| Titel: | Bericht des Hrn. Emil Dollfus über ein Instrument zur Bemessung der Schnelligkeit des Laufes des Wassers; von Hrn. J. J. Bourcart zu Guebwiller. | 
| Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. XXVIII., S. 84 | 
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                        XXVIII.
                        Bericht des Hrn. Emil Dollfus uͤber ein Instrument zur
                           Bemessung der Schnelligkeit des Laufes des Wassers; von Hrn. J. J. Bourcart zu Guebwiller.
                        Aus dem Bulletin de la Société industr. de
                                 Mulhausen, Nro. 11. S. 60.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Dollfus, uͤber ein Instrument zur Bemessung der
                           Schnelligkeit des Laufes des Wassers.
                        
                     
                        
                           Die Wichtigkeit einer genauen Kenntniß der Geschwindigkeit des Wassers, dessen man
                              sich zum Betriebe seiner Maschinen bedient, ist jedem bekannt; denn es haͤngt
                              von derselben die Bestimmung der Wirkung ab, die man zu erwarten hat.
                           Man hat bereits mehrere Instrumente erfunden, um die Geschwindigkeit des Wassers in
                              einem Canale oder Bache zu bestimmen, z.B. die gebogenen Roͤhren; die von Smeaton verbesserten Flugraͤder, die Christian sinnreich verbesserte; die Kugeln an einem
                              Faden, die auf einem Viertelkreise die verschiedenen Grade bei verschiedenen
                              Geschwindigkeiten andeuten; endlich leichte Koͤrper, die man auf dem Wasser
                              schwimmen laͤßt, und nach deren Schnelligkeit in ihrer Bewegung man die
                              Geschwindigkeit des Wassers bestimmt. Von allen diesen Mitteln war indessen bisher
                              keines, das seinem Zweke in jeder Hinsicht entsprochen haͤtte.
                           Die gekruͤmmten Roͤhren (Pitot's Erfindung),
                              in welchen man die Geschwindigkeit des Wassers nach der verschiedenen Hoͤhe
                              desselben in der gekruͤmmten, und in einer daneben befindlichen geraden
                              Roͤhre beurtheilt, sind gewoͤhnlich aus Glas, und daher nur zu leicht
                              gebrechlich. Der Beobachter muß einen hohen Grad von Aufmerksamkeit bei seiner
                              Beobachtung besizen, wenn er, zumal bei geringerer Geschwindigkeit des Wassers,
                              richtig und scharf beobachten will; denn die verschiedenen Hoͤhen
                              gewaͤhren dann nur sehr kleine Unterschiede, die oft kaum merklich sind. Man
                              hat diese Roͤhren spaͤter aus Eisenblech verfertigt, um sie fester zu
                              machen; ein Schwimmer im Hohlraume der Roͤhre zeigte die Hoͤhe des
                              Wassers an; man hat indessen nie den wesentlichen Fehler dieses Instrumentes
                              beseitigen oder vermindern koͤnnen, die Schwankungen naͤmlich, denen das Instrument, zumal in
                              groͤßeren Tiefen, unterworfen ist.
                           Mariotte bediente sich eines anderen Instrumentes, um die
                              Geschwindigkeit der Stroͤmung zu messen. Er nahm Wachskugeln, die an Faden
                              befestigt waren, und auf einem in Grade getheilten Viertelkreise die verschiedenen
                              Geschwindigkeiten des Wassers anzeigten. Dieses Instrument laͤßt sich dort
                              anwenden, wo man die verschiedenen Geschwindigkeiten zweier verschiedenen
                              Stroͤmungen bestimmen will; um aber die Geschwindigkeit eines einzelnen
                              Stromes an und fuͤr sich zu bestimmen, taugt es nicht, denn die
                              Geschwindigkeit muͤßte nach der Oberflaͤche der Kugel und nach der
                              Neigung des Fadens im Verhaͤltnisse zum senkrechten Stande desselben
                              berechnet werden. Dieß kann aber nur annaͤherungsweise geschehen; die Faden,
                              welche die Kugeln halten, erleiden Schwankungen, die sie von der senkrechten
                              Richtung auch nach der anderen Seite hin entfernen, und, in diesem Falle, ist es
                              unmoͤglich die correspondirenden Grade der Neigung der Faden mit Genauigkeit
                              zu beobachten. Unter allen Instrumenten, die zu diesem Zweke ausgedacht wurden,
                              verdient vielleicht keines weniger Vertrauen, als dieses; denn außer den
                              Nachtheilen, die wir so eben an demselben bemerkten, gibt dieses Instrument auch am
                              wenigsten directe Resultate.
                           Ein drittes Instrument, dessen man sich haͤufig zur Bestimmung der
                              Schnelligkeit der Stroͤmung bediente, ist das Fluͤgelrad des Hrn. Smeaton und Christian aus
                              Eisenblech so leicht als moͤglich verfertigt. Wenn man dieses Rad der
                              Einwirkung des Wassers aussezt, so wird es, wie man sieht, leicht, sobald man die
                              Umdrehungen desselben waͤhrend einer gewissen Zeit kennt, die Geschwindigkeit
                              des Wassers zu bestimmen, wenn man nicht zugleich den Widerstand der Luft und der
                              Reibung der Drehezapfen zu uͤberwinden haͤtte. Um diese beiden
                              Widerstaͤnde aufzuwaͤgen, hat man die Zapfen mehrere Male mit
                              Bindfaden umwunden und ein Gegengewicht an denselben angebracht, nachdem man ihn
                              uͤber zwei Ruͤklaufrollen uͤber der Achse des Rades laufen
                              ließ. Die Schwere dieses Gewichtes ist leicht zu bestimmen, wenn man den Versuch mit
                              demselben anstellt; es ist aber noͤthig, dasselbe auf das Genaueste zu
                              bestimmen. Denn wenn es zu schwer waͤre, wuͤrde es das Rad mit zu
                              großer Schnelligkeit treiben, und die Fluͤgel des Rades wuͤrden auf
                              das Wasser schlagen, Statt daß sie von demselben getrieben werden; im
                              entgegengesezten Falle aber wuͤrden die erhaltenen Resultate kleiner
                              ausfallen, als sie wirklich sind, indem die beiden Widerstaͤnde, von welchen
                              wir sprachen, nicht aufgewogen waͤren. Auf diese Weise modificirt kann das
                              Instrument sehr genaue Resultate liefern; es hat aber den großen Nachtheil, daß
                              man mittelst desselben die Geschwindigkeit des Wassers nur an der Oberflaͤche
                              bestimmen kann, indem, wenn man das Rad gaͤnzlich eintauchte, es sich gar
                              nicht mehr drehen wuͤrde.
                           Das lezte Mittel endlich, das man am haͤufigsten anwendet, das, in vielen
                              Faͤllen, das einfachste und vielleicht auch das genaueste ist, um die
                              Geschwindigkeit einer Stroͤmung zu bestimmen, besteht in einem leichten
                              Koͤrper, den man der Stroͤmung uͤberlaͤßt,
                              waͤhrend man die Zeit mißt, in welcher derselbe einen gegebenen Raum
                              durchlaͤuft. Das Einzige, was hier zu bemerken kommt, ist dieses, daß man
                              einen Koͤrper ausmittelt, der so in das Wasser taucht, daß kein Widerstand,
                              oder hoͤchstens nur ein geringer, von Seite der Luft Statt hat. Man
                              wuͤrde wenig gegen dieses Verfahren die Geschwindigkeit einer
                              Stroͤmung zu bemessen einwenden koͤnnen, wenn man machen
                              koͤnnte, daß der schwimmende Koͤrper immer nach dem Faden des Wassers
                              laͤuft; es ist aber zuweilen aͤußerst schwer zu verhuͤten, daß
                              er nicht aus dem Geleise kommt, indem er sich selbst uͤberlassen bleiben muß.
                              Man kann uͤberdieß mit diesen schwimmenden Koͤrpern nur auf der
                              Oberflaͤche des Wassers Versuche anstellen, und die ganze Welt weiß, wie sehr
                              die Geschwindigkeit des Wassers nicht bloß in verschiedenen Breiten, sondern auch in
                              verschiedenen Tiefen verschieden ist.
                           Es bleibt also hier noch Manches zu leisten uͤbrig, da keines der bisherigen
                              Mittel seinen Zwek genau erfuͤllte; da einige derselben nur an der
                              Oberflaͤche taugen, die anderen gebrechlich und wenig zuverlaͤssig
                              sind.
                           Dieß Alles ist nicht der Fall bei dem gegenwaͤrtigen Instrumente des Hrn. J.
                              J. Bourcart. Dieses Instrument besteht (Fig. 1, 2, 3.) aus zwei
                              Fluͤgeln, die unter Winkeln von 45° gegen einander geneigt und quer
                              auf einer Achse befestigt sind, welche an ihrem gegenuͤberstehenden Ende eine
                              Schraube ohne Ende fuͤhrt. Ein Raͤderwerk greift in diese Schraube
                              ein, und zeigt durch die darauf eingegrabenen Ziffern die Menge der Umdrehungen der
                              Schraube ohne Ende, und folglich der Umlaͤufe der geneigten
                              Fluͤgel.
                           Das Raͤderwerk befindet sich auf einer Unterlage, die, auf einer Seite,
                              mittelst eines Drehezapfens auf dem Koͤrper der Maschine steht, auf der
                              anderen Seite mit einem Bindfaden in Verbindung steht, der die Raͤder in die
                              Schraube ohne Ende eingreifen laͤßt, und aus derselben aushebt. Auf der
                              Unterlage ist eine Feder angebracht, durch welche, wenn die Maschine in Ruhe ist,
                              die Raͤder aus der Schraube ausgehoben und in zwei Fluͤgel eingesezt
                              werden, die sie hindern,
                              sich zu drehen, und zugleich als Zeiger fuͤr die Nummern dienen.
                           Die Stellung dieser Raͤder ist so vorgerichtet, daß sie, wenn sie aus den
                              Fluͤgeln ausgehoben werden, sich frei drehen koͤnnen, ehe sie in die
                              Schraube ohne Ende eingreifen, so daß man jedes Mal den Zeiger auf 0 stellen kann:
                              indessen muß der Raum, den die Raͤder zu durchlaufen haben, um die
                              Fluͤgel frei zu machen, und in die Schraube ohne Ende einzugreifen, doch
                              immer nur sehr klein seyn.
                           Der Koͤrper des Instrumentes ist auf einer Dille aufgebolzt, die in
                              verschiedenen Hohen an einem Stoke befestigt werden kann, und an dem
                              entgegengesezten Ende einen langen Schweif oder ein Ruder aus Eisenblech
                              fuͤhrt, der das Instrument immer in der Richtung des Wasserfadens
                              haͤlt.
                           Das Instrument ist aus Kupfer, mit Ausnahme der Fluͤgelarme und der Achse,
                              welche die Schraube ohne Ende fuͤhrt, und die aus Stahl sind.
                           Um diesen Messer gehoͤrig zu stellen, bringt man ihn in stillstehendes Wasser
                              von irgend einer bedeutenderen Ausdehnung, nachdem man den Zeiger des ersten Rades
                              auf 0, und den anderen auf 500 gefuͤhrt hat, was an der Stelle von 0 sich
                              befindet. Man laͤßt das Raͤderwerk in die Schraube ohne Ende
                              eingreifen, und laͤßt das Instrument, welches man auf einem Stoke befestigt
                              hat, eine gewisse Streke durchlaufen, die man sorgfaͤltig mißt. Man muß
                              jedoch, ehe man die Raͤder in die Schraube ohne Ende eingreifen laͤßt,
                              den Fluͤgeln so viel Zeit lassen, daß sie einige Umdrehungen machen
                              koͤnnen, damit sie eine gleichfoͤrmige Geschwindigkeit erlangen. Wenn
                              man an Ort und Stelle angekommen ist, laͤßt man den Bindfaden nach, der die
                              Raͤder aus der Schraube ohne Ende aushebt, nimmt das Instrument aus dem
                              Wasser, und bemerkt die Zahl der Umdrehungen, welche die Fluͤgel
                              waͤhrend dieser Zeit gemacht haben.
                           Wo kein stillstehendes Wasser vorhanden ist, um das Instrument zu reguliren, reicht
                              auch eine große mit Wasser gefuͤllte Kufe hin, wenn man das Instrument einige
                              Minuten lang in derselben dreht, und den im Kreise umher durchlaufenen Raum mit den
                              Umdrehungen der Schraube ohne Ende vergleicht. Man muß bei diesem Versuche
                              dafuͤr sorgen, daß das Instrument denselben Raum mit derselben
                              Geschwindigkeit in entgegengesezter Richtung der ersten Bewegung durchlaͤuft,
                              um die Wirkung, welche durch die Bewegung, die das Wasser in der Kufe erhielt, auf
                              die Fluͤgel entstehen koͤnnte, zu vermeiden.
                           Nachdem man auf diese Weise das Instrument im stillstehenden Wasser laufen ließ,
                              erhaͤlt man, wenn man den durchlaufenen Raum durch die Zahl der Umdrehungen
                              der Fluͤgel (oder der Schraube ohne Ende, weil diese auf derselben Achse aufgezogen ist)
                              theilt, die Einheit des Maßes, oder die Laͤnge des Wassers, welche
                              waͤhrend Einer Umdrehung der Fluͤgel laͤngs dem Instrumente
                              hingezogen ist.
                           Hr. Bourcart sagt, daß an dem Instrumente, welches er
                              vorlegt,
                           7142 Umdrehungen der Schraube ohne Ende auf 10 alte Pariser Fuß
                              (pieds de Roi) gehen;
                           7333 Umdrehungen auf 10 metrische Fuß;
                             220 auf Ein Meter.
                           In den Versuchen, welche wir selbst anstellten, um uns von der Genauigkeit der
                              Angaben des Hrn. Bourcart zu uͤberzeugen, haben
                              wir gefunden, daß alle seine Angaben sehr genau waren. Wir haben unsere Versuche oft
                              wiederholt, und wir haben nie Abweichungen gefunden.
                           Nach obigen Angaben ist es klar, daß, um die Geschwindigkeit irgend einer
                              Stroͤmung zu erlangen, man die Zahl der Umdrehungen der Schraube ohne Ende
                              multipliciren muß
                           mit 1,4, um den Ausdruk in alten Pariser Fuß,
                           mit 1,36374, um den Ausdruk in metrischen Fuß,
                           mit 0,45458, um denselben in Meter zu erhalten.
                           Eine Umdrehung der Schraube ohne Ende oder der Fluͤgel correspondirt demnach
                              mit 1,4 alten Pariser Fuß Wasser, welche an einem gewissen Punkte, in irgend einer
                              Zeit durchgelaufen ist.
                           Wir haben obige Angaben noch mittelst leichter Koͤrper, die wir schwimmen
                              ließen, gepruͤft, und, wenn leztere nicht von dem Wasserfaden abgewichen
                              sind, erhielten wir durch diese beiden Pruͤfungsmittel immer dieselben
                              Resultate.
                           Aus diesen mit aller moͤglichen Sorgfalt angestellten Pruͤfungen,
                              wiederholten Versuchen und Vergleichungen erhellt, daß das Instrument des Hrn. Bourcart vor jedem anderen bis auf den heutigen Tag
                              bekannten Instrumente zur Bestimmung der Geschwindigkeit eitler
                              Wasserstroͤmung den Vorzug verdient; daß es das einzige Mittel ist, diese
                              Geschwindigkeit und zwar mit der hoͤchsten Genauigkeit, auf allen Punkten des
                              Querdurchschnittes eines Rinnsales zu bestimmen, was bisher noch unmoͤglich
                              gewesen ist. Der Bau dieses Instrumentes ist einfach; das Instrument laͤßt
                              sich leicht handhaben und ist keiner Abweichung unterworfen; es geraͤth nicht
                              leicht in Unordnung. Es gewaͤhrt uͤberdieß, und darin besteht der
                              große Vortheil desselben, directe Resultate, was bei jeder aͤhnlichen
                              Untersuchung das Wichtigste ist.
                           Man hat alle moͤgliche Versuche mit diesem Instrumente angestellt, und nie
                              einen Fehler gefunden. Wir fanden auch, was Hr. 
                              Bourcart sagte, und worin alle Gelehrte
                              uͤbereinkommen, daß, in einem regelmaͤßigen Canale bei einer zur
                              Brette verhaͤltnißmaͤßigen Hoͤhe, die mittlere Geschwindigkeit
                              des Wassers 4/5 der Geschwindigkeit desselben in der Mitte des oberen Theiles
                              betraͤgt.
                           Dieser neue Geschwindigkeitsmesser des Hrn. Bourcart
                              verdient in die erste Reihe neben dem dynamometrischen Zaume gestellt zu werden; das
                              eine dieser Instrumente controlirt jezt bei Maschinen, welche von Wasser getrieben
                              werden, das andere, und die Mechanik hat durch beide eine maͤchtige
                              Stuͤze erhalten.
                           Die Gesellschaft erklaͤrt Hrn. Bourcart ihren
                              hoͤchsten Dank.Es scheint dem Uebersezer, daß dieses Instrument nicht nur bei dem
                                    Muͤhlen- und Wasserbaue, sondern auch in der Schiffahrt von
                                    hohem Nuzen werden kann, und die Schnelligkeit der Bewegung eines Schiffes
                                    genauer bestimmen wird, als die bisherigen Knoten.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
