| Titel: | Gefahrloses Knallgas-Gebläse von Ferdinand Oechsle in Pforzheim. | 
| Fundstelle: | Band 31, Jahrgang 1829, Nr. XXV., S. 93 | 
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                        XXV.
                        Gefahrloses Knallgas-Geblaͤse von
                           Ferdinand Oechsle
                           in Pforzheim.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Oechsle's gefahrloses Knallgas-Geblaͤse.
                        
                     
                        
                           Um das Knallgas-Geblaͤse gefahrlos zu machen, muͤssen beide
                              Gasarten in besondern Behaͤltern aufbewahrt werden, damit keine Explosion
                              veranlaßt werden, und der Experimentator ohne Angst vor diesem Apparat sizen und
                              seine Arbeit verrichten kann. Alle Mittel, welche man bisher zur Verhinderung einer
                              Explosion des Knallgases anwandte, z.B. Oehlbehaͤlter, Drathneze, enge
                              Roͤhren und dergl., moͤgen ihren Zwek erfuͤllen, wenn der
                              Apparat richtig construirt ist und von einem geuͤbten Chemiker gehandhabt
                              wird, aber das geringste Versehen kann Gesundheit und Leben in Gefahr bringen, und
                              der vorsichtige und besonnene Chemiker gehet doch mit einer gewissen Scheue und
                              Zaghaftigkeit mit dem Knallgas-Geblaͤse um.
                           Um meinen beabsichtigten Zwek zu erreichen, bediente ich mich der einfachsten Mittel,
                              und construirte folgenden Apparat:
                           Zwei große Rindsblasen mußten die Gase aufnehmen, und wurden daher mit Roͤhren
                              und Haͤhnen versehen; beide Roͤhren liefen in eine gemeinschaftliche,
                              an welcher eine abwaͤrts gebogene Loͤthrohrspize stekte, zusammen. Die
                              Vermischung der Gase erfolgte daher gerade hinter der Loͤthrohrspize. Beide
                              Blasen mit ihren Roͤhren wurden in einem Kasten mit einer Scheidewand befestigt. In
                              jedes Fach dieses Kastens wurde ein kleineres Kaͤstchen eingepaßt, das mit
                              dem erforderlichen Gewicht beladen werden konnte, welches die Blasen druͤkte,
                              und bei geoͤffneten Haͤhnen die Gase ausstroͤmen ließ. Die
                              groͤßte Schwierigkeit fand ich in dem Reguliren der Hahnoͤffnungen, um
                              immer ein Volum Sauerstoff- mit zwei Volum Wasserstoff-Gas
                              ausstroͤmen zu lassen. Die Haͤhne wurden deßhalb mit Stellschrauben
                              versehen, damit man die Gase schnell oder langsam ausstroͤmen lassen konnte,
                              und eine Reihe Versuche war erforderlich, um das richtige Verhaͤltniß der
                              ausstroͤmenden Gase zu finden. Folgendes Verfahren fuͤhrte mich auf
                              kuͤrzestem Wege zum Ziele.
                           Jede Blase wurde mit dem Munde aufgeblasen, und mit dem Hahne gesperrt. Auf jede
                              druͤkte ein zehn Pfund schweres Gewicht; es wurde eine lange
                              gekruͤmmte Roͤhre an die Stelle des Loͤthrohrs gestekt, und in
                              eine Wasserwanne geleitet. Nun ließ ich die Luft aus einer Blase in eine umgekehrte,
                              mit Wasser gefuͤllte Bouteille stroͤmen, und so oft sich die Bouteille
                              mit Luft gefuͤllt hatte, wurde jedes Mal in dem Kasten ein Zeichen gemacht,
                              wie tief sich das kleinere Kaͤstchen mit dem Gewicht senkte. So wurde
                              fortgefahren bis die ganze Blase leer war. Mit der zweiten Blase wurde auf gleiche
                              Weise verfahren. Ich erhielt auf diese Art eine Scale, an welcher zu erkennen war,
                              wie viel Luft jede Blase verloren hatte. Nun wurden beide Blasen mit Luft bis an den
                              ersten Strich der Scale, welcher mit o, bezeichnet war,
                              angefuͤllt. Beide Haͤhne wurden gleichzeitig geoͤffnet und an
                              der Scale beobachtet, welcher Hahn am meisten Luft durchgehen ließ, waͤre aus
                              einer Blase ein Volum, und aus der anderen zwei Volum Luft zu gleicher Zeit
                              entwichen, so haͤtten die Haͤhne keiner weiteren Correktion bedurft;
                              da aber dieß ein seltner Zufall ist, so mußte durch die Stellschrauben der beiden
                              Haͤhne die Oeffnung so lange veraͤndert werden, bis in derselben Zeit
                              aus einer Blase eins, aus der anderen zwei Volum Luft ausstroͤmten, was nur
                              durch die vorbereitete Scale beobachtet werden konnte.
                           Hat man das richtige Verhaͤltniß der ausstroͤmenden Luft gefunden, so
                              fuͤllt man die Blasen auf folgende Weise: Die Blase, welche zwei Volum
                              Wasserstoff-Gas abgibt, wird moͤglichst luftleer gemacht; alsdann
                              fuͤllt man eine gewoͤhnliche Weinbouteille zur Haͤlfte mit
                              verduͤnnter Schwefelsaͤure, wirft einige Loth Zink hinein, sezt eine
                              elastische Roͤhre auf die Bouteille, verbindet das andere Ende der
                              Roͤhre mit der Muͤndung des Gasrohres, und laͤßt so viel
                              Wasserstoff-Gas in die Blase, bis sie voll ist, worauf man den Hahn
                              verschließt. Die andere Blase, welche ein Volum Sauerstoff-Gas aufnehmen muß,
                              wird ebenfalls zuerst moͤglichst luftleer gemacht und dann vermittelst eines Korken
                              eine kleine glaͤserne Retorte an das Gasrohr befestigt. In diese Retorte
                              bringt man ungefaͤhr ein halb Loth chlorsaures Kali (Kali muriaticum oxydatum) mit eben so viel Braunstein abgerieben; lezterer
                              verhindert das starke Aufblaͤhen und Uebersteigen. Man erhizt sodann die
                              Retorte mit einer Weingeistlampe, um das Sauerstoff-Gas aus dem chlorsauren
                              Kali auszutreiben; dabei muß man sich aber vor zu schnellem Erhizen derselben
                              huͤten, weil das Gas schon bei maͤßiger Hize entweicht und ein zu
                              starkes Feuer die Retorte aus dem Korke treiben und zerbrechen koͤnnte. Ist
                              nun diese zweite Blase mit Sauerstoff-Gas gefuͤllt, so verschließt man
                              den Hahn.
                           Will man eine Schmelzprobe, z.B. mit Platinna machen, so legt man ungefaͤhr
                              ein bis drei Gran davon auf eine Kohle, in die man zuvor ein Gruͤbchen
                              gemacht hat. Man oͤffnet den Wasserstoff-Gas-Hahn,
                              zuͤndet das Gas mit einem Fidibus an, und oͤffnet dann auch den
                              Sauerstoff-Gas-Hahn; sobald lezterer Hahn geoͤffnet wird,
                              verkuͤrzt sich die Flamme auffallend. Das zum Schmelzen bestimmte Metall auf
                              der Kohle wird nun an die Spize der abwaͤrts brennenden Flamme gehalten. So
                              wenig die Flamme an der Tageshelle leuchtet, so sehr wird diese Leuchtkraft steigen,
                              wenn die Flamme einen festen Koͤrper trifft. Hat man die rechte Entfernung
                              von der Loͤthrohrspize getroffen, so wird die Lichtstaͤrke so heftig,
                              daß die Augen eben so sehr geblendet werden, wie wenn man in die unbewoͤlkte
                              Sonne sieht. Diese Schmelzproben erfordern aber eine gewisse Uebung und
                              Behendigkeit. Kleine Cylinderchen von Thonerde schmelzen zu einer gelblichten
                              Glasperle. Silber verdampft und verbreitet einen feinen Staubregen um die Kohle.
                              Graphit zerknistert anfaͤnglich, endlich aber schmilzt er zu einem schwarzen
                              Glase. Platinna schmilzt mit Funkenspruͤhen, wie schweißendes Eisen oder
                              Stahl.
                           
                        
                           Erklaͤrung der Zeichnung.
                           Fig. 5.
                              Grundriß, F, F, F, F, hoͤlzerner Kasten mir einer
                              Scheidewand, X. A, B, zwei große Rindsblasen mit
                              messingenen kegelfoͤrmigen Muͤndungen, welche in Fig. 3, z, z, deutlicher zu sehen sind. g, g, zwei Roͤhren, die in h,
                              zusammenlaufen. i, i, Haͤhne mit Stellungen, die
                              zum Reguliren der Oeffnungen dienen. Bei h, ist ein
                              abwaͤrts gebogenes kleines Loͤthrohr angestekt.
                           Fig. 4, zeigt
                              den Kasten im Aufriß, alle Theile mit gleicher Bezeichnung. K, K, zeigt die kleinen Kaͤstchen, mit den zwei Gewichten, D, D, jedes von zehn Pfund, welche auf die Blasen, A, B, druͤken.
                           (Preis dieses Apparats Fl. 34.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
