| Titel: | Ueber das Bersten der Dampfkessel und über die Mittel zur Verhütung desselben. Von Hrn. Marestier, altem Zöglinge der polytechnischen Schule. | 
| Fundstelle: | Band 31, Jahrgang 1829, Nr. LXXIV., S. 257 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXIV.
                        Ueber das Bersten der Dampfkessel und
                           uͤber die Mittel zur Verhuͤtung desselben. Von Hrn. Marestier, altem
                           Zoͤglinge der polytechnischen Schule.
                        Aus dem Recueil industriel. December. N. 21. S.
                              241.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        Marestier, uͤber das Bersten der Dampfkessel
                           etc.
                        
                     
                        
                           Man hielt bisher die Sicherheits-Klappen fuͤr ein sicheres Mittel gegen
                              das Bersten der Dampfkessel, und da, ungeachtet dieser Klappen, viele Kessel
                              sprangen, so schob man die Schuld bald auf den ungeschikten Aufseher, der die Klappe
                              uͤberlud, bald auf den schlechten Zustand der Klappe.
                           Man hat daher die Sicherheits-Klappen verdoppelt, vervielfaͤltigt; man
                              hat sie in Gehaͤuse eingesperrt; man hat vorgeschlagen sie von Zeit zu Zeit
                              zu oͤffnen; man hat Scheiben aus leicht schmelzbarem Metalle in die Kessel
                              eingesezt etc.
                           Man glaubte, daß der Dampf nach und nach immer mehr Kraft erhaͤlt, und daß,
                              wenn er so stark wuͤrde, daß er die Klappe oͤffnen und durch die
                              Klappe entweichen koͤnnte, keine Berstung Statt haben wuͤrde; daß,
                              wenn sie verdorben ist, wenigstens doch die schwaͤcheren Theile derselben
                              nachgeben wuͤrden; daß wenigstens die hoͤhere Temperatur des Dampfes
                              die leichtfluͤssigen Scheiben schmelzen wuͤrde, und der Dampf bei der
                              dadurch entstandenen Oeffnung entweichen koͤnnte.
                           
                           Indessen hatten mehrere Berstungen Statt, wo die Sicherheits-Klappe in
                              vollkommen gutem Zustande war; wo die Spannung des Dampfes, unmittelbar vor der
                              Berstung, geringer, als bei dem gewoͤhnlichen Gange der Maschine war. Als der
                              Enterprise zu Charlestown barst, war die Spannung des
                              Dampfes nur 25 Centimeter Queksilberhoͤhe. Vor der Berstung des Rapid zu Rochefort hatte die Queksilbersaͤule nur
                              15 Centimeter, waͤhrend sie an demselben Tage sich oͤfters bis auf 30
                              Centimeter erhoben hatte.
                           Es gibt also zweierlei Explosionen: die einen entstehen durch allmaͤhliche
                              Zunahme der Kraft des Dampfes; hier nuͤzen Sicherheits-Klappen; die
                              anderen durch ploͤzlich vermehrte Spannung; und hier nuͤzen weder
                              Sicherheits-Klappen, noch leichtfluͤssige Scheiben.
                           Die ersteren zeigen sich zuweilen nur durch Zerreißung der minder festen Theile der
                              Kessel, durch Abspringen der Niete. Sie haben selten gefaͤhrliche Folgen,
                              selbst bei Dampfmaschinen von hohem Druke, und man spricht oft gar nicht von
                              denselben. Der Aetna und die Pennsylvania, Dampfbothe mit hohem Druke, barsten an den Seiten, ohne daß
                              Jemand Schaden genommen haͤtte; bei dem einen floß das Wasser in den Ofen und
                              loͤschte das Feuer; bei der anderen stand die Maschine still, nachdem der
                              Dampf ausgefahren war. Die Ausbesserungen haben, in diesem Falle, gewoͤhnlich
                              keine Schwierigkeit. Gewoͤhnlich geht eine langsame Zunahme der
                              Queksilbersaͤule solchen Berstungen voraus; die Kessel blaͤhen sich
                              hier und da an ihren Waͤnden auf; es dringt einiges Wasser oder Dampf durch;
                              der Staͤmpel stoͤßt, wenn die See nicht hoch geht, oder Gegenwind ist,
                              schneller. Diese Erscheinungen lehren das Feuer bei Zeiten maͤßigen.
                           Die anderen haben gewoͤhnlich keine solchen Vorboten; das Queksilber
                              faͤllt sogar zuweilen und die Maschine geht langsamer (so machte der Aetna
                              vor dem Bersten statt seiner gewoͤhnlichen 28 Stoͤße nur 18), und man
                              muß das Feuer verstaͤrken, um die Maschine in Bewegung zu erhalten. Wenn man
                              ein außerordentliches Sieden im Kessel hoͤrt, so ist die Gefahr nahe; die
                              fuͤrchterlichste Explosion kann augenbliklich folgen, und die Oeffnung der Sicherheits-Klappe, weit entfernt das
                                 Uebel abzuwenden, kann vielmehr dasselbe noch schneller
                                 herbeifuͤhren. Die Kessel sind schon mehrere Mal, wie der Rapid zu Rochefort, der Graham
                              zu Grimsby, geborsten, nachdem die Maschine zu gehen aufhoͤrte, und in dem
                              Augenblike, wie es scheint, in welchem man die Sicherheits-Klappe
                              oͤffnete. Die Zerstoͤrung der Kessel bei Explosionen dieser Art
                              laͤßt sich kaum begreifen: im Kessel des Rapid hat der Dampf
                              sich einen Ausweg von nicht weniger als 40  Meter gemacht.
                           Um ein Mittel gegen diese schreklichen Wirkungen zu finden, hat man die Ursachen
                              derselben zu erforschen versucht. Die Berstung des Enterprise wurde einer gewaltigen elektrischen Entladung durch den Bliz
                              zugeschrieben. Als der Aetna bei New-York sprang,
                              hatte, wie Hr. Perkins meint,
                              sich ein Gas gebildet, das zur Berstung vorzugsweise geneigt war. Andere glaubten,
                              daß das Wasser sich in seine zwei Elemente, Wasserstoff und Sauerstoff, zersezt,
                              obschon es heute zu Tage beinahe erwiesen ist, daß das Volumen des
                              Wasserstoff-Gases so groß ist wie jenes des Wasserdampfes; andere nahmen zum
                              augenbliklichen Zutritte einer großen Menge Waͤrme-Stoffes zu dem im
                              Kessel befindlichen Wasser ihre Zuflucht. Diese lezte Ansicht wollen wir hier weiter
                              entwikeln.
                           Die wichtigste Bemerkung, welche bisher aus der Untersuchung der Umstaͤnde,
                              unter welchen diese unseligen Explosionen Statt hatten, sich ergibt, ist diese, daß
                              man beinahe immer auf Anzeigen stieß, daß es dem Kessel an Wasser fehlte.
                           Wenn wir nun annehmen, daß das Wasser, welches nicht gehoͤrig in dem Kessel
                              nachgefuͤllt wurde, einen Theil der Waͤnde des Kessels, die dem Feuer
                              bloß gestellt waren, unbedekt ließ, so mußte das Queksilber, da dieser Theil keinen
                              Dampf mehr erzeugen konnte, nothwendig fallen; man mußte das Feuer
                              verstaͤrken, um die Maschine in Gang zu erhalten, d.h., um aus dem noch
                              uͤbrigen Wasser allen Dampf zu ziehen, dessen man bedarf. Die vom Wasser
                              unbedekte Oberflaͤche wird nun eine sehr hohe Temperatur erhalten haben; sie
                              kann selbst roth gluͤhend geworden seyn; sie wird einen Theil ihres
                              Waͤrmestoffes dem Dampfe mittheilen und vielleicht denjenigen Dampf sogar
                              zersezen, mit welchem sie in unmittelbarer Beruͤhrung steht, den Sauerstoff
                              desselben verschlingen, wie dieß bei der Entwikelung des Wasserstoffes mittelst
                              eines Flintenlaufes der Fall ist. Wenn dieß geschieht, so wird man Spuren von
                              Oxydation auf dem Metalle finden, dergleichen man auch nach mehreren Explosionen
                              wirklich an demselben gefunden hat.
                           Die Temperatur des Metalles ist, so lang dasselbe vom Wasser bedekt ist, nicht viel
                              hoͤher, als die des Wassers, außer wenn das Metall sehr dik ist. Es theilt
                              seinen Waͤrmestoff also gleich, wie es denselben empfaͤngt, dem Wasser
                              mit, und wenn das Wasser bereits heiß ist, so entwikeln sich Dampfblasen, die
                              demselben den Ueberschuß an Waͤrmestoff entziehen, so daß, wenn kein neuer
                              Waͤrmestoff aus dem Feuer nachkaͤme, das Metall augenbliklich auf die
                              Temperatur des Wassers zuruͤkgefuͤhrt werden wuͤrde.
                           
                           Wenn aber das Wasser die Waͤnde des Kessels, die Zuͤge der Flamme nicht
                              bedekt, so haͤuft der Waͤrmestoff sich in jenen Theilen des Metalles
                              an, die nur mit dem Dampfe in Beruͤhrung stehen; und wenn, aus was immer
                              fuͤr einer Ursache, z.B., durch das Schwanken des Bothes, das Wasser
                              ploͤzlich auf die roth gluͤhenden Theile des Metalles kommt, nimmt es
                              allen Waͤrmestoff von denselben auf, und bildet augenbliklich eine gewisse
                              Menge Dampfes.
                           Um die Menge Dampfes, die auf diese Weise augenbliklich gebildet wird, zu bestimmen,
                              ließ ich, in dem gewoͤhnlichen Feuer eines Kamines eines Zimmers, ein
                              Stuͤk Eisenblech, das 8 Gramm wog, roth gluͤhend werden, und warf es
                              in ein Glas, das 186 2/3 Gramm Wasser enthielt. Die Temperatur des Wassers, die
                              ehevor 13° am hundertgradigen Thermometer betrug, ward jezt 19°, nahm
                              also um 6° zu. Ein Stuͤk Eisen von 8 Kilogramm wuͤrde demnach
                              die Temperatur von 1120 Kilogramm Wasser um Einen Grad, oder ein Stuͤk Eisen
                              von 4 Kilogramm die Temperatur von 560 Kilogramm Wasser um Einen Grad erhoͤht
                              haben.
                           Nun weiß man aber, daß die Menge Wassergases, welche 560 Kilogramm Wasser um Einen
                              Grad waͤrmer zu machen vermag, gerade diejenige Menge ist, die, wenn die
                              Temperatur des Wassers bereits auf 100° steht, Ein Kilogramm Wasser in Dampf
                              verwandeln kann. 4 Kilogramm roth gluͤhendes Eisen werden also Ein Kilogramm
                              Wasser in Dampf verwandeln, und, da Ein Kilogramm Wasser 1700 Liter Dampf von
                              100° gibt, so wird Ein Kilogramm roth gluͤhendes Eisen 425 Liter Dampf
                              erzeugen koͤnnen. Diese Rechnung ist uͤbrigens nur eine
                              Annaͤherung; man muͤßte, um dieselbe mit Genauigkeit zu
                              fuͤhren, die Temperatur des Dampfes und noch andere Umstaͤnde mit in
                              Anschlag bringen.
                           Das Blech der Kessel hat an den Stellen, die dem Feuer ausgesezt sind, selten
                              uͤber 7 Millimeter Dike. Jedes  Meter
                              Kessel-Oberflaͤche wird also, da ein solches  Meter an 50
                              Kilogramm wiegt, Waͤrmestoff zur Bildung von 21,250 Liter Dampf darbieten
                              koͤnnen. Um jedoch allen Schein von Uebertreibung zu vermeiden, wollen wir
                              den auf diese Weise erzeugten Dampf nur zu 20,000 Liter oder 20 Kubik-Meter
                              annehmen.
                           Der Raum eines Dampfkessels fuͤr eine Maschine von der Kraft von 100 Pferden
                              faßt selten mehr als 20 Kubik-Meter. Es darf also nur Ein  Meter der
                              Kesselwand roth gluͤhend, und dann mit Wasser bedekt werden, um auf der
                              Stelle so viel Dampf zu bilden, als bereits in dem Kessel enthalten ist, und so die
                              Kraft desselben um das Doppelte zu vermehren.
                           
                           Zwei gluͤhende  Meter wuͤrden diese Kraft verdreifachen; drei
                              wuͤrden sie vervierfachen u.s.f.
                           Die Kessel fuͤr eine Dampfmaschine von der Kraft von 100 Pferden sezen der
                              Einwirkung des Feuers eine Oberflaͤche von beilaͤufig 100 
                              Meter, und oft noch mehr aus. Es laͤßt sich nun leicht begreifen, wie mehrere
                              Meter hier roth gluͤhend, und dadurch in einer Explosion gaͤnzlich
                              zerstoͤrt werden koͤnnen, wenn man das Wasser nicht auf der
                              gehoͤrigen Hoͤhe haͤlt.
                           Ich habe gesagt, daß die Schwankungen des Schiffes das Wasser auf diese
                              rothgluͤhenden Stuͤke hinbringen koͤnnen. Allein, dadurch
                              erklaͤren sich noch nicht die Berstungen, die an Maschinen auf dem Lande eben
                              so gut Statt haben. Wir wollen nun sezen, daß die Temperatur des Wassers in einem
                              Kessel 105° betrage. Die Kraft des Dampfes uͤber dem Druke der
                              Atmosphaͤre wird durch eine Queksilbersaͤule von ungefaͤhr 14
                              Centimeter Hoͤhe bemessen werden. Wenn man, unter diesen Umstaͤnden,
                              den Dampf frei aus der Sicherheits-Klappe, oder durch irgend eine andere
                              Oeffnung austreten laͤßt, so wird er streben sich auf den Druk der
                              Atmosphaͤre herabzustellen, und die Temperatur wird auf 100°
                              herabsinken.
                           Wir wollen nun, um von einem bestimmten Falle zu sprechen, sezen, daß der Kessel
                              28,000 Kilogramm Wasser fasse, wie es bei mehreren Kesseln fuͤr Maschinen von
                              der Kraft von 100 Pferden der Fall ist. Diese 28,000 Kilogramm werden also,
                              waͤhrend sie von der Temperatur von 105° auf die von 100°
                              uͤbergehen, jedes 5° verlieren, und folglich, alle zusammen, eben so
                              viel Waͤrmestoff verlieren, als noͤthig waͤre um 140,000
                              Kilogramm um Einen Grad waͤrmer zu machen. Nun braucht man aber, wie oben
                              bemerkt wurde, nur so viel Waͤrmestoff, als noͤthig ist um 560
                              Kilogramm Wasser um Einen Grad waͤrmer zu machen, wenn Ein Kilogramm Wasser
                              in Dampf verwandelt werden soll. Eine Menge Waͤrmestoffes, die die Temperatur
                              von 140,000 Kilogramm Wasser um Einen Grad erhoͤht, wird also 250 Kilogramm
                              Wasser in Dampf zu verwandeln vermoͤgen (denn 250 × 560 = 140,000);
                              und da Ein Kilogramm Wasser 1700 Liter Dampf gibt, so laͤßt sich schließen,
                              daß das Wasser in einem solchen Kessel nicht ehe auf 100° in seiner
                              Temperatur zuruͤktritt, als bis es 425,000 Liter oder 425 Kubik-Meter
                              von dem Druke der Atmosphaͤre erzeugt hat.
                           Hieraus erhellt, warum der Dampf so viele Zeit braucht, bis er sich aus der
                              geoͤffneten Sicherheits-Klappe heraushebt. Sobald aber hier der Dampf
                              heraussteigt, und der Druk desselben auf die Oberflaͤche des Wassers sich
                              vermindert, steigen die Dampfblasen nicht mehr von den Waͤnden des Kessels,
                              die dem Feuer ausgesezt sind, allein empor; der, in der ganzen Masse verbreitete,
                              Waͤrmestoff strebt jezt in Dampferzeugung empor, und erzeugt zuerst Dampf von
                              104 Graden, dann von 103 u.s.f., indem der Druk vorher diese Dampf-Erzeugung
                              verhinderte. Ueberall bilden sich jezt Blasen, wodurch das Volumen des Wassers
                              vermehrt und die Oberflaͤche desselben gehoben wird. Das Wasser befindet sich
                              jezt in dem Zustande einer Fluͤssigkeit, die Gas aufgeloͤst
                              enthaͤlt, wie z.B. Bier oder schaͤumender Wein; so wie man den
                              Pfropfen aus dem Gefaͤße auszieht, in welchem diese lezteren
                              Fluͤssigkeiten enthalten sind, zeigt sich eine ungeheuere Menge Blasen auf
                              der Oberflaͤche der Fluͤssigkeit, und diese vermehren das Volumen
                              derselben oft so sehr, daß ein großer Theil dieser Fluͤssigkeit aus dem
                              Gefaͤße herausfaͤhrt. Hierzu tritt noch ein anderer Umstand, dessen
                              Wirkung man an Kesseln mit ebenen Flaͤchen deutlich siehtDiese Idee, die, unseres Wissens, neu ist, scheint alle moͤgliche
                                    Beachtung zu verdienen. Man weiß, wie schwer Luft, selbst kohlensaures Gas,
                                    durch Kochen aus dem Wasser zu schaffen ist, und es haben bei Austreibung
                                    der Luft aus dem Wasser durch das Kochen, selbst unter dem Druke der
                                    Atmosphaͤre, Erscheinungen Statt, die, wie es uns duͤnkt, noch
                                    nicht gehoͤrig bei der Dampf-Erzeugung beachtet und
                                    gewuͤrdigt sind. Ein Topf, der am Feuer kocht und waͤhrend des
                                    Kochens uͤberlaͤuft, koͤnnte uns, richtig und
                                    sorgfaͤltig beobachtet, vielleicht mehr Nuͤzliches lehren, als
                                    manche gelehrte Abhandlung durch x + y = o. A. d. U.. Diese Flaͤchen, die nun von dem innerhalb derselben eingeschlossenen
                              Dampfe weniger gedruͤkt werden, stellen sich, in Folge ihrer
                              Elasticitaͤt, wieder in ihre urspruͤngliche Lage zuruͤk, und
                              vermindern so den Hohlraum des Kessels, waͤhrend sie zugleich das Wasser mehr
                              in die Hoͤhe treiben. Man bemerkt deutlich an den Kesseln, nachdem sie einige
                              Zeit uͤber gebraucht wurden, daß ihre urspruͤnglich ebenen
                              Flaͤchen sich nach außen woͤlben. Wenn hingegen der Druk der
                              Atmosphaͤre groͤßer ist, als der Druk des Dampfes, so werden diese
                              Flaͤchen nicht bloß eben und gerade, sondern sie werden sogar außen
                              ploͤzlich concav. Diese Veraͤnderung geschieht immer mit mehr oder
                              weniger Geraͤusch, indem alle Theile des Kessels in Schwingungen gerathen,
                              und die Oberflaͤche des Wassers steigt dadurch bedeutend in die Hoͤhe.
                              Zuweilen bemerkt man jedoch dieses Aufsteigen des Wassers nicht, indem, wenn man die
                              Haͤhne oͤffnet, die den Stand des Wassers zeigen sollen, Luft in den
                              Kessel hinein faͤhrt und weder Wasser noch Dampf heraus kommt. Man kann dann
                              hoͤchstens aus dem Geraͤusche, das die Luft hervorbringt, wenn sie
                              durch das Wasser aufsteigt, schließen, daß das Wasser im Kessel uͤber den
                              Haͤhnen steht.
                           Aus obigen Bemerkungen scheint, wenn sie gegruͤndet sind, deutlich zu
                              erhellen, daß, in dem Augenblike, wo man die Sicherheits-Klappe
                              oͤffnet, ein starkes Aufbrausen in den Kesseln entstehen muß; daß sowohl
                              dadurch, als durch das Hineintreten der Waͤnde, das Wasser im Kessel hoͤher
                              steigen muß, und daß, wenn irgend eine dem Feuer ausgesezte Stelle wegen nicht
                              gehoͤriger Nachfuͤllung des Wassers von diesem unbedekt bleibt, und
                              folglich mehr erhizt wurde, das Wasser, waͤhrend seines Emporsteigens, in ein
                              außerordentliches Wallen versezt und dadurch augenbliklich eine Menge Dampfes
                              entwikelt wird, die die schreklichste Explosion erzeugen kann. Um die Dampfkessel
                              auf Dampfbothen leichter zu machen, gibt man denselben weniger Wasser, als den
                              Dampfkesseln auf dem Lande; die Flammenzuͤge sind naͤher an einander
                              gedraͤngt und zahlreicher; das Wasser wird also fruͤher
                              erschoͤpft, und der Dampf entwikelt sich schwerer. Dieß ist mit eine Ursache,
                              warum Explosionen auf Dampfbothen haͤufiger sind, als bei
                              Dampf-Maschinen auf dem festen Lande. Da das Nachfuͤllen das Dampfboth
                              langsamer laufen macht, so geschieht es auch nicht selten, daß man dasselbe
                              laͤngere Zeit uͤber aufspart, wenn zwei Bothe in die Wette fahren.
                           Der erste Schluß, der sich aus Obigem ergibt, ist, daß man die
                                 groͤßte Sorgfalt darauf zu wenden hat, daß das Wasser bestaͤndig
                                 uͤber jenen Flaͤchen, die der Einwirkung des Feuers ausgesezt
                                 sind, erhalten wird; der zweite, daß, wenn durch Nachlaͤssigkeit
                              oder auch aus was immer fuͤr einer andern Ursache, das Wasser einen
                              niedrigeren Stand erhaͤlt, und einen Theil des Kessels oder der
                              Flammen-Zuͤge unbedekt laͤßt, die
                                 Sicherheits-Klappen und die schmelzbaren Scheiben gefaͤhrliche
                                 Vorsichts-Maßregeln werden. Es waͤre unklug, dem Dampfe einen
                              Ausgang von einer gewissen Weite zu geben; wir rathen hier mit dem
                              Nachschuͤren aufzuhoͤren, die Thuͤren des Ofens zu
                              oͤffnen, damit der Zug vermindert wird, und, wenn moͤglich, selbst
                              einen Theil des Wassers aus dem Kessel ausfließen zu lassen und kaltes
                              dafuͤr, jedoch mit der Vorsicht nachzufuͤllen, daß es nicht bis zu
                              jener Hoͤhe emporsteigt, auf welcher die Theile des Kessels stehen, die von
                              dem Wasser unbedekt und roth gluͤhend geworden sind; die Maschine im Gange
                              fort zu erhalten, den Verbrauch des Dampfes aber mittelst des Registers zu
                              reguliren, welches sich auf der Verbindungs-Roͤhre der Kessel und des
                              Cylinders befindet, so daß die Spannung nur langsam vermindert wird, und, wenn bei
                              gaͤnzlich offenem Register die Spannung noch zunaͤhme, Sand oder Asche
                              auf die brennenden Kohlen zu werfen, oder diese selbst nach und nach aus dem Ofen zu
                              nehmen. Man kann gewoͤhnlich so viel Wasser ausfließen lassen, als man will,
                              wenn man waͤhrend einer gewissen Zeit uͤber die Haͤhne der
                              Speisungs-Roͤhre und die Klappe derselben fuͤr den Ueberschuß
                              des Wassers oͤffnet. Das kalte Wasser muͤßte langsam mittelst der
                              Handpumpe nachgefuͤllt werden. Da jede ploͤzliche Veraͤnderung zu
                              fuͤrchten ist, darf man nicht Wasser auf das Feuer in dem Ofen
                              schuͤtten. Es scheint uns auch nicht, daß es gut waͤre, die Maschine
                              still stehen zu lassen, außer wenn die Kraft des Dampfes nicht zu schnell vermindert
                              wird.
                           Nachdem die Temperatur auf 100° zuruͤkgefuͤhrt wurde, und das
                              Manometer zeigt, daß der Dampf keine Kraft mehr besizt, kann die
                              Sicherheits-Klappe ohne Nachtheil geoͤffnet und die Handpumpe zum
                              Nachfuͤllen des Wassers verwendet werden. Da das Wasser dann nur nach und
                              nach uͤber die zu sehr erhizten Stellen sich erhebt, so wird wahrscheinlich
                              der Dampf sich nicht so schnell erzeugen, daß er eine Explosion erzeugen
                              koͤnnte; wenn indessen diese Theile eine sehr ausgedehnte horizontale
                              Oberflaͤche darbieten wuͤrden, und der Dampf in sehr großer Menge bei
                              der Sicherheits-Klappe ausfuͤhre, muͤßte man die Handpumpe
                              langsamer spielen lassen, oder mit derselben einige Zeit uͤber
                              gaͤnzlich aufhoͤren, und warten, bis die Kessel kalt geworden sind.
                              Das Feuer duͤrfte erst dann wieder angeschuͤrt werden, wenn das Wasser
                              diese Stellen und die Flammen-Zuͤge ganz bedekt.
                           Ich habe bemerkt, daß der Dampf, der in Folge der Verminderung des Wassers in den
                              Kesseln mit den der Einwirkung des Feuers ausgesezten Stellen desselben in
                              Beruͤhrung kommt, eine sehr erhoͤhte Temperatur erhaͤlt. In
                              diesem Zustande hoͤrt der Dampf auf mit Wasser gesaͤttigt zu seyn, und
                              der uͤberschuͤssige Waͤrmestoff kann eine gewisse Menge Dampfes
                              erzeugen, wenn das Wasser, das waͤhrend seines Wallens in die Hoͤhe
                              steigt, sich mit dem mit Waͤrmestoff uͤberladenem Dampfe mengt, der
                              den oberen Theil des Kessels einnimmt. Hr. Perkins, der
                              sich so viel mit Untersuchung des Dampfes beschaͤftigt hat, betrachtet den im
                              Ueberschusse im Dampfe enthaltenen Waͤrmestoff als eine der
                              vorzuͤglichsten Ursachen der ploͤzlichen Dampfbildung. Wir haben in
                              obigen Betrachtungen nicht darauf Ruͤksicht genommen, indem wir die Wirkungen
                              hiervon nicht genau kennen, und die von uns angegebenen Ursachen uns bei weitem mehr
                              Einfluß auf dieses Phaͤnomen zu haben scheinen. Es ist nicht sehr
                              wahrscheinlich, daß die geringe Menge Dampfes, die in dem Kessel enthalten ist (1
                              – 2 Hektogramm vielleicht auf die Kraft eines Pferdes), die, in der
                              Voraussezung, zuerst entweichen muß, dem mit Wasser gesaͤttigten Dampfe, der
                              an die Stelle derselben tritt, viel Waͤrmestoff mittheilen
                              koͤnnte.
                           (Hr. Marestier theilt hier eine
                              Uebersezung des Aufsazes des Hrn. Perkins uͤber diesen Gegenstand im London Journal April 1827 mit, welchen Aufsaz wir im Polyt. Journal
                              B. XXIV. S. 484 bereits in einer Uebersezung
                              lieferten. Er fuͤgte seiner Uebersezung verschiedene Bemerkungen bei, von welchen wir hier die
                              wichtigeren uͤbersezen wollen.)
                           Die von Hrn. Perkins
                              aufgestellten Thatsachen sind, sagt Hr. Marestier, den Physikern schon lang bekannt; sie wissen, daß, so
                              lang Feuer auf Wasser angewendet wird, sich ein Dampf
                              bildet, den man werdenden Dampf, mit Wasser
                                 gesaͤttigten Dampf nennt, der eine sehr große Kraft besizt; daß
                              aber, wenn Feuer auf diesen Dampf nach seiner Bildung
                                 angewendet wird, und dieser nicht mehr das zu seiner Saͤttigung
                              noͤthige Wasser aufnehmen kann, er nicht mehr eine mit seiner Temperatur im
                              Verhaͤltnisse stehende Spannung zu erhalten vermag. Auf Erfahrungen und auf
                              Analogie gestuͤzt, behaupten sie, daß die Zunahme der Kraft des Dampfes dann
                              nur mehr dem Geseze folgt, welchem erhizte Luft und erhizte Gasarten unterliegen,
                              also sehr langsam steigt, waͤhrend der werdende, mit Wasser
                              gesaͤttigte, Dampf in einem rasch steigenden Verhaͤltnisse an Kraft
                              zunimmt. Wir sind mit Hrn. Perkins vollkommen einverstanden, nur weichen wir in den
                              Folge-Schluͤssen von einander ab. Bei ihm ist es der
                              Waͤrmestoff des uͤberhizten Dampfes, der die augenblikliche
                              Dampferzeugung veranlaßt, und nach unserer Ansicht ruͤhrt dieselbe
                              groͤßten Theiles von dem uͤberhizten Metalle her.
                           Bei Gelegenheit der Roͤhren, von welchen Hr. Perkins am Ende seiner Abhandlung (Polytechn. Journ. XXIV.
                                 B. S. 488, Zeile 5) spricht, bemerkt Hr. Marestier: daß man schon seit laͤngerer
                              Zeit sich bei Maschinen von niedrigem Druke der Roͤhren bedient, die in das
                              Wasser tauchen. Seit man daran dachte, durch diese Roͤhren musikalische
                              Toͤne zu erzeugen, empfahl man den Muͤndungen derselben eine solche
                              Weite zu geben, daß der Laͤrm, den sie machen, den allenfalls schlafenden
                              Heizer aufzuweken vermoͤchte. Diese Roͤhren sind
                                 eine vortreffliche Maßregel, die man bei Maschinen von niedrigem Druke niemals
                                 vernachlaͤssigen sollte.
                           Hr. Marestier schließt seine
                              Abhandlung mit folgenden Bemerkungen:
                           Da es aͤußerst wahrscheinlich ist, daß die gefaͤhrlichsten Explosionen
                              durch den niedrigen Stand des Wassers im Kessel entstehen, muß man mit der
                              groͤßten Aufmerksamkeit dafuͤr sorgen, daß das Wasser immer
                              uͤber denjenigen Theilen des Kessels erhalten wird, die der Einwirkung des
                              Feuers ausgesezt sind; daß es also, um uͤber den Stand des Wassers nicht in
                              Irrthum zu bleiben, gut ist, an den Kesseln verschiedene Vorrichtungen anzubringen,
                              wodurch man diesen Stand des Wassers mit Sicherheit erkennen kann, z.B.,
                              Haͤhne, Schwimmer, Glasroͤhren, und, wo es immer moͤglich ist,
                              Sicherheits-Roͤhren, die mit dem einen Ende in das Wasser tauchen, und
                              an dem anderen Ende so vorgerichtet sind, daß der durch dieses Ende ausfahrende
                              Dampf Laͤrm blaͤst.
                           Nach den Ansichten des Hrn. Perkins und nach unseren eigenen sind die Sicherheits-Klappen
                              und die Scheiben aus leichtfluͤssigem Metalle allerdings treffliche Mittel,
                              um Berstungen zu verhuͤten, die durch eine langsam zunehmende Kraft
                              entstehen; sie koͤnnen aber die verderblichsten Explosionen
                              herbeifuͤhren, wenn man sie oͤffnet oder wenn sie von dem Dampfe
                              aufgestoßen werden, wo es am Wasser im Kessel fehlt; man muß folglich unter diesen
                              Umstaͤnden sich auf das Strengste huͤten, die Klappen ehe zu
                              oͤffnen, als bis der Dampf alle Kraft verloren hat.
                           So dringend uͤbrigens auch die Umstaͤnde seyn moͤgen, die eine
                              Veraͤnderung an dem Zustande des Kessels, der zu bersten droht, erheischen,
                              so muß doch jede ploͤzliche Erkuͤhlung sorgfaͤltig vermieden
                              werden, damit nicht ein Theil des Dampfes sich dadurch verdichtet, oder die Kraft zu
                              schnell abnimmt. Man muß also aufhoͤren nachzuschuͤren, die Wirkung
                              des Feuers durch Oeffnung der Ofen-Thuͤren vermindern, die Kohlen nach
                              und nach mit Asche bedeken oder aus dem Ofen schaffen. Man muß etwas Wasser aus dem
                              Kessel lassen, damit, auf der einen Seite, wenn das Volumen des Wassers
                              zunaͤhme, dasselbe immer noch unter den rothgluͤhend gewordenen
                              Theilen des Kessels bliebe, auf der anderen Seite kaltes Wasser zugelassen werden
                              koͤnnte, wodurch die Neigung des erhizten Wassers zum Aufsteigen in die
                              Hoͤhe beseitigt wird.
                           Hr. Perkins empfiehlt die
                              Maschine still stehen zu lassen. Nach unserer Ansicht sollte man sie gehen lassen,
                              bis der Zeiger auf 0 weiset, damit nicht die Spannung zunimmt, sondern vielmehr
                              leichter auf den Druk der Atmosphaͤre zuruͤkgefuͤhrt werden
                              kann. Man muß aber die Oeffnung des Registers der Dampf-Roͤhre nach
                              und nach vermindern, damit der Zeiger nicht zu schnell sinkt, und dieselbe nur dann
                              gaͤnzlich schließen, wenn die Spannung fuͤr sich selbst sehr schnell
                              nachließe.