bei einem solchen
                                    Verfahren Erfolg versprechen darf, sind Bleisalze, welche durch hydriodsaures Kali orangegelb, Queksilberoxydulsalze, welche gruͤnlichgelb, Queksilberoxydsalze, welche orangeroth, und Wismuthsalze, welche kastanienbraun
                                    gefaͤllt werden. Von allen diesen Niederschlaͤgen ist bloß der
                                    mit Queksilberoxydsalzen erhaltene in einem Ueberschusse von hydriodsaurem
                                    Kali aufloͤslich; wenn man also andere Joduͤre als das
                                    Queksilber-Perjoduͤr auf die Zeuge praͤcipitiren will,
                                    kann man sich dazu eines hydriodsauren Kalis bedienen, welches kein
                                    jodsaures Alkali enthaͤlt, oder, was ohne Zweifel noch viel
                                    oͤkonomischer seyn wird, des hydriodsauren Zinkes oder Eisens (aus
                                    Jod und Zink oder Eisen mit Wasser dargestellt), weil bei beider Darstellung
                                    dieser hydriodsauren Salze sich kein jodsaures zugleich bildet und also kein
                                    Theil des Jods verloren oder in eine andere nicht unmittelbar brauchbare
                                    Verbindung uͤbergeht.E. Dingler.
                              
                           Man sagt, daß man zu Glasgow sich noch eines anderen Salzes in den Kattundrukereien
                              haͤufig bedient, dessen ich hier erwaͤhnen muß, weil man es in
                              Frankreich bisher noch nicht angewendet zu haben scheint. Dieses Salz ist eine
                              dreifache essigsaure Verbindung von Kalk und Kupfer, das Hr. Ramsay zu Glasgow im Großen fuͤr Kattundruker bereitet. Es ist sehr
                              schoͤn blau, und krystallisirt in geraden Prismen mit vierseitiger
                              Grundflaͤche; die Kanten sind oͤfters durch Flaͤchen ersezt, so
                              daß sechs- bis achtseitige Prismen entstehen, je nachdem diese
                              Kantenflaͤchen sich ausbreiten.
                           Wenn man dieses Salz durch ein fixes Alkali zersezt, so faͤllt das Kupferoxyd
                              und der Kalk vereint nieder, weil sie nicht in bestimmten Verhaͤltnissen
                              darin enthalten sind. Der Niederschlag wird an der Luft gruͤn, selbst beim
                              Troknen, und bildet bei der Anwendung eine Art von blauer Asche (cendre bleue), die sich auf den Stoffen fixirt. Ich will
                              die Kattundruker hierauf aufmerksam machen, da es schoͤne Farben gibt und
                              nicht theuer kommt. Ich kann aber gegenwaͤrtig uͤber die Anwendung
                              desselben noch kein genaues Detail mittheilen.