| Titel: | Ueber die von Herrn Guilbaud zu Nantes vorgeschlagene Gasbeleuchtung. | 
| Fundstelle: | Band 30, Jahrgang 1828, Nr. LII., S. 192 | 
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                        LII.
                        Ueber die von Herrn Guilbaud zu Nantes
                           vorgeschlagene Gasbeleuchtung.
                        Aus dem Recueil industriel. N. 17. S.
                              185.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        Guilbaud's, vorgeschlagene Gasbeleuchtung.
                        
                     
                        
                           Ein franzoͤsischer Chemiker, Lebon, erfand vor 27
                              oder 28 Jahren eine sinnreiche Vorrichtung, Wasserstoffgas so zu verbrennen, daß es zur Beleuchtung
                              benuͤzt werden konnte.Gleichzeitig kam auch Winzler mit seiner
                                    Thermolampe in Oesterreich.A. d. Ueb. Er ließ sich im Jahre 7 der Republik (Anno 1799)
                              ein Brevet d'Invention ertheilen, hatte aber nicht Geld
                              genug, seine Erfindung im Großen anzuwenden, und die Regierung glaubte genug
                              fuͤr ihn gethan zu haben, daß sie ihm ein Brevet gab. Gerade dadurch ward
                              aber jeder andere, der Geld hatte, gehindert, diese Vorrichtung zu seinem Vortheile
                              zu benuͤzen, und Herrn Lebon nuͤzte sein
                              Brevet ohne Geld auch nichts.Dieser Nachtheil des Patentwesens, der sich seit der unseligen
                                    Einfuͤhrung des Patentwesens unzaͤhlige Mahle wiederholte, ist
                                    nicht der kleinste, den die Gesellschaft dieser verkehrten Maßregel zur
                                    Forderung der Cultur zu danken hat. Haͤtte nicht ein bloßer Zufall
                                    den armen Watt zu dem geist- und
                                    geldreichen Bolton gefuͤhrt, so
                                    wuͤrden wir ungeachtet aller englischen Patentrechte vielleicht noch
                                    zur Stunde keine Dampfmaschine besizen.A. d. Ueb. Die Englaͤnder, die durch die franzoͤsischen Patentrechte
                              nicht gebunden waren, benuͤzten Lebon's Erfindung,
                              erhoben die Gasbeleuchtung zu einem Hauptzweige ihrer Nationalindustrie, und die
                              Franzosen mußten das, was urspruͤnglich ihrem Landsmanns und ihrem Lande
                              angehoͤrt, aus England wieder heruͤber holen.
                           Man bereitete das Leuchtgas in England wie in Frankreich, Anfangs aus Steinkohlen,
                              dann aus Oehl, aus thierischem sowohl wie aus vegetabilischem, und endlich aus
                              oͤhlhaltigen Substanzen.Welche leztere der Herausgeber dieses polytechnischen Journals zuerst
                                    vorschlug. (Vergl. polytechn. Journ. B.
                                       VI. S. 308.)A. d. R.
                              
                           Die Bereitung des Leuchtgases aus Steinkohlen wird vorzuͤglich dadurch sehr
                              vortheilhaft, daß der Ruͤkstand, welcher nach der Gewinnung des Gases aus
                              denselben zuruͤk bleibt, theurer ist, als die angewendeten Kohlen; er gibt
                              naͤmlich die bekannten Kohks, die auf Eisenwerken und zur Theergewinnung
                              benuͤzt werden. Allein in Frankreich werden die Kohks weniger benuͤzt,
                              und die Steinkohlen selbst sind in diesem Lande seltener, und nicht so rein, wie in
                              England. Vielleicht waͤre es in Frankreich vortheilhafter, Oehl oder irgend
                              ein anderes hierzu taugliches Landesproduct zu verwenden; allein. Wasserstoffgas aus
                              Oehl ist theuerer als jenes aus Steinkohlen, leuchtet aber dafuͤr desto
                              schoͤner. 1000 Kubikfuß Oehlgas sollen nach Accum so viel Licht geben, als
                              3333 Kubikfuß aus Steinkohlen.
                           Oehl ist theuer, selbst wenn man thierisches Oehl, Fischthran, nehmen wollte. Das
                              Gas, welches man aus den oͤhlhaltigen Samen, wie z.B. aus Lein oder Hanf
                              bereitet, scheint noch andere Gasarten zu enthalten, welche der Brennbarkeit des
                              eigentlichen Leuchtgases nachtheilig sind, und die Luft in den Zimmern verderben, wo
                              man solches Gas brennt.Wenn die Oehlsamen oder Oehlkuchen in schon vorher gehoͤrig erhizte
                                    Retorten kommen, dann erhaͤlt man reines Leuchtgas.A. d. R. Diese Ursachen veranlaßten Herrn Guilbaud
                              das Oehl und diese Samen
                              aufzugeben, und sich nach einem anderen inlaͤndischen Materiale umzusehen. Er
                              war so gluͤklich eines zu finden, das eben so viel, und eben so gutes Gas
                              gibt, als das Oehl selbst. Er erfuhr zwar spaͤter, daß man sich desselben
                              Stoffes auch in Nordamerika bedient; allein er wußte damahls nichts davon, als er
                              diese Entdekung machte. Dieser Stoff kostet fuͤnf Mahl weniger als Oehl, und
                              laͤßt nach Ausziehung des Gases aus demselben, noch einen Ruͤkstand,
                              den man zur Firnißbereitung benuͤzen kann.
                           Die Intensitaͤt des Lichtes einer gewoͤhnlichen Lampe (lampe à quinquet) verhaͤlt sich zu jener
                              des Lichtes einer Gaslampe mit Steinkohlengas, wie 1 : 2 1/2, und zu jener des
                              Lichtes einer Gaslampe mit Oehlgas, wie 1 : 5; zu jener des Lichtes einer Gaslampe
                              mit dem Gase des Herrn Guilbaud wie 1 : 6.Die Berichterstatter (die Herren Athenas, Jolin
                                       Dubois und Le Boyer) erzaͤhlen,
                                    wie sie diese Intensitaͤten gemessen haben, naͤmlich nach der
                                    Intensitaͤt des Schattens, auf die allgemein bekannte Weise. A. d.
                                    Ueb.
                              
                           Der Stoff, dessen Herr Guilbaud sich bedient, kostet nur
                              10 Centimen das Pfund, und Ein Pfund liefert 5 Kubikfuß Gas. Eine Lampe mit 16
                              Loͤchern braucht in Einer Stunde 1 1/2 Kubikfuß Gas. Die Kosten des
                              Materiales betragen demnach in Einer Stunde ungefaͤhr 3 Centimen, und 10
                              solche Gaslampen, die eben so viel Licht geben, als 60 gewoͤhnliche
                              Oehllampen, wuͤrden in Einer Stunde nur 15 bis 16 Kubikfuß Gas fordern, das
                              30 bis 35 Centimen kosten wuͤrde.
                           Eine Oehllampe verbrennt in Einer Stunde fuͤr 7 Centimen Oehl, das Pfund zu 60
                              Cent, gerechnet. Der Docht kommt auf Ein Centime. 60 Oehllampen wuͤrden
                              demnach 4 Franken 80 Centimen in Einer Stunde kosten, woraus sich eine Ersparung von
                              4 Franken 45 bis 50 Centimen in Einer Stunde bei Herrn Guilbaud's Gaslampe ergibt.
                           In Vergleichung mit dem Gase aus Steinkohlen hat das Gas des Herrn Guilbaud das Licht des Oehlgases, und es wird 1/3 weniger
                              davon noͤthig zur Erzeugung desselben Grades von Licht. Guilbaud's Gas verbrennt vollkommen, und ohne allen Geruch, und gibt ein
                              sehr schoͤnes, sehr weißes Licht. Die Kohle ist zwar nicht theuerer, als der
                              Stoff, dessen Herr Guilbaud sich bedient; sie gibt aber
                              noch Theer und Kohks, die indessen weniger in Eisenwerken gesucht werden, als jene
                              Kohks, die man eigens fuͤr dieselben bereitet. Herr Guilbaud darf seine Retorten nicht taͤglich wie bei
                              Steinkohlengas-Bereitung, sondern nur alle 14 Tage ein Mahl reinigen, und es
                              bleibt ihm auch noch ein Ruͤkstand, den er benuͤzen kann. Er kann
                              seine Retorten in Werkstaͤtten anbringen, wo ohnedieß Feuer brennt, so daß
                              dadurch bedeutende Ersparung an Brennmaterial entsteht. Er empfiehlt sie auch zum Hausgebrauche in
                              Kuͤchen, wo die Commission aber, wegen des starken Geruches, sie nicht
                              anwendbar findet.
                           Hr. Guilbaud berechnet die Kosten fuͤr 10 Gaslampen
                              mit 16 Loͤchern von obiger Intensitaͤt, wie folgt. Sein Apparat, den
                              er Hausapparat (Appareil
                                 domestique) nennt, besteht: 1) aus einer Retorte aus Gußeisen; 2) aus einem
                              Reiniger; 3) aus einem Gasometer; 4) aus Roͤhren und Lampen. Er liefert diese
                              um folgende Preise:
                           
                              
                                 Retorte
                                   50 Franken.
                                 
                              
                                 Aufsezung und Zugehoͤr
                                   25
                                        –
                                 
                              
                                 Gasometer aus Eisenblech
                                   90
                                        –
                                 
                              
                                 Reiniger
                                   30
                                        –
                                 
                              
                                 Hoͤlzerne Cisterne oder Faß
                                   80
                                        –
                                 
                              
                                 Verschiedene Roͤhren
                                   20
                                        –
                                 
                              
                                 10 Lampen zu 9 Franken
                                   90
                                        –
                                 
                              
                                 Fuͤr verschiedene Ausgaben
                                   20
                                        –
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 405 Franken.
                                 
                              
                           Hierzu kommen aber noch die bleiernen Roͤhren (der Fuß zu 90 Centimen), die
                              Verzierungen an den Lampen etc.
                           Die Commission erklaͤrte ihre vollkommene Zufriedenheit mit dem Apparate des
                              Hrn. Guilbaud (der auch dann brauchbar ist, wenn man das
                              Gas aus einem anderen Stoffe, als Hr. Guilbaud,
                              bereitet), und fand das Licht in jeder Hinsicht trefflich.Sie ist aber eben so mysterioͤs, als der Redacteur des Recueil, und sagt uns kein Wort uͤber den
                                    Stoff (la
                                       Substance) aus welchem Herr Guilbaud
                                    sein Gas bereitet. Soviel sich aus obiger Abhandlung entnehmen laͤßt,
                                    ist dieser Stoff hoͤchst wahrscheinlich Terpenthin oder Colophonium. A. d. Ueb.