| Titel: | Einige Notizen über den Bau der Menai-Hänge-Brüke. | 
| Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. LXIII., S. 248 | 
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                        LXIII.
                        Einige Notizen uͤber den Bau der
                           Menai-Haͤnge-Bruͤke.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, N. 210, 211, 212 und 213,
                              1827, S. 105.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        [Einige Notizen uͤber den Bau der
                           Menai-Haͤnge-Bruͤke.]
                        
                     
                        
                           Ein Hr. T.
                                 B. gibt uns nach dem Berichte des Hrn. Drs. Pringe, der in der Naͤhe der
                              Menai-Bruͤke wohnt, im Mechanics' Magazine,
                                 N. 210, S. 105 folgende Notizen uͤber dieses Meisterstuͤk der
                              neueren Bruͤken-Baukunst, welches England Herrn Thom. Telford verdankt.
                           Diese Bruͤke uͤber die Enge Menai ist, wie
                              man Fig. 7. im
                              Grundrisse ersieht, 560 Fuß lang. Der Anfang zur Erbauung derselben wurde im J. 1819
                              im Monate Mai gemacht, wo man die rauhen Felsen (die Ynys-y-moch), welche damahls nur bei niedrigem Wasser zugaͤngig waren,
                              wegsprengte, um eine ebene feste Grundlage fuͤr den noͤrdlichen
                              Hauptpfeiler auf der Anglesea-Seite zu erhalten. Einige Monate spaͤter
                              wurde zwischen diesen Felsen und der Kuͤste von Anglesea, fuͤr einige
                              Zeit uͤber, ein gepflasterter Weg errichtet, der breit genug war, um eine
                              Eisenbahn auf demselben anzubringen, auf welcher ein Pferd die Baumaterialien in
                              einer Schleife ziehen konnte. Der Weg war hinlaͤnglich hoch
                              aufgefuͤhrt, um bei jeden Hochwasser uͤber die Oberflaͤche des
                              Wassers emporzuragen, so daß auch die Arbeiter zu jeder Zeit auf demselben hin und
                              her gelangen konnten. Da auf diese Weise die Fluth nun nicht mehr durch diesen engen
                              Canal durchstroͤmen konnte, stroͤmte sie mit desto groͤßerer
                              Schnelligkeit durch die Mitte des Canales, und als spaͤter zum Aufziehen der
                              Ketten auch dieser Canal, in Folge eines Parliaments-Aers, fuͤr einige
                              Zeit gesperrt werden mußte und keine Schiffe durch denselben durchfahren konnten,
                              wurde obiger Steinweg wieder abgetragen, und dieser kleine Canal tiefer und weiter
                              gegraben, so daß kleinere Schiffe mit aller Sicherheit durch denselben durchfahren
                              konnten. Die Fluth stroͤmte hier mit einer Geschwindigkeit von 5 engl. Meilen
                              in einer Stunde durch.
                           Als obiger Weg vollendet und der Fels zur Grundlage gehoͤrig abgeebnet war,
                              legte Hr. W. A. Provis, als
                              daselbst wohnender Baumeister, am 10. August 1819 den ersten Grundstein.
                              Spaͤt im Herbse desselben Jahres wurde die Vorbereitung zur Grundlage des
                              suͤdlichen Hauptpfeilers an der Seite von Carnarvonshire begonnen.
                           Nachdem man das Bett 7 Fuß tief ausgegraben hatte, traf man auf einen dichten festen
                              Fels, auf welchem nun gegenwaͤrtig die ungeheuere Last des suͤdlichen
                              Hauptpfeilers ruht.
                           Dieser Pfeiler uͤbertrifft, in Hinsicht der Tiefe seiner Grundlage, den
                              anderen Pfeiler an dem gegenuͤberstehenden Ufer bedeutend, sowohl in Hinsicht
                              auf Mauerwerk als Ausfuͤhrung. Die vier Bogen an der Seite von Anglesea, und
                              die drei an der Seite von Carnarvonshire, die in Bezug auf Groͤße und Pracht
                              jedes aͤhnliche Werk in Europa uͤbertreffenAuch den altroͤmischen Pont du Gard im suͤdl. Frankreich? A. d.
                                    u., wurden zeitlich im Fruͤhjahre 1820 begonnen, und im Herbste 1824
                              vollendet. Dieses herrliche Werk ist aus grauem Marmur aufgefuͤhrt, der an
                              der Nordostkuͤste der Insel Anglesea gebrochen wurde. Der Grundbesizer, Lord
                              Vicount Warren Bulkeley, erhielt von der Regierung fuͤr die Tonne Sixpence
                              (18 kr. fuͤr 20 Ztr. Sein). Die Hauptpfeiler sind nicht ganz massiv; in jedem
                              derselben sind, uͤber dem Hochwasser-Stande angefangen, in der Mitte
                              vier vierekige Hoͤhlungen, die bis beinahe unter die Buͤhne der
                              Bruͤke hinauf
                              reichen. Diese Hoͤhlungen wurden innenwendig gehoͤrig mit
                              Moͤrtel bekleidet, so wie es die Pfeiler selbst von außen sind. Nachdem die
                              oben genannten sieben Bogen vollendet waren, wurden die kleineren Bogen fuͤr
                              den Weg vollendet, deren jeder 15 Fuß Hoͤhe und 9 Fuß Breite hat, und durch
                              welchen die Wagen durchfahren.
                           Nachdem diese Bogen vollendet waren, wurden die Haͤngepfeiler, die sich nach
                              oben zu verschmaͤlern und eine Pyramide bilden, die sich 53 Fuß hoch
                              uͤber den Fahrweg erhebt, massiv aufgemauert. Jeder Stein in diesen
                              Haͤngepfeilern ist, von oben bis unten, mit starken eisernen Baͤndern
                              gebunden, damit er unter dem ungeheuren Druke der Haͤngeketten nicht
                              nachgeben oder weichen kann.
                           Was nun das Eisenwerk betrifft, so sind auf der obersten Hoͤhe der
                              Haͤngepfeiler die Gußeisen-Bloͤke oder Sattel angebracht, mit
                              Walzen aus geschlagenem Eisen, und messingenen Buͤchsen, damit sie sich nach
                              der verschiedenen Temperatur der Atmosphaͤre ohne Nachtheil ausdehnen und
                              zusammenziehen koͤnnen. Diese Walzen sind sehr sinnreich eingerichtet, und
                              fuͤllen eine Luͤke in der bisherigen Baukunst der
                              Haͤngebruͤken aus.
                           Um dem eisernen Gestelle, an welchem die Enden der Haͤngeketten befestigt
                              werden mußten, ein festes Lager zu geben, wurden drei schiefe Hoͤhlen oder
                              Oeffnungen kreisfoͤrmig, und von 6 Fuß im Durchmesser, aus den Felsen am Ufer
                              auf der Anglesea-Seite ausgesprengt, und in Form einer schiefen
                              Flaͤche 60 Fuß tief fortgefuͤhrt.
                           Nachdem diese Hoͤhlungen vollendet waren, wurde am Grunde derselben ein
                              horizontaler Gang (ein Stollen) in den Felsen gesprengt, hinlaͤnglich weit
                              und hoch, um die Arbeiter in Stand zu sezen, in denselben das eiserne Gestell, das
                              vorzuͤglich aus Gußeisenplatten bestand, aufzurichten und in den Felsen
                              selbst so einzuklammern, daß es jeder Spannung und jedem Zuge widerstehen und nicht
                              nachgeben kann, außer wenn der Fels selbst in seinem Inneren berstete. Dieser
                              Stollen ist noch jezt durch einen Nebenstollen unter der Straße zugaͤngig.
                              Auf eine aͤhnliche Weise wurde auf der Carnarvonshire-Seite verfahren,
                              nur daß, weil hier die Felsen vom Ufer weiter entfernt liegen, ein Stollen durch die
                              Erde durchgetrieben werden mußte, was unendlich Arbeit und viele Zeit kostete. Daher
                              auch das scheinbare Mißverhaͤltniß an den Haͤngeketten bei dieser
                              Bruͤke.
                           Diese Haͤngeketten sind aus geschlagenem Eisen. Sie wurden zuerst,
                              fuͤnf Glieder neben einander (naͤmlich in der Kettenbreie), wovon
                              jedes 10 Fuß lang ist, an den eisernen Balken befestigt, und dann Glied nach Glied
                              aufwaͤrts verlaͤngert bis an den Gipfel der Aufhaͤngepfeiler.
                              Die Vereinigung der Glieder geschah mittelstflacher Eisenplatten und eiserner
                              Bolzen, und in ihrer Verlaͤngerung nah aufwaͤrts wurde die Kette von einem
                              starken hoͤlzernen Geruͤste getragen: ihr oberstes Ende ruhte auf der
                              Anglesea-Seite oben auf den Gipfeln der Pfeiler auf Saͤtteln, und
                              erwartete nun daselbst die eigentliche Haͤngekette; auf der
                              Carnarvonshire-Seite aber wurde die Kette von dem Gipfel des dortigen
                              Haͤngepfeilers herab bis beinahe zur Hochwasser-Marke
                              herabgelassen.
                           Am 26. April 1825 wurde die erste eigentliche Haͤngekette uͤber die
                              Enge von Menai (Straits of Menai) um 12 Uhr Mittags in
                              Gegenwart vieler Tausende gezogen. Um halb zwei Uhr stieß das hierzu erbaute 450 Fuß
                              lange und 6 Fuß breite Floß vom Ufer an der Carnarvonshire-Seite, und wurde
                              von 4 Bothen gezogen. Nachdem es auf den gehoͤrigen Punct gebracht war, wurde
                              es an mehreren Bojen befestigt, und ging im Canale vor Anker. Diese ganze
                              muͤhevolle Arbeit war in 25 Minuten vollendet. Der Theil der Kette, der von
                              der Carnarvonshire-Seite vom Haͤngepfeiler herabhing, wurde mittelst
                              Bolzen an der Kette auf dem Floße befestigt, was in 10 Minuten gethan war. Hierauf
                              wurde das andere Ende der auf dem Floße liegenden Kette an zwei Bloͤken von
                              ungeheuerer Kraft und Staͤrke befestigt, um dasselbe auf den Gipfel des
                              Haͤngepfeilers auf der Anglesea-Seite hinaufzuziehen. Die Spannung der
                              Kette betrug damahls 40 Tonnen (800 Ztr.). Nachdem die Bloͤke (jeder wog 250
                              Ztr.) an der Kette befestigt waren, wurden sie mittelst zweier großen Winden und
                              zwei Vorsichtswinden von 32 Mann an jeder Winde, die nach dem Tacte eines
                              eingelernten Musikstuͤkes traten, welches 2 Pfeifer ihnen vorspielten, in die
                              Hoͤhe gezogen. Die Kette stieg majestaͤtisch in die Hoͤhe, und
                              zehn Minuten vor 5 Uhr Abends ward sie mittelst des lezten Bolzens an der Kette am
                              Gipfel des Pfeilers auf der Anglesea-Seite befestigt. Nicht der mindeste
                              Mißgriff, Fehler oder Unfall ereignete sich bei dieser ungeheueren Arbeit.
                           Von dem Abstoßen des Floßes bis zur Vereinigung der Ketten brauchte man also nur 2
                              Stunden und 20 Minuten, was, wenn man die Groͤße dieses Werkes betrachtet,
                              das in ganz Europa nicht seines Gleichen findet, wirklich sehr wenig ist.
                           Als die Kette gezogen war, hatten drei Arbeiter, ein Maurer, ein Tagloͤhner
                              und ein Zimmermann die Kuͤhnheit, auf der gespannten Kette uͤber die
                              Enge zu gehen: eine Laͤnge von 590 Fuß in der Kettenkruͤmmung. Der Sinus versus des Bogens betraͤgt 43 Fuß. Den
                              Arbeitern, 150 an der Zahl, wurde von den Commissaͤren des Parliamentes eine
                              Mahlzeit und ein Quart Cwrw da gegeben.
                           Die uͤbrigen 15 Ketten wurden vom 28. April bis zum 9. Julius aufgezogen. Die
                              Arbeiter erlangten immer mehr und mehr Geschiklichkeit, so daß das Aufhaͤngen
                              der lezten Kette nur 1 Stunde und 30 Minuten forderte. Als diese aufgezogen war, zog
                              eine Musikbande von dem Haͤngepfeiler auf der Anglesea-Seite bis in
                              die Mitte der Kruͤmmung der Ketten herab, und spielte dort das „God save the King!“ Waͤhrend
                              dieser Zeit fuhr das Dampfboth von Chester unter der Bruͤke durch, welches
                              die seit dem 21. April gesperrte Schiffahrt eroͤffnete.
                           Nachdem die 16 Ketten aufgezogen waren, wurden die senkrechten Stangen an denselben
                              befestigt, deren untere Enden fest in die eisernen Querstangen eingebolzt waren, auf
                              welchen der Weg oder die Buͤhne der Bruͤke ruht. Die senkrechten
                              Stangen stehen 5 Fuß weit der Laͤnge der Kette nach von einander. Querstangen
                              liegen 111, und an jeder derselben sind 4 senkrechte Stangen befestigt, so daß also
                              die ganze Anzahl der senkrechten oder Haͤngestangen 444 betraͤgt.
                           Nun wurden die Querstangen mit den hoͤlzernen Bohlen belegt, womit am 24.
                              Septbr. 1825 der Anfang gemacht wurde. Der Fahrweg besteht aus zwei Bahnen
                              fuͤr die Wagen und Kutschen, jede 12 Fuß breit, und in der Mitte zwischen
                              beiden ist der Fußpfad fuͤr die Fußgeher, 4 Fuß breit, und zu beiden Seiten
                              mit einem eisernen Gelaͤnder versehen, damit kein Schaden geschehen kann,
                              wenn Lastwagen oder Hornvieh zugleich auf der Bruͤke sich befinden.
                           Es liegen drei Lagen von Bohlen oder Dielen uͤber einander: in den beiden
                              untersten Lagen liegen die Dielen der Laͤnge nach; in der obersten aber nach
                              der Quere. Die Dielen der untersten Lage sind 3 Zoll dik; die der zweiten 2 Zoll,
                              und eben so stark sind auch die obersten Querdielen, die 8 Fuß lang sind. Zu beiden
                              Seiten an den Fahrwegen liegen, zum Schuze der Haͤngestangen, Balken aus
                              afrikanischen Eichen.
                           Die Haͤngestangen sind etwas convex, und steigen von ihren Enden bis gegen die
                              Mitte ungefaͤhr 3 Fuß hoch gewoͤlbt empor, so daß sie eine Art
                              Augenbraunen-Kruͤmmung bekommen.
                           Sobald die erste Diligence (Mail-Coach)
                              uͤber die Bruͤke fuhr, durfte keine Ueberfahrt mehr zu Wasser
                              geschehen.
                           Die Hoͤhe eines jeden Hauptpfeilers ist 100 Fuß uͤber dem
                              hoͤchsten Wasserstande bis zur Straße. Von den Hauptpfeilern bis zum
                              Zollhause faͤllt die Straße im Verhaͤltnisse von 1 Fuß auf 25.
                           Die Bogen der kleineren Pfeiler springen in einer Hoͤhe von 65 Fuß
                              uͤber dem hoͤchsten Wasserstande. Die Weite eines jeden Bogens ist 52
                              Fuß 6 Zoll. Jeder Haͤngepfeiler steigt 52 Fuß uͤber die Straße empor.
                              Die Weite der Straße unter diesen Haͤngepfeilern ist 9 Fuß, und das
                              Gewoͤlbe des Bogens faͤngt in einer Hoͤhe von 15 Fuß an.
                           Sechzehn Ketten, jede aus 5 Kettenstangen bestehend, sind uͤber die Enge
                              gespannt. Jede Kettenstange ist 9 Fuß 9 Zoll lang, 3 Zoll breit, 1 Zoll dik. Bei jeder
                              Verbindung derselben sind 6 Platten angebracht, die 1 1/2 Fuß lang, 10 Zoll breit, 1
                              Zoll dik sind. Zwei Bolzen verbinden sie, wovon jeder 56 Pf. wiegt. Die Zahl der
                              Kettenstangen nach der Breite der Kette ist demnach 80. Die ganze Laͤnge der
                              Kette, von den Vertiefungen in den Felsen aus, 1714 Fuß.
                           Die Laͤnge des an diesen Ketten schwebenden Bruͤkenweges
                              betraͤgt 553 Fuß. Von diesem Wege sind 24 Fuß Breite fuͤr 2
                              Kutschenwege (jeden zu 12 Fuß), und 4 Fuß Breite fuͤr einen Fußweg in der
                              Mitte gelassen.
                           Die senkrechten oder Haͤngestangen halten Einen Fuß im Gevierte, und sind 5
                              Fuß weit von einander entfernt. Sie halten die Querbalken, auf welchen der
                              Bruͤkenweg liegt.
                           Montags den 30. Jaͤner 1826 wurde diese Bruͤke dem Publicum
                              eroͤffnet.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
