| Titel: | Ueber den Gebrauch des Papinianischen Topfes, von Gerolamo Ferrari. | 
| Fundstelle: | Band 31, Jahrgang 1829, Nr. CXVI., S. 417 | 
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                        CXVI.
                        Ueber den Gebrauch des Papinianischen Topfes, von
                           Gerolamo
                              Ferrari.
                        (Aus dem Giornale di Farmacia-Chimica e Science
                                 accessorie. Jan. 1829. S. 16.)
                        Ferrari's Gebrauch des Papinianischen Topfes.
                        
                     
                        
                           Vor Kurzem zersprang in dem Spital von Vigevano ein sehr diker Papinianischer Topf,
                              welcher ungefaͤhr drei Eimer (secchi) faßte,
                              mittelst dessen man das Fett und die Gallerte aus den Knochen auszog. Nach diesem
                              ungluͤklichen Ereignisse wurde ich aufgefordert, den Topf so einrichten zu
                              lassen, daß bei seinem Gebrauch nichts mehr zu befuͤrchten waͤre; zu
                              diesem Ende hielt ich mich an denjenigen, welcher in Thénard's Chemie beschrieben ist, weil er
                              mit einem Sicherheitsventil versehen ist, was den bisher in obigem Spital
                              gebrauchten fehlte.
                           Im Verlauf der vielen Versuche, welche ich nun anstellte, um den neu verfertigten
                              Topf zu pruͤfen, konnte ich die Bemerkung machen, daß wenn man viel Wasser in
                              den Topf bringt, die Elasticitaͤt des Dampfes viel groͤßer ist, als
                              wenn man davon nur wenig anwendet; so zwar daß der Dampf, als ich den mit Wasser
                              fast voll gefuͤllten Topf erhizte, ein um etwa hundert Pfund schwereres
                              Gewicht auf dem Sicherheitsventil aufhob, als wenn ich nur die Haͤlfte Wasser
                              in den Topf brachte und ihn dann demselben Hizgrade aussezte. Bei dieser Gelegenheit
                              konnte ich auf dem Ventil ein Gewicht von fuͤnfhundert bis sechshundert Pfund
                              heben lassen. Unter diesen Umstaͤnden trat der Dampf mit Widerstand aus dem
                              Ventil und verursachte ein toͤnendes Pfeifen. Oft druͤkte ich außer
                              dem obigen Gewichte noch mit der Hand (versteht sich mit den noͤthigen
                              Vorsichtsmaßregeln fuͤr meine Sicherheit) den Hebelarm herab, um das
                              Austreten des Dampfes zu verhindern, aber umsonst; als ich so den Widerstand gegen
                              das Austreten des Dampfes vergroͤßerte, brachte lezterer ein solches Pfeifen
                              hervor, daß es dem kuͤhnsten Menschen Furcht einjagte.
                           Aus diesen und vielen anderen mit obigem Topfe angestellten Versuchen glaube ich
                              schließen zu koͤnnen:
                           1) Daß das Ventil, das am schwierigsten zu verfertigende Stuͤk des Topfes ist
                              und die groͤßte Sorgfalt erheischtGut aufeinander geriebene flache Ventile verdienen in Bezug auf Sicherheit
                                    den Vorzug.A. d. R..
                           2) Wenn das Wasser in dem Topft siedet, muß man das Feuer sehr vermindern, indem der
                              Dampf, weil er nicht austreten kann, die Hize, welche ihn zu solchem machte,
                              beibehaͤlt und wenn man das Feuer unter dem Topfe nicht verminderte, eine solche
                              Expansivkraft erlangen muͤßte, daß er jeden Widerstand
                              uͤberwaͤltigen wuͤrde.
                           3) Wenn der Dampf aus dem Ventil wegen der starken Hize austritt, so kann man seinen
                              Austritt augenbliklich besser dadurch verhindern, daß man das Gewicht auf dem Ventil
                              vergroͤßert, als dadurch, daß man das Feuer wegnimmt.
                           4) Der Dampf wird immer desto weniger leicht austreten und das das Ventil
                              beschwerende Gewicht aufheben koͤnnen, je weniger Wasser in dem Topf ist;
                              oder die Elasticitaͤt des Dampfes wird immer desto geringer seyn, je weniger
                              Wasser bei gleichem Waͤrmegrade in dem Topfe vorhanden ist, weil der Dampf
                              sehr, das Wasser aber wenig oder gar nicht zusammendruͤkbar ist.
                           5) Daß die Knochen in Verhaͤltniß zu der Wassermenge stehen muͤssen,
                              weil die Gallerte, wenn man zu viele Knochen anwendet, sonst sich so concentrirt,
                              daß sie anbrennt und einen empyreumatischen Geruch und Geschmak annimmt.
                           6) Daß der Hizgrad denjenigen nicht uͤberschreiten darf, welcher zum Ausziehen
                              der Gallerte aus den Knochen noͤthig ist; dazu scheinen mir 120°
                              Fahrenh. (39° R.) hinreichend zu seyn; uͤbrigens lernt man ihn leicht
                              durch Praxis kennen: bei einem hoͤheren Hizgrade brennt naͤmlich die
                              Gallerte zum Theil an und veraͤndert den Ruͤkstand.
                           7) Diejenigen, welche von dem Papinianischen Topfe Gebrauch machen wollen,
                              muͤssen wissen, daß, wenn diese Operation von wenig unterrichteten Leuten
                              ausgeuͤbt wird, es oft aus Mangel an der gehoͤrigen Sorgfalt
                              geschieht, daß die Gallerte einen schlechten Geruch und Geschmak annimmt.
                           8) Ehe man diese Toͤpfe zum gewoͤhnlichen Gebrauch anwendet, muß man
                              sie (mit den noͤthigen Vorsichtsmaßregeln) pruͤfen und dabei das
                              Ventil mehr beschweren und ein staͤrkeres Feuer anwenden, als
                              gewoͤhnlich.
                           9) Endlich glaube ich, daß man in unserem Lande zur Ausziehung der Gallerte aus den
                              Knochen in den Wohlthaͤtigkeits-Anstalten die Methode von Papin derjenigen von Darcet
                              vorziehen muß, ob gleich man bei lezterer mehr Gallerte erhaͤlt, weil die
                              Kosten fuͤr das bei dem Papin'schen Apparat erforderliche Feuer bei dem
                              Gebrauch der großen Rumford'schen Kuͤchenoͤfen wenig oder gar nicht in
                              Be tracht kommen, weil man ferner mit einem einzigen Feuer mehrere Toͤpfe auf
                              ein Mal in Thaͤtigkeit erhaͤlt und mit der Gallerte auch noch ein Fett
                              von besserer Qualitaͤt bekommt, indem bei diesem Verfahren das Osmazom seinen
                              Geruch und Geschmak beibehaͤlt: hauptsaͤchlich aber weil man in Italien die
                              Salzsaͤure nicht so wohlfeil wie in Frankreich fabriziren und kaufen
                              kann.