| Titel: | Ueber das Brennen des Kalkes und der Ziegel mittelst Steinkohlen in den nördlichen Departements von Frankreich. Auszug aus einem Schreiben des Herrn Kühlmann, Prof. der Chemie zu Lille. | 
| Fundstelle: | Band 28, Jahrgang 1828, Nr. CIV., S. 409 | 
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                        CIV.
                        Ueber das Brennen des Kalkes und der Ziegel
                           mittelst Steinkohlen in den noͤrdlichen Departements von Frankreich. Auszug aus
                           einem Schreiben des Herrn Kuͤhlmann, Prof. der Chemie zu Lille.
                        Aus dem Industriel. April 1828. S.
                              343.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IX.
                        Kuͤhlmann, uͤber das Brennen des Kalks und der
                           Ziegel.
                        
                     
                        
                           Kalkbrennerei.
                           Die Groͤße der Oefen ist sehr verschieden, und sie
                              moͤgen noch so groß seyn, so ist ihre Hoͤhe immer gleich dem doppelten
                              oberen Durchmesser derselben. Sie haben keinen Rost.
                           Fig. 12, ist
                              ein Grundriß, Fig.
                                 13 ein Durchschnitt derselben.
                           Die obere Oeffnung, die in der Figur zu 6 Fuß gezeichnet ist, kann auch
                              groͤßer seyn. Man findet welche zu 10 Fuß und daruͤber. Die inneren
                              Waͤnde dieser Oefen sind aus Ziegeln und Thon. Dieser Bau wird durch eine
                              zweite aͤußere Mauer befestigt, wie man in der Figur sieht, die meistens noch
                              rings umher mit Erde umgeben ist. Dadurch wird die Hize zusammengehalten, und aller
                              Verlust, der durch Risse entstehen koͤnnte, vermieden. Jeder Ofen, der anders
                              nicht sehr klein ist, hat an seinem Boden zwei einander gegenuͤberstehende
                              Oeffnungen, durch welche der Kalk herausgezogen wird, ehe man den Ofen frisch
                              fuͤllt. Die Steine halten ungefaͤhr 25 bis 50 kubische Centimeter, und
                              wiegen 1 bis 2 Pfund. Man fuͤllt jeden Ofen des Tages drei Mahl frisch nach.
                              Bei einem Ofen von der hier gezeichneten Groͤße braucht man zu jeder
                              Nachfuͤllung 4 Hektoliter Kalk und 1 Hektoliter zerkleinte Kohlen.
                           Jeder Tag zu 24 Stunden gibt also drei Gaͤnge (fournées), und man brennt an einem Tage 12 Hektoliter Kalk. Um
                              Valenciennes hat man so große Oefen, daß man 100 Hektoliter Kalk in einem Tage
                              brennt.
                           Die Kohlen- und Kalksteinlagen muͤssen so viel moͤglich
                              gleichfoͤrmig gebildet werden, und die Steine muͤssen von gleicher
                              Groͤße seyn. Man
                              macht die Kohlen gewoͤhnlich feucht, und man behauptet, daß auch der
                              Kalkstein sich besser brennt, wann er feucht ist. Lezteres laͤßt sich leicht
                              begreifen, wenn man sich erinnert, daß Wasserdampf die Entweichung der
                              Kohlensaͤure aus den kohlensauren Verbindungen beguͤnstigt.
                           Es geschieht indessen in Flandern haͤufig, daß man sogenanntes Biscuit, oder nicht gar gebrannten Kalkstein, unter dem
                              gebrannten findet. Ersterer muß ausgeschieden werden. Man hat Oefen, in welchen man
                              mir Torf brennt, die gleichfalls sehr gut gehen: der Brand geht langsamer, aber viel
                              gleichfoͤrmiger, von Statten. Das Verhaͤltniß des Brennmaterials ist 4
                              zu 1. Der untere Theil des Ofens ist immer im Abkuͤhlen, und der Brand geht
                              immer nur im oberen Drittel vor sich. Der gebrannte Kalk wird am Boden des Ofens mit
                              eisernen Werkzeugen herausgenommen. Die beiden unteren Loͤcher reichen hin,
                              um die zum Verbrennen noͤthige Luft herbeizufuͤhren: sie veranlassen
                              zuweilen selbst noch einen zu starken Zug, und dann legt man einige Steine oder Kalk
                              vor die Oeffnung.
                           Wenn die Oefen sehr groß sind, hat man drei solche Loͤcher, statt zwei. Diese
                              Oeffnungen stehen durch einen gewoͤlbten Gang in Verbindung.
                           Diese Oeffnungen muͤssen gegen den Wind geschuͤzt seyn; man bringt sie
                              daher nie in der Richtung des Windes an, und haͤlt sie auch immer etwas in
                              der Tiefe.
                           Man fuͤllt den Ofen bis oben an, und laͤßt die Steine selbst 6 bis 12
                              Zoll Her die obere Oeffnung des Ofens emporragen. Man sieht das Feuer kaum, und erst
                              am Ende des Brandes sieht man es oben deutlich.
                           Wenn man in einem solchen Ofen anfaͤngt zu brennen, wirft man erst
                              Holzbuͤndel, dann viele Steinkohlen, und endlich die Kalksteine hinein; dann
                              wieder Kohlen, und so abwechselnd immer Steine und Kohlen; man muß aber mehr Kohlen,
                              als in dem angegebenen Verhaͤltnisse nehmen, bis der Ofen gehoͤrig im
                              Feuer steht.
                           
                        
                           Ziegelbrennerei.
                           Die Art, wie man in diesem Departement Ziegel brennt, ist eben so einfach, als
                              oͤkonomisch. Auf einem fest und flach gestampften Boden baut man zuerst
                              mehrere Parallelopipede aus Ziegeln bis zur Hoͤhe von 18 Zoll; indem man zwei
                              Ziegel flach, und zwei aufrecht uͤber einander legt. Bei dieser Hoͤhe
                              verbindet man die Mauern nach und nach unter einander, damit sie Gewoͤlbe
                              bilden, die sich wechselseitig stuͤzen. Ueber diesen Gewoͤlben ebnet
                              man den Grund mit Ziegeln aus, und baut darauf eine abgestuzte Pyramide von
                              groͤßerer oder geringerer Hoͤhe. Auf die erste auf dem Boden angelegte
                              Schichte wirft man fein
                              zerkleinte Steinkohlen, legt hierauf eine zweite Schichte von Ziegeln in einer der
                              vorigen entgegengesezten Richtung, streut hierauf wieder eine Lage Kohlen, u.s.f.
                              bis an den Gipfel.
                           Auf das Tausend Ziegel von 8 Zoll Laͤnge, 4 Breite, 2 Dike rechnet man
                              ungefaͤhr Ein Hektoliter (87 Kilogramm (174 Pfund)) Steinkohlen. Dieses
                              Gebaͤude bekleidet man außen mit Thon um den Luftzug zu verhuͤten, und
                              schuͤzt es gegen Windanfaͤlle so gut wie moͤglich. Nun bringt
                              man in die unten leer gelassenen Canaͤle Holzbuͤndel, zuͤndet
                              sie an, und faͤhrt mit dem Brennen derselben so lang fort, bis die Kohlen
                              uͤberall gehoͤrig in Gluth stehen. Wenn das Feuer in dem untern Theile
                              gehoͤrig gefangen hat, verschließt man die Gewoͤlbe an den Seiten mit
                              Ziegeln, und mit etwas Thon auf das genaueste. Uebrigens wendet man oben den Thon
                              genauer an, als unten, wo man immer etwas Luft lassen muß.
                           Wenn der Thon, aus welchem man die Ziegel verfertigte, nicht kalkfrei ist, so brennt
                              der Kalk sich mit den Ziegeln, und macht dann leztere bei dem Erkalten springen.
                           Das Haupttalent des Ziegelbrenners besteht in der gehoͤrigen Anreihung der
                              Ziegel. Sie duͤrfen nicht zu nahe an einander stehen, und der leere Raum
                              zwischen denselben muß mit Steinkohlen ausgefuͤllt werden. Durch diesen Raum
                              muß die Flamme von unten herauf frei und gleichfoͤrmig durchziehen
                              koͤnnen, damit die Ziegel von allen Seiten gleichfoͤrmig gebrannt
                              werden. Es ist indessen nicht zu vermeiden, daß nicht einige Ziegel verbrannt
                              werden. Diese Ziegel muͤssen bei Seite gelegt werden. Man braucht sie zu
                              Grundlagen, und sie werden hier theurer bezahlt, als die anderen.
                           Die gewoͤhnliche Groͤße dieser Ziegeloͤfen ist eine abgesturzte
                              vierseitige Pyramide von 40 Fuß auf jeder Seite ihrer Grundflaͤche. Sie hat
                              12 Gewoͤlbe, die in zwei entgegengesezten Richtungen von einer Seite zur
                              anderen laufen. Die Hoͤhe ist unbestimmt: man hat sie von 6 bis zu 18 Fuß
                              Hoͤhe.
                           Ein solcher 40 Fuß langer und eben so breiter Ziegelofen haͤlt, bei 18 Fuß
                              Hoͤhe, 600,000 Ziegel, zu dessen Brande 600 Hektoliter zerkleinte
                              Steinkohlen, (ungefaͤhr 53,200 Kilogr. (106,400 Pfund)) nothwendig sind. Der
                              Brand desselben dauert 14, 30 bis 35 Tage, je nachdem die Witterung mehr oder minder
                              ruhig ist. Man traͤgt den Ofen in dem Verhaͤltnisse ab, als man Ziegel
                              braucht. Das 1000 dieser Ziegel gilt 12 Franken (2 Laubthaler); allein die Kohlen
                              gelten auch nur 36 Sous das Hektoliter.Der Redakteur des Industriel bemerkt, daß die
                                    Arbeiter gewoͤhnlich die Pyramide anzuͤnden, ehe sie ganz
                                    fertig sind, oft schon bei 3 bis 4 Fuß Hoͤhe, und daher ihre Fuͤsse
                                    mit hoͤlzernen Schuhen bewaffnen, um sich nicht zu verbrennen,
                                    waͤhrend sie auf der brennenden Pyramide umhersteigen.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
