| Titel: | Pariser Verfahren, Spiegel zu schleifen und zu poliren. | 
| Fundstelle: | Band 30, Jahrgang 1828, Nr. XLV., S. 170 | 
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                        XLV.
                        Pariser Verfahren, Spiegel zu schleifen und zu
                           poliren.
                        Aus dem Journal-Polytechnique, im Franklin
                                 Journal und in Gill's technological Repository. Jul. 1828. S.
                              59.Da man diesen Aufsaz in England einer Uebersezung werth fand, so mag er auch
                                 fuͤr deutsche Spiegelfabrikanten noch Interesse haben. A. d. Ueb.
                           
                        Pariser Verfahren, Spiegel zu schleifen und zu poliren.
                        
                     
                        
                           Die Spiegelglaͤser (Platten, Tafeln) werden zu St. Gobin gegossen, wo sie des
                              Materiales wegen sowohl, als wegen des Brennmateriales, wohlfeiler zu stehen kommen,
                              und rauh nach Paris gefahren, wo sie theils verarbeitet, theils ausgefuͤhrt
                              werden. Da sie rauh diker sind, brechen sie nicht so leicht auf dem Transporte, und
                              leiden auch nicht durch Krazen und Abreiben des Beleges: denn wenn fertige Spiegel
                              brechen, zumahl wenn sie etwas groͤßer sind, so ist der Schaden nicht
                              unbedeutend, Ueberdieß verarbeitet man zu Paris nur jene Platten, auf welche
                              Bestellung einging.
                           Die Platten werden in einer Art hoͤlzernen Rahmens auf die Kante gestellt und
                              die Flaͤchen gegen einander gekehrt transportirt: die Kante stekt in einer
                              Art Falzes, dessen Weite mit der Dike der Platte oder Tafel correspondirt. Die
                              Rahmen haͤngen in Federn, so wie die Wagen, in welchen sie transportirt
                              werden. Zwischen die Platten kommen in gewissen Entfernungen noch Streifen von
                              elastischem Tuche, welche das Aneinanderschlagen derselben hindern.
                           Nachdem die Platten oder Tafeln gegossen und angelassen (d.h. allmaͤhlich
                              abgekuͤhlt) werden, sind sie auf jener Seite, mit welcher sie auf der Platte
                              liegen, auf welcher sie gegossen wurden, so ziemlich glatt und eben, jedoch noch
                              nicht hinlaͤnglich, auf der anderen Seite sind sie aber sehr rauh und uneben.
                              Beide Oberflaͤchen muͤssen nun vollkommen eben zugeschliffen werden.
                              Ehe diese Arbeit beginnt, werden sie genau untersucht, ob sie keine Mangel haben,
                              z.B. tiefe Hoͤhlungen oder Spruͤnge, die das Ausschleifen derselben in
                              ihrer urspruͤnglichen Große hindern. Wenn sich solche Maͤngel zeigen,
                              so werden sie mittelst eines Demantes so zugeschnitten, daß man ihnen so viele
                              Groͤße als moͤglich laͤßt. Wenn der Schnitt, der mit dem
                              Demante gefuͤhrt wurde, nahe an der Kante zu liegen kommt, wird der
                              wegzunehmende Theil mit dem Hammer abgeschlagen; wenn er aber durch die Mitte der
                              Tafel laͤuft, so reicht das Gewicht derselben zu, da sie hier als Hebel zum
                              Bruche wirkt. Wenn das Glas nicht „gehoͤrig
                                    angelassen“ ist, wie die Arbeiter sagen, so laͤßt es
                              sich nicht gut schneiden; wenn es aber gut angelassen oder gekuͤhlt ist, so
                              ist es weit biegsamer und weniger gebrechlich, als man gewoͤhnlich glaubt.
                              Dieß erweiset sich nicht bloß bei dieser Arbeit, sondern auch durch folgenden von Buͤffon angestellten Versuch. Der sel. Graf hatte
                              eine Glastafel in einem Rahmen befestigt. Ueber der Mitte derselben befand sich eine
                              unten mit Leder bedekte Schraube. Wenn er nun die Schraube drehte, so konnte er
                              dadurch dem Glase einen bedeutenden Grad von Biegung geben.
                           Da das Anlassen oder Kuͤhlen des Glases eine hoͤchst wichtige Arbeit ist, und die
                              Benennung derselben zu falschen Vorstellungen von der Sache Veranlassung geben
                              koͤnnte, so will ich hier etwas bei dieser Arbeit verweilen. Anlassen heißt einen durch die Hize ausgedehnten
                              Koͤrper langsam und fortschreitend abkuͤhlen. Um Glastafeln anzulassen
                              oder abzukuͤhlen, bringt man sie Unmittelbar nach dem Gusse, und
                              waͤhrend sie noch weich sind (auf der metallnen Tafel, auf welcher sie
                              gegossen wurden), in einen sehr heißen, aber von allem Rauche und aller Flamme
                              freien Ofen; denn durch diese lezteren wuͤrde die Farbe des Glases leiden.
                              Man laͤßt das Feuer unter dem Ofen allmaͤhlich ausbrennen, und die
                              Tafeln nach und nach, so wie das Feuer sich vermindert, kalt werden. Auf diese Weise
                              zieht das Glas sich nur langsam und in allen Richtungen gleichfoͤrmig
                              zusammen; die Glastheilchen naͤhern sich einander immer mehr und mehr, und
                              haͤngen desto fester an einander. Wenn man aber im Gegentheile das Glas sich
                              in freier Luft abkuͤhlen laͤßt, so ergibt sich folgendes Resultat. Das
                              Glas hat waͤhrend des Schmelzens in seinem Umfange zugenommen; seine
                              Oberflaͤche, die derjenige Theil ist, der zuerst und etwas schnell
                              abkuͤhlt, behaͤlt beinahe dieselben Dimensionen. Die inneren Theilchen
                              werden nun, sobald die Hize, die dieselben von einander entfernt hielt, verschwunden
                              ist, in einem groͤßeren Raͤume eingeschlossen, und bleiben folglich
                              weiter von einander. Es befinden sich also leere Raͤume zwischen denselben,
                              und sie streben sich einander zu naͤhern, theils durch ihre gegenseitige
                              Anziehung, theils durch den Druk der aͤußeren Luft. Wenn nun diese
                              Doppelwirkung sehr stark ist, so splittert sich das Glas, und bricht von sich
                              selbst; oder wenn die Oberflaͤche desselben stark genug ist, dieser Wirkung
                              zu widerstehen, so wird der leichteste Stoß, oder (was noch zerstoͤrender
                              wirkt) der unbedeutendste Riz an der Oberflaͤche desselben hinreichen,
                              dasselbe zu brechen. Ersteres geschieht, wenn man roth gluͤhendes Glas in
                              Wasser taucht, oder Wasser auf dasselbe sprizt. Die Glastropfen, die man Hollaͤnder Thraͤnen (Dutch-tears) oder Prinz Rupert's Tropfen nennt, geben ein Beispiel
                              von der zweiten Art. Diese Tropfen werden dadurch bereitet, daß man geschmolzenes
                              Glas in Wasser fallen laͤßt. Da ihre Oberflaͤche nur sehr klein ist,
                              und da sie rund sind, so ist ihre Oberflaͤche stark genug, der Ausdehnung der
                              inneren Theilchen zu widerstehen, und auch dem Druke der aͤußeren Luft,
                              welcher auf den in denselben gebildeten leeren Raum wirkt. Wenn man aber die feine
                              Spize, in welche diese Tropfen ausgezogen sind, abbricht, so hoͤrt dieser
                              Widerstand auf, und der Glastropfen zerfaͤllt, so dik er auch ist, zu
                              Staub.
                           Auf einigen Glashuͤtten zeigen die Glasmacher Glas, das in freier Luft
                              abgekuͤhlt wurde, und lassen bleierne Kugeln auf dasselbe fallen, ohne daß
                              das Glas dadurch braͤche. Sie laden dann die Fremden ein, einige
                              Koͤrnchen Sandes auf dieses Glas fallen zu lassen, und dadurch bricht
                              dasselbe in tausend Stuͤke. Der Grund hiervon ist, daß das Blei die
                              Oberflaͤche des Glases nicht rizt, wohl aber der ekige und scharfe Sand, und
                              dadurch die oben erwaͤhnte Wirkung hervorbringt.
                           Erste Arbeit. Nachdem die Glastafeln auf obige Weise
                              untersucht wurden, werden sie vor Allem verduͤnnt. Zu diesem Ende bringt man
                              eine Tafel oder Glasplatte, oder mehrere zugleich, auf eine hoͤchst ebene
                              Tafel aus Stein oder starkem Holz, und befestigt sie auf derselben mittelst einer
                              Lage Gypses vollkommen horizontal. Ein Arbeiter steigt auf die Glastafel, und tritt
                              so auf derselben umher, daß der Gypsbrei sich gleichfoͤrmig unter ihr
                              verbreitet. Andere Tafeln von 18 Zoll oder 2 Fuß im Gevierte, gleichfalls noch rauh,
                              werden ebenfalls mittelst Gypses auf flachen Stuͤken Stein oder Holz von
                              gleicher Groͤße mit den Glastafeln so aufgekittet, daß (zur Verminderung der
                              zu großen Reibung) die ebenere und mehr glatte Flaͤche nach außen kommt, wenn
                              die rauheste Seite der unteren Tafel angeschliffen werden soll, und umgekehrt. Wenn
                              der Gyps troken geworden ist, bringt man diese kleinen Glastafeln auf die
                              groͤßeren, und legt auf den flachen Stein oder auf das Holz, auf welchem sie
                              aufgekittet sind, noch einen anderen Stein, um den Druk derselben zu vermehren.
                              Dieser lezte Stein ist in einem hoͤlzernen Rahmen eingelassen, der an jeder
                              seiner Eken mit einem Griffe versehen ist, und wird auf dem anderen Steine mittelst
                              etwas Gyps befestigt. Zwischen beide Glastafeln schuͤttet man Wasser mit Sand
                              oder gepuͤlverten Sandstein, den man aber immer desto feiner nehmen muß, je
                              weiter die Arbeit vorgeruͤkt ist. Der Arbeiter, der den Rahmen in Umlauf
                              sezt, indem er die Griffe an den Eken desselben aus einer Hand in die andere laufen
                              laͤßt, schleift so die Platten durch Reibung derselben an einander ab, so daß
                              die, die andere schleifen, zugleich selbst geschliffen werden. Da sie aber viel
                              kleiner als die unter ihnen liegenden Taseln sind, sind sie auch viel fruͤher
                              ausgeschliffen, und muͤssen daher von Zeit zu Zeit erneuert werden. Im
                              Anfange der Arbeit, wo die Oberflaͤchen noch sehr unregelmaͤßig uneben
                              sind, wuͤrden die Tafeln in Gefahr seyn zu brechen, wenn die Reibung zu stark waͤre,
                              und die oberen Platten zu sehr beladen sind: so wie aber die Oberflaͤchen
                              immer ebener werden, bringt man andere flache Steine von 1 1/2 bis 2 Zoll Dike
                              zwischen die bereits beschriebenen.
                           Die Reibung allein reicht hin, um sie auf einander fest zu halten: man kann jedoch
                              Tuch zwischen denselben anbringen. Eine Art von Lineal, mit seiner Kante auf die
                              Tafeln gelegt, zeigt die Stellen, welche noch emporragen und niedergeschliffen
                              werden muͤssen.
                           Diese Arbeit geschieht bloß theilweise, und wird nach und nach an verschiedenen
                              Stellen der Platte vorgenommen. Es handelt sich anfangs bloß darum, die
                              Flaͤche eben zu machen; spaͤter muß sie glatt werden.
                           Zweite Arbeit. Zwei Arbeiter, wovon einer an jedem Ende
                              der Tafel steht, treiben, einer dem anderen, die Maschine zu, und sorgen
                              dafuͤr, daß sie nach allen Richtungen auf der Tafel hin und her
                              laͤuft. So wie die Arbeit fortschreitet, nimmt man immer groͤßere und
                              groͤßere Maschinen von derselben Art. Der Schliff koͤnnte mit
                              denselben ganz beendigt werden; es gibt aber eine Vorrichtung, durch welche man
                              diesen Zwek noch sicherer erreichen kann.
                           Dritte Arbeit. Nachdem die zweite Arbeit (die zwei bis
                              drei Tagelang waͤhrt) vollendet ist, litten die Arbeiter mittelst Gypses eine
                              Glastafel von derselben Groͤße, wie die untenliegende festgekittete Tafel,
                              auf eine Art von Tafel. Diese Glastafel, die bereits auf denselben Grad von Feinheit
                              geschliffen ist, wie die untere Tafel, wird nun auf diese gelegt, und auf dem Ruten
                              der hoͤlzernen Tafel, auf welcher die obere Glastafel aufgekittet ist, wird
                              ein großes und sehr leichtes Rad befestigt, das aus einem duͤnnen
                              kreisfoͤrmig gebogenen Stuͤke Holz besteht, und eine gewisse Anzahl
                              von duͤnnen Speichen hat, auf welche der Umfang aufgenagelt ist. Zwischen die
                              hoͤlzerne Tafel und dem Rade werden nach und nach vierekige Stuͤke von
                              duͤnnen Steinen gelegt, um die Schwere zu vermehren, je mehr das Glas sich
                              ausschleift. Zwei Arbeiter schieben nun mittelst dieses Rades die Tafel
                              ruͤkwaͤrts und vorwaͤrts, und drehen sie nach allen Richtungen:
                              sie sorgen dafuͤr, daß das Wasser mit dem Sande fleißig zwischen die
                              Plaͤtten gebracht wird.Wir haben bemerkt, daß an jenen Stellen, wo der Sand auf das Glas
                                    hinfaͤllt, bedeutendes Aufbrausen Statt hatte: der Schaum schmekte
                                    wie Soda. Wir vermuthen, daß das Glas, welches aus Soda und Sand besteht,
                                    durch die außerordentlich feine Zertheilung seiner Bestandtheile und die bei
                                    der Reibung Statt habende Hize zersezt wird. A. d. O. Auf diese Weise werden beide Tafeln vollkommen flach und eben. Nachdem sie
                              endlich auf diese Weise auf beiden Seiten so abgeschliffen wurden, daß sie genau
                              parallel auf einander liegen, was mittelst eigener Lineale und Wasserwagen
                              gepruͤft wird, sind sie auf ihrer Oberflaͤche noch ganz weiß und matt,
                              was von den vielen Rizen, die der Sand auf denselben hervorbrachte,
                              herruͤhrt; sie sind noch nicht durchscheinend, und muͤssen noch
                              mancherlei Arbeiten unterzogen werden, ehe sie dieß werden. (Fortsezung folgt.)