| Titel: | Ueber die berühmtesten chinesischen Thee-Sorten, nach den HHrn. Jul. Klaproth und Abel Rémusat. | 
| Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. LVII., S. 229 | 
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                        LVII.
                        Ueber die beruͤhmtesten chinesischen
                           Thee-Sorten, nach den HHrn. Jul. Klaproth und Abel Rémusat.
                        Aus dem Journal asiatique, T. IV. Cah. 20. 21. p. 120
                              und 187 im Journ. de Pharmacie. Novbr. S. 552.
                        Klaproth und Remusat, uͤber die beruͤhmtesten
                           chinesischen Theesorten.
                        
                     
                        
                           In China, wie in Europa, foͤrdern die Kaufleute durch
                              verschiedene Mischungen sowohl als durch Auswahl besonderer Erndten eine zahllose
                              Menge von Thee-Sorten zu Tage, von welchen sie einige zu sehr hohen Preisen
                              verkaufen. Durch diese Charlatanerie wissen sie ihre Cassen zu fuͤllen.
                           Ob diese theureren Sorten wirklich besser sind, daruͤber wollen wir nicht
                              streiten. Daß aber wirkliche fuͤhlbare Unterschiede unter denselben Statt
                              haben, wissen die Theekenner eben so gut, als die Weinkenner; jene unterscheiden
                              mittelst ihrer Zunge Geburtsort, Sorte, Abart am Thee eben so genau, als diese am
                              Weine. Es gibt, wie Blancard in seinem Manuel du Commerce des Indes et de la Chine bemerkte,
                              Thee-Schmeker in Indien, die von der Kunst,
                              den Thee zu kosten, leben. Die englische ostindische Gesellschaft zahlt einem
                              solchen Thee-Schmeker, der den Thee kosten muß,
                              den sie kauft, jaͤhrlich 12,000 fl. (1000 Guineen).
                           Wie unsere Weine in verschiedenen Gegenden verschieden, und mehr oder minder gesucht
                              sind, eben so ist es mit den Theesorten in China, und es laͤßt sich
                              vermuthen, daß die Theebaͤume durch Duͤnger, Erdlager, Standort,
                              Temperatur etc. so wie der Wein, verschiedenen Geruch und Geschmak erhalten.
                              Groͤße und Form der Blaͤtter, ihr Bau, ihre mehr oder minder behaarte
                              Oberflaͤche wechselt, je nachdem die Baͤume in Thaͤlern oder
                              auf Huͤgeln, mehr geschuͤzt oder mehr dem Winde ausgesezt stehen. Ein
                              feiner Geschmak kann die Unterschiede wahrnehmen, die dadurch entstehen.
                           Liste der beruͤhmteren Thee-Sorten nach einer
                                 chinesischen Handschrift des Hrn. Baron von Schilling, von Hrn. Jul.
                                 Klaproth.
                           1) Thee-Sorten aus der Gegend der Stadt Lu-ngan-tschëuWir schreiben die Namen, wie sie nach der
                                    deutschen Aussprache geschrieben seyn muͤssen. A. d. U. in
                              der Provinz Kiang-nan.
                           Ta-ye, oder Großblatt (grande feuille).
                           Yn-tschen, silberne Steknadel (épingle d'argent).
                           Huon-schi, Kaͤuzchen-Zunge (langue de chouette).
                           Mei-pian, Stuͤk von der wilden Pflaume (fragment de prunier sauvage).
                           Hiang-pian, wohlriechende Stuͤke (fragment odoriférans).
                           2) Gruͤne Thee (Sung-lo)
                              aus der Gegend der Stadt Hoëy-tschëu
                              in der Provinz Kiang-nan.
                           
                           Tschen-tschu-tschha, echter geperlter Thee
                              (véritable thé perlé).
                           Tschu-lan. Thee
                                 Tschulan.
                           Thseng-tschha, gruͤner Thee (thé vert).
                           Ta-fang-pian, große vierekige Stuͤke
                              (grands fragmens carrés).
                           Kia-yuͤan, Hausgarten (jardin de la maison).
                           Tsiang-thsuͤm. Thee von
                              Tsiang-thsuͤm.
                           Sie-khy. Thee vom Flusse Sie-khy.
                           Len-khy. Thee vom Flusse Lin-khy.
                           Tschhuͤn-meng,
                              Fruͤhlings-Spaͤtling (le tardif du
                                 printemps).
                           Lian-tschy, verschlungene Aeste (branches entrelacées).
                           Goëi-yan-tschha. Thee vom Abgrunde
                              Goeï-yan.
                           3) Thee aus der Gegend von Hang-tschëu-fu in der Provinz Tsche-kiang.
                           Lung-tseng, Thee des Drachen-Brunnens (thé du puits du dragon).
                           Lian-sen, Nenuphar-Herz (coeur du Nénuphar).
                           Mao-fuͤng, Thee vom Gipfel des Mao-fúng (thé
                                 de la cime du Mao-fung).
                           Lung-ya, erste Schoͤßlinge des Drachens
                              (premières pousses du Dragon).
                           4) Thee aus der Provinz Hu-kuang.
                           Ngan-kua-tschha. Thee von
                              Ngan-kua.
                           5) Schwarze Thee, Wuy (oder Bohee) aus der Provinz Fu-kian.
                           Lao-kiuͤn-mëi, Augenbraunen
                              der ehrwuͤrdigen Alten (sourcils de vieillards
                                 vénérables).
                           Pe-hao d.h. Thee Peko,
                              weiße Haare (cheveux blancs).
                           Scheu-mëi, Augenbraunen des
                              vorgeruͤkten Alters (sourcils d'un age
                                 avancé).
                           Yuͤan-Tschy, Aeste der Hochebene (branches du plateau).
                           Kiëu-khiu-lian-sen,
                              Nenuphar-Herze von Kiëu-khiu oder
                              von 9 Windungen (coeurs de Nénuphar de
                              Kiëu-khiu, ou
                                 des neuf sinuosités).
                           Uang-Niuͤ-fuͤng, Thee von der
                              Zinke der Koͤnigstochter (thé du pic de la
                                 fille du Roi).
                           Pe-yan, Thee aus dem Cypressen-Abgrunde
                              (Thé du précipice des
                                 Cyprès).
                           Ta-hung-Phao, große rothe Schwaͤnze
                              (grandes queues rouges).
                           Sian-dschen-tschang, flache Hand der
                              Unsterblichen (paume des immortels).
                           Ky-Tschhuͤn, junger Fruͤhling (Jeune Printemps).
                           6) Thee aus der Provinz Yuͤn-nan.
                           Phu-oͤl-tschhha. Thee vom See
                              Phu-oͤl.
                           7) Thee aus der Provinz Szuͤ-tschhuan.
                           Mung-schan-yuͤn-u-tschha. Thee der
                              Wolken und der Nebel des Berges Mung-schan.
                           Mung-schan-schi-kua-tschha.
                              Thee von der Blume der Steine des Berges Mung-schan.
                           Hr. Abel
                                 Rémusat hat diesen 39 Theesorten noch 18 andere
                              zugefuͤgt, naͤmlich:
                           Wu-i-tschha, Thee Wu-i (Thé bou, thé boui,Tha Bohea Linn.)
                           Wu-i ist ein beruͤhmter Berg in der Provinz
                              Fu-kian.
                           Hy-tschhun-tschha. Dieß ist der Thee Hyswin
                              oder Haïssuͤen, Hassom.
                           Siao-tschung-tschha. Eine kleine Sorte: der
                              Saotschun oder Souchon der Kaufleute.
                           Phi-tschha, Thee in der Haut (thé en peau). Thee Haïssuͤm, auch
                              gewoͤhnlich skin der Englaͤnder.
                           
                           Pao-tschung-tschha, der eingewikelte Thee
                              (thé enveloppé), weil er in kleinen
                              Paͤkchen verkauft wird; dieß ist der Pouchon der
                              Kaufleute.
                           Sung-tsoͤ-tschha. Thé Songchais der Franzosen.
                           Thuan-tschha, Laxier-Thee in Kugeln (Thé purgatif en boule).
                           Lung-siu-tschha, Drachenbart,
                              Laxier-Thee in Paͤkchen (Thé purgatif en
                                 paquets).
                           Kung-fu-tschha. Thé camphou oder Congo bei den
                              Franzosen.
                           Schang-kung-fu. Thé camphou 1re qualité oder Camphou
                                 campouy bei den Franzosen.
                           Tschuͤ-tschha, Perl-Thee (Thé en perle. Chutcha).
                           Ya-tung-tschha, Winter-Thee (Thé d'hiver).
                           Tuͤn-ki-tschha. (Thé Twankay) bei den Franzosen.
                           Kian-peï-tschha, oder Tsoͤ-tschung. Thé campoi, deuxiéme espèce, bei den Franzosen.
                           U-tschha, schwarzer Thee (thé noir). Die Blaͤtter dienen zum Schwarzfaͤrben der
                              Zeuge.
                           Ye-tschha, Thee der Wuͤsten (thè des lieux déserts) mit rothen oder
                              vergoldeten Blumen, schoͤn gruͤnen Blaͤttern. Ein hoher
                              Baum.
                           Schan-tschha, Berg- oder wilder Thee (Thé de montagne ou sauvage).
                           Wir wollen hier beifuͤgen, daß der feinste Thee der Chinesen zu Peking aus den
                              juͤngsten Blaͤttern gemacht wird, und Lung-tseng (Thee des Drachenbrunnens) heißt. Der
                              gewoͤhnlichste ist der Hiang-pian
                              (wohlriechende Stuͤke). Der Tschu-lan ist
                              gruͤn, und erhaͤlt seinen Wohlgeruch durch die Blumen der Lan-hoa (Olea
                                 fragrans). In Sibirien und in der großen Tatarei hat man den Bartogon oder Ziegel-Thee von geringer Qualitaͤt.Wir koͤnnen diesen Aufsaz nicht schließen, ohne unsere
                                    Suͤddeutschen Landsleute auf die Gefahren aufmerksam zu machen,
                                    welchen sie ihre Gesundheit durch den Genuß des Thees aussezen, der immer
                                    mehr und mehr unter denselben anfaͤngt sich zu verbreiten. Wenn der
                                    Niederlaͤnder und der Englaͤnder Thee trinkt, so thut er dieß
                                    aus Noth; sein Wasser ist Cisternen-Wasser oder brack (salzig), sein Bier ungenießbar *), Wein
                                    nicht zu bezahlen (in Holland die kleine Bouteille 1 fl., in England 3 fl.)
                                    Wenn aber wir, bei der Guͤte, Nahrhaftigkeit und Gesundheit unseres
                                    Bieres, bei der Wohlfeilheit unseres Weines uns an den Thee
                                    gewoͤhnen, so werden wir koͤrperlich eben so
                                    verkruͤppeln, wie die gichtbruͤchigen und
                                    leibbruͤchigen Englaͤnder und Hollaͤnder, von welchen
                                    jeder eilfte Mann, in mancher Gegend jeder achte, einen ungeheueren Bruch hat, und jeder zehnte gichtkrank ist. Moͤchten doch die
                                    Europaͤer das chinesische Sprichwort: „Theetrinker werden
                                       fruͤhe Hinker“ nicht vergessen. Daß der Thee den Mann
                                    entmannt, weiß jede Chineserinn, und die Europaͤerinnen
                                    koͤnnen dieß aus Erfahrung lernen, wenn sie es noch nicht wissen, und
                                    Acht geben wollen. Das laue Getraͤnk schwaͤcht Magen und
                                    Eingeweide; folglich auch die Verdauung, und folglich auch etc. A. d. U.*) In einer der neuesten Statistiken heißt es: „das bayer'sche Vier
                                       kaͤme dem englischen nahe.“ Wahrscheinlich war der
                                    Verfasser dieser Statistik nie in England, sonst wuͤrde er diese
                                    Blasphemie des bayerschen Bieres sich nicht erlaubt haben, und gestehen, daß
                                    ein Bayer in England auch das beste englische Bier nicht
                                    hinabzuwuͤrgen vermag.