| Titel: | Etwas über die Veredlung der Schafe in Frankreich; von Hrn. G. L. Ternaux, d. ält. | 
| Fundstelle: | Band 30, Jahrgang 1828, Nr. LVII., S. 205 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LVII.
                        Etwas uͤber die Veredlung der Schafe in
                           Frankreich; von Hrn. G. L.
                              Ternaux, d. aͤlt.
                        Aus dem Recueil industriel, N. 14. S. 128, N. 15. S.
                              297. N 16. S. 21.
                        Ternaux, uͤber die Veredlung der Schafe in
                           Frankreich.
                        
                     
                        
                           Unter allen Spinnmaterialien ist Wolle das aͤlteste und das allgemeinste.
                              Baumwolle ist zwar heut zu Tage beinahe eben so wichtig; allein Wolle hat vor
                              derselben sowohl als vor dem Flachs und der Seide den Vorzug, man mag die daraus
                              verfertigten Zeuge in Hinsicht auf Qualitaͤt, Waͤrme, Dauer, oder in
                              Hinsicht auf die Menge Arme betrachten, die sich mit derselben
                              beschaͤftigen;Nach Dupin's
                                    Petit-Producteur verarbeitete Frankreich
                                    im J. 1812 nur 35 Millionen Kilogramm Wolle; gegenwaͤrtig verarbeitet es 42
                                    Millionen, und noch 8 Millionen auslaͤndische. Im J. 1812 spann es
                                    nur 10,362,000 Kilogramm Baumwolle; gegenwaͤrtig spinnt es 28
                                    Millionen. A. d. Ueb. sie bietet die groͤßte Mannigfaltigkeit von Stoffen zu Kleidern fuͤr beide
                              Geschlechter fuͤr jede Jahreszeit dar, und wetteifert mit den uͤbrigen
                              selbst in Anwendung auf Moͤbeln.
                           Sie nimmt besser wie jedes andere Spinnmaterial die mannigfaltigsten Farben an, und
                              behaͤlt sie laͤnger; sie ist nicht selten eben so schoͤn, wie
                              die uͤbrigen Stoffe, aber stets bequemer und nuͤzlicher, nicht bloß in
                              Bezug auf ihre Dauerhaftigkeit, sondern auch in Bezug auf Gesundheit; denn sie
                              schuͤzt besser, als jedes andere Spinnmaterial gegen den Wechsel der
                              Witterung und die Einfluͤsse der Jahreszeiten. Wollenstoffe werden daher von
                              dem Bewohner des Suͤdens, wie von dem Einwohner des Nordens gesucht.
                           Wenn sie zu Tuch verarbeitet wird, ist sie der beste Stoff zu Mannskleidern, und zu
                              Zeugen verarbeitet, sie moͤgen glatt oder gekreuzt seyn, gibt sie leichte
                              Stoffe zu Frauenzimmerkleidern, zu Maͤnteln, Roͤken, Schahls, sie
                              liefert die sogenannten Merinos, und kluge Frauen kleiden sich in Wolle, weil sie
                              laͤnger dauert. Wer immer den Werth der Gesundheit zu schaͤzen weiß,
                              und allenfalls im Stande ist, eine etwas groͤßere Auslage zu machen, wird
                              Wolle jedem anderen Stoffe vorziehen; und selbst der hoͤhere Preis der
                              Wollentuͤcher und Zeuge faͤllt taͤglich mehr und mehr in dem
                              Verhaͤltnisse, als Industrie und Akerbau steigen, der in dem Duͤnger,
                              welchen er durch die Schafe erhaͤlt, wieder neuen Aufschwung gewinnt.
                           Betrachtungen uͤber den großen und allgemeinen Nuzen dieses Gegenstandes
                              veranlaßten mich, mit Umgehung alles Anspruches auf Autorschaft und einzig und
                              allein dem Wunsche huldigend, zur Foͤrderung unseres Akerbaues und unserer
                              Industrie etwas beitragen zu koͤnnen, einige Beobachtungen bekannt zu machen,
                              welche vierzigjaͤhrige Erfahrung uͤber Wollenerzeugung und
                              Wollenbearbeitung mich lehne. Der Aufsaz, den ich hier mittheile, darf nicht als
                              eine vollendete Abhandlung uͤber Schafzucht und Wollenmanufactur betrachtet
                              werden, obschon er ziemlich lang ist; denn er wuͤrde in dieser Hinficht unter
                              beiden Beziehungen hoͤchst mangelhaft seyn.
                           Wenn ich dem franzoͤsischen Landwirthe die Vortheile zeige, die er durch
                              Verbesserung seiner Wolle erlangen kann, wenn ich ihm erklaͤre, wozu man
                              dieselbe verwenden kann, wenn ich ihm die Klippen zeige, an welchen diejenigen
                              scheiterten, die einen falschen Weg eingeschlagen haben, wenn ich anderen
                              aͤhnliche Gefahren ersparen kann, wenn meine Beobachtungen andere veranlassen
                              koͤnnen, die Vortheile eines schlecht verstandenen und verderblichen
                              Schlendrians abzuschuͤtteln, wenn ich endlich so gluͤklich bin, ein Mittel zur
                              Foͤrderung des Wohlstandes des Landmannes einzufuͤhren, dessen
                              Vortheile sich in mehreren Departementen unseres schoͤnen Frankreichs (das
                              aber noch immer mehr verschoͤnert werden kann) auf eine so deutliche und
                              segensvolle Weise zeigten; dann bin ich hinlaͤnglich belohnt.
                           Ich habe so eben gezeigt, daß Wolle ein Artikel ist, der immer gesucht wird. Die
                              Landwirthe koͤnnen leicht begreifen, daß, abgesehen von den Vortheilen,
                              welche ihnen die Schafzucht in Hinsicht auf Duͤnger und Fleisch
                              gewaͤhrt, sie nicht den Muth verlieren duͤrfen, auch durch die Wolle
                              hoͤheren Gewinn zu erlangen. Wenn einige schlechte Jahre sie um einen Theil
                              jenes Ertrages bringen, welchen der hoͤhere Werth ihrer Wolle sie mit Recht
                              erwarten ließ, so muͤssen sie ihre Aufmerksamkeit verdoppeln, um
                              dafuͤr Entschaͤdigung zu erhalten Sie duͤrfen daher nicht
                              vergessen, daß es hier auf zwei wesentliche Bedingungen ankommt: Gewicht und Qualitaͤt
                              der Wolle; sie werden diese leztere Bedingung richtiger zu wuͤrdigen
                              verstehen, wenn sie wissen, daß man die Wolle zu zwei ganz verschiedenen Zweken in
                              den Wollenmanufacturen verwendet, die einander ganz und gar entgegengesezt sind, wie
                              ich im VIII. Capitel zeigen werde.
                           Ehe ich zu dem Einzelnen uͤbergehe, finde ich es noͤthig, einige
                              allgemeine Bemerkungen uͤber die Schafzucht vorauszuschiken.
                           Im Akerbaue, wie im Fabrikwesen, ist die erste unerlaͤßliche Bedingung,
                              welcher man sich, man mag entweder den gewoͤhnlichen Gang gehen oder ein
                              neues System ergreifen (wo sie noch dringender wird) mit der vollsten Hingebung
                              unterziehen muß, diese Ausgaben und Einnahmen genau zu berechnen.
                           Es waͤre uͤberfluͤssig, hier diesen Grundsaz, der so alt ist als
                              die Civilisation selbst, wieder aufzustellen, wenn man nicht taͤglich so
                              viele Maͤnner, und selbst diejenigen, die denselben am meisten im Munde
                              fuͤhren und von seinem großen Nuzen sprechen, in der Anwendung denselben
                              gaͤnzlich vernachlaͤssigen saͤhe. Mag nun die Schwierigkeit,
                              die sich bei Feststellung einer genauen Basis der Rechnung zeigt, gegen welche die
                              Schwierigkeit des Rechnens selbst nichts ist, mag Leichtsinn oder mag der Umstand,
                              daß man sich so leicht hinreißen laͤßt, von seinen Ideen und zur
                              Ausfuͤhrung schreitet, ohne das wahrscheinliche oder unsichere Resultat
                              seiner Projecte und Neuerungen vorlaͤufig gepruͤft zu haben, die nur
                              in dem Verhaͤltnisse einfach erschienen, als man in seine Ideen mehr verliebt
                              ist, oder mag was immer Ursache seyn; ich fand mein ganzes Leben uͤber diese
                              erste unerlaͤßliche Bedingung, von welcher Leben und Tod einer jeden
                              Unternehmung abhaͤngt, so sehr vernachlaͤssigt und vergessen, daß ich
                              glaube, daran erinnern zu muͤssen, wo ich von der Schafzucht spreche.
                           
                           Wie viele Landwirthe haben sich, vorzuͤglich in Frankreich, in dieser Hinsicht
                              seit dreißig Jahren groͤblich getaͤuscht! Wie viele Auslagen haben sie
                              nicht zur Veredlung ihrer Herden gemacht, ohne dadurch etwas gewonnen, ja selbst
                              dadurch sogar nur verloren zu haben! Wie viele andere, die dieser Verlust
                              erschrekte, haben, ohne den Ursachen desselben nachzuspuͤren, aus Furcht, aus
                              Faulheit, aus Gefaͤlligkeit fuͤr den alten Schlendrian, aus Vorurtheil
                              oder aas Eigensinn, alle Verbesserungen vernachlaͤssigt, und widersezen sich
                              jezt sogar noch dem Versuche, die Raßen zu kreuzen, wodurch sie und der Akerbau und
                              die Industrie zugleich gewaͤnnen. Die Veredlung der Schafraßen in Frankreich
                              ist allerdings sehr sichtbar; sie ist aber noch viel zu gering in Vergleichung mit
                              demjenigen, was sie seyn koͤnnte. Wie nothwendig. ist es also, auf die
                              Ursachen aufmerksam zu machen, die diese Vervollkommnung hindern, und die Mittel zu
                              zeigen, die sie befoͤrdern! Dieß will ich im folgenden Kapitel zu entwikeln
                              versuchen.
                           
                        
                           I. Kapitel.Bemerkungen uͤber die Wahl des Bodens, der zur
                                 Schafzucht geeignet ist.
                           Wenn irgendwo Kenntniß des Bodens, den man zu einer gewissen Art von Ertrag bestimmt
                              hat, eine der wichtigsten Bedingungen ist; wenn diese bei der Cultur jeder Art von
                              Gewachsen, die man aus Samen zieht, oder dahin verpflanzt, vor Allem die
                              Aufmerksamkeit des Landwirthes in Anspruch nehmen muß; so gilt dieß nicht minder von
                              der Schafzucht, in welcher man wissen muß, welche Art von Schafen fuͤr diesen
                              oder jenen Boden taugt.Vergl. die Bemerkungen, die in der Sizung der Société d'Encouragement am 30. Maͤrz 1825
                                    vorgetragen, und in N. 248 des Bulletin dieser
                                    Gesellschaft abgedrukt wurden. (Diese Note und die folgenden sind von Hrn.
                                    Ternaux. Sie erlaͤutern seine
                                    Ansichten uͤber Landwirthschaft und Manufactur, und lassen uns einige
                                    Vorschlaͤge erkennen, die er der Regierung unter dem Ministerium des
                                    Herzogs von Richelieu vorlegte. A. d. O.) Wir haben die schoͤnsten Herden dort zu Grunde gehen gesehen, wo
                              andere trefflich gedeihen wuͤrden, und wir sehen dieß noch
                              taͤglich.
                           Mancher Landwirth koͤnnte seine Einnahme bedeutend vermehren, wenn er eine
                              andere Raße halten wuͤrde, waͤhrend ein anderer, wenn er diesem
                              Beispiele folgte, dieselbe bedeutend vermindern wuͤrde: in beiden
                              Faͤllen liegt die Ursache darin, daß man den Boden nicht gehoͤrig oder
                              gar nicht kannte. Dieser Unterschied zwischen Raßen und Raßen und Boden und Boden
                              muß desto genauer bestimmt und gekannt seyn, als es in Frankreich auch nicht eine
                              einzige Herde von der einheimischen Raße gibt, welche man nicht auf eine sehr
                              vortheilhafte Weise
                              durch Kreuzung entweder mit langwolligen oder mit feinwolligen Schafen veredeln
                              koͤnnte: Alles haͤngt hier von einer solchen Auswahl ab, daß die Raße
                              der Natur des Bodens und dem Futter, das derselbe erzeugt, angemessen ist, wie ich
                              anderswo erwiesen habe.Als der Herzog v. Richelieu Praͤsident des
                                    Ministerrathes war, lud ich ihn ein in den Veterinaͤr- und
                                    Oekonomieschulen drei gehoͤrig unterrichtete Individuen
                                    auszuwaͤhlen, und jedes Jahr in einem oder in mehreren Departementen
                                    unter der Aufsicht eines erfahrenen Mannes, der Theorie mit Praxis
                                    verbindet, reisen zu lassen. Acht Monate im Jahre uͤber
                                    koͤnnten sie mit einander zu Fuß eine Gemeinde nach der anderen
                                    durchwandern, und hierbei mit den Katastrirten anfangen. Nachdem diese drei
                                    Individuen den Boden mit Aufmerksamkeit studirt haͤtten,
                                    koͤnnten sie in einem bei dem Maire niedergelegten Register ihre
                                    beifaͤlligen oder kritischen Bemerkungen uͤber die Art der
                                    Cultur, die jeder Paͤchter oder Eigenthuͤmer befolgt,
                                    niederschreiben, und ihren Rath beifuͤgen, wie jeder von seinem Grund
                                    und Boden entweder durch reichlicheren Duͤnger, durch Wechsel der
                                    Samen, durch Viehzucht mit Auswahl der Art des Viehes nach den
                                    Verhaͤltnissen der Lage und mit Angabe der Zahl der zu haltenden
                                    Stuͤke etc. hoͤheren Ertrag erlangen kann. Man wird allerdings
                                    nicht erwarten duͤrfen, daß jeder Landwirth den Rath dieser reisenden
                                    Akerbaucommission befolgt; waͤren aber in jeder Gemeinde nur zwei
                                    oder drei, die denselben befolgten, so waͤre der Staat schon dadurch
                                    fuͤr die geringen Auslagen entschaͤdigt, die eine solche
                                    Anstalt kostete, und in dem Maße, als die uͤbrigen Landwirthe
                                    saͤhen, daß ihre Nachbarn durch Befolgung des gegebenen Rathes sich
                                    besser stehen, wuͤrden sie dieselben nachahmen, zum Maire gehen und
                                    dort das Register einsehen, und auf diese Weise gleichfalls von demselben
                                    Vortheil ziehen.Man kann sich wohl denken, daß die Mitglieder dieser Commission ihren Rath in
                                    dieses Register mit desto mehr Ueberlegung, Umsicht und Klarheit
                                    niederschreiben wuͤrden, als ihre Ehre, ihr Ruf, ihre Zukunft zum
                                    Theile davon abhaͤngt. Es muͤßte jedem Landwirthe, der diese
                                    Rathschlaͤge befolgt hat, erlaubt seyn, seine mit seinem Namen
                                    unterzeichnete Erklaͤrung beizufuͤgen, ob er sich gut oder
                                    schlecht dabei befunden hat. Nach einigen Jahren koͤnnte dieselbe
                                    Commission, ganz oder in einzelnen Individuen, an diese Orte
                                    zuruͤkkehren, und daselbst das Lob oder den Tadel der Landwirthe
                                    empfangen, die ihre Nachschlage befolgten, so daß diese Ruͤkkehr
                                    Belohnung oder Strafe seyn wuͤrde. Wenn diese jungen Leute die Probe
                                    bestanden und einen verdienten Ruf erlangt haben, koͤnnte man sie zu
                                    Vorstaͤnden solcher Commissionen befoͤrdern.Man begreift, daß das Gelingen einer solchen Maßregel einzig und allein von
                                    der Auswahl solcher Leute abhaͤngt, die im Stande sind, dieselbe
                                    auszufuͤhren; wenn sie das sind, was sie seyn sollen, so ist das
                                    Gute, was sie erzeugen koͤnnen, uͤber alles Verhaͤltniß
                                    gegen die Kosten, welche sie verursachen koͤnnen. Man kann sich
                                    anfangs bloß auf eine Gemeinde beschraͤnken, und diesen Versuch erst
                                    dann vervielfaͤltigen, nachdem man die Vortheile desselben klar vor
                                    Augen liegen hat.Dem Herzoge gefiel diese Idee; er wuͤrde sie gewiß, so wie viele
                                    andere, die ich ihm mittheilte, ausgefuͤhrt haben, wenn nicht Politik
                                    und Tod ihn seinem Vaterlande entrissen haͤtten, dem er durch seine
                                    Redlichkeit und durch seine Sorgfalt fuͤr das allgemeine Beste theuer
                                    geworden ist. A. d. O. (Unsere Leser werden sich erinnern, daß wir, ohne von
                                    dieser Idee des Hrn. Ternaux etwas zu wissen,
                                    ambulirende Lehrer der Landwirthschaft und der wichtigeren Zweige der
                                    Gewerbskunde fuͤr das Land vorgeschlagen haben in den ersten
                                    Baͤnden des polyt. Journales. A. d. U.)
                              
                           Kein Guͤterbesizer und kein Paͤchter kann fuͤr sich oder
                              fuͤr den Staat Gewinn erhalten, wenn er nicht eine der beiden großen
                              Abtheilungen, in welche die Schafe zerfallen, veredelt, und nicht eine solche Auswahl trifft, daß beide
                              Abtheilungen rein von einander geschieden sind. Er muß entweder Merinos zu bekommen
                              suchen, die die feinste Wolle (sogenannte superfeine Wolle) zu Tuͤchern
                              liefern, und die spanischer Abkunft sind, deren schoͤnste Musterraße Sachsen
                              gegenwaͤrtig auf den hoͤchsten Grad von Vollkommenheit gebracht hat;
                              oder er muß die starke langwollige Raße waͤhlen, aus deren Wolle man
                              Wollenzeuge verfertigt, und die wahrscheinlich abyssinischen oder afrikanischen
                              Ursprunges ist, und von welcher die vollendetste Musterraße sich gegenwaͤrtig
                              in England befindet.
                           Man weiß heute zu Tage, daß, um Merinos von der feinsten Wolle leicht und mit
                              Vortheil zu ziehen, man dieselben auf trokenem, etwas mageren Boden ziehen muß, wo
                              sich feine gewuͤrzhafte Kraͤuter auf kuͤnstlichen WiesenDie Gruͤnde, die am hoͤchsten liegen, am meisten
                                    abschuͤssig sind, am leichtesten und am trokensten sind, sind auch
                                    die besten fuͤr Schafweiden. Daubenton, Instruction pour les bergers. 5
                                       Édit. p. 143.Man muß die Merinos auf keinem anderen Boden ziehen, als auf sehr gesundem;
                                    diejenigen Gruͤnde, welche Abhaͤnge bilden, sind immer die
                                    besten; das Futter ist auf denselben kurz, duͤnn, aber
                                    kraͤftig, und taugt fuͤr die Constitution des Schafes, die
                                    weich und schlaff ist. (Gilbert, instruction sur les moyens les plus propres à
                                       assurer la propagation des bêtes à laine de race d'Espagne
                                       p. 25.)Es ist nicht zu zweifeln, daß in bergigen Gegenden, und in den Ebenen auf
                                    trokenem, kreidigen, sandigen Boden die Schafzucht gelingen muß. Wo die
                                    Gruͤnde aus Thal und Huͤgel bestehen, sind sie noch besser,
                                    indem man nach Witterung und Jahreszeit die Schafe von einem Orte auf den
                                    anderen treiben kann. (Teissier instruction sur les bêtes
                                       à laine. p. 30)Leichter, steiniger, trokener, luftiger Boden, hohe
                                    Huͤgelruͤken, die gegen Morgen liegen, sind die
                                    Gruͤnde, auf welchen die Merinos am besten gedeihen, am wenigsten
                                    krank werden, und die feinste Wolle liefern. (Lullin, Observations sur les bêtes
                                       à laine. p. 9.) A. d. O. finden; daß man sie in der schlechten Jahreszeit und bei anhaltendem Regen
                              im Stalle halten muß. Es ist sehr zu zweifeln, daß man die langwolligen Schafe auf
                              dieselbe Weise halten kann, wie die Merinos, obschon Daubenton,Man vergleiche seine Instruction vom Jahre 1767.
                                    5. Ausg. S. 287.) A. d. O. dessen Ausspruͤche stets alle Achtung verdienen, dieser Meinung ist.
                              Die langwolligen Schafe haben Luft und Freiheit noͤthig;Eben dieß brauchen auch die Merinos, die nur darum in Spanien noch besser
                                    sind, als in Sachsen, weil sie in Spanien Sommer und Winter und Tag und
                                    Nacht im Freien gehalten werden koͤnnen. Merinos in Spanien in
                                    Staͤllen gehalten, werden so schlecht; wie bei uns. A. d. Ueb. sie brauchen staͤrkeres Futter, reichlichere Nahrung, selbst wenn sie
                              etwas waͤsserig ist, wie Runkelruͤben und Turneps.Alle Gegenden in Frankreich, die feuchte Weiden haben, wo das Futter im
                                    Ueberflusse hervorschießt, taugen fuͤr die englischen Schafe; diese
                                    werden auf denselben gedeihen, wenn man nur dafuͤr sorgt, daß sie
                                    nicht auf sumpfige Stellen, Moore (in Bayern Moͤser) gerathen. (Perrault de Jotémps, 3. Bulletin de la Société
                                       d'amélioration des laines. p. 24) A. d. O. Diese Raße gewoͤhnt sich selbst an niedrige Wiesen in der Nahe des
                              Strandes am Meere, an Fluͤssen und Waͤldern, wo diese Weiden, ohne gerade sumpfig zu seyn,
                              doch immer nothwendig etwas feucht sind.Die Nachbarschaft des Meeres und die großen Suͤmpfe gewaͤhren
                                    Vortheile, die man gegenwaͤrtig zu wenig benuͤzt.Wir empfehlen auch, als die beste Lage fuͤr diese Raße, Weiden in der
                                    Naͤhe großer Waͤlder.Wenn man in verschiedenen Richtungen Wege von 30 bis 40 Meter Breite in
                                    gerader Linie durch Waͤlder schlaͤgt, die in Ebenen liegen,
                                    und in sanftem Abhange in Bergwaͤldern, so werden die Forstbesizer
                                    zugleich schoͤneres Holz und gute Weideplaͤze erhalten, und es
                                    wird moͤglich seyn, die Woͤlfe auszurotten, die in waldigen
                                    Gegenden Hausen. (Cordier, Notice sur l'importation et
                                       l'éducation des moutons à longue laine. p. 47, 48) A.
                                    d. O. (Forstcultur erlaubt das Treiben der Herden in Waͤlder
                                    nimmermehr. A. d. Ueb.) In England, wo diese langwollige Raße nie in den Stall kommt, irrt sie frei
                              auf den großen mit Heken durchschnittenen Weiden umher; frißt, wann und wie es ihr
                              beliebt,Die Leute, die in England gewesen sind, und die Schriftsteller, die
                                    uͤber die Anzucht der langwolligen Schafe in England geschrieben
                                    haben, stimmen alle in ihren Aeußerungen dahin uͤberein, daß diese
                                    Thiere in England bestaͤndig der Witterung bloß gestellt sind, und in
                                    einer Art von Naturzustand leben. A. d. O. und da sie nie von Schaͤfern oder Hunden genekt wird, so leitet sie
                              ihr Instinct ihre Nahrung dann zu sich zu nehmen, wann die Zeit guͤnstig und
                              das Futter troken ist, waͤhrend die Merinos, die der Schaͤfer auf die
                              Weide treibt, von welchem sie bald langer bald kuͤrzer auf derselben gelassen
                              werden, in der Furcht bald wieder davon gejagt zu werden, anfangen zu fressen, auch
                              wenn das Gras noch ganz vom Thaue naß ist. Wehe der Herde, die der Schaͤfer
                              auf die Weide treibt, ehe der Thau vergangen ist, oder die er so lang auf derselben
                              laͤßt, bis Abends wieder frischer Thau faͤllt.Man fuͤrchtet in England die Nachtheile des Thaues fuͤr die
                                    Herden nicht so, wie in Frankreich, obschon unsere ausgezeichnetsten
                                    Landwirthe alle darin uͤbereinstimmen, daß der Thau den Schafen
                                    schaͤdlich ist, und dieselben, kachektisch macht. Man muß zwischen
                                    Schafen unterscheiden, die in den Stall getrieben werden, und zwischen
                                    jenen, die Tag und Nacht uͤber im Freien bleiben, wo sie die ihnen
                                    nothwendige Nahrung finden, und jeden Augenblik fressen koͤnnen.
                                    Solche Schafe haben nie wahren Hunger, waͤhrend die anderen, die nach
                                    der verschiedenen Jahreszeit 12 bis 16 Stunden lang eingesperrt sind, sich
                                    mit Heißhunger auf das bethaute Kutter werfen, und dadurch unvermeidlich
                                    faul werden. Wenn man die englischen Schafe bei der Nacht pferchen oder in
                                    Stalle sperren wuͤrde, wuͤrden sie derselben Krankheit
                                    unterworfen seyn. Man muß also in gewissen Faͤllen die englische, und
                                    in anderen die franzoͤsische Methode befolgen. (Flandrin, observations sur les moutons de
                                       l'Angleterre, p. 33–34) A. d. O.
                              
                           Wenn ein Landwirth, ohne seine Lage und seine Weiden zu kennen und
                              hinlaͤnglich zu studiren, statt der einheimischen Raste Merinos mit
                              superfeiner Wolle nimmt, und seine Gruͤnde sind nur etwas feucht und seine
                              Weiden fett, so wird auch seine Herde sehr bald fett, und von der Kachesie oder
                              Faͤulung und von aͤhnlichen Krankheiten angegriffen werden; er wird
                              sie verlieren, und mit ihr den ganzen Aufwand, den er auf dieselbe gemacht hat;
                              waͤhrend er, wenn er, unter gleichen Verhaͤltnissen, die starke
                              langwollige Raße gewaͤhlt hat, entweder die einheimische, oder noch besser die
                              englische aus Leicester, Norfolk, Glocester oder Lincolnshire, diese Herde gedeihen,
                              und ihm alle Vortheile gewaͤhren wird, die er sich von derselben versprach.
                              Wenn er aber im eutgegengesezten Falle diese langwolligen Schafe auf trokene
                              Gruͤnde stellte, wo das Futter spaͤrlich, das Gras duͤnn und
                              fein ist, wird seine Herde sichtbar abmagern, und er wird sie nicht unterhalten
                              koͤnnen. Statt daß er also bei seinem Wechsel gewonnen hat, wird er Schaden
                              und Nachtheil gefunden haben. Wenn er Schafe von der feinen Raße waͤhlt, wird
                              er dieselben, da sie bei ihm ihre gehoͤrige Nahrung finden, mit Vortheil
                              aufziehen, und sowohl an der Schwere, als an der Qualitaͤt der Wolle, sehr
                              bedeutenden Vortheil erhalten.Die Weiden haben auch sehr großen Einfluß auf die Wolle. Ein neues Beispiel
                                    gibt uns der beruͤhmte Thaer im
                                    Wollenvereine, Leipzig 1823, dessen Praͤsident er ist. Dieses Werk
                                    enthaͤlt die Beobachtungen der beruͤhmtesten Landwirthe und
                                    Fabrikanten Deutschlands uͤber die Merinos der sogenannten Electoralraße.„Es gibt in Sachsen zwei Guͤter, die demselben
                                       Eigenthuͤmer gehoͤren, und bloß durch Berg und Thal
                                       getrennt sind. Der Berg, sehr warmer Boden, ist fruchtbar und dem
                                       Kleebau (dem rothen Klee) guͤnstig. Wiesen und Weiden sind
                                       herrlich. Der Boden des anderen Gutes hingegen ist kalt, arm, thonig;
                                       Wiesen und Weiden tragen nur kurzes, mageres, hartes Futter; sie haben
                                       keinen Klee. Die Schaft befinden sich auf jedem Gute gleich gut; allein
                                       die Wolle hat auf den Individuen von gleicher Feinheit einen bedeutenden
                                       Unterschied erlitten. Auf dem ersteren Gute ist sie weit weicher und
                                       sanfter, auf dem anderen rauher und sproͤder. Man hat
                                       oͤfters die Schafe aus einem Gute in das andere getrieben, und
                                       die Wolle hat jedes Mahl gewechselt.“*)*) Es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß man uns auch gesagt
                                    haͤtte, ob nach angestellten Proben der Grad der Feinheit und die
                                    Schwere des Fließes dieselbe geblieben ist; denn nach unserer Ansicht
                                    muͤßte die Wolle auf dem besseren Boden etwas reichlicher, aber
                                    weniger fein ausgefallen seyn. A. d. O.
                              
                           
                        
                           II. Kapitel.
                              Ueber die Quantitaͤt und Qualitaͤt der
                                 Nahrung.
                           Nachdem der Landwirth nach der Natur des Bodens, je nachdem dieser troken oder
                              feucht, etwas mager oder fruchtbar ist, die Raße gewaͤhlt hat, die er mit dem
                              hoͤchsten Vortheile unterhalten kann, muß er dafuͤr sorgen, die Raße,
                              die er gewaͤhlt hat, mit den moͤglichst geringsten Kosten mit
                              hinlaͤnglicher Nahrung zu versehen, nicht bloß dadurch, daß er seine Felder
                              so eintheilt, daß er die Zeit der Weide verlaͤngern kann, ohne seinen
                              uͤbrigen Ernten zu schaden, sondern auch dann noch die Nahrung oder das
                              Futter vermehren kann, wann seine Felder, mit Schnee oder mit Ernten bedekt, seine
                              Schafe nicht mehr auf denselben weiden lassenHerr Dailly, Besizer einer Herde von 5–600
                                    Merinos, hat Herrn Ternaux eine Berechnung der
                                    Nahrung seiner Herde mitgetheilt, und denselben berechtigt, sie bekannt zu
                                    machen. Die Ordnung, die er auf seinem Pachtgute de Trappes
                                    einfuͤhrte, erlaubte ihm, sich uͤber den Bedarf eines ganzen
                                    Jahres in Gewißheit zu sezen. Nach sehr genauer Rechnung ergab sich die
                                    Auslage fuͤr die erste Herde, bestehend aus Mutterschafen,
                                    fuͤr jedes Schaf waͤhrend 24 Stunden zu 256/100 Centimen; mit
                                    Inbegriff der jungen Laͤmmer vom 5. November, der Wurfzeit, bis zum
                                    20. April, wo die jungen Laͤmmer die zweite Herde bilden. Bei dieser
                                    zweiten Herde kommt jedes junge Schaf waͤhrend 24 Stunden auf 134/100
                                    (Man vergleiche die Note am Ende dieses Aufsazes.)In dieser Rechnung sind die Auslagen fuͤr Gebaͤude und
                                    Huͤtung nicht mit begriffen.A. d. O., oder mit einem
                              Worte, wann man genoͤthigt ist, die Schafe im Stalle oder unter Dach zu
                              halten.
                           Es scheint mir uͤberfluͤssig, die verschiedenen Futterkraͤuter
                              fuͤr die Schafe hier aufzufuͤhren; die Paͤchter kennen sie
                              hinlaͤnglich;Der Preis, den der Landwirth jaͤhrlich oder alle 6–7 Jahre,
                                    wann er seine Schafe verkauft, fuͤr seine Wolle erhaͤlt, mag
                                    wie immer stehen, so bleibt stets so viel gewiß, daß der Nuzen, den er von
                                    der Anzucht seiner Schafe erhaͤlt, mehr oder minder von der
                                    Leichtigkeit abhaͤngt, mit welcher er dieselben futtert, und von dem
                                    Wirtschaftssysteme, das er befolgt.Man kann nicht laͤugnen, daß die wohlfeilste Weise Schafe zu halten
                                    diese ist, daß man sie so lang als moͤglich auf der Weide
                                    haͤlt, und nur dann im Stalle fuͤttert, wenn man sie wegen
                                    Regens, Schnees, großer Kaͤlte, oder weil die Felder mit der Ernte
                                    bedekt sind, nicht austreiben kann. Ich weiß aus Erfahrung, wie gut es ist,
                                    seinen Feldbau so einzurichten, daß man zu jenen Zeiten im Jahre seinen
                                    Bedarf am Futter hat, wo die Schafe nicht im Freien gehalten werden
                                    koͤnnen, und vorzuͤglich im Anfange des Fruͤhlinges.
                                    Außer den kuͤnstlichen Wiesen und der Luzerne, die in jeder
                                    Jahreszeit die groͤßte Huͤlfe gewaͤhren, ist Roggen und
                                    Hafer, gruͤn gefuͤttert, das beste, was man bauen kann, und
                                    was ich allem Uebrigen vorziehe; man hat dann, wann die Vegetation in voller
                                    Thaͤtigkeit ist, an 15 Morgen (Arpens) genug, um eine Herde von 250
                                    bis 300 Staͤken bis zur Hereinfuhr zu naͤhren. Ich lasse dann
                                    umbrechen, und baue Erdaͤpfel, Runkelruͤben oder Turneps, ein
                                    treffliches Winterfutter fuͤr alle Arten von Hausthieren.Man wird aus der Uebersicht des Futterverbrauches der Herden des Herrn Dailly, welches ich unten mittheile, ersehen, wie
                                    sehr man auf diese Weise die Futterkosten zu dieser Jahreszeit ersparen
                                    kann.Folgende Beobachtungen, von deutschen Landwirthen, koͤnnen auch von
                                    den unserigen mit Vortheil beruͤksichtigt werden.„Schafe, die mit Heu gefuͤttert werden, geben dem Auge nach
                                       weit mehr, als Schafe, die mit anderem Futter unterhalten wurden; die
                                       Wolle ist aber nicht so schwer.“„Bei gleichem Gewichte ist trokener Klee nicht so reich an
                                       Nahrungsstoff als Heu; man kann sich an dem Umfange der ersteren
                                       taͤuschen.“„Man ist von dem Irrthume zuruͤkgekommen, daß rohe
                                       Erdaͤpfel den Schafen schaͤdlich sind, mit Stroh und etwas
                                       Heu gemischt, sind sie ein gutes Winterfutter und schaden der Wolle
                                       durchaus nicht. Der Ruͤkstand von Erdaͤpfelbrantwein kann
                                       gleichfalls als Futter verwendet werden.“ Wollenverein 1823.
                                    A. d. O. ich lade sie aber ein, in dieser Hinsicht etwas mehr als sie
                              gewoͤhnlich zu thun Pflegen, jene Schriften zu Rache zu ziehen, die diesen
                              Gegenstande, wie man zu sagen pflegt, vom Grunde aus behandelnAls das beste Werk dieser Art koͤnnen wir den Landwirthen empfehlen,
                                    der Hortus gramineus woburnensis, or an account of
                                       the results of various
                                    
                                    Experiments on the produce and fattening properties
                                       of different grasses, and other plants, used as the food of the more
                                       valuable domestic Animals instituted by John Duke of Bedford. By G.
                                       Sinclair, F. L. S. and F. H. S. Gardener to the Duke of Bedford. 2.
                                       edition. London 1825. 2 Pf. 2 Sh. (Deutsch bei Cotta.) Da Gras
                                    immer das beste, gesuͤndeste und natuͤrlichste Futter
                                    fuͤr die Hausthiere ist, so wird das Studium der Naturgeschichte der
                                    Graͤser fuͤr den Landwirth unentbehrlich. Dieser Theil der
                                    Botanik ist aber gerade einer der schwierigsten in dieser sonst so
                                    angenehmen Wissenschaft. Nur wenige Landwirthe werden sich Schreber's und Hort's
                                    Graͤser, Palisot de Beauvois und Trinius Werke uͤber dieselben, und Ehrhart's und Weih's
                                    und Hoppe's Herbarien beilegen koͤnnen.
                                    Die vollstaͤndigste Aufzaͤhlung aller bisher bekannten
                                    Graͤser findet sich in Linnaei Systema
                                       Vegetabilium edit. Roͤmer et Schultes T. II. Mantiss. II.,
                                    die wir den minder bemittelten Landwirthen nicht genug empfehlen
                                    koͤnnen.A. d. Ueb. und durch praktische Erfahrung jenes Futter kennen zu lernen, das
                              verhaͤltnißmaͤßig zum Umfange des Bodens, und zur Menge und Art dieses oder
                              jenes Duͤngers am meisten Vortheil gewaͤhrt.
                           Waͤhrend Stroh, Heu, Grummet etc. waͤhrend des Winters fuͤr
                              feinwollige Schafe hinlaͤngliche und gute Nahrung gibt, taugen fuͤr
                              die langwolligen Schafe Turneps, Runkelruͤben, Erdaͤpfel und anderes
                              starkes, fettes und etwas waͤsseriges Futter.Ruͤden oder Turneps mit etwas Heu bilden so zu sagen das einzige
                                       Winterfutter der englischen Herden. Man baut sie in England so
                                       haͤufig und in solchem Umfange, daß man deren mehr hat als man
                                       braucht, und den Ueberfluß zur Maͤstung verwenden
                                       kann.“ Flandrin a. a. O. S. 35. 36.A. d. O.
                              
                           Diejenigen Nahrungsmittel also, bei welchen die feinwolligen Schafe kachektisch oder
                              faul wuͤrden, taugen sehr gut fuͤr die langwolligen, und das Futter
                              der ersteren; waͤre fuͤr leztere zu mager.
                           
                        
                           III. Kapitel.
                              Ueber die verhaͤltnißmaͤßige Menge Schafe, die
                                 man halten kann.
                           Ex nihilo nihil. Aus Nichts wird Nichts; ich will noch
                              hinzusezen, daß aus der Betrachtung der Zersezung und Bildung der Koͤrper so
                              viel hervorgeht, daß aus Etwas immer Etwas wird.
                           Die Schafe liefern drei sehr verschiedene Producte: Duͤnger,Teissier unterstuͤzt in einer Note, in
                                    welcher er das Théatre d'Agriculture d'Olivier
                                       de Serres mit unseren gegenwaͤrtigen landwirthschaftlichen
                                    Kenntnissen vergleicht, die Meinung jenes großen Oekonomen uͤber den
                                    Duͤnger, indem er sagt:„Wenn man unsere Hausthiere nur in Bezug auf den Duͤnger
                                       betrachtet, den sie liefern, so werden sie von der hoͤchsten
                                       Wichtigkeit. Ohne Duͤnger kein
                                          Akerbau; dieß bleibt eine unbestreitbare Wahrheit;*) man mag was
                                       immer fuͤr ein System im Feldbaue befolgen, so kann man
                                       Vermehrung der Hausthiere bei demselben nicht genug empfehlen. Wenn man
                                       zu diesem unschaͤzbaren Vortheile noch den inneren Werth dieser
                                       Thiere und die uͤbrigen Producte rechnet, die sie liefern, so
                                       wird man die Nothwendigkeit fuͤhlen, daß der Landwirth sich vor
                                       Allem mit Aufsindung von Mitteln beschaͤftigen muß, diese Thiere
                                       zu naͤhren und zu unterhalten. Unter diesen Mitteln ist die
                                       natuͤrliche Pferche das gewoͤhnlichste.“Das Pferchen der Hausthiere, und vorzuͤglich der Schafe ist von hoher
                                    Wichtigkeit auf einem Landguts; man erspart nicht bloß das Fuhrlohn, sondern
                                    auch den Verlust des Duͤngers waͤhrend des Aufladens und Verfahrens
                                    desselben auf das Feld. Kluge Guͤterbesizer sorgen gewoͤhnlich
                                    auch dafuͤr, daß in ihren Vertraͤgen mit den Paͤchtern
                                    als ausdruͤkliche Bedingung die Forderung aufgestellt wird: daß der
                                    Paͤchter eine gewisse, dem Umfange der Felder angemessene Zahl von
                                    Schafen auf seinem Pachtgute halten muͤsse.Die Alten (d.i. die alten Heiden, nicht die alten Bonifacier des
                                    Mittelalters) waren so sehr von der Wichtigkeit des Duͤngers
                                    uͤberzeugt, daß sie eine Gottheit als Beschuͤzer des
                                    Duͤngers verehrten (Pitumnus, Sterquilinus,
                                       Stercutus), und man darf auch in unseren christlichen Zeiten nicht
                                    zweifeln, daß der bluͤhende Akerbau Englands und des alten Flanderns
                                    großen Theils der starken Viehzucht in diesen Laͤndern und dem
                                    Duͤnger aller Art zuzuschreiben ist, welchen die Paͤchter
                                    daselbst anwenden koͤnnen.A. d. O.*) Ueber die neulich ein großer Mann, der ein kleiner Oekonom ist, ein dikes
                                    Werk schrieb, das sehr mager ist.A. d. Ueb.
                              Fleisch und Wolle. Ich
                              spreche nicht von Haut und Knochen, indem der Ertrag derselben so unbedeutend ist,
                              daß ich glaube, denselben fuͤglich uͤbergehen zu koͤnnen: wenn
                              uͤbrigens das Fell der englischen Schafe mehr Werth hat, weil es großer ist,
                              so gilt dieß, verhaͤltnißmaͤßig zur Nahrung, welche diese Schafe und
                              die Merinos noͤthig haben, noch mehr von der groͤßeren Menge der Felle
                              der lezteren; und in dieser Hinsicht kann man das Fell unter die Kategorie der
                              beiden ersten Producte bringen. Ich betrachte auch die jungen Widder und Schafe
                              nicht als Product; denn sie gehoͤren zu dem Thiere selbst, und sind in dieser
                              Hinsicht wichtig genug, um den Gegenstand eines eigenen Kapitels zu bilden.
                           Man kann nicht laͤugnen, daß ein englisches Schaf, oder ein Schaf von der
                              großen Raße, mehr Duͤnger und Fleisch gibt, als ein saͤchsisches, oder
                              ein Merinos von der kleineren; allein gibt jenes auch mehr oder nur eben so viel als
                              dieses im Verhaͤltnisse zur Menge der Nahrung, die es braucht?Ein Schaf von mittlerer Groͤße wird ehe fett, als ein anderes, das
                                    sehr groß gewachsen ist. Je verkruͤppelter ein Schaf ist, desto
                                    weniger wird es auf was immer fuͤr einer Weide gedeihen. Diese
                                    Thatsache hat Bakewell zu Dishley, wo er mehrere
                                    Raßen zusammenstellte, um sich hiervon zu uͤberzeugen, erwiesen. (Arthur Young, Cultivateur anglais. T. XIV. p.
                                    401. Alle Thiere, die kleine Knochen haben, werden ehe fett, als die
                                    Grobbeinigen. Ebendas. A. d. O. Dieß ist die wichtige Frage, die. man loͤsen muß, und die fuͤr
                              viele practische und theoretische Landwirthe bereits geloͤste zu seyn
                              scheint, indem sie alle darin uͤbereinkommen, daß die große Raße mehr Futter
                              braucht,Dieß ist vollkommen richtig: man wuͤrde sich aber irren, wenn man
                                    glaubt, daß die englischen Schafe mehr Futter brauchen, als die Schafe in
                                    der Picardie und in Flandern, die auch zur großen Raße gehoͤren. Da
                                    sie besser gebaut sind, fressen sie weniger und gedeihen desto besser,
                                    zumahl, wenn man sie bei ihrer Gewohnheit, d.h. in einem eingeschlossenen
                                    Felde in Freiheit laͤßt, wo sie nach Belieben fressen und ruhen
                                    koͤnnen. Man hat den Versuch in der Fasanerie zu Moulineaux bei
                                    Versailles angestellt, einem kleinen Pachtgute, das jeder sich zum Muster
                                    nehmen mag, der langwollige Schafe ziehen will. Der Eigenthuͤmer, ein
                                    unterrichteter Mann und scharfsinniger Beobachter, stellte flandrische und
                                    picardsche Schafe bei sich ein, fuͤr den Fall, daß einige seiner
                                    englischen Mutterschafe zwei Laͤmmer wuͤrfen, und zu schwach
                                    waͤren, sie zu ernaͤhren. Diese Vorsicht wurde gerechtfertigt.
                                    Man fand es nothwendig, mehreren Muͤttern eines ihrer Laͤmmer
                                    zu nehmen, und dasselbe an einheimischen Schafen trinken zu lassen. Leztere
                                    wurden nach englischer Art behandelt, sie brachten den Winter auf
                                    Ruͤbenfeldern zu eher auf feuchten, aber nicht sumpfigen Wiesen, und
                                    litten durchaus nicht bei dieser Behandlung. Die ganze Herde hatte dasselbe
                                    Futter, und doch war der Unterschied im Gewichte an den einzelnen
                                    Stuͤken im Verlaufe von 6 Monaten um Ein Fuͤnftel und mehr an
                                    den englischen Schafen groͤßer. Man muß die Ursache hiervon einzig
                                    und allein der wirklich erstaunenswerthen Anlage an der Bakewell'schen Raße fett zu werden, den kleinen
                                    Knochen derselben, und wie ich glaube, auch der Ruhe zuschreiben, die die
                                    Schafe genießen, wenn man sie nach englischer Art haͤlt, einer Ruhe,
                                    die die Verdauung erleichtert, und bis Schafe nicht der Nothwendigkeit
                                    aussezt, durch anhaltendes Hin- und Hertreiben derselben in Schweiß
                                    und Ermuͤdung einen Theil des Nahrungsstoffes wieder zu verlieren,
                                    den sie zu sich genommen haben.Außer der Leichtigkeit, mit welcher die englische Raße aus Leicestershire
                                    fett wird, hat sie auch noch die Eigenschaft, sehr fruchtbar zu seyn. Auf
                                    demselben Pachtgute zu Moulineaux haben 16 englische Mutterschaft in diesem
                                    Jahre 28 Laͤmmer geworfen, wovon 26 am Leben blieben, und
                                    gegenwaͤrtig mit einem wunderschoͤnen Fließe bedekt sind,
                                    obschon die meisten von ihrer eigenen Mutter genaͤhrt wurden.A. d. O. und die meisten 
                              noch behaupten, daß dieses selbst in einem weit groͤßeren
                              Verhaͤltnisse Statt hat; d.h., wenn man um zwei hundert Schafe von der
                              groͤßeren Raße eine bestimmte Zeit uͤber zu naͤhren, 300 Ztr.
                              Stroh oder Heu braucht, so wird man mit dieser Menge Futters waͤhrend
                              derselben Zeit 3 bis 400 Merinos oder saͤchsische Schafe von der kleinen Raße
                              fuͤttern koͤnnen, und diese 3 bis 400 Stuͤke werden eben so
                              viel und noch mehr Fleisch dem Gewichte nach, eben so viel und noch mehr
                              Duͤnger geben, als die 200 Stuͤke von der groͤßeren Raße. Man
                              muß bei solchen Rechnungen von einer gemeinschaftlichen Basis ausgehen; denn es geht
                              mit Schafen, wie mit Menschen; zuweilen essen kleine, immer magereEs gibt Thiere, sagt Bakewell, die immer mager
                                    bleiben, wenn man sich auch noch so sehr Muͤhe gibt, sie fett zu
                                    machen, und wieder andere, die fett werden, obschon man ihnen weniger zu
                                    fressen gibt, als den mageren. Arthur Young,
                                       Cultivat. angl. t. XIV. p. 4. Leute viel mehr als andere große und dike; es ist aber allgemeine Erfahrung,
                              daß ein großes und starkes IndividuumHerr de Barbançois, dem Herrn de Trudaine im J. 1776 einen Theil jener Merinos
                                    gab, welche die ersten Merinos in Frankreich waren, die der Koͤnig
                                    von Spanien Ludwig dem XVI. aus Spanien nach Frankreich einzufuͤhren
                                    erlaubte, hat der Erste die Bemerkung gemacht, daß die Schwere des Fließes
                                    nicht immer mit der Schwere des Koͤrpers des Thieres im
                                    Verhaͤltnisse steht, und daß die Menge Nahrung, die jedes Thier
                                    braucht, bloß mit Ausnahme einiger individuellen Unterschiede mit der
                                    Schwere des Koͤrpers des Thieres genau im Verthaͤltnisse
                                    steht. Mathieu de
                                          Dombasle
                                       , 4e Bulletin de la Société
                                       d'amélioration des laines p. 12. mehr ißt, als ein anderes von derselben Art, das kleiner ist. Wenn wir
                              indessen annehmen, daß das Fleisch, ohne Hinsicht auf die Anzahl der Individuen im
                              Verhaͤltnisse zu der Menge des Futters steht, so haben vergleichende
                              Berechnungen erwiesen, daß dasselbe 2 1/2 pC. betraͤgt; d.h., wenn das Thier
                              100 Pfund wiegt, wird es 2 1/2 Pfund Nahrung brauchen; wenn es 150 Pfund wiegt, wird es 3 3/4 Pf.
                              brauchen, und wenn es nur 80 Pf. wiegt, wird es nur 2 Pf. beduͤrfen. Diese
                              Rechnung, die jeder Paͤchter bestaͤtigen kann, ist bei der Wahl der
                              Raße, die man ziehen will, aͤußerst wichtig, indem es erwiesen ist, daß das
                              Fleisch weniger von der Menge der Nahrung, als von der Art des Thieres
                              abhaͤngt, welches dasselbe erzeugt, und daß die Menge Talges, welche das
                              Thier verwendet, um fette lange Wolle zu liefern, eben so groß ist, als wenn
                              dasselbe kurze feine krause Wolle erzeugt.
                           Hier ist nun der Ort zu untersuchen, ob es, wie einige Paͤchter behaupten,
                              wahr ist, daß Merinos von der Raße mit superfeiner Wolle mehr Futter fordern, als
                              inlaͤndische Schafe. Ich finde dieß nicht.Man kann uͤberhaupt uͤberall Merinos halten, wo man Schafe
                                    haͤlt; nur daß man in dem ersteren Falle eine Herde von hohem, in
                                    lezterem aber von sehr geringem Werthe besizt. Teissier Instructions sur les bêtes
                                       à laine. p. 30. Man wird uͤberall mit Vortheil
                                    Merinos halten, wo die Weiden keine Faͤulung erzeigen, und
                                    hinreichen, um ein Stuͤk derselben von gleicher Schwere mit dem
                                    gemeinen Schafe zu naͤhren. Gasparin Mém. sur l'éducation
                                       des Merinos, comparée à celle des autres races de
                                       bêtes à laine dans les diverses situations pastorales etc.
                                       agricoles. S. 99.A. d. O. Wenn einige behaupten, daß sie mehr brauchen, so versichern andere das
                              Gegentheil, und unter den widersprechenden Behauptungen stimmen die meisten
                              uͤberein, daß kein besonderer Ueberschuß nothwendig ist, und daß beide
                              gleichviel brauchen. Um die Sache gehoͤrig zu beurtheilen, wollen wir sehen,
                              woher dieses Vorurtheil entstand.
                           Der außerordentlich hohe Preis der Merinos, vorzuͤglich bei den ersten
                              Versuchen, die man damit anstellte, veranlaßte die Besizer derselben, diese Thiere
                              reichlicher und besser zu fuͤttern, als die einheimischen Schafe. Die Menge
                              Futters, die man ihnen mehr gegeben hat, hing auf der einen Seite von dem
                              hoͤheren Werthe ab, den man auf dieselben legte, und von dem Bestreben sie
                              desto sicherer gesund zu erhalten; auf der anderen Seite aber von dem Wunsche mehr
                              Wolle zu erlangen, ohne daß man sich uͤbrigens durch Erfahrung
                              uͤberzeugt haͤtte, ob dieses Mittel auch wirklich nothwendig,
                              nuͤzlich und vortheilhaft ist. Erst nach einer langen Reihe von Beobachtungen
                              und Versuchen gelangte man zu der Ueberzeugung, daß in jenen Jahren, wo die Herden
                              sich nur schlecht naͤhren konnten, die Wolle feiner und leichter zu spinnen
                              war, als in denjenigen, wo ein milder Winter und fettere Weiden denselben
                              reichlichere Nahrung gaben. Man weiß ferner, daß ein krankes Schaf eine weit
                              schlechtere Wolle liefert;Die Wolle der Merinos verfeinert sich in dem Maße, als sie den
                                    Anfaͤllen der Krankheit oder des Alters unterliegen. Perrault de Jotemps, le Bulletin d. l.
                                       Société d'Amélioration des laines. p. 6.A. d. O. daß aber diese Wolle feiner und leichter zu verarbeiten ist, als die Wolle
                              von demselben Thiere, so lang es gesund war: als Fabrikant hatte ich Gelegenheit,
                              mich von der
                              Wahrheit dieser Thatsache zu uͤberzeugen, und sie zu bestaͤtigen.
                           Eine zweite Ursache, aus welcher man ohne allen Grund glauben konnte, daß die Merinos
                              eine reichlichere Nahrung als die einheimischen Schafe fordern, war diese, daß
                              viele, ja beinahe alle Schafwirthe die Kreuzungen ihrer Merinos so anlegten, daß sie
                              Thiere von dem staͤrksten und groͤßten Schlage dadurch erhielten, ohne
                              zu bedenken oder auch nur zu ahnen, daß die Feinheit der Wolle bis auf einen
                              gewissen Grad mit der Staͤrke des Wuchses des Thieres unvereinbar ist.Diese so lang von unseren Landwirthen aufgeworfene Frage scheint endlich
                                    geloͤst. Man glaubt gewoͤhnlich, daß feine Wolle sich nicht
                                    mit hohem Wuchse vertraͤgt, mit den Formen und mit dem Gewichte des
                                    Fließes der Merinos, und fuͤhrt als Beispiel und zum Beweise
                                    fuͤr diese Meinung die veredelten Herden in Sachsen und zu Naz an.
                                    Wenn man indessen, wie Herr de Mortemart-Boisse rieth, durch Auswahl von Stoͤren
                                    von kleinem Wuchse und superfeiner Wolle zum Sprunge von Mutterschafen von
                                    groͤßerem Wuchse, die mit der moͤglich feinsten Wolle Formen
                                    vereinigen, die Staͤrke und lange Lebensdauer verkuͤnden, eine
                                    mittlere Raße von bedeutender Feinheit ertheilte, die die Fabrikanten
                                    befriedigen koͤnnte, so haͤtte die Verbesserung einen großen
                                    Schritt gethan. Die Herren de Jessaint, de
                                       Chateauvieux, J. J. Bernard, Salmon etc. hatten denselben Gedanken,
                                    wie Herr de Mortemart-Boisse, und besizen
                                    gegenwaͤrtig herrliche Herden, deren Wolle selbst. bei dem Falle des
                                    Preises derselben, noch immer hoch steht.A. d. O. Ich koͤnnte zwanzig Herden in den Departements der Oise und der Seine
                              und Marne anfuͤhren, deren Wolle bei mir als Wolle erster Classe galt, die 2
                              Franken das Pfund im Fette bezahlt wurde, und die nach einigen Jahren in die dritte
                              Classe kam, und nur mehr 1 Franken 50 Cent, oder 25 pC. weniger gegolten hat. Das
                              Fleisch war in der That reichlicher, wog aber nur 25 pC. mehr. Hieraus folgt, daß
                              die Schafwirthe besser gethan haͤtten, wenn sie, statt auf hoͤhere
                              Thiere zu sehen, gesucht haͤtten zu bestimmen, wie viel sie Schafe
                              moͤglicher Weise halten koͤnnen. Sie haͤtten dieselbe Menge
                              Duͤngers und Fleisches fuͤr dieselbe aͤquivalente Menge Futters
                              erzielt, und dabei viel feinere Wolle von einem weit hoͤheren Preise
                              erhalten.
                           Man muß auch dafuͤr sorgen, daß die Schafe nur eine solche Nahrung erhalten,
                              die ihren Dauungskraͤften angemessen ist, und dieses leztere mehr als die
                              Menge derselben beruͤcksichtigen: das Thier ist kein Vielfraß wie der Mensch,
                              und frißt nur so viel, als es noͤthig hat; wenn ihm eine Art von Nahrung
                              fehlt, ist es gezwungen, eine andere zu suchen, von der es weniger Vortheil zieht,
                              und die ihm schaͤdlich seyn kann.
                           
                        
                           IV. Kapitel.
                              Ueber die Bildung und Eigenschaft der Wolle.
                           Man weiß aus der Theorie, daß, um Knochen zu bilden, den dichtesten und festesten Theil
                              des thierischen Koͤrpers, mehr Zeit und mehr Masse von Nahrungsstoff
                              nothwendig ist, als um Fleisch und Fett zu erzeugen. Man hat hier ein
                              Verhaͤltniß von 1 zu 100 aufgestellt: ich uͤberlasse es aber der
                              Physiologie und der Osteologie, dieses Verhaͤltniß weiter zu commentiren. Es
                              genuͤgt auf eine Thatsache aufmerksam zu machen, die unwandelbar zu seyn
                              scheint, und diese ist, daß Hornbildung ein Anfang und Verknoͤcherung ist.
                              Hieraus folgt, daß mehr Talg noͤthig ist, um eine Faser grober Wolle zu
                              bilden, an welcher die Hornmasse oder Roͤhre diker ist, als um zwei oder
                              vielleicht drei solche duͤnnere und feinere Roͤhren zu bilden. Wenn
                              man eine Wollenfaser mit dem Mikroskope untersucht,Herr Perrault de Jotemps hat in seinem trefflichen
                                    Werke sur la laine et les moutons S. 2 und 4
                                    diesen Gegenstand mit vielem Scharfsinne behandelt. Seine Ansicht
                                    uͤber die Wollenfaser und die Natur derselben hat viele Aehnlichkeit
                                    mit jener des Herrn Ternaux. Wir wollen sie hier
                                    anfuͤhren.„Die Wollenfaser“ sagt er, „ist ein Faden aus
                                       einer festen Substanz, eine Art erhaͤrteten thierischen
                                       Schleimes, mit welcher sich eine oͤhlige oder seifenartige
                                       Substanz verbindet. Sie entsteht in dem Zellgewebe unter der Haut aus
                                       einer bald runden, bald eifoͤrmigen Zwiebel, welche der Kreislauf
                                       mit einer klebrigen Feuchtigkeit fuͤllt, die ihr als Nahrung
                                       dient. Diese Zwiebel besteht aus zwei Haͤuten, einer
                                       aͤußeren und einer inneren, welche die Wurzel der Faser
                                       unmittelbar umhuͤllen. Diese Wurzel tritt gegen die Oeffnung der
                                       Haut vor, die der Faser zum Durchgange dient, und trennt sich dann von
                                       der aͤußeren Haut der Zwiebel. So wie die Faser an die Oberhaut
                                       gekommen ist, hebt sie dieselbe, ohne sie zu durchbohren, und bildet
                                       sich daraus eine Scheide, die sich eng an die Huͤlle anschließt,
                                       die sie von der inneren Haut erhielt.“
                                    Diese sinnreiche Erklaͤrung der Wollenfaser stoͤßt die
                                    Bemerkungen des Herrn Ternaux nicht um; sie
                                    bestaͤtigt dieselben vielmehr und macht auf dieselben aufmerksam.A. d. O. so sieht man sehr bald, daß sie eine Roͤhre bildet, in welche die
                              Ausduͤnstung oder der Talg des Thieres einsikert;Die Beobachtungen, die ich mit dem Sonnen-Mikroskope anstellte, lassen
                                    mich annehmen, daß der Talg innerlich durch die Bartfaͤserchen
                                    erzeugt wird, die man an der inneren Roͤhre der Wollenfaser
                                    haͤngen sieht, und zwar so, wie das Mark in den Knochen; daß endlich
                                    diese Masse, wenn sie an das Ende der Faser gekommen ist, sich
                                    erhaͤrtet. Doch dieß gehoͤrt in die Naturgeschichte und in die
                                    Physiologie. Man kann Gelehrten nicht genug empfehlen, hieruͤber
                                    Unternehmungen anzustellen, indem dieser Gegenstand fuͤr die
                                    Schafzucht so aͤußerst wichtig ist.A. d. O. daß dieser Talg durch die Waͤrme an das Ende der Roͤhre
                              getrieben wird, und daß er aus dem fluͤssigen Zustande in einen festen oder
                              beinartigen uͤbergeht, wann er mit der Luft in Beruͤhrung kommt.
                              Hieraus laͤßt sich schließen, daß die Wolle desto mehr Staͤrke,
                              Elasticitaͤt und Festigkeit bekommt, je mehr das Thier der freien Luft
                              ausgesezt ist, wie bei den englischen Raßen, so wie sie im Gegentheile weicher,
                              feiner und markiger wird, wenn man das Thier wie die saͤchsischen Merinos im
                              Stalle fuͤttert.
                           Außer dem Unterschiede, der sich in dieser Hinsicht zwischen den langwolligen
                              englischen Raßen und den feinwolligen Merinos zeigt, hat bei lezteren noch ein anderer
                              sehr deutlicher Unterschied Statt. Obschon von gleicher Abkunft, hat die spanische
                              Wolle eben so viel Staͤrke und Elasticitaͤt als die saͤchsische
                              Zartheit und Weichheit, was wahrscheinlich davon herkommt, daß, abgesehen, daß die
                              spanischen Merinos in freier Luft gezogen werden, die Hize des Tages unter dem
                              brennenden spanischen Himmel mit der Kuͤhle der Nacht sehr stark und schnell
                              wechselt; folglich die Verknoͤcherung, oder wenn man so sagen darf, die
                              Verhornung sich schneller durch den raschen Uebergang von der Kaͤlte zur
                              Waͤrme ausbildet, die Kettenglieder, aus welchen die Wollenfaser besteht,
                              gedraͤngter und mehr elastisch werden, als bei der Electoralraße, die in
                              ihrem Stalle immer dieselbe Temperatur genießt. Ich muß noch bemerken, daß die
                              Wollenfaser an der weichen Wolle der noͤrdlichen Merinos sich immer in eine
                              feinere Spize endet, als an der elastischen Wolle der Merinos des
                              Suͤdens.
                           
                        
                           V. Kapitel.
                              Von der Wohnung der Schafe.
                           Wenn der Schafstall in unserem Klima bei rauhen Wintern nuͤzlich und
                              nothwendig ist, sowohl wegen der Sicherheit, als wegen der Erhaltung der zarteren
                              Schafe mit feiner Wolle; so taugt er fuͤr die langwolligen Schafe von der
                              englischen Raße durchaus nicht, die bestaͤndig in freier Luft gehalten,
                              dadurch nur desto starker und kraͤftiger werden, und desto bessere Kammwolle
                              geben. Es ist eine bleibende Thatsache, daß der Schafstall der Guͤte der
                              langen Wolle schadet, nicht bloß dadurch, daß er ihr Weiße und Glanz benimmt,
                              sondern auch dadurch, daß er sie weich und muͤrbe macht, und ihr einen Theil
                              ihres Glanzes benimmt. Um der langen Wolle diese Eigenschaften zu erhalten, muß man
                              die Schafe, die sie tragen, entweder bloß unter Schuppen halten, oder wie man es in
                              England thut,In England, wo das Schaf auf Weiden gehalten wird, die mir Heken umgeben
                                    sind, sieht man dasselbe nie in Herden vereint; es lebt und weidet und ruht,
                                    wie und wo es will. Es bleibt das ganzeganza Jahr uͤber im Regen, Schnee und im Frost*) im Freien; es
                                    fuͤrchtet weder den Thau noch den Nebel. Dieser freien und
                                    unabhaͤngigen Lebensweise, der Einwirkung der Luft, der es immerdar
                                    ausgesezt ist, der staͤten Feuchtigkeit des Bodens und der Wiesen,
                                    auf welchen es sein Leben hinbringt, schreibt man den Reichthum seines
                                    Fleißes, den Glanz, die Weiße und die Elasticitaͤt der Wolle zu, die
                                    sie so sehr von aller Wolle derjenigen Schaft auszeichnet, die mehr
                                    gedraͤngt an einander leben, und den Einfluͤssen des Stalles
                                    ausgesezt sind. D'Autremont, 1r Bulletin de la
                                       Société d'Amélioration des Laines. p. 44.A. d. O.*) Der aber in England nie so stark ist, wie bei uns, wo das Schaf zu sehr
                                    von der Kaͤlte leiden wuͤrde.A. d. Ueb. Tag und Nacht das ganze Jahr uͤber unter freiem Himmel lassen,
                              wodurch man nicht bloß die Schafstalle erspart, sondern auch den Hirten, der
                              gewoͤhnlich 3 Franken fuͤr das Stuͤk kostet, und eine der
                              staͤrksten Ausgaben ist, die man bei der Schafzucht hat. Ein anderer
                              Vortheil, der dadurch
                              entsteht, daß man diese Thiere auf Weiden, die mit Heken eingeschlossen sind,Dieses Pferchsystem, oder diese mit Heken umgebenen Weiden wurden lange Zeit
                                    uͤber von angesehenen Landwirthen angefochten; es hat endlich in
                                    England in jenen Gegenden, wo der Akerbau bluͤht, den Sieg davon
                                    getragen. Gegenwaͤrtig sind alle Felder in Leicestershire etc. mit
                                    lebendigen Zaͤunen eingeschlossen, die eine unendliche Menge
                                    geschlossener Raͤume von 3 bis 8 Tagwerken bilden, in welchen die
                                    Schafe Tag und Nacht uͤber weiden. Die Paͤchter gewinnen dabei
                                    den doppelten Vortheil, die Baukosten des Stalles, den Schaͤfer, die
                                    Kosten der Ausfuhr des Duͤngers auf die Felder und den Verlust
                                    desselben zu ersparen, und schuͤzen ihre Schafe vor anstekenden
                                    Krankheiten.Man kann den Landwirthen in Frankreich, die langwollige Schafe ziehen, nicht
                                    genug empfehlen, das Beispiel der englischen Schafwirthe nachzuahmen.A. d. O. haͤlt, besteht darin, daß man nichts von ihrem kostbaren
                              Duͤnger verliert. Man darf nicht vergessen, daß das Schaf seinen Mist
                              gewoͤhnlich beim Austreiben aus dem Stalle und beim Eintreiben also auf dem
                              Wege fallen laͤßt, wo er gaͤnzlich verloren ist. Man kann ferner nie
                              genug empfehlen, den Schafstallen eben in der Hoͤhe so viel Luft, als
                              moͤglich zu geben. Eine Oeffnung von 6 Zoll Breite im ganzen Umfange des
                              Stalles scheint mir die beste Vorrichtung in dieser Absicht zu seyn; man erspart
                              dadurch die Fenster, die Fensterlaͤden, und ich befinde mich in meinen
                              Stallen, die ich vor 9 Jahren zu St. Oven auf diese Weise bauen ließ, sehr gut.Bei Erbauung neuer Staͤlle ließ ich in meinem Parke junge
                                    Baͤume von 7–8 Zoll im Durchmesser faͤllen, und erhielt
                                    dadurch Saͤulen von 9 Fuß Hoͤhe. Diese Saͤulen ruhen
                                    auf Wuͤrfeln oder kleineren steinernen Unterlagen von einem Fuße im
                                    Gevierte, die 4 Zoll tief eingegraben sind. Sie sind so, wie die Querbalken,
                                    die sie verbinden, mit ihrer Binde bekleidet, die sich sehr gut
                                    erhaͤlt, und alles Anstreichen erspart, wenn man die Baͤume im
                                    November und December gefaͤllt hat. Die Dachsparren, gleichfalls aus
                                    unbehauenem runden Holze, werden von den Saͤulen getragen, und
                                    stuͤzen den Giebel, der mit Stroh, Schilf oder Binsen bedekt ist.
                                    Dieser Giebel bildet in einer Art von Karnieß einen Vorsprung von 15 bis 18
                                    Zoll, der als Luftzug dient, und den Stall ohne viel Muͤhe und Kosten
                                    schließen laͤßt. Dieser Schluß besteht aus Schiffholz, und steht 1
                                    Fuß 6 Zoll unter dem oberen Querbalken; er schließt zwar nicht hermetisch,
                                    dient aber eben dadurch zur Erneuerung der Luft. Die Raufe ist unten
                                    geschlossen, damit das Thier nicht sein Fließ verunreinigt, und gegen den
                                    Wind geschuͤzt wird.A. d. O.Fremde und Landwirthe, die diese Staͤlle sahen, waren erstaunt, die
                              Schafe in denselben nicht mehr eingesperrt zu sehen. Man darf ferner nicht
                              vergessen, daß ein solcher Stall, dessen Bau sehr wohlfeil ist, bei sehr strengen
                              Wintern noch immer erlaubt, diese Oeffnung mit grober Leinwand oder mit Matten, oder
                              selbst mit Strohbuͤndeln, die man in der Folge in die Raufe hinabwerfen kann,
                              zu verschließen. Allein, wenn der Stall auch noch so gut ist, so wird es immer
                              besser seyn, so bald und so lang es nur immer die Witterung erlaubt, die Schafe im
                              Freien zu halten, zu pferchen. Ich bin uͤberzeugt, daß die Englaͤnder dadurch den
                              groͤßten Vortheil erhalten, daß sie ihre Schafe auf einer geschlossenen Weide
                              sich selbst uͤberlassen.
                           In Sachsen, wo die feine Wolle sehr gesucht ist, sorgt man im Gegentheile eben so
                              sehr dafuͤr, die Schafe so lang als moͤglich im Stalle zu halten, wie
                              man in England dafuͤr sorgt, sie das ganze Jahr uͤber im Freien zu
                              haben. Man befolgt in Frankreich ein Mittelsystem, das seine Vortheile und seine
                              Nachtheile hat; die Folgen hiervon muͤssen nach den Verhaͤltnissen des
                              Ortes, den man bewohnt, und nach der Art der Schafe, die man zieht, abgewogen
                              werden. Ich muß indessen hier bemerken, daß anstekende Krankheiten unter den Schafen
                              im Freien weit weniger Verheerungen anrichten als im Stalle, vorzuͤglich die
                              Raude.Ich heile die Raude nach der Methode des Doctors Galés mittelst Schwefelraͤucherungen.Ich bediene mich hierzu eines Apparates, der nicht 50 Franken kostet. Er
                                    besteht aus einem hoͤlzernen Kasten, der in der Mitte in zwei Theile
                                    getheilt ist, wovon der eine den anderen dekt: inwendig ist er mit Papier
                                    ausgefuͤttert, er hat eine Oeffnung, durch welche das Thier den Kopf
                                    herausstrekt. An dieser Oeffnung. ist ein Leder angebracht, das mittelst
                                    eines Falzes schließt; durch dieses Leder kann der Hals des Thieres nach
                                    Belieben fest gehalten werden, der Schwefeldampf wird von der Nase des
                                    Thieres abgehalten, und das Thier muß ruhig bleiben. Der Kasten steht auf
                                    zwei Fuͤßen, die 2 Fuß 6 Zoll hoch sind, und laͤßt unten Raum
                                    fuͤr eine kleine Pfanne, in welcher der Schwefel brennt. Ein
                                    umgestuͤrzter Trichter nimmt den Schwefeldampf auf, und leitet ihn
                                    durch seine Roͤhre in den Kasten, wo dieser Dampf zuerst unter dem
                                    Bauche des Thieres hinzieht. Damit er dasselbe nicht brennt, ist 3 Zoll
                                    uͤber der Oeffnung der Roͤhre des Trichters ein kleines
                                    Brettchen angebracht. Der Dampf verbreitet sich hierauf in dem ganzen
                                    Kasten. Oben an dem Kasten ist ein kleines Loch angebracht, welches man
                                    mittelst eines Korkstoͤpsels oͤffnen und schließen kann,
                                    wodurch das Einziehen des Dampfes in den Kasten erleichtert wird, so daß der
                                    Dampf durch laͤngeres oder kuͤrzeres Verweilen in dem Kasten
                                    so dicht werden kann, als man es noͤthig findet.Die erste Raͤucherung reicht hin, um das Thier so herzustellen, daß es
                                    andere nicht mehr mit der Raude ansteken kann. Nach der dritten oder vierten
                                    Raͤucherung ist das Thier geheilt. Dieses Verfahren ist weit weniger
                                    kostbar, als die bisher angewendeten Heilmethoden, die zugleich der
                                    Schoͤnheit der Wolle und der Gesundheit des Thieres mehr oder weniger
                                    schaden.A. d. O.Dieser Kasten, an welchem nichts anders noͤthig ist, als daß das Thier
                                    Raum darin findet, und der Rauch am Boden einziehen kann, daß das Thier
                                    seinen Kopf bei einer Oeffnung oben im Dekel, der sich einschieben
                                    laͤßt, heraussteken kann, wo man dann den Hals mit einem feuchten
                                    Lappen umlegt, damit kein Dampf austreten kann; kann weit einfacher seyn,
                                    und bei uns kaum 3 fl. kosten.A. d. Ueb.
                              
                           
                        
                           VI. Kapitel.
                              Ueber den Ertrag der Schafe in Hinsicht auf ihren
                                 Nachwuchs.
                           Man mag das Fließ eines Schafes mit feiner saͤchsischer Wolle oder eines
                              Schafes mit langer englischer Wolle als Haupt- oder Nebenertrag neben jenem des Fleisches und
                              Duͤngers betrachten, so bleibt immer so viel gewiß, daß der Ertrag, den man
                              durch die Vermehrung der Schafe, durch den Nachwuchs erhaͤlt, welchen man in
                              einem Lande verkaufen kann, wo noch alles zu veredeln ist, hoͤchst bedeutend
                              seyn muß, unbedeutend aber, wenn man ihn in einem Lande verkaufen muß, wo die
                              meisten Herden schon einen solchen Grad von Vollkommenheit erreicht haben, daß wenig
                              Hoffnung uͤbrig bleibt, auserlesene Stuͤke an Mann bringen zu
                              koͤnnen; diese muͤssen also gemastet und den Weg alles Fleisches zu
                              dem Mezger nehmen. Hieraus folgt, daß jene Landwirthe, die die ersten in Veredlung
                              ihrer HerdenDie Auswahl der Stoͤre oder Widder zum Sprunge verdient alle
                                    Aufmerksamkeit der Schafwirthe, die ihre Herden verbessern wollen. Man ist
                                    in allen Laͤndern, in welchen Wirthschaft getrieben wird,
                                    vorzuͤglich in England, so sehr von dieser Wahrheit
                                    uͤberzeugt, daß langwollige Widder fuͤr einen Sommer mit 200
                                    bis 300 Louisd'ors gepachtet wurden. In Sachsen, wo die Merinos einen hohen
                                    Grad von Vollkommenheit erreichten, steht der Preis der Widder sehr hoch.
                                    Die Eigenthuͤmer der Herde zu Naz verkaufen ihre Widder noch um
                                    1000–12000) Franken, und vor wenigen Jahren hat man bei dem Verkaufe
                                    der Widder zu Ramaoullet in der Hize der Versteigerung einige Widder mit
                                    3000 und einigen hundert Franken bezahlt. Diese Beispiele beweisen, daß man
                                    es sich nicht genug kann angelegen seyn lassen, schoͤne Thiere zu
                                    erzeugen? wer immer sich Widder von der ersten Classe unter den Merinos, wie
                                    unter der englischen Rasse ausliefet, wird allezeit reichliche
                                    Entschaͤdigung fuͤr seine Auslagen, sowohl durch den
                                    vortheilhaften Verkauf des Nachwuchses, als der Wolle finden.Man muß aber auch, ehe man einen sehr theuren Widder kauft, wohlberechnen, ob
                                    die Verbesserung, welche die Herde dadurch erhaͤlt, fuͤr die
                                    ausgelegten Kosten entschaͤdigt. Wer einen Widder von Naz oder der
                                    Electoralraße zu einheimischen Schafen oder zu Blendlingen von der ersten
                                    Kreuzung stellen wuͤrde, wuͤrde sehr uͤbel dabei
                                    fahren, er wuͤrde sich aber um so viel besser dabei stehen, wenn
                                    seine Heede bereits einen hohen Grad von Vollkommenheit erhalten hat.
                                    Fuͤr den ersten Fall reichen schoͤne Merinoswidder hin; im
                                    zweiten Falle muß man superfeine Wolle zu erhalten suchen.in Laͤndern oder Gegenden sind, wo noch keine Verbesserung an den
                              Herden Statt hatte, einen weit groͤßeren Vortheil von ihren Schafen ziehen,
                              indem sie ihren Nachwuchs besser verkaufen koͤnnen. Eigennuz siegt mit
                              Huͤlfe der Zeit uͤber alle Vorurtheile. Der Bauer, uͤber
                              welchen die trefflichsten Schriften, die schoͤnsten Worte nichts
                              vermoͤgen, faͤngt am Ende doch an, die Augen aufzuthun, wenn er sieht,
                              daß sein Nachbar, der sich in gleicher Lage mit ihm befindet, mehr Ertrag von seiner
                              Wirthschaft hat, als er, und daß er diesen Ertrag sich auch verschaffen
                              koͤnnte.Man muß es jedoch nicht so machen, wie ein gewisser großer Schafwirth, der
                                    mir eines Tages mit einer Art von mysterioͤser Miene sagte, daß er
                                    durch den Verkauf der Wolle seiner Herden, deren Raße er seit
                                    laͤngerer Zeit verbesserte, seine Einnahme von 20,000 Frank. auf
                                    25,000 Frank. vermehrte, und daß dieselbe noch mehr zunehmen wuͤrde,
                                    wenn er den Nachwuchs dieser Herden vortheilhafter an seine Nachbarn absezen
                                    koͤnnte, die eigensinnig genug sind, ihre schlechten Raßen zu
                                    behalten. Hat sie denn, fragte ich, das Beispiel des Gewinnes, den Sie bei
                                    ihren Kreuzungen machten, nicht verfuͤhren koͤnnen, dasselbe
                                    nachzuahmen? O, ich habe mich wohl gehuͤtet, sprach er, ihnen zu
                                    sagen, wie viel ich gewann. – Und warum? – Ich haͤtte
                                    dadurch nur Concurrenz erzeugt, und so meine Wolle in der Folge weniger gut
                                    angebracht; man haͤtte mich hoͤher besteuert; man muß sich
                                    immer huͤten, Neid und Schelsucht zu erregen; je mehr de Leute sehen,
                                    daß man reich wird, desto mehr wollen sie, daß man ihnen gibt und daß man
                                    Aufwand macht. – Alles dieß ist, war meine Antwort, unter gewissen
                                    Umstaͤnden sehr wahr, aber nicht in dem gegenwaͤrtigen Falle,
                                    wo die Nachtheile der Oeffentlichkeit vor der Gewißheit, sein eigenes
                                    Gluͤk durch die Oeffentlichkeit zu foͤrdern, verschwinden.
                                    Wenn Sie die Vortheile, die Sie dadurch, daß Sie eine bessere Rasse sich
                                    beilegten, oͤffentlich bekannt gemacht und erwiesen haͤtten,
                                    und wenn Sie es jezt noch selbst thaͤten, so wuͤrden
                                    vielleicht ihre Nachbarn, die sich weigern, ihre Herden zu veredeln, weil
                                    sie besorgen dabei mehr Schaden als Vortheil zu haben, nachdem sie sich von
                                    dem Gewinne, den Sie dabei machten, uͤberzeugten, sich entschließen
                                    ihr Beispiel nachzuahmen; sie wuͤrden Ihnen den Nachwuchs abkaufen,
                                    den Sie jezt nicht an Mann bringen koͤnnen, und Ihre
                                    Einkuͤnfte wuͤrden sich dadurch in dem Maße vermehren, als Sie
                                    den Wohlstand des Landes foͤrdern wuͤrden.A. d. O.Das Beispiel wirkt unter solchen Umstaͤnden auf eine hoͤchst entscheidende Weise;
                              es ist so zu sagen das Einzige, das etwas zu wirken vermag. Der Bauer wird endlich
                              einsehen, daß er fuͤr feine Wolle mehr erhaͤlt, als fuͤr grobe,
                              wie wir im folgenden Kapitel zeigen werden.
                           
                        
                           VII. Kapitel.
                              Ueber den Ertrag des Fließes oder der Wolle der
                                 Schafe.
                           Mit Ausnahme des Fließes der englischen Schafe, die eine eigene Kategorie bilden, ist
                              so viel gewiß, daß ein Fließ von einer reinen Raße immer mehr gilt als ein Fließ von
                              einer gewoͤhnlichen, schon wegen der Schwere allein, die immer groͤßer
                              seyn wird. Um sich hiervon zu uͤberzeugen, darf man nur bedenken, daß ein
                              Fließ von der gemeinen franzoͤsischen Raße nie mehr als 5 Pf. oder 2 1/2
                              Kilogramm wiegt, daß viele nur 3 Pf., ja selbst nur 1 Kilogramm und noch weniger
                              wiegen, waͤhrend im Gegentheile es keinen Blendling gibt, der nicht schon
                              nach der ersten Kreuzung 6 Pf. oder 3 Kilogramme lieferte, und daß weit
                              haͤufiger noch das Fließ 8 Pf. oder 4 Kilogramm wiegt. Diese Beobachtung habe
                              ich waͤhrend mehrerer Jahre an mehr als 30 oder 40,000 Fließen jeder Raße
                              gemacht, die bei mir zu St. Oven gewaschen wurden.
                           Aus dieser Thatsache erhellt demnach, daß wenn der Preiß der feinen Wolle nicht schon
                              an und fuͤr sich hoͤher waͤre, als jener der gemeinen, man
                              schon in Hinsicht auf das Gewicht allein einen bedeutenden Vortheil bei Veredlung
                              der Raße haben wuͤrde. Nun ist es aber gewiß, daß feine Wolle immer theurer
                              verkauft wird, als die gemeine grobe, und zwar im Verhaͤltnisse ihrer
                              Feinheit.
                           
                              
                                 (Die Fortsezung folgt.)