| Titel: | Ueber die Fabrikation des Saffians (Maroquins) von Hrn. Robiquet. | 
| Fundstelle: | Band 31, Jahrgang 1829, Nr. CVI., S. 365 | 
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                        CVI.
                        Ueber die Fabrikation des Saffians (Maroquins)
                           von Hrn. Robiquet.
                        (Aus dem Dictionnaire technologique Bd. XIII. S.
                              124.)
                        Robiquet, uͤber die Fabrikation des Saffians.
                        
                     
                        
                           Der aͤchte Saffian ist ein gegerbtes und auf der
                              Narbenseite gefaͤrbtes ZiegenfellUeber die Saffianbereitung sind bereits schon zwei schaͤzbare
                                    Abhandlungen im polytechnischen Journale geliefert worden, wovon die erste
                                    (uͤber die Zubereitung des rothen und
                                       gelben Saffians in Astrachan, von Professor Dr. Petri in Erfurt) im VII. Bd. S. 186. und die zweite (uͤber Gerberei, Lederzurichtung und Lederfaͤrbung, von
                                       Aikin) im XVIII. Bd. S.
                                       346. enthalten ist.A. d. R.. Man bearbeitet auf diese Art auch die Schaffelle, welche man dann
                              Schaffell-Saffian (mouton maroquiné)
                              nennt. Der Name Maroquin (Marokkanisches Leder) scheint
                              deßwegen in Gebrauch gekommen zu seyn, weil diese Kunst aus dem Koͤnigreiche
                              Marokko nach Europa eingefuͤhrt wurde.
                           In Frankreich wurde die Saffian-Fabrikation erst gegen die Mitte des
                              achtzehnten Jahrhunderts ausgeuͤbt. Man behauptet, daß die erste
                              Saffianfabrik in der Pariser Vorstadt Saint-Antoine von einem gewissen Garon errichtet wurde, und daß einige Jahre
                              spaͤter (im J. 1749) ein anderer Fabrikant, Namens Barrois, eine zweite anlegte, welche durch Patentbriefe im Jahre 1765
                              unter die koͤniglichen Manufakturen aufgenommen wurde.
                           Die ersten Nachrichten, welche man in Frankreich uͤber die
                              Saffian-Fabrikation in der Levante erhielt, verdankt man Hrn. Granger, einem Chirurg der
                              koͤnigl. Marine und trefflichen Beobachter, welcher in Auftrag des Ministers,
                              Grafen von Maurepas, verschiedene Laͤnder bereiste
                              und nach einander der Akademie mehrere außerordentlich schaͤzbare Berichte
                              uͤber verschiedene Industriezweige und uͤber Naturgeschichte
                              einsandte. Seine Beschreibung der Saffiangerberei, nach dem Verfahren, welches er in
                              der Levante befolgen sah, ist vom J. 1735; Lalande hat
                              sie im Detail auch in die Encyclopaͤdie aufgenommen. Seit dieser Zeit wurden
                              in Frankreich mehrere Saffian-Fabriken errichtet; und besonders die des
                              Hrn.
                           
                           Fauler, zu Choisy-le-Roi, welche durch ihre
                              vorzuͤglicheren Produkte die wichtigste wurde und den meisten Ruf
                              erhielt.
                           Im Ganzen genommen ist diese Kunst fast noch auf derselben Stufe, auf welcher sie bei
                              ihrem Ursprunge stand; man befolgt naͤmlich noch die von Granger beschriebenen und von Lalande bekannt gemachten Verfahrungsweisen. Doch hat man mehrere
                              Operationen vereinfacht und einige mangelhafte Punkte vervollkommnet, so daß diese
                              Kunst wirkliche Verbesserungen erhielt, die wir aber nicht wohl bekannt machen
                              koͤnnen (qu'il nous est difficile de faire
                                 connaitre), weil sie die wahre Grundlage der Wohlfahrt dieser Manufakturen
                              ausmachen, und weil man ihnen durch die Verbreitung derselben einen
                              betraͤchtlichen Schaden zu Gunsten der Auslaͤnder zufuͤgen
                              wuͤrdeDieß sind franzoͤsische Grundsaͤze.A. d. R.. Doch wollen wir einige dieser Verbesserungen anfuͤhren und nur
                              diejenigen zuruͤkbehalten, welche die wesentliche Ursache des guten Erfolges
                              unserer Manufakturen zu nahe beruͤhren, und ihnen den großen Vortheil
                              gewaͤhren, billigere Preise festsezen und so allen Auslaͤndern die
                              Concurrenz abschneiden zu koͤnnen.
                           Die Haͤute, welche zur Bereitung des Saffians dienen, sind, wie wir schon
                              bemerkt haben, die der Ziege und des Schafes. Erstere haben nicht nur mehr
                              Geschmeidigkeit und mehr Glanz, sondern auch groͤßere Dauerhaftigkeit, aber
                              dessen ungeachtet wendet man sie wegen ihres hoͤheren Preises ziemlich selten
                              an.
                           Die Pariser Fabrikanten beziehen die Ziegenfelle von verschiedenen Orten; unter den
                              franzoͤsischen gibt man denjenigen den Vorzug, welche aus den alten Provinzen
                              der Auvergne, aus Poitou und der Dauphiné kommen; man bezieht auch eine große
                              Menge aus dem Auslande und namentlich aus der Schweiz, Savoien und Spanien; leztere
                              sind besonders wegen ihrer Staͤrke und guten Beschaffenheit geschaͤzt,
                              waͤhrend diejenigen aus Frankreich mehr wegen ihrer großen Feinheit gesucht
                              sind. Bei allen diesen Eigenschaften muß der Saffiangerber eine große Auswahl
                              treffen, und er ermangelt nicht, alle diejenigen Haͤute auszuschließen,
                              welche einige Fehler zeigen, denn die geringsten unter ihnen werden nach dem
                              Faͤrben, besonders dem Rothfaͤrben, sehr sichtbar. Es ist
                              unmoͤglich, so sorgfaͤltig man auch bei dem Auslesen zu Werke gehen
                              mag, Alles gewahr zu werden; die leichtesten Schrammen und die kleinsten
                              Knoͤtchen sind hinreichend, die Haͤute so fehlerhaft zu machen, daß
                              man sie zum Roth nicht anwenden kann, welches die delikateste Farbe und gerade
                              diejenige ist, bei welcher man die groͤßte Vollkommenheit verlangt; auch ist
                              der Fabrikant
                              gezwungen, in dem Maße, als die Arbeit fortschreitet, die Haͤute neuerdings
                              durchsehen zu lassen und sie nach der Farbe einzutheilen, naͤmlich die
                              mangelhaftesten fuͤr dunkle Farben zu beseitigen und die schoͤnsten
                              fuͤr helle Fachen, besonders fuͤr das Roth, wozu man sie oft in ganzen
                              Stuͤken anwendet.
                           Da die Ziegenhaͤute troken und behaart ankommen, so hat die erste Arbeit,
                              welche man mit ihnen vornimmt, einzig zum Zwek, sie zu erweichen und ihre Poren zu
                              oͤffnen, damit die zu den darauf folgenden Operationen erforderlichen
                              Substanzen sie gehoͤrig durchdringen koͤnnen. Man erreicht diesen Zwek
                              leicht durch ein bloßes Eintauchen der Haͤute in ein gefaultes Wasser, worin
                              man sie mehr oder weniger lange verweilen laͤßt, je nach dem Grade der
                              Austroknung, nach ihrer Dike, und auch nach der herrschenden Temperatur; denn in
                              diesem ersten Bade erleiden sie eine Art Gaͤhrung, welche man ohne Gefahr
                              nicht bis uͤber einen gewissen Grad treiben koͤnnte, weil sie sonst in
                              eine anfangende Faͤulniß uͤbergehen wuͤrden, welche
                              nothwendiger Weise ihre Beschaffenheit aͤndern muͤßte. In Hinsicht der
                              Dauer des Verweilens, welches von zwei bis auf fuͤnf Tage verlaͤngert
                              wird, kann man sich also bloß durch die Erfahrung leiten lassen. Wenn man glaubt,
                              daß die Haͤute hinreichend erweicht sind, benuzt man diesen Zustand, um sie
                              das erste Mal auf dem Schabebaum auszustreichen, um die Fett- oder
                              Fleischstuͤke abzusondern, welche die Fleischer darauf zuruͤkgelassen
                              haben, und um die Falten zu beseitigen, welche sich allenfalls waͤhrend des
                              Austroknens gebildet haben. Nach dieser Zubereitung weicht man sie wieder in
                              frischem Wasser zwoͤlf Stunden lang ein und druͤkt sie dann in
                              dasselbe Wasser aus, welches man aufbewahrt, um eine andere Partie weichen zu
                              lassen.
                           Wenn die Haͤute gut abgetrieft sind, bringt man sie in die Aescher oder
                              vierekigen Gruben, welche mit in mehr oder weniger Wasser aufgeweichtem Kalke
                              gefuͤllt sind. Diese Gruben sind gewoͤhnlich aus Stein oder Holz
                              verfertigt; sie haben ungefaͤhr 4 bis 5 Fuß Laͤnge auf 4 bis 5 Tiefe.
                              Der Zwek dieses neuen Einweichens ist, die nezfoͤrmige Haut hinreichend
                              auszudehnen, um die Haarwurzeln in Freiheit zu sezen und ihre leichte Ausziehung
                              moͤglich zu machen. Hier sind, wie bei der vorhergehenden Operation einige
                              Abaͤnderungen anzubringen, welche man sich nur durch die Erfahrung aneignen
                              kann. So ist es nicht nur nicht gleichguͤltig, die Haͤute mehr oder
                              weniger lange in dem Kalk zu lassen, sondern es ist auch oft noͤthig, seine
                              Wirkung in bestimmte Grade einzutheilen und so lange Versuche anzustellen, bis man
                              den vorgesezten Punkt genau erreicht hat; sonst wuͤrde der Kalk durch eine zu
                              lange Einwirkung endlich
                              einen nachtheiligen Einfluß ausuͤben; die Haut schwillt zu sehr auf, sie wird
                              hohl (creux), wie die Saffiangerber sagen. Man sieht
                              also, daß man, um sich gegen die aͤzende Einwirkung des Kalks sicher zu
                              stellen, sowohl auf die groͤßere oder geringere Feinheit der Haͤute,
                              welche man enthaaren will, als auch auf die Temperatur der Atmosphaͤre
                              Ruͤksicht nehmen muß, denn es ist gewiß, daß die Arbeit um so mehr
                              beschleunigt werden wird, je hoͤher die sie umgebende Temperatur ist.
                           Um mit groͤßerer Sicherheit zu verfahren, enthaart man gewoͤhnlich mit
                              alten Aeschern, deren Kalk durch seine lange Beruͤhrung mit der Luft zum
                              Theil mit Kohlensaͤure verbunden, und dessen Wirkung dadurch sehr
                              geschwaͤcht worden ist; hierauf nimmt man die Haͤute durch neue
                              Aescher. Bei dieser Operation muß man ein richtiges Maß treffen, denn es ist sehr
                              wesentlich, daß sie weder zu schnell noch zu langsam vor sich geht. Wenn der Aescher
                              also zu stark ist, wovon man sich uͤberzeugt, wenn die Haͤute nach ein
                              oder zwei Tage anhaltendem Einweichen schon staͤrk angegriffen sind, so muß
                              man sie nothwendig in ein schwaͤcheres Bad bringen. Wenn man im Gegentheil
                              bemerkt, daß selbst nach zwoͤlf bis fuͤnfzehn Tagen die Haare noch
                              nicht von der Haut losweichen, so muß man in diesem Falle zu einem Bade seine
                              Zuflucht nehmen, welches sie staͤrker angreifen kann. Auch muß man nicht nur
                              waͤhrend der Dauer jedes Einweichens die Haͤute von Zeit zu Zeit
                              umwenden, um dem Kalk Gelegenheit zu geben, sich zu erneuern und zwischen jede
                              Oberflaͤche einzudringen, sondern es ist auch noͤthig, sie aus der
                              Grube herauszunehmen, und sie wenigstens Ein Mal alle zwei Tage wieder
                              hineinzubringen.
                           Wenn man den gehoͤrigen Punkt erreicht hat, nimmt man die Haͤute
                              sogleich heraus, um sie auf folgende Weise zu enthaaren. Man faͤngt an, nach
                              einander jede dieser Haͤute auf einem Schabebaum auszubreiten und mittelst
                              eines runden nicht schneidenden Messers, aͤhnlich demjenigen, dessen man sich
                              in allen Gerbereien bedient, alle Haare abzustreifen; zu diesem Ende ist es
                              hinreichend, dieses Messer in verschiedenen Richtungen, indem man einen schwachen
                              Druk ausuͤbt, auf der ganzen Narben-Oberflaͤche
                              herumzufuͤhren. Wenn diese Operation beendigt ist, schreitet man zur
                              darauffolgenden, welche darin besteht, aus den Haͤuten den Kalk, welchen sie
                              enthalten koͤnnen, wieder vollkommen herauszuschaffen, und da es zum sicheren
                              Gelingen der ganzen Arbeit sehr wesentlich ist, daß dieser Kalk den Haͤuten
                              vollkommen entzogen wird, so pflegte man ehemals die Haͤute sehr oft
                              auszustreichen, und gerade dieses haͤufige Ausstreichen wurde außerordentlich
                              kostspielig; heute zu Tage hat man dieses Verfahren sehr vereinfacht, ohne deßwegen
                              die noͤthige
                              Vollkommenheit zu beeintraͤchtigen. Man faͤngt damit an, die
                              Haͤute, um sie zu spuͤlen, einen ganzen Tag lang in fließendes Wasser
                              zu haͤngen. Ein dreimaliges Bearbeiten auf dem Schabebaum ist alsdann
                              hinreichend, um sie vollkommen zu reinigen. Das erste nennt man die Abfleischung (écharnage), weil es zum Zwek hat, die kleinen Fleischtheilchen
                              wegzunehmen, welche der Haut noch anhaͤngen koͤnnten. Diese
                              Verrichtung ist sehr muͤhsam und erfordert eine große Geschiklichkeit, wenn
                              die Fleischtheilchen recht rein weggenommen und dennoch die Haut nicht angegriffen
                              werden soll. Zu dieser Zeit bearbeitet man sie auch auf ihrem Umfange, um alle
                              Unregelmaͤßigkeiten davon zu entfernen.
                           Das zweite Ausstreichen nimmt man auf der Narbenseite mittelst des Puzsteines (querce)Der Puzstein (querce) ist ein langer flacher
                                    Stein, von seinem und dichtem Gefuͤge, eine Art harter Schiefer,
                                    welcher ungefaͤhr zur Haͤlfte seiner Breite mit einem Querholz
                                    eingefaßt ist, dessen Enden 8 bis 10 Zoll auf jeder Seite daruͤber
                                    hinaus reichen und zugerundet sind, so daß sie als Griff dienen. Diese Art
                                    von Platte oder steinernem Messer hat eine, zugerundete Schneide.A. d. O. vor, um durch den schwachen Druk, welchen man ausuͤbt, die geringe
                              Menge Kalk, welche darauf liegen bleiben koͤnnte, herauszutreiben; durch
                              diese Manipulation macht man zugleich die Narbenseite geschmeidig. Endlich bringt
                              man sie, um sie gut zu entwaͤssern, nochmals auf den Schabebaum und
                              druͤkt sie mit dem runden nicht schneidenden Messer stark zusammen, um sie
                              besser fuͤr das Kothbad (Kothbeize)
                              vorzubereiten.
                           Ehemals pflegte man die Haͤute zwischen jeder Behandlung auf dem Schabebaum,
                              und diese waren damals sehr zahlreich, in Kuͤbeln mittelst hoͤlzerner
                              Stampfer zu walken. Jezt begnuͤgt man sich, die Haͤute zwischen jedem
                              Ausstreichen ungefaͤhr eine Viertelstunde lang in einer Tonne zu stoßen,
                              welche senkrecht auf zwei Zapfen laͤuft und in ihrem Inneren mit einer großen
                              Menge von Bolzen versehen ist, welche an ihrem Ende zugerundet sind. Man bringt die
                              Haͤute in diese Tonne, sezt eine der Anzahl der Haͤute angemessene
                              Menge Wasser zu und dreht dann die Tonne schnell mittelst einer an einem Getriebe
                              angebrachten Kurbel um.
                           Wir haben von den Nachtheilen gesprochen, welche der Kalk verursachen kann, wenn man
                              ihn zu lange einwirken laͤßt oder sein Verhaͤltniß zu
                              betraͤchtlich ist, und wir wollen hier nur noch beifuͤgen, daß es ohne
                              Zweifel nur, um diesem zum Theil abzuhelfen geschieht, wenn mehrere Fabrikanten die
                              Menge des Kalks verringern und sie durch eine entsprechende Menge Holzasche oder
                              gewoͤhnliche Potasche ersezen, welche wahrscheinlich dieselben Vortheile
                              gewaͤhren, ohne dieselben Nachtheile zu verursachen. Was diese Ansicht zu
                              unterstuͤzen scheint, ist, daß einige Personen zu demselben Zwek die Anwendung des gefaulten
                              Urins empfehlen, den sie als dieser Art von Arbeit unendlich guͤnstiger
                              betrachten, wahrscheinlich wegen des Ammoniaks, welches er entwikelt. Hieraus
                              moͤchte also hervorzugehen scheinen, daß die aufloͤslichsten und
                              vielleicht die am wenigsten energischen Alkalien gerade deßwegen den Vorzug
                              verdienen muͤssen, weil von ihrer Einwirkung, nachdem sie das Enthaaren
                              bewirkt haben, keine Spur mehr zuruͤkbleibt und man sie leicht durch das
                              geringste Auswaschen beseitigen kann; waͤhrend der Kalk, welcher an und
                              fuͤr sich sehr wenig aufloͤslich ist und in dem Zustande von
                              Vertheilung, worin man ihn anwendet, in die Poren eindringen, sich darin fest sezen,
                              sich vielleicht mit der organischen Substanz verbinden kann – ihr neue
                              Eigenschaften ertheilt. Gewiß ist, daß wenn man nicht alle moͤglichen
                              Vorsichtsmaßregeln ergreift, um sogar die lezten Antheile von Kalk zu beseitigen,
                              nicht nur die Haut hart bleibt, sondern die Gegenwart dieser alkalischen Erde
                              gewisser Maßen auch den anzuwendenden Faͤrbestoffen als Beize dient und ihre
                              Nuͤancen so sehr veraͤndert, daß sie ganz anders ausfallen, als sie
                              ohne dessen Gegenwart seyn wuͤrden.
                           Aus dem Vorhergehenden ersieht man also, wie wichtig es ist, daß der Kalk den
                              Haͤuten ganz entzogen wird, und deßwegen sind ohne Zweifel so viele
                              Operationen vor dem Faͤrben noͤthig, denn sonst wuͤrde man
                              nicht einsehen, wozu das Kothbad nuͤzen soll, mit
                              welcher Operation wir uns jezt beschaͤftigen wollen.
                           In der von Lalande bekannt gemachten Beschreibung findet
                              man, daß dieses dritte Bad, welchem man den Namen Kothbad
                              gibt, nichts als in Wasser zur Consistenz eines klaren Breies aufgeweichter
                              Hundekoth ist, und daß 25 bis 30 Pfund von diesem Koth auf acht Duzende von
                              Haͤuten angewandt worden. Jener Schriftsteller behauptet, daß dieses Kothbad
                              ihnen ihre Steifigkeit benimmt und sie zur Erschlaffung, zum Aufschwellen und zur
                              Gaͤhrung geneigt macht; daß ferner diese Excremente die Haͤute durch
                              die alkalischen Theile, welche sie enthalten, reinigen, indem leztere die Entfernung
                              des Fettes, welches sie noch zuruͤkhalten, und welches sie verhindern
                              wuͤrde, die Farbe anzunehmen, erleichtern. Wir wissen nicht, wie weit diese
                              verschiedenen Behauptungen gegruͤndet sind; doch muͤssen wir sagen,
                              daß es nicht sehr wahrscheinlich ist, daß die Haͤute nach der Operation des
                              Enthaarens noch eine bemerkenswerthe Menge Fett zuruͤkhalten koͤnnen,
                              denn der Kalk und das Kali, welche man in den Aeschern anwendet, muͤssen es
                              nothwendig in eine aufloͤsliche oder unaufloͤsliche Seife verwandelt
                              haben. Unserer Meinung nach muß man vielmehr annehmen, daß der wahre Nuzen dieses
                              Bades in einer Art sauren Gaͤhrung liegt, welche der Faͤulniß
                              vorangeht. Was dieses wahrscheinlich machen koͤnnte, ist, daß
                              gegenwaͤrtig die meisten Saffianfabrikanten den Gebrauch dieser Excremente ganz aufgegeben haben
                              und nur ein Kleienbad anwenden, dessen man sich ehemals auch bediente, aber erst
                              nach dem erwaͤhnten Kothbade. Nun ist es ziemlich erwiesen, daß die Kleie nur
                              eine gewisse Menge Saͤure hervorbringen kann, und wenn dem so ist, so ersieht
                              man daraus leicht, daß dieses Bad hauptsaͤchlich dadurch auf die Haut wirken
                              muß, daß es ihr vermittelst seiner Saͤure den noch uͤbrigen Kalk
                              entzieht, welchen sie enthaͤlt. Man sieht auch leicht ein, daß diese
                              Saͤure jenes Aufschwellen oder jene Erschlaffung hervorbringt, wovon Lalande spricht, und daß die Haut eben dadurch zum Gerben
                              besser disponirt wird.
                           Wie dem aber auch sey, so bringt man die enthaarten Haͤute, nachdem damit alle
                              vorgeschriebenen Manipulationen vorgenommen und sie gut ausgewaschen worden sind, in
                              das Kleienbad; darin laͤßt man sie eine Nacht und einen Tag lang und
                              druͤkt sodann die Fluͤssigkeit auf dem Schabebaum aus; diejenigen,
                              welche zum Rothfaͤrben bestimmt sind, naͤmlich die schoͤnsten,
                              werden sodann unverzuͤglich gesalzen, damit man sie so lange aufbewahren
                              kann, bis man sie faͤrben will.
                           Ueber den lezten Punkt muͤssen wir bemerken, daß das Salz wahrscheinlich auch
                              noch eine andere Wirkung hervorbringt, und nicht bloß als Erhaltungsmittel dient;
                              denn es ist Thatsache, daß weiche thierische Substanzen, so oft man Salz damit in
                              Beruͤhrung bringt, zuerst dadurch aufschwellen, worauf jedoch bald ein großer
                              Theil von dem Wasser, welches sie verschlukt haben, herauslaͤuft, so daß sie
                              sich zulezt zusammenziehen. Diese Wirkung ist besonders bei den Eingeweiden der
                              Thiere sehr auffallend, wenn man diese salzt, um sie zu conserviren. Man sieht
                              keinen Grund ein, warum es sich in Hinsicht der Haͤute anders verhalten
                              sollte; ihr Gewebe muß sich also enger zusammenziehen; und weil das Salzen dem
                              Faͤrben vorangeht, so ist es wahrscheinlich, daß es auch zum Zwek hat,
                              dasselbe zu beguͤnstigen, indem es die Oberflaͤche dichter und glatter
                              macht. Hieraus muß auch noch der Vortheil hervorgehen, daß die Haut, weil sie
                              weniger poroͤs geworden ist, schwieriger von der Farbe durchdrungen und
                              leztere also mehr gespart wird. Aus einem aͤhnlichen Grunde, naͤmlich
                              um Farbe zu ersparen, pflegt man auch jede Haut zuzunaͤhen, indem man sie so
                              zusammenschlaͤgt, daß die Narbenseite auswendig zu stehen kommt, so daß die
                              Fleischseite keine Farbe annehmen kann.
                           
                        
                           Ueber das Rothfaͤrben.
                           Hieruͤber ist es besonders schwierig, genaue Vorschriften zu geben, weil jeder
                              Fabrikant aus seiner Verfahrungsweise ein großes Geheimniß macht und fast alle etwas
                              abweichende Methoden befolgen. Wenn wir aber auch uͤber dasjenige, was wir
                              anfuͤhren wollen, keine große Buͤrgschaft geben koͤnnen, so werden wir
                              doch die Sache so gut auseinanderzusezen suchen, daß jeder eitlen sichern Leitfaden
                              hat und mittelst einiger Versuche dasjenige, was bei unserer Beschreibung allenfalls
                              noch fehlen sollte, selbst auffinden kann.
                           Die meisten Farbstoffe befestigen sich bekanntlich auf den verschiedenen zu
                              faͤrbenden Oberflaͤchen nur durch Dazwischenkunft besonderer
                              Koͤrper, welchen man den Namen Beizen gegeben hat,
                              und diese Beizen sind nach dem Faͤrbestoffe, nach der Natur der zu
                              faͤrbenden Substanz und auch nach der Nuͤance, welche man
                              hervorbringen will, verschieden. Auch weiß man, daß die thierischen Substanzen sich
                              im Allgemeinen leichter mit den Farbestoffen verbinden, als die vegetabilischen
                              Gewebe. Wir wollen nun angeben, wie man die Ziegenhaͤute sowohl mit
                              Kermesbeeren (Scharlachbeeren) als auch mit Stoklak und endlich auch mit Cochenille
                              rothfaͤrben kann. Man hat sogar ganz neuerlich versichert, daß man auch mit
                              Krapp schoͤnen rothen Saffian darstellen kann; aber ich weiß in dieser
                              Beziehung nichts gewisses. Was den Kermes betrifft, so weiß Jedermann, daß man damit
                              alle rothen Nuͤancen wie mit Cochenille hervorbringen kann; daß sie
                              vielleicht wirklich weniger Glanz, aber gewiß viel mehr Soliditaͤt haben, und
                              vor der Entdekung der Cochenille hatte man auch einzig und allein den Kermes zu
                              diesem Zweke angewandt. Wenn man außerdem bedenkt, daß die Bewohner der Levante,
                              welche uns die Saffianbereitung lehrten, jezt noch die Kappen, welche ihnen zur
                              Kopfbedekung dienen, mit Kermes zu faͤrben pflegen, so wird es sehr
                              wahrscheinlich, daß sie den Kermes auch fuͤr den Saffian anwandten. So viel
                              ist indessen gewiß, daß man ihn jezt allenthalben durch die Cochenille ersezt hat,
                              welche in der That wegen des glaͤnzenden Colorits, welches sie hervorbringt,
                              wenn sie gehoͤrig gebeizt worden ist, den Vorzug verdient.
                           Einige aͤltere Schriftsteller, und besonders Geoffroy, haben behauptet, daß die rothe Farbe des Saffians mit
                              Koͤrnerlak (Samenlak) hervorgebracht wird; wir wissen nicht, woher sie diese
                              Nachricht erhielten und wie viel Zutrauen sie verdient; aber wir zweifeln
                              keinesweges, daß die Sache moͤglich ist, und bleiben uͤberzeugt, daß
                              man fruͤher oder spaͤter die Cochenille zu diesem Zwek, wie zu den
                              meisten anderen, durch Lak-dye ersezen wird, und wenn es bisher noch nicht gelang, so ist
                              wahrscheinlich Mangel an Versuchen schuld daran; wenn aber aus irgend einer Ursache
                              die Cochenille selten oder theuer wuͤrde, so wuͤrde man sich die
                              Muͤhe nehmen, Versuche anzustellen und die Sache wuͤrde gelingen. In
                              Erwartung dieser neuen Verbesserung wollen wir auf die gewoͤhnliche Methode
                              zuruͤkgehen und dasjenige daruͤber sagen, was wir davon wissen.
                           Vorausgesezt also, daß die zum Rothfaͤrben bestimmten Haͤute gut zubereitet, ganz von
                              Kalk gereinigt und nicht gegerbt worden sind, so naͤht man jede besonders an
                              ihrem Rande, Fleisch gegen Fleisch, zusammen und bringt sie dann in eine
                              Zinnaufloͤsung, deren Oxyd sich zum Theil mit der Haut verbindet und dem
                              Farbestoffe zur Beize dient. Nach Lalande muß der Alaun,
                              naͤmlich die Alaunerde, als Beize angewandt werden und er schreibt vor 12
                              Pfund roͤmischen Alaun auf acht Duzend Haͤute zu verwenden. Man
                              loͤst dieses Salz in ungefaͤhr 30 Pinten Wasser auf und taucht in
                              diese Aufloͤsung, wenn sie noch lauwarm ist, nach einander die Haͤute;
                              man laͤßt sie darin nur einige Augenblike verweilen, worauf man sie abtriefen
                              laͤßt, ausringt und zulezt noch auf dem Schabebaum ausbreitet, um die Falten
                              zu beseitigen.
                           Nachdem die Haͤute nach der einen oder anderen dieser Methoden gebeizt worden
                              sind, handelt es sich nur noch darum, sie zu faͤrben und zu diesem Ende muß
                              man anfangen, das Faͤrbebad zu bereiten. Man verfaͤhrt hiebei
                              folgender Maßen: man nimmt auf ein Duzend Haͤute ungefaͤhr 10 bis 12
                              Unzen zerstoßene Cochenille, je nach der Groͤße der Haͤute; die
                              Cochenille weicht man in einer hinreichenden Menge Wasser auf, welchem man entweder
                              ein wenig Alaun oder ein wenig Weinstein zusezt; man kocht das Ganze einige Minuten
                              lang in einem kupfernen Kessel und seiht dann diesen Absud durch ein enges Haarsieb,
                              oder besser noch feine Leinwand; man theilt sodann das Bad in zwei Portionen, um
                              zwei Mal nach einander Farbe auftragen zu koͤnnen. Die erste Haͤlfte
                              dieses Bades gießt man in eine Tonne, von beinahe aͤhnlicher Einrichtung wie
                              die oben zum Waschen der Haͤute angefuͤhrte und bringt
                              gewoͤhnlich acht oder zehn Duzend Haͤute auf ein Mal hinein; sie
                              werden darin ungefaͤhr eine halbe Stunde lang geschlagen, worauf man das Bad
                              wieder erneuert und sie zum zweiten Male noch eben so lange schlaͤgt. Nach
                              dem Faͤrben druͤkt man sie aus und gerbt sie.
                           Hier muͤssen wir bemerken, daß der Ruͤkstand von dem Faͤrbebade,
                              obgleich er den Hauten nichts mehr oder doch nur sehr wenig abgeben kann, dennoch
                              nicht an Faͤrbestoff erschoͤpft ist, sondern noch viel davon
                              enthaͤlt, aber in einer solchen Verbindung, daß ihn die auf der Haut
                              befestigte Beize nicht mehr so leicht an sich ziehen kann, und daß derjenige Theil,
                              welcher sich noch daraus abscheiden wuͤrde, viel weniger Glanz haͤtte.
                              Um von diesem ruͤkstaͤndigen Faͤrbestoff Vortheil zu ziehen,
                              fuͤllen die Saffianbereiter das ihnen uͤbrig bleibende Bad mit
                              salzsaurem Zinn oder Alaun in Ueberschuß und verkaufen den so erhaltenen
                              Carmin-Lak noch feucht an die Fabrikanten gefaͤrbter Papiere, oder
                              andere, welche ihn benuzen koͤnnen. Wir wollen nun wieder auf das Gerben
                              zuruͤkkommen.
                           Der Saffian wird, wenigstens in den Laͤndern, wo die Gallaͤpfel verhaͤltnißmaͤßig theurer sind, mit Sumach gegerbt und man gibt
                              demjenigen den Vorzug, welchen man aus Sicilien erhaͤlt, weil er mehr
                              Gerbestoff und weniger falben Farbestoff als die anderen enthaͤlt, was ein
                              großer Vortheil ist, besonders fuͤr die zarten Farben. Man nimmt davon
                              gewoͤhnlich 2 Pfund auf eine Haut von mittlerer Groͤße und 2 1/2 bis 3
                              Pfund fuͤr eine groͤßere Sorte. Zu dieser Operation bedient man sich
                              einer großen Kufe aus weißem Holze von kegelfoͤrmiger Gestalt, welche auf
                              acht bis zehn Duzend Haͤute in ihrem groͤßten Durchmesser
                              ungefaͤhr 15 bis 18 Fuß auf 5 Fuß Tiefe haben muß. Man sieht die
                              Nothwendigkeit dieser großen Dimensionen ein, wenn man weiß, daß die Haͤute
                              darin wie Ballons ausgespannt sind und darin leicht muͤssen herumschwanken
                              koͤnnen. Man fuͤllt diese Kufe bis auf vier Fuͤnftel ihrer
                              Hoͤhe mit Sumachbruͤhe und nimmt dann die, Fleischseite auf
                              Fleischseite, zusammengenaͤhten Haͤute und macht eine Oeffnung an
                              einem ihrer Enden, um Sumach und Wasser hineinbringen zu koͤnnen. Man
                              verschließt dann diese Oeffnung mittelst eines Bindfadens, und wenn alle
                              Haͤute so hergerichtet sind, laͤßt man sie in der Kufe durch zwei
                              Menschen vier Stunden lang schwanken. Nach Verlauf dieser Zeit nimmt man sie heraus
                              und legt sie auf eine Art von Bruͤke, welche uͤber der Kufe angebracht
                              ist, so daß das Wasser, welches davon abtropft, wieder in diese Kufe faͤllt.
                              In Zeit von vier und zwanzig Stunden bringt man sie so zwei Mal hinein und nimmt sie
                              zwei Mal wieder heraus. Wenn die Operation gut geleitet worden und der Sumach von
                              guter Qualitaͤt ist, ist diese Zeit zur Beendigung des Gerbens hinreichend,
                              und wenn es ein Mal beendigt ist, trennt man die Haͤute aus einander, ringt
                              sie aus und walkt sie zwei Mal mit Stampfern; man preßt dann das Wasser auf einer
                              Tafel vermittelst eines kupfernen Streichmessers (étire)Das Streichmesser (étire) ist eine
                                    kupferne Scheibe, deren Schneide wehr oder weniger zugerundet ist, im
                                    Uebrigen ist es eben so hergerichtet wie der Puzstein (querce).A. d. O. aus, und laͤßt sie endlich austroknen.
                           Einige Fabrikanten pflegen ihr Roth noch zu schoͤnen, indem sie die
                              halbtroknen Haͤute vermittelst eines feinen Schwammes mit einer
                              Aufloͤsung von Carmin in Ammoniak uͤberstreichen; andere feuchten sie
                              mit einem Safranabsud an, um ihnen eine mehr scharlachrothe Nuͤance zu
                              geben.
                           Die zu anderen Farben bestimmten Haͤute gerbt man auf eine etwas abweichende
                              Art und die Verfahrungsweisen sind nach den Laͤndern verschieden. Zu
                              Marseille zum Beispiel bringt man zehn Duzend Haͤute mit einer ihrer Anzahl
                              entsprechenden Menge Wasser und Sumach in eine Kufe von ungefaͤhr 7 bis 8 Fuß
                              Durchmesser, ebenfalls von weißem Holze; man laͤßt sie einen ganzen Tag lang
                              durch vier Arbeiter, welche mit Schaufeln versehen sind, herumwenden; des Abends nimmt
                              man sie heraus und legt sie auf Bretter uͤber die Kufe und wenn sich der
                              Sumach gut abgesezt hat, legt man die Haͤute waͤhrend der Nacht in das
                              klare Waͤsser. Diese Arbeit wird zwei oder drei Tage nach einander erneuert;
                              man wendet sie aber nicht bestaͤndig um, und diese Zeit ist zum Gerben
                              hinreichend.
                           Zu Paris verrichtet man dieselbe Operation in einer Art von Muͤhlen; es sind
                              horizontal liegende Tonnen, durch die ein Baum hindurchgeht, an welchem
                              Fluͤgel angebracht sind und den ein Mensch mittelst einer außen befindlichen
                              Kurbel in Bewegung sezt. In diese Muͤhlen bringt man die Haͤute und
                              den zum Gerben erforderlichen Sumach mit dem Wasser, worauf man Alles eine
                              hinreichende Zeit lang bewegt.
                           Es gibt Fabrikanten, welche die Gallaͤpfel zum Gerben vorziehen und ihre
                              Quantitaͤt so beschraͤnken, daß sie genoͤthigt sind, drei bis
                              vier Wochen auf diese Operation zu verwenden; im Uebrigen befolgen sie das
                              Marseiller Verfahren. Diese Methode befolgte man auch in der Levante. Es gibt
                              verschiedene Sorten von Gallaͤpfeln; die besten erhalten wir aus Smyrna und
                              Aleppo, aber zum Gerben des Saffians zieht man die unter dem Namen weiße Gallaͤpfel (galle
                                 blanche) bekannten vor, wahrscheinlich weil sie weniger Faͤrbestoff
                              enthalten und eben deßwegen per Schoͤnheit des Roth am wenigsten nachtheilig
                              seyn koͤnnen. Man wendet davon ungefaͤhr ein Pfund auf die Haut an.
                              Behufs des Gerbens faͤngt man damit an, den dritten Theil der erforderlichen
                              Quantitaͤt gestoßener und gesiebter Gallaͤpfel in frischem Wasser
                              einzuweichen; man bewegt die Masse ein wenig, und waͤhrend man mit dem
                              Umruͤhrten beschaͤftigt ist, wirft man die Haͤute hinein; nach
                              Verlauf einer Stunde sezt man das andere DrittelIm Vordersaze sowohl als im Nachsaze des Originals heißt es wahrscheinlich
                                    aus Versehen „die Haͤlfte“ (moitié) an Statt „dritter
                                       Theil.“ – der anzuwendenden Gallaͤpfel zu und den Rest nach Verlauf von zwei
                              Stunden. Man bewegt diese Haͤute mit hoͤlzernen Schaufeln beinahe
                              fuͤnfzehn Stunden lang ohne Unterbrechung; nachdem man sie die ganze Nacht
                              uͤber darin hat verweilen lassen, nimmt man sie den anderen Morgen heraus und
                              nachdem man sie einige Augenblike hat abtriefen lassen, waͤhrend welcher Zeit
                              man das Bad stark umruͤhrt, schlaͤgt man sie neuerdings hinein, indem
                              man sie gut ausbreitet und nach einem Verweilen von fuͤnfzehn bis zwanzig
                              Stunden ist die Operation beendigt.
                           Wenn die Haͤute gegerbt sind, reinigt man sie sehr sorgfaͤltig, damit
                              nichts der Annahme der Faͤrbestoffe, womit man sie faͤrben will, im Wege steht. Man
                              faͤngt naͤmlich damit an, sie gut abtropfen zu lassen, worauf man sie
                              mit einem Stampfer in einem Troge walkt, dann auf den Schabebaum bringt und mit dem
                              nicht schneidenden Messer auf der Fleischseite bearbeitet. Nach dieser ersten
                              Bearbeitung walkt man sie neuerdings in lauwarmem Wasser und bearbeitet sie zum
                              zweiten Male auf der Narbenseite mit dem Puzstein, um auch diese Oberflaͤche
                              gut zu reinigen und sie zugleich geschmeidig zu machen. Wenn die Haͤute ein
                              wenig hart sind, ist man gezwungen, sie noch zum dritten Male eben so zu behandeln,
                              wie das zweite Mal.
                           In dem Augenblike, wo man die Haͤute faͤrbt, walkt man sie nochmals in
                              lauwarmem Wasser, indem man sie doppelt zusammenfaltet, die Narbenseite auswendig.
                              Gewoͤhnlich faͤrbt man nur zwei auf Einmal.
                           Bei den meisten Saffianbereitern faͤrbt man, das Roth ausgenommen, in langen
                              und engen Troͤgen, in welche man das Faͤrbebad bringt; man taucht sie
                              bei einer Temperatur hinein, welche so hoch ist, als sie der Arbeiter nur immer
                              vertragen kann und laͤßt sie so lange darin, bis man die verlangte
                              Nuͤance erhalten hat. Wenn man den Grad von Intensitaͤt, welchen man
                              erhalten will, erreicht hat, nimmt man sie heraus und ringt sie aus; man
                              traͤnkt sie sodann mit ein wenig Oehl, damit sie sich nicht an der Luft
                              verhaͤrten und breitet sie unmittelbar an einem recht luftigen Trokenplaze
                              aus, zu welchem jedoch die Sonne nicht durchdringen kann, denn sonst wuͤrden
                              die Farben durch die Einwirkung des Lichts nuͤancirt werden.
                           Da die anderen Farben außer dem Roth keine Schwierigkeit darbieten und die
                              Haͤute das Pigment sehr leicht annehmen, so wollen wir uns darauf
                              beschraͤnken, summarisch die Faͤrbestoffe anzugeben, welche zur
                              Erzielung dieser oder jener Farbe angewandt werden.
                           Das Schwarz bringt man auf dem Saffian vermittelst der
                              Baͤrste hervor; man traͤnkt naͤmlich die ganze
                              Oberflaͤche auf der Narbenseite mit einer Aufloͤsung von essigsaurem
                              Eisen, welche man dadurch erhaͤlt, daß man gerostetes altes Eisen mit
                              Bieressig digerirt.
                           Das Blau faͤrbt man in der Indigkuͤpe; man
                              loͤst naͤmlich den Indigo mittelst ebenderselben Substanzen auf,
                              welche die Faͤrber anwenden; die meisten Saffianbereiter ziehen jedoch die
                              mit Indigo, gruͤnem Vitriol und Kalk angesezte Kuͤpe vor. Man
                              faͤrbt in der Kaͤlte und gibt eine groͤßere oder geringere
                              Anzahl von Schichten, je nach der Nuͤance, welche man erhalten will.
                           Fuͤr Violett und Purpurviolett (pensée) gibt man eine
                              oder zwei Schichten Blau, welche man sodann dadurch schattirt, daß man die Haͤute in ein
                              mehr oder weniger gesaͤttigtes Cochenillebad bringt, je nach der
                              Nuͤance, welche man erhalten will.
                           Das Gruͤn erhaͤlt man gewoͤhnlich
                              dadurch, daß man die Haͤute zuerst durch ein mehr oder weniger schwaches Bad
                              von Saͤchsischblau hindurch nimmt und dann eine Schichte Gelb darauf gibt,
                              indem man die blau gefaͤrbten Haͤute in einem Absud von zerhakten
                              Berberizenwurzeln einweicht, welche man mit ein wenig Alaun versezt, der ihm zur
                              Beize dient. Denselben Absud wendet man auch zur Darstellung des
                              gewoͤhnlichen Gelb an und man sieht wohl ein, daß man mit den
                              angefuͤhrten Farben und einigen besonderen Beizmitteln viele andere
                              zusammensezen kann, welche durch ihre Vereinigung in verschiedenen
                              Verhaͤltnissen entstehen. Um zum Beispiel die Olivenfarben hervorzubringen,
                              nimmt man die Haͤute zuerst durch eine sehr verduͤnnte
                              Aufloͤsung von gruͤnem Vitriol (schwefelsaurem Eisen) und dann durch
                              einen Absud von Berberizenwurzeln, welchen man je nach der gewuͤnschten
                              Intensitaͤt mit mehr oder weniger Indigaufloͤsung versezt hat.
                           Um die Nuͤancen Solitaire, La Vallière und
                              andere zu erhalten, beizt man auch mit gruͤnem Vitriol und nimmt von da die
                              Haͤute durch ein Bad fuͤr Gelb, wodurch man je nach dem gegenseitigen
                              Verhaͤltnisse des Beizmittels zum Faͤrbestoffe mehr oder weniger
                              dunkle Nuͤancen erhaͤlt.
                           Die flohbraune Farbe erhaͤlt man mit einem Absud
                              von Kampeschenholz; man muß davon zwei Schichten geben; das erste Bad muß man jedoch
                              mit etwas Alaun versezen, aber das zweite wird ohne Alaun gegeben.
                           Wenn man zum zweiten Bade an Statt des Kampeschenholzes Fernambuk anwendet, erzeugt
                              man die Korinthenfarbe. Man kann alle grauen
                              Nuͤancen mit Schwarz, Indigblau und Cochenilleroth darstellen, wenn man Alles
                              in zwekmaͤßigen, jedoch immer sehr schwachen Verhaͤltnissen
                              anwendet.
                           Die Haͤute moͤgen aber wie immer gefaͤrbt worden seyn, so muß
                              man sie sogleich nach dem Faͤrben ausdruͤken, oder was noch besser
                              ist, auf einer Tafel vermittelst eines Streichmessers entwaͤssern, worauf man
                              der Narbenseite mit einem Schwamme eine schwache Schichte Leinoͤl gibt, damit
                              sie beim Appretiren leichter geglaͤttet werden koͤnnen und durch ein
                              zu schnelles Troknen nicht erhaͤrten; hierauf laͤßt man sie
                              troknen.
                           Die lezte Arbeit, welche man mit den Haͤuten vornimmt, ist das Appretiren.
                              Diese Operation wird je nach der Anwendung, wozu die Haͤute bestimmt sind,
                              auf verschiedene Weise ausgefuͤhrt. Fuͤr Brieftaschen und
                              Futteralmacherarbeit dehnt man sie auf der Fleischseite so gut als moͤglich
                              aus, befeuchtet sie ein wenig und breitet sie dann auf einer Tafel mit einem
                              Streichmesser aus, so daß sie recht eben werden; man troknet sie neuerdings,
                              befeuchtet sie dann nochmals und laͤßt sie hierauf drei bis vier Mal und in
                              verschiedenen Richtungen durch die (gestreifte metallene) Walze hindurchgehen, um
                              sie zu krispeln und dadurch die Narben des Leders hervorzuheben. Die Haͤute,
                              welche zur Futteralmacherarbeit, Sattlerarbeit, Buchbinderarbeit u.s.w. bestimmt
                              sind, werden auf eine andere Art appretirt, weil sie mehr Weichheit besizen
                              muͤssen. Wenn sie ausgedehnt worden sind, glaͤttet man sie in noch
                              feuchtem Zustande und krispelt sie dann auf der Fleischseite mit dem Krispelholze;
                              man glaͤttet sie zum zweiten Male, um den Glanz wieder herzustellen, welcher
                              durch das Krispeln verloren ging, und endlich laͤßt man die Narben wieder
                              erscheinen, indem man die Haut auf der Fleischseite sehr schwach mit dem sogenannten
                              Pantoffelholz (einem Krispelholz aus weißem Holze, welches mit Korkholz belegt ist)
                              reibt.