| Titel: | Neue Methode zur Bereitung des Scheren- oder Schar-Stahles (Shear-Stal), worauf Karl Sanderson, Eisen-Meister, auf den Park-Gate-Eisenwerken bei Rotherham, Yorkshire, sich am 4ten September 1828 ein Patent ertheilen ließ. | 
| Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. IX., S. 24 | 
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                        IX.
                        Neue Methode zur Bereitung des Scheren-
                           oder Schar-Stahles (Shear-Stal), worauf
                           Karl Sanderson,
                           Eisen-Meister, auf den Park-Gate-Eisenwerken bei
                           Rotherham, Yorkshire, sich am 4ten September 1828 ein Patent ertheilen ließ.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions.
                              December 1829. S. 732.
                        Sanderson, neue Methode zur Bereitung des Scheren- oder
                           Schar-Stahles.
                        
                     
                        
                           Meine neue Methode besteht darin, daß ich den Scheren-Stahl aus kleinen
                              Stuͤken Stangen-Stahl, Statt aus Einem bis zwei Fuß langen
                              Stuͤken Stangen-Stahl, wie bisher gewoͤhnlich, verfertige,
                              wodurch ich das oͤftere Hizen des Stahles erspare, folglich auch weniger
                              verliere und keinen Kieselsand noͤthig habe, den man bisher hierzu
                              brauchte.
                           Mein Verfahren besteht in Folgendem: ich nehme Stangen-Stahl, so wie er aus
                              dem Stahl-Ofen (converting furnace) kommt, und
                              zerschlage ihn in sehr kleine Stuͤke von 1 bis 2 Zoll Laͤnge. Nachdem
                              ich mir eine hinlaͤngliche Menge solcher kleinen Stuͤke verschafft
                              habe, nehme ich einen runden Stein von solcher Beschaffenheit, daß er der starken
                              Hize eines Reverberir-Ofens zu widerstehen vermag, ohne in derselben zu
                              springen oder zu bersten, und auf diesem Steine schlichte ich die Stahlstuͤke
                              so genau und enge an einander, als nur immer moͤglich ist, auf. Diesen ganzen
                              Haufen mit dem Steine bringe ich in einen Tiegel aus feuerfestem Thone, und stelle
                              diesen in einen Reverberir-Ofen, in welchem ich ihn so lang lasse, bis die
                              ganze Masse in eine hohe Schweißhize gerathen ist. Nun wird sie aus dem Tiegel
                              genommen, und unter einen schweren Hammer aus Gußeisen gebracht, den man (in
                              englischen Eisenwerken) den metallnen Stiel (metal
                                 helve) nennt: es ist derselbe Hammer, dessen man sich bei Verfertigung des
                              Schien- oder Stab-Eisens (Bar iron)
                              bedient. Dieser Hammer wird durch Maschinenwerk getrieben, und da die ganze Masse in
                              einem halbfluͤssigen Zustande ist, ist sie beinahe augenbliklich zu einem
                              Bloke oder einer dichten Masse (bloom of steel) von 3
                              bis 4 Quadratzoll gehaͤmmert. Diese Masse, oder die Stahlblume (wie sie in
                              englischen Fabriken heißt) kommt hierauf in einen Ofen, oder, wie man sagt, in ein
                              Hohlfeuer (hollow fire) von 3 bis 4 Quadratfuß, welches
                              mit Kohks unterhalten wird; die Hize wird durch ein Geblaͤse
                              verstaͤrkt, und die ganze Stahlmasse, wie sie auf obige Weise
                              gehaͤmmert wurde, in eine starke Schweißhize gebracht. Hierauf nimmt man sie
                              wieder heraus, und bringt sie neuerdings unter den oben erwaͤhnten Hammer,
                              unter welchem sie in eine Scheren- oder Scharstahl-Stange
                              ausgeschlagen wird, die dann die weiteren beliebigen Formen und Großen erhalten
                              kann. Wenn der Scheren-Stahl nur von geringerer Qualitaͤt zu gemeinen Arbeiten
                              ausfallen soll, wuͤrde das Aufschlichten desselben in einem Tiegel zu kostbar
                              werden; man begnuͤgt sich, denselben bloß in einen Reverberir-Ofen zu
                              bringen, und nimmt ihn wieder aus dem Ofen heraus, sobald er in der Schweißhize
                              steht. Da der auf diese Weise bereitete Scharstahl von weit besserer
                              Qualitaͤt ist, als der auf gewoͤhnliche Weise verfertigte, und weit
                              weniger Abfall bei diesem Verfahren Statt hat, so nehme ich dasselbe als mein
                              Patent-Recht in Anspruch.
                           Das Repertory bemerkt, daß der Scheren- oder
                              Schar-Stahl auf diese Weise weit wohlfeiler werden muß, weil er sich weit
                              leichter bereiten laͤßt; daß er zugleich besser werden muß, weil er weniger
                              durch die Hize leidet, und, wie man technisch zu sagen pflegt, weniger verbrannt (burnt) wird. Diese
                              Entdekung muß den Stahlarbeitern zu Sheffield und Birmingham sehr zu Statten kommen,
                              und es ist sehr zu wuͤnschen, daß sie bald allgemein eingefuͤhrt
                              werden moͤge.In Deutschland wurde dieses Verfahren schon sein langer Zeit hier und da
                                    angewendet. A. d. Ue.