| Titel: | Ueber die Bereitung eines Brotes aus Erdäpfeln, welches eben so viel thierische oder stikstoffhaltige Substanz enthält, als das aus Weizenmehl bereitete Brot, von Hrn. Darcet. | 
| Fundstelle: | Band 31, Jahrgang 1829, Nr. CXXXIV., S. 451 | 
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                        CXXXIV.
                        Ueber die Bereitung eines Brotes aus
                           Erdaͤpfeln, welches eben so viel thierische oder stikstoffhaltige Substanz
                           enthaͤlt, als das aus Weizenmehl bereitete Brot, von Hrn. Darcet.
                        Aus dem Industriel. Febr. 1829. S.
                              531.
                        Darcet's Bereitung eines Brotes aus Erdaͤpfeln.
                        
                     
                        
                           Ich las vor langer Zeit in einem englischen Schriftsteller, dessen Namen mir nicht
                              mehr beifaͤllt, den Vorschlag, das verdorbene Mehl durch Zusaz von
                              Hausenblase (Fischleim) zu verbessern. Diese Idee schien mir einer Menge
                              nuͤzlicher Anwendungen faͤhig und ich dachte seit dieser Zeit daran,
                              alle wenig nahrhaften vegetabilischen Substanzen durch Zusaz einer hinreichenden
                              Menge Gallerte (thierischen Leims) zu animalisiren.
                           Im J. 1821 machte ich den Vorschlag, das Weizenmehl mit Gallerte zu versezen, um aus
                              diesem Gemenge sehr nahrhaften Schiffszwiebak zu bereiten; auch habe ich solchen
                              Zwiebak fuͤr die Reise um die Welt, welche gegenwaͤrtig unter dem
                              Commando des Hrn. v. Durville
                              vorgenommen wird, bereiten lassen. Außerdem rieth ich auch Brot aus
                              Erdaͤpfeln zu verfertigen, die durch Gallerte-Aufloͤsung
                              animalisirt worden sind. In der hier folgenden Notiz will ich diesen leztern
                              Vorschlag naͤher auseinandersezen. Ich glaube, daß er in Erwaͤgung
                              gezogen zu werden verdient, besonders in dem gegenwaͤrtigen Zeitpunkte, wo
                              die Brottheuerung die arbeitende Classe so druͤkt und wo der Apparat zum
                              Ausziehen der Gallerte, welchen ich im Hôpital de la
                                 Charité aufgestellt habe, der Regierung große Mengen von dieser
                              Substanz zu sehr niedrigem Preise verschafft.
                           Das Mehl der Pariser Baͤker enthaͤlt ungefaͤhr:
                           
                              
                                 Wasser
                                   10
                                 
                              
                                 Kleber
                                   10
                                 
                              
                                 Staͤrkmehl
                                   73
                                 
                              
                                 Zukerige Substanz
                                     4
                                 
                              
                                 Gummig-klebrige Substanz
                                     3
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 
                              
                           Die Erdaͤpfel, so wie man sie auf dem Markte kauft, enthalten im Zentner
                              ungefaͤhr:
                           
                              
                                 Wasser
                                   72
                                 
                              
                                 Holzfaser
                                     2
                                 
                              
                                 Staͤrkmehl
                                   26
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 
                              
                           Um die Erdaͤpfel so viel als moͤglich dem Weizenmehl Behufs des Brotbakens zu
                              naͤhern, muͤßte man also, wie es die Vergleichung dieser Analysen
                              ergibt, 100 Theilen Erdaͤpfel, 4,63 Th. thierische Substanz und 1,53 Th.
                              zukerige Substanz zusezen.
                           Durch Vermengung dieser drei Substanzen erhielte man offenbar eine Art Mehl, welches
                              eben so nahrhaft und eben so leicht in Brot zu verwandeln ist, als das
                              Weizenmehl.
                           Als thierische Substanz koͤnnte man den Erdaͤpfeln Gallerte oder
                              Kaͤsstoff zusezen. Der Staͤrkesyrup oder der Traubenzuker
                              wuͤrde eine sehr wohlfeile zukerige Substanz abgeben.
                           Um 100 Kilogr. animalisirtes Erdaͤpfelmehl zu bereiten, braucht man:
                           
                              
                                 264 Kil. Erdaͤpfel, welche
                                    kosten
                                   4 Fr.
                                 95 Ct.
                                 
                              
                                 Steinkohle, um diese Erdaͤpfel mit
                                    Dampf zu kochen
                                   0  –
                                 66  –
                                 
                              
                                 12 Kil. Gallerte zu 1 Fr. das
                                    Kilogramm.
                                 12  –
                                 66  –
                                 
                              
                                 4 Kil. Staͤrke- oder
                                    Traubenzuker
                                   2  –
                                 66  –
                                 
                              
                                 Handarbeit, um die Erdaͤpfel zu
                                    kochen oderzu zerquetschen und um die Gallerte und diezukerige
                                    Substanz damit zu vermengen
                                   4  –
                                 66  –
                                 
                              
                                 1/10 obiger Auslagen fuͤr alle
                                    anderen Kosten dazu
                                   2  –
                                 36  –
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 25 Fr.
                                 97 Ct.
                                 
                              
                           Wir wollen 26 Franken annehmenUm diesen Teig in Brot zu verwandeln, brauchte man ihm nur noch durch Zusaz
                                    von Mehl die gehoͤrige Consistenz zu geben, ihn mit Hefe zu
                                    vermengen, den Teig gaͤhren zu lassen und
                                    das Brot auf die gewoͤhnliche Weise zu baken. Man wuͤrde bei
                                    der Bereitung dieses Erdaͤpfelbrotes viel oͤkonomischer
                                    verfahren, wenn man1) die mit Dampf gekochten Erdaͤpfel vermittelst einer der von Hrn.
                                    Schwartz (in
                                    seinem Traité de la pomme de terre S.
                                    51.) beschriebenen Maschine zerreiben und mit der Gallerte und der
                                    Staͤrkezuker vermengen wuͤrde;2) wenn man den Teig mit der Knetmaschine des Hrn. Lambert oder einer anderen
                                    aͤhnlichen kneten wuͤrde;3) wenn man das Brot in Oefen baken wuͤrde, die wechselseitig durch
                                    einen einzigen mit Steinkohlen gespeisten Herd erhizt wuͤrden, dessen
                                    Rauch vollkommen verbrannt wird.A. d. O..
                           Man wird also fuͤr 26 Franken eine Masse animalisirten Erdaͤpfelteiges erhalten, die 100 Kilogramm
                              Weizenmehl ersezt, so wie man es im Handel kauft, die wie lezteres Mehl
                              gaͤhrt, und sehr wohl zur Bereitung eines guten Brotes angewandt werden kann.
                              Sezt man den 26 Fr. noch die Summe von 1 Fr. 70 Ct. als Vortheil fuͤr den
                              Fabrikanten zu, so findet man, daß das fragliche Mehl in dem Verhaͤltniß von
                              27 Fr. 70 Ct. fuͤr 100 Kil. verkauft werden koͤnnte.
                           100 Kil. Weizenmehl von guter Qualitaͤt verkauft man zu Paris fuͤr 60
                              Fr. Wir haben so eben gesehen, daß man 100 Kil. animalisirtes Erdaͤpfelmehl daselbst fuͤr die Summe von 27
                              Fr. 70 Ct. verkaufen koͤnnte.
                           
                           Unter der Voraussezung, daß diese beiden Mehlarten sich bei der Brotbereitung auf
                              gleiche Weise verhalten, ergibt die Vergleichung dieser Preise:
                           1) daß das animalisirte Erdaͤpfelmehl nicht halb so
                              viel als das Weizenmehl kostet;
                           2) daß von dem aus diesem Mehl bereiteten Brote das Kilogramm auf ungefaͤhr 25
                              Ct. oder das Brot von 4 Pfund auf 10 Sous zu stehen kommtDa die Gallerte in den Spitaͤlern nichts kosten kann, so kann man
                                    daselbst 100 Kil. animalisirtes
                                    Erdaͤpfelmehl fuͤr 14 Franken haben. In diesem Falle
                                    wuͤrde das Erdaͤpfelmehl nur ungefaͤhr den vierten
                                    Theil von dem Weizenmehle kosten und von dem aus diesem Mehle bereiteten
                                    Brote vier Pfund nur auf ungefaͤhr 5 Sous zu stehen kommen.A. d. O..
                           Zusaz des Herausgebers desIndustriel. – Wir werden in unserem
                              naͤchsten Hefte eine ausfuͤhrliche Notiz uͤber das Verfahren
                              des Hrn. Darcet mittheilen, um
                              die Gallerte leicht und wohlfeil aus den Knochen auszuziehen. Diese Notiz wird die
                              Luͤke ausfuͤllen, welche die gegenwaͤrtige Notiz in dieser
                              Beziehung uͤbrig laͤßt. Der Verfasser sezt mit dem ihm eigenen Eifer
                              und ausgezeichneten Kenntnissen seine Versuche uͤber Brotbereitung aus
                              Erdaͤpfeln fort. Der Zwiebak, welchen er aus denselben erhaͤlt, besizt
                              alle wuͤnschenswerthen Eigenschaften, und das Brot, welches er bis auf diesen
                              Augenblik darstellen konnte, ist schon von vortrefflicher Beschaffenheit und
                              verspricht bessere Resultate. Nur in Hinsicht der Wohlfeilheit laͤßt noch ein
                              Umstand etwas zu wuͤnschen uͤbrig; es ist dieses die Anwendung der
                              Baͤkerhefe, wovon man bekanntlich zu Paris ein Drittel zu dem Weizenbrote
                              nimmt. Die Vermengung mit Sauerteig erhoͤht den Preis des
                              Erdaͤpfelbrotes um das Doppelte. Hr. Darcet ist gegenwaͤrtig mit Versuchen
                              uͤber diesen Gegenstand beschaͤftigt und er hat Vorschriften
                              fuͤr Hefen zusammengesezt, welche unter seinen Haͤnden nur
                              guͤnstige Resultate geben koͤnnen. Auch glaubt er, daß Zusaz von
                              Eiweiß den guten Erfolg haben wird, daß der vermittelst der Gaͤhrung
                              aufgegangene Teig die wuͤnschenswerthe Festigkeit vollkommen erhalten wird,
                              was bei Anwendung von Gallerte bis jezt noch nicht der Fall war. Wie aber die
                              ferneren Versuche auch immer ausfallen moͤgen, so geben doch die erhaltenen
                              Resultate das Mittel an die Hand, von einem gesunden und nahrhaften Brot 4 Pfund zu
                              12 Sous zu verkaufen, ein bei den gegenwaͤrtigen Umstaͤnden
                              außerordentlich schaͤzbarer Vortheil. Wir werden die Fortsezung dieser
                              wichtigen Untersuchungen mittheilen.