| Titel: | Bemerkungen über die kohlensaure Bittererde, von Hrn. E. Soubeiran. | 
| Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. XVIII., S. 57 | 
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                        XVIII.
                        Bemerkungen uͤber die kohlensaure
                           Bittererde, von Hrn. E.
                              Soubeiran.
                        Aus dem Journal de Pharmacie, Dezember. 1827. S.
                              594.
                        Saubeiran's Bemerkungen uͤber die kohlensaure
                           Bittererde.
                        
                     
                        
                           Durch die folgenden Bemerkungen uͤber die kohlensaure
                              Bittererde wird die Unsicherheit, welche bisher in der Geschichte dieses Salzes
                              herrschte, gehoben.
                           Die Chemiker haben drei Arten von kohlensaurer Bittererde beschrieben,
                              naͤmlich ein neutrales, saures und basisches Salz. Das basische Salz ist die
                              Magnesia alba der Officinen. Berzelius hat sich vorzuͤglich mit diesem Salze
                              beschaͤftigt, die Umstaͤnde bestimmt, unter welchen es sich bildet,
                              und es nach seiner Analyse, als ein Doppelsalz mit verschiedenen Saͤuren
                              betrachtet, bestehend aus einem Atom Bittererdehydrat, und drei Atomen des neutralen
                              kohlensauren Salzes.
                           Berzelius hat auch die neutrale kohlensaure Bittererde
                              analysirt; er bereitete dieselbe, indem er einen Strom kohlensaures Gas durch in
                              Wasser zertheilte Magnesia alba streichen ließ; einige
                              Chemiker betrachten jedoch nach den Analysen von Fourcroy
                              und Kirwan das so erhaltene Salz als ein
                              doppeltkohlensaures, als welches es auch in Thomson's
                              Lehrbuch der Chemie aufgefuͤhrt wird. Es konnte seyn, daß bei den alten
                              Analysen sich ein Irrthum einschlich, aber es war auch moͤglich, daß bei
                              einer verschiedenen Bereitungsart zwei verschiedene kohlensaure Salze gebildet
                              wurden.
                           Ich habe mir die kohlensauren Salze der Bittererde auf verschiedene Weise
                              dargestellt, und sie alle analysirt, um ihre Zusammensezung kennen zu lernen. Ich
                              gebrauchte immer dieselbe analytische Methode, woruͤber ich vor allem Einiges
                              sagen will. Berzelius hat die neutrale kohlensaure Bittererde auf die Art analysirt, daß er sie
                              gluͤhte, um das Gewicht der Bittererde zu erfahren. Das Gewicht des Wassers
                              bestimmt er, indem er es in einem kleinen, mit Chlorcalcium gefuͤllten
                              Recipienten auffing. Der Verlust zeigte den Gehalt an Kohlensaͤure. Ich habe
                              es vorgezogen, die Kohlensaͤure zu sammeln, und mich dazu einer sehr
                              einfachen und außerordentlich genauen Methode bedient. Ich nahm eine graduirte
                              Roͤhre, und fuͤllte sie bis zu einer immer gleichen Hoͤhe mit
                              Queksilber (ungefaͤhr bis auf einen Zoll von ihrem Rande); sodann
                              fuͤllte ich sie ganz mit schwacher Salzsaͤure an, und kehrte sie
                              uͤber der Queksilberwanne um; hierauf brachte ich das gepulverte und gut
                              ausgetroknete kohlensaure Salz hinein, welches ich zuvor in eine kleine/ unten
                              verschlossene Glasroͤhre hineingedruͤkt hatte, die damit ganz
                              gefuͤllt war; auf diese Weise kam das Salz ohne allen Verlust auf die Oberflaͤche
                              des Queksilbers, wo selbst die Zersezung erfolgte. Ich maß das Gas, da aber ein
                              Theil desselben in der sauren Fluͤßigkeit aufgeloͤst geblieben war, so
                              stellte ich einen andern Versuch mit derselben Menge Saure an, wobei ich das
                              kohlensaure Salz durch Magnes. alba ersezte. Die
                              Umstaͤnde waren in dem einen wie in dem anderen Versuche ganz und gar
                              dieselben, und aus der Quantitaͤt von Saͤure, welche die Berechnung
                              bei dem zweiten Versuche als in der Aufloͤsung zuruͤkgeblieben
                              anzeigte, konnte ich sicher auf die Quantitaͤt schließen, die ich dem
                              Produkte in dem ersten zusezen mußte. Wenn man uͤbrigens alle Correctionen
                              macht, welche die Temperatur, der Druk und der Wasserdampf erheischen, so
                              erfaͤhrt man das Verhaͤltniß der Kohlensaͤure mit der
                              groͤßten Genauigkeit.
                           Man koͤnnte sich concentrirter Salzsaͤure bedienen, wovon ein viel
                              geringeres Volum noͤthig waͤre; es bleibt alsdann kaum noch
                              Kohlensaͤure in der Aufloͤsung. Ich ziehe jedoch verduͤnnte
                              Saͤure vor, weil man bei ihrer Anwendung von der Reinheit des Gases und
                              seiner Saͤttigung durch Feuchtigkeit sicher ist, und die Berechnungen mit
                              Genauigkeit anstellen kann.
                           
                        
                           Ueber die neutrale kohlensaure Bittererde.
                           Dieses Salz wurde von Butini entdekt, und hierauf von Fourcroy, welcher es fuͤr ein doppeltkohlensaures
                              hielt, untersucht. Ich habe dieses Salz, auf verschiedene Weise dargestellt,
                              analysirt, und kann also die Umstaͤnde, unter welchen es sich bildet,
                              bestimmen. Neutrale kohlensaure Bittererde entsteht, wenn man
                              uͤberschuͤssige Kohlensaͤure durch in Wasser zertheilte Magn. alba leitet. Die filtrirte Fluͤßigkeit sezt
                              beim freiwilligen Verdunsten Krystalle des neutralen kohlensauren Salzes ab. Ich
                              habe dieses Salz auch in zugerundeten krystallinischen Koͤrnern in einer Kufe
                              gefunden, worin man Magn. alba in
                              kohlengesaͤuertem Wasser aufgeloͤst hatte.
                           Wenn man schwefelsaure Bittererde mit kohlensaurem Natron bei der
                              gewoͤhnlichen Temperatur niederschlaͤgt, so findet man am anderen Tage
                              an den Waͤnden des Gefaͤßes durchsichtige Krystallgruppen. Dieses ist
                              auch, wie schon Berzelius angibt, das neutrale Salz.
                              Neutrale kohlensaure Bittererde bildet sich auch, wenn man Aufloͤsungen von
                              schwefelsaurer Bittererde und doppeltkohlensaurem Natron mit einander vermengt und
                              ruhig stehen laͤßt. Nach einiger Zeit schlagen sich dann kleine harte,
                              durchsichtige Krystalle nieder, die sich mit jedem Tage vermehren; dieses ist der
                              Grund, warum man sogleich filtriren muß, wenn man die Kalkerde von der Bittererde
                              mittelst der doppeltkohlensauren Alkalien trennen will.Dadurch koͤnnen diese Erden durchaus nicht scharf getrennt werden.E. Dingler. Ich habe die Krystalle, welche sich unter diesen Umstaͤnden bilden,
                              analysirt, und indem ich mehrere auf einander folgende Krystallisationen
                              untersuchte, niemahls ein Doppelsalz gefunden, welches dem durch die Verbindung der
                              neutralen kohlensauren Bittererde mit dem doppeltkohlensauren Kali entstehenden,
                              analog waͤre.
                           Die gesaͤttigten Bittererdewasser (eaux
                                 magnésiennes) sind eine einfache kuͤnstliche
                              Aufloͤsung von neutraler kohlensaurer Bittererde in Wasser, ohne
                              uͤberschuͤssige Kohlensaͤure. – Ich habe auch eine
                              krystallisirte kohlensaure Bittererde analysirt, welche ich von Hrn. Planche erhielt, und sie eben so zusammengesezt gefunden.
                              Die neutrale kohlensaure Bittererde besteht in 100 Theilen aus:
                           
                              
                                 Bittererde
                                 29,583
                                 
                              
                                 Kohlensaͤure
                                 31,503
                                 
                              
                                 Wasser
                                 38,914
                                 
                              
                           Ihre Formel ist
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 27, S. 59
                              
                           Diese Zusammensezung gibt auch schon Berzelius an. Die neutrale kohlensaure Bittererde ist ein weißes Salz von
                              schwachalkalischem Geschmak; sie faͤrbt den Veilchensyrup gruͤn und
                              krystallisirt in hexagonalen Prismen. Die am besten ausgebildeten Krystalle, welche
                              ich erhielt, hatten sich nach 6monatlicher Ruhe abgesezt, und zwar in einer
                              Fluͤßigkeit, die ich dadurch erhielt, daß ich in mit vielem Wasser
                              angeruͤhrte Bittererde einen Strom Kohlensaͤure leitete. Die Krystalle
                              bildeten sich auf der Oberflaͤche der Fluͤßigkeit, und fielen erst
                              dann nieder, als sie am Gewichte zu sehr zugenommen hatten. Die kohlensaure
                              Bittererde efflorescirt an der Luft sehr langsam; in kaltem Wasser loͤst sie
                              sich in sehr geringer Menge auf; das warme Wasser zersezt sie; der vierte Theil der
                              Kohlensaͤure nimmt den gasfoͤrmigen Zustand wieder an, und es
                              schlaͤgt sich Magn. alba nieder; nach der
                              Beobachtung von Fourcroy erfordert jedoch die Zersezung,
                              wenn sie vollstaͤndig seyn soll, ein lange anhaltendes Sieden.
                           
                        
                           Ueber die doppelt kohlensaure Bittererde.
                           Um dieses Salz zu erhalten, bereitete ich mir eine stark, mit Kohlensaͤure
                              geschwaͤngerte Aufloͤsung von dem neutralen kohlensauren Salze. Nach
                              mehreren Tagen verjagte ich die freie Kohlensaͤure im luftleeren Raume, und
                              bemuͤhte mich das in der Aufloͤsung enthaltene Salz zu erhalten. Zu
                              diesem Ende ließ ich die Fluͤßigkeit an der Luft oder im leeren Raume
                              freiwillig verdunsten. Es sezte sich ein krystallinisches Salz ab, dessen Form ich
                              nicht bestimmen konnte, das aber durch die Analyse als neutrale kohlensaure
                              Bittererde erkannt wurde. Urspruͤnglich enthielt jedoch die Aufloͤsung
                              doppeltkohlensaures Salz, wie dieß folgender Versuch beweist. Ich brachte in eine
                              Retorte ein bestimmtes Gewicht von der, der freien Kohlensaͤure beraubten
                              Fluͤßigkeit, und rauchte bei der Temperatur des siedenden Wassers ab, nachdem ich am Halse der
                              Retorte eine Roͤhre angebracht hatte, welche ich in eine mit kaltem Wasser
                              umgebene Flasche tauchte, die salzsauren Kalk und Ammoniak enthielt.Barytwasser haͤtte ein sichereres und genaueres Resultat gegeben. E.
                                    Dingler. Die Quantitaͤt des kohlensauren Kalkes zeigt die der ausgeschiedenen
                              Kohlensaͤure an, und um mich zu uͤberzeugen, daß das Salz sich ganz in
                              Magn. alba umgeaͤndert hatte, sezte ich das
                              Abdampfen bis fast ganz zur Trokniß fort, mit der Vorsicht nur den Boden der Retorte
                              zu erhizen, damit die Magn. alba, welche sich an den
                              Waͤnden absezt, sich nicht so sehr erhizen konnte, um Kohlensaͤure zu
                              verlieren. – Das Gewicht der Bittererde wurde erhalten, indem die in der
                              Retorte gebliebene Masse in mit Salpetersaͤure gesaͤuertem Wasser
                              aufgeloͤst, zur Trokniß abgeraucht und gegluͤht wurde, um die
                              salpetersaure Bittererde zu zersezen. Bei der Berechnung nahm ich sodann auf das
                              Gewicht der Kohlensaͤure Ruͤksicht, die mit der Bittererde nach dem
                              Abdampfen in Verbindung geblieben war. In diesem Versuche fand ich eine zwei Mahl so
                              große Menge Kohlensaͤure, als das neutrale Salz enthaͤlt.
                           Aus diesem Resultate in Vergleichung mit dem vorhergehenden, schließe ich, daß die
                              doppeltkohlensaure Bittererde nicht in festem Zustande erhalten werden, aber wohl in
                              Aufloͤsung existiren kann. Denn wir haben gesehen, daß die Aufloͤsung
                              der Bittererde in Kohlensaͤure, nachdem sie im leeren Raume aller freien
                              Kohlensaͤure beraubt worden war, genau so viel Saͤure und Basis
                              enthielt, als noͤthig war, um doppelt kohlensaure Bittererde zu bilden, und
                              da sich durch das Abdampfen nur neutrales kohlensaures Salz absezt, so ist es außer
                              Zweifel, daß das doppelt kohlensaure waͤhrend der Concentration zersezt wird.
                              Dieses Resultat wird noch durch eine andere Beobachtung bekraͤftigt; wenn man
                              unter den Recipienten der Luftpumpe einen kleinen Apparat stellt, welcher aus zwei
                              durch eine gekruͤmmte Roͤhre mit einander verbundenen Flaschen
                              besteht, wovon die erste eine bereits im luftleeren Raͤume behandelte
                              Aufloͤsung von Bittererde in Kohlensaͤure, und die zweite Barytwasser
                              enthaͤlt, und hierauf die Luft auspumpt, so sieht man, daß sich
                              Gasblaͤschen entwikeln, die langsam auf einander folgen, und sich sodann in
                              dem Barytwasser fixiren, indem sie darin einen reichlichen Niederschlag von
                              kohlensaurem Baryt hervorbringen.
                           Ich will diese Abhandlung mit einigen Bemerkungen uͤber die
                              Praͤcipitation der schwefelsauren Bittererde durch die kohlensauren Alkalien,
                              schließen. Berzelius, welcher diese Erscheinung
                              sorgfaͤltig studirte, hat gefunden, daß bei der gewoͤhnlichen
                              Temperatur Magn. 
                              alba, neutrale kohlensaure Bittererde und
                              Kohlensaͤure, die nicht Gasgestalt annimmt, gebildet werden. In welche
                              Verbindung diese aber eingeht, hat er unentschieden gelassen: ich kann aber leicht
                              zeigen, daß sie doppelt kohlensaure Bittererde bildet. Die Fluͤßigkeit gibt
                              nach der Praͤcipitation im leeren Raͤume nur wenige Blasen von
                              Kohlensaͤure aus; diese ist also in der Fluͤßigkeit nicht bloß
                              aufgeloͤst enthalten. Ich habe außerdem gezeigt, daß sich kein Doppelsalz von
                              kohlensaurem Natron und Bittererde bildet, und daß die uͤberschuͤssige
                              Kohlensaͤure im Gegentheile das neutrale kohlensaure Salz in
                              doppeltkohlensaures umaͤndert. Nun ist bloß noch eine einzige Annahme
                              moͤglich, und diese waͤre, daß die Kohlensaͤure sich mit dem
                              kohlensauren Natron verbindet, und es in das doppeltkohlensaure umaͤndert,
                              welches keine Wirkung auf die schwefelsaure Bittererde hat, aber die Erfahrung
                              zeigt, daß dieses sich nicht so verhaͤlt. Ich schlug eine verduͤnnte
                              Aufloͤsung von schwefelsaurer Bittererde mit einer ebenfalls
                              verduͤnnten Aufloͤsung von oktaëdrischem kohlensauren Natron
                              nieder, so daß in der Fluͤßigkeit ein geringer Ueberschuß von Bittersalz
                              blieb. Dieses that ich, um sicher zu seyn, daß kein kohlensaures Natron unzersezt
                              blieb; ich erhielt sodann die Fluͤßigkeit einige Zeit im Sieden, und
                              filtrirte hierauf; die klare Fluͤßigkeit reagirte kaum alkalisch, und hatte
                              also kein doppeltkohlensaures Natron enthalten, indem dieses beim Sieden sich
                              zersezen, und der Fluͤßigkeit die Eigenschaft haͤtte ertheilen
                              muͤssen, stark auf Veilchensyrup und Curcumaͤ zu reagiren.
                           Es ist also erwiesen, daß uͤberschuͤssige Kohlensaͤure in
                              Beruͤhrung mit Magn. alba, sich mit einem Theile
                              des neutralen kohlensauren Salzes verbindet, und diesen in das doppeltkohlensaure
                              umaͤndert.