| Titel: | Ueber die vorzüglichsten gegenwärtig in England bestehenden Eisenbahnen. | 
| Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LXIV., S. 264 | 
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                        LXIV.
                        Ueber die vorzuͤglichsten
                           gegenwaͤrtig in England bestehenden Eisenbahnen.
                        Ueber die vorzuͤglichsten Eisenbahnen in
                           England.
                        
                     
                        
                           Das Register of
                                    Arts gibt Part. 29. S. 145., groͤßten Theils aus Tredgold's Werk uͤber die Eisenbahnen folgende
                              Notiz uͤber die gegenwaͤrtig in England bestehenden
                              vorzuͤglichsten Eisenbahnen.
                           Da man nun endlich ein Mal auch in der Mitte des festen Landes von Europa
                              anfaͤngt auf Eisenbahnen ernsthaft zu denken, und Oesterreich die so
                              schoͤn gelegene Welserheide zwischen Linz und Lambach, und den
                              beinahe ebenen Weg von diesem ungluͤkseligen Horter nach Gmuͤnden zur Foͤrderung seines Salzes nach
                              Boͤhmen und an die Donau zu verwenden gedenkt, so wie es fruͤher, und
                              zwar der Erste unter den Staaten auf dem festen Lande, durch Hrn. v. Gerstner zur Foͤrderung des Holzes aus dem
                              Boͤhmenwalde Eisenbahnen an die Donau, oder wenigstens Holzbahnen anzulegen versuchte; so wird diese Notiz vielleicht auch
                              fuͤr andere Laͤnder von Nuzen seyn koͤnnen, die die ebensten
                              Streken in ganz Europa besizen. Doch vielleicht wartet man in diesen
                              Laͤndern, bis die Wagen von selbst laufen lernen; und dieß scheint auch noch
                              moͤglich werden zu koͤnnen.
                           Die Kraft der menschlichen Faulheit ist eine Kraft, die auch der hoͤchste
                              Fleiß des groͤßten Rechenmeisters nicht zu berechnen vermag. Die Eisenbahnen
                              sind beinahe so alt, als der Bergbau. Wir sahen Jahrhunderte und Jahrtausende lang
                              eine Last, an welcher ein Gaul zu schleppen hat, durch einen Jungen, (den
                              sogenannten Hundsstoͤßer) mit groͤßerer Schnelligkeit als der Gaul in
                              der Nacht der Bergwerke zu dem Schachte oder auf die Halden foͤrdern, und
                              Jahrhunderte und Jahrtausende lang dachten wir nicht, daß dasjenige, was unter der
                              Erde Kraft und Geschwindigkeit zu vervielfaͤltigen mag, auch uͤber der
                              Erde dasselbe leisten wird und muß. Die Naturhistoriker haben laͤngst das
                              Faulthier in die Nachbarschaft des Menschen gestellt, und sie haben sehr Recht
                              gethan, daß sie den Menschen vor das Faulthier stellten;
                              denn er uͤbertrifft dasselbe an Faulheit im Denken und Thun eben so sehr, als
                              der Wallfisch die Milbe, die im Kaͤse wohnt, und die das Auge nur unter
                              tausendfaͤltiger Vergroͤßerungskraft eines Mikroskopes zu erkennen
                              vermag, an Schwere seiner Masse.
                           Waͤre in England nicht eines der ersten Beduͤrfnisse des Lebens seit
                              dem J. 1357. an den Bergbau geknuͤpft worden (in diesem Jahre kamen
                              naͤmlich die ersten Steinkohlen nach London), so wuͤrden vielleicht
                              die Englaͤnder selbst noch bis zur Stunde der Eisenbahnen entbehren: denn sie
                              haben ihre Eisenbahnen bloß ihren Steinkohlengruben zu danken, und brauchten, wie
                              man sieht, ein halbes Jahrtausend dazu, um die Eisenbahnen, wie der Bergmann sagt,
                              aus den Tiefen der Erde zu Tage zu foͤrdern.
                           Eine ihrer vorzuͤglichsten Eisenbahnen ist der Hetton-Railway. Er ist 7 5/8 engl. Meilen lang, und 13 bis 17
                              Lastwagen werden mittelst eines Dampfwagens, den eine Dampfmaschine mit hohem Druke
                              treibt, getrieben. Diese Maschine ist im Register of
                                 Arts IV. Bd. S. 445. (I. Series) beschrieben
                              und abgebildet. Obige 17 Wagen fuͤhren, wenn sie mit Kohlen beladen sind,
                              eine Last von 64 Tonnen (1280 Ztrn.). Die Unebenheiten auf dieser Bahn betragen von
                              der Grube bis zum Abladungsorte 812 Fuß, wovon ein Theil durch schiefe
                              Flaͤchen, der andere durch einen regelmaͤßigen Fall von 335 Fuß
                              ausgefuͤllt ist. Die Schienen sind von der Kanten-Art; ihre
                              aͤußerste gaͤnge ist 3 Fuß 11 Zoll, und die Breite an ihrer oberen
                              Oberflaͤche 2 1/3 Zoll. Die Verbindung geschieht mittelst eines
                              Kragengefuͤges (scarf-joint). Die
                              Geschwindigkeit, mit welcher die Wagen laufen, betraͤgt 3 1/2 – 4
                              engl. Meilen (Eine deutsche) in Einer Stunde. Aehnliche Eisenbahnen sind in
                              Cumberland in der Nachbarschaft von Whitehaven. Von diesen Eisenbahnen aus
                              verbreitete sich der Gebrauch derselben nach verschiedenen Oertern in Yorkshire,
                              Derbyshire, Wales und Schottland.
                           Die Surrey-Rail-road faͤngt am
                              suͤdlichen Ufer der Themse an in der Naͤhe von Wandsworth und
                              laͤuft suͤdoͤstlich, ungefaͤhr 9 1/2 engl. Meilen bis
                              Croydon, und von da in einer mehr suͤdlichen
                              Richtung 8 Meilen nach Merstham. Die Schienen sind flache
                              Platten, vier Zoll breit, beinahe Einen Zoll dik, und sind zur Leitung der
                              Raͤder mit einem drei Zoll tiefen und einen halben Zoll diken Leistenrande
                              versehen. Die Wagen sind ungefaͤhr Eine Tonne (20 Ztr.) schwer, fuͤnf
                              Fuß breit, acht Fuß lang, zwei Fuß tief, und duͤrfen nicht uͤber 3 1/4
                              Tonne (65 Ztr.) Last laden.
                           Die Raͤder sind aus Gußeisen, am Reife anderthalb Zoll breit, und halten 32
                              Zoll im Durchmesser. Sie laufen um kegelfoͤrmige Achsen, die hinter der
                              Schulter 2 3/8 Zoll und am Nagel 1 1/2 Zoll im Durchmesser halten. Nach Hrn. Palmer's Versuchen zieht Ein Pferd sechzig, wo die Bahn
                              vollkommen eben ist und zwar mit einer Geschwindigkeit von 2 1/2 engl. Meilen auf
                              die Stunde, d.h. ein Pferd von mittlerer Staͤrke zieht im Durchschnitte mit
                              dieser Geschwindigkeit 9 Ztr. (Register of Arts I. Bd.
                              I. Series.)
                           Die Kohlenwerke in der Naͤhe von Leeds und Wakefield sind mit den benachbarten Canaͤlen
                              mittelst zahlreicher Eisenbahnen verbunden. Die Stadt Leeds erhaͤlt ihre Kohlen aus den Middletonkohlengruben durch eine
                              Eisenbahn, auf welcher die Wagen durch eine Dampfmaschine getrieben werden. Diese
                              Dampfwagen weichen von jenen in der Gegend von Newcastle und Sunderland ab; denn,
                              Statt daß ihr Widerstand von der Reibung der Raͤder des Maschinenwagens
                              abhinge, haben die Schienen der Rennbahn Zaͤhne, in welche Zahnraͤder
                              eingreifen, die von der Maschine getrieben werden, und folglich eben so wirken, wie
                              ein Triebstok, der in einem Zahnstoke laͤuft. Hr. Blenkinsopp hat diese Art von Dampfwagen im J. 1811. eingefuͤhrt.
                              Sie sind im Register of Arts Bd. IV. S. 441. (I. Series) beschrieben und abgebildet.
                           Der Densbury und Birstal
                                 Railway fuͤhrt Steinkohlen aus den Gruben von Birstal in die Calder und Hebble
                                 Navigations-Schiffe. Er ist ungefaͤhr 3 engl. Meilen lang, und
                              ward im J. 1805. vollendet.
                           Der Ashby – de la Zouch Canal, welcher im J. 1805.
                              eroͤffnet wurde, endet sich in eine drei Achtel engl. Meilen lange Eisenbahn
                              bis zu den Ticknall-Kalkgruben in Derbyshire. Eine
                              andere Eisenbahn ist an den Kohlengruben zu Measham, fuͤnf engl. Meilen lang;
                              noch eine andere, sechs und eine halbe englische Meile lang, an den Kalkgruben zu
                              Cloudshill.
                           
                           Mit dem Derby-Canal verbinden sich mehrere
                              Eisenbahnen: jene von den Kohlengruben zu Horseley; von den Smitheyhouses bei Derby,
                              von 4 Meilen Laͤnge; und die 1 1/2 Meilen lange Eisenbahn von
                              Smalley-Mills.
                           Auch mit dem Cromford- und Erewash-Canale verbinden sich Eisenbahnen; so ist auch der Charnwood-Forest Canal mit dem schiffbaren Flusse
                              Soar mittelst einer zwei Meilen und eine halbe langen
                              Eisenbahn verbunden. Diese unter dem Namen Charnwood-Forest railway bekannte Eisenbahn hat, auf ihrer kurzen
                              Streke, einen Fall von 185 Fuß.
                           Die Eisenbahn von Chapel Milton nach Loads Knowl laͤuft von dem Peak-Forest
                                 Canal bei Chapel Milton in Derbyshire nach den Kalkgruben zu Loads Knowl im Peake auf einer
                              Laͤnge von sechs engl. Meilen, hat auf dieser Streke einen Fall von 204 Fuß
                              und eine schiefe Flaͤche von 1545 Fuß. Hr. Benj. Outram hat sie angelegt.
                           Die Lancaster-Canal-Eisenbahn laͤuft
                              von Clayton Green quer durch das Thal Ribble bis an den Gipfel der gegenuͤberstehenden
                              Huͤgelreihe. Die Verbindung zwischen den einzelnen Theilen des Canales wird
                              mittelst dieser Eisenbahn unterhalten, die zu jeder Seite des Thales eine schiefe
                              Flaͤche und einen Fall von 222 Fuß hat, waͤhrend sie nur drei
                              englische Meilen und ein Viertel lang ist.
                           Vom Flusse Wye geht bei Mitchell
                                 Dean eine Eisenbahn durch den Wald von Dean nach
                              Lydney an der Severn, die
                              bei Colford einen Nebenzweig nach Monmouth abgibt. In derselben Nachbarschaft laͤuft eine andere
                              Eisenbahn von der Severn fuͤnf englische Meilen lang nach den
                              Steinkohlengruben im Walde.
                           Die Vortheile, welche Eisenbahnen bei einem haͤufig unterbrochenen und
                              unebenen Boden gewaͤhren, zeigen sich nirgendwo deutlicher, als bei den
                              schiefen Flaͤchen des Shropshire-Canals.Bei uns auf dem festen Lande haͤlt man einen schnellen Wechsel von
                                    bergauf bergab fuͤr ein unuͤbersteigliches Hinderniß einer
                                    Eisenbahn. Die Oerter Burghausen, Landshut, Wolfartshausen, Dachau,
                                    Friedberg etc., die bei ihren steilen Abhaͤngen so viel
                                    gewaͤnnen, wenn sie dieselben in eine Eisenbahn verwandelten,
                                    verloͤren ja den Gewinn an der Vorspann! A. d. Ue.
                              
                           Der Shropshire-Canal laͤuft durch eine
                              aͤußerst haͤufig unterbrochene Gegend, wo die Abhaͤnge steil
                              und bedeutend sind. Man hielt es daher fuͤr zwekmaͤßig, schiefe
                              Flaͤchen anzuwenden, um die Bothe zu den hoͤheren
                              Wasserstaͤnden im Canale hinauf zu foͤrdern. Die erste schiefe
                              Flaͤche haͤlt 1053 Fuß in der Laͤnge und 207 Fuß in der
                              Hoͤhe. Sie hat eine starke doppelte Eisenbahn, so daß Bothe mit 100 Ztr. Last
                              sammt Zugehoͤr uͤber diese schiefe Flaͤche
                              hinaufgefoͤrdert werden koͤnnen. Die zweite schiefe Flaͤche hat 1800 Fuß in der
                              Laͤnge und 120 Fuß Fall. Diese schiefen Flaͤchen sind nach dem Plane
                              des Hrn. Wilh. Reynolds, der schon im J. 1788. einen Plan
                              zu einer aͤhnlichen bei 73 Fuß Hoͤhe fuͤr Bothe von 160 Ztr.
                              Last entworfen hat.
                           In Cornwall laͤuft eine fuͤnf engl. Meilen
                              lange Eisenbahn vom Hafen Portreth nach den Gruben von
                              Redruth.
                           Eine lange Eisenbahn von Stockton bei Darlington nach den Steinkohlengruben an der
                              Suͤdwestseite von Durham ist nun vollendet. Sie
                              laͤuft von Stockton westwaͤrts, und
                              ungefaͤhr 3 12, engl. Meilen von da geht ein zwei engl. Meilen langer
                              Seitenarm nach Yarm suͤdwaͤrts,
                              waͤhrend die Haupteisenbahn bis dicht an Darlington, und noch
                              ungefaͤhr vier engl. Meilen daruͤber hinauslaͤuft, wo ein
                              beinahe zwei engl. Meilen langer Seitenarm suͤdlich nach Pierce Bridge fuͤhrt. Ungefaͤhr
                              fuͤnf engl. Meilen weiter auf der Hauptlinie trennt sich der Black Boy Arm, und fuͤhrt nordoͤstlich in
                              die Black Boy Kohlengruben und in die Coundor Kohlengruben. Dieser Arm ist ungefaͤhr
                              fuͤnf engl. Meilen lang. Die Hauptlinie zieht sich vor Evenwood vorbei nach den Norwood Kohlengruben,
                              und laͤuft in einer nordoͤstlichen Richtung zuruͤk zu den Etherly und Witton Park
                              Kohlengruben. Die ganze Laͤnge der Hauptlinie dieser Eisenbahn
                              betraͤgt ungefaͤhr 32 engl. Meilen. Sie hat Kantenschienen.
                           In Wales sind sehr viele Eisenbahnen, welche die
                              Eisenwerke und Steinkohlengruben unter einander verbinden, und die Eisenwerke mit
                              den Canaͤlen und schiffbaren Fluͤssen: sie haben erwiesen, wie
                              nuͤzlich Eisenbahnen fuͤr den Unternehmer und fuͤr das Publikum
                              sind. Die Haupteisenbahnen sind durch viele kleinere Eisenbahnen, welche Privaten
                              angehoͤren, verbunden: man nennt leztere tramroads. Sie gewaͤhren dem Verkehre in einem so rauhen Lande, wo
                              die Hauptstraßen so schlecht sind, unendliche Vortheile. Im J. 1791. war kaum noch
                              eine einzige Eisenbahn in South-Wales; im J. 1811. haben die bereits fertigen
                              Eisenbahnen zur Herstellung einer Verbindung zwischen den Canaͤlen und Gruben
                              etc. in Monmouthshire, Glamorganshire, und Caermarthanshire bereits eine
                              Laͤnge von hundert und fuͤnfzig englischen Meilen, die unterirdischen
                              (die unter Tages, unter der Erde, hin laufen) nicht mit begriffen. Eine dieser
                              lezteren, die einer Gesellschaft in Merthyr Tidvil angehoͤrt, ist allein an
                              dreißig engl. Meilen lang.Sollte es moͤglich seyn, daß der gesammte Verkehr einer Stadt, wie
                                    Muͤnchen, Augsburg etc. nicht mehr betraͤgt, als ein einziges
                                    Eisenwerk einer Compagnie. in Wales? Diese Annahme waͤre
                                    laͤcherlich, wenn man bedenkt, daß bloß auf die Schranne
                                    zu Muͤnchen allein jaͤhrlich fuͤr wenigstens 2
                                    Millionen Gulden Getraide gefahren wird, und daß die gesammte Eisenerzeugung
                                    von South-Wales, wo 90 Hochoͤfen sind, nur ungefaͤhr 3
                                    Millionen Gulden werth ist. Wenn wir der Merthyr-Compagnie den
                                    dritten Theil dieser Erzeugung zurechnen, also jaͤhrlich eine
                                    Million, und sie fand es vorteilhaft, hierzu eine Eisenbahn von 8 deutschen
                                    Meilen unter der Erde anzulegen: sollte es keinen
                                    Gewinn geben, wenn man zur Foͤrderung eines Werthes von 2 Millionen
                                    uͤber der Erde Eisenbahnen anlegte, wo
                                    die Anlage zehn Mal leichter ist, als unter der Erde? Es ist wahr, daß bei
                                    uns eine Eisenbahn sechs Mal theurer kommt, als in England, wenn wir den
                                    Werth des Eisens bei uns, die Kosten der Anlage bei der Ungeschiklichkeit
                                    und Unerfahrenheit unserer Arbeiter mit der Wohlfeilheit des Materiales und
                                    mit der Geschiklichkeit der englischen Arbeiter vergleichen. Wir haben
                                    gesehen, mit wie vielen Schwierigkeiten ein kleiner Versuch, nur von einigen
                                    hundert Klaftern, bei der Anlage einer Eisenbahn auf dem ebensten Wege von
                                    der Welt, in der Naͤhe der Hauptstadt, wo alle Huͤlfsmittel,
                                    die das Land besizt, bei der Hand waren, selbst unter der Leitung eines
                                    Mannes verbunden waren, der sich seit 25 Jahren mit Eisenbahnen
                                    beschaͤftigt, die englischen Eisenbahnen in England selbst studierte,
                                    der selbst ein Patent auf Eisenbahnen in England nahm, und als
                                    Schriftsteller uͤber Eisenbahnen bekannt ist. Das einfachste Mittel,
                                    zu einer Eisenbahn zu gelangen, uͤber deren Nuzen, wir wollen nicht
                                    sagen Nothwendigkeit, wohl nicht mehr der mindeste Zweifel uͤbrig
                                    seyn kann, wuͤrde daher dieses seyn, mit einer englischen
                                    Eisenbahn-Compagnie in Unterhandlung zu treten, dieselbe das Eisen
                                    aus England, wo dieses Material jezt, bei dem tief gedruͤkten
                                    Zustande der englischen Industrie, in einem so niedrigen Preise steht, wie
                                    es bei Menschen Gedenken nicht gestanden ist, und wie auch der eisenreichste
                                    Staat auf Erden es nicht zu erzeugen vermag, bis an irgend einen am Mayne
                                    gelegenen Ort liefern, und von diesem Orte aus eine Eisenbahn nach Augsburg,
                                    Nuͤrnberg, Regensburg, und von dieser lezteren Stadt nach
                                    Muͤnchen legen zu lassen. Preußen verfuhr auf eine aͤhnliche
                                    Weise, um sich fuͤr Berlin die Vortheile einer Gasbeleuchtung zu
                                    verschaffen; es unterhandelte mit einer englischen Compagnie, und wenn hier
                                    die Resultate nicht allen Wuͤnschen entsprachen, so lag dieß zum
                                    Theile im Materiale, aus welchem das Leuchtgas bereitet wurde, zum Theile in
                                    dem Charakter des Englaͤnders, an welchen man sich wendete, und
                                    dessen Genie mehr zur Zerstoͤrung von Staͤdten, als zur
                                    Verschoͤnerung derselben geschaffen schien. Es unterliegt keinem
                                    Zweifel, daß der Englaͤnder, der eine Eisenbahn auf dem festen Lande
                                    anzulegen unternimmt, die Wichtigkeit der Entdekung der HHrn. Gaudillot, daß hohle Eisenstangen von einer
                                    gewissen Dike in jeder Hinsicht bei gleicher Masse staͤrker sind als
                                    volle, so daß man wenigstens ein Drittel an Eisen ersparen kann (Vergl. Polytechn. Journ. Bd. XXXIII. S. 47.) benuͤzen
                                    wird, sobald man ihn darauf aufmerksam macht. Man kennt in England, wo man
                                    sich im stolzen Selbstgefuͤhle um das Ausland wenig kuͤmmert,
                                    diese fuͤr Eisenbahnen so hochwichtige Entdekung nicht, und wir
                                    wissen, daß man sie auch in Deutschland zu wenig achtet. Vielleicht, daß man
                                    sie bei der in Oberoͤsterreich neu zu errichtenden Eisenbahn
                                    benuͤzt, da die Kosten des Materiales dadurch um ein volles Drittel
                                    vermindert werden. Wenn auch noch manches Wasser durch den Mayn und durch
                                    die Donau hinabrinnen wird, bis wir, wenn wir auch Eisenbahnen
                                    haͤtten, zum Gebrauche der Dampfwagen auf denselben gelangen; so
                                    ergibt sich schon aus der bloßen Anwendung der Pferde auf derselben Gewinn
                                    genug, wenn man bedenkt, daß ein Pferd auf einer guten Eisenbahn mit einer
                                    Last von 9 Ztr. Eine halbe deutsche Meile in Einer Stunde laͤuft; unsere schweren Fuhrleute laden
                                    gewoͤhnlich 10 Ztr. auf ein Pferd, und fahren damit den ganzen Tag
                                    uͤber, je nachdem der Weg ist, 8 bis 10 Stunden Weges. Es ist demnach
                                    auf einer Eisenbahn die Haͤlfte der Zeit gewonnen, woran bei gewissen
                                    Waaren viel gelegen ist, und es ist die Haͤlfte des Unterhaltes der
                                    Pferde auf der Straße, um welchen die Fracht an und fuͤr sich
                                    wohlfeiler wird. Wuͤrde man nun die Haͤlfte dieser ersparten
                                    Unterhaltungskosten des Pferdes auf der Straße als das Maß des Zolles
                                    fuͤr die Erlaubniß die Eisenbahn benuͤzen zu duͤrfen
                                    betrachten, so wuͤrde das Capital der Eisenbahn
                                    verzinst, das Publicum gewaͤnne an Wohlfeilheit der Fracht und an
                                    Schnelligkeit der Expedition.Es ist offenbar, daß in jedem Lande, wo man 5 Monater auf den Winter rechnen
                                    muß, die Eisenbahn dem Canale vorzuziehen ist; die Zeit, wo man Canale bald
                                    wegen Wassermangels, bald wegen Hochwassers und bald wegen Eises nicht
                                    benuͤzen kann, verhaͤlt sich zu derjenigen, in welcher
                                    Eisenbahnen durch Schnee und Reparationen unbrauchbar wurden, wie 20 zu
                                    1.Wenn auch nicht zu erwarten steht, daß durch den neuen Handelsverein mit
                                    Preußen und durch die Erhebung der guten Stadt Paris zu einem Freihafen der
                                    Activhandel mit Oesterreich einen regeren Umschwung gewinnt, indem
                                    Oesterreich seine Colonialprodukte theils, und zwar groͤßten Theils,
                                    uͤber Hamburg auf der Elbe, theils uͤber Triest, und in einem
                                    kleinen Theile seiner oͤstlichen Provinzen uͤber Danzig
                                    bezieht, so wird doch der Transitohandel aus Frankreich und aus den
                                    Niederlanden nach dem schwarzen Meere und in die neu organisirten
                                    Fuͤrstenthuͤmer an der Donau seinen Weg durch
                                    Wuͤrtemberg finden. Der große Deutsche, der dem Bodensee und dem
                                    Rheine das erste Dampfschiff gab, wird auch seinem Vaterlande die erste
                                    Eisenbahn schenken. Ob diese nun in Wuͤrtemberg ihren Anfang und ihr
                                    Ende finden soll; oder ob sie durch die Ebenen an der Donau von Ulm bis in
                                    das Lechfeld nach der Augusta Videlicorum, von
                                    hier in die große Ebene Bayerns von Fuͤrstenfeld bis nach Passau
                                    fortgesezt werden soll, wird uns die große Lehrmeisterinn, die Zeit lehren.
                                    A. d. Ue. Die Menge der Eisenbahnen in Wales nimmt taͤglich zu, und wir
                              koͤnnen nur von den wichtigsten sprechen.
                           
                           Da es im oberen Theile des Cardiff- oder Glamorganshire-Canales
                              haͤufig an Wasser gebricht, so wurde die Cardiff- und 
                              Merthyr-Eisenbahn oder Tramroad parallel mit dem
                              Canale auf einer Streke von neun engl. Meilen angelegt, vorzuͤglich
                              fuͤr die Eisenwerke von Plymouth, Pendarran und
                              Dowlais.
                           Der Parliamentsact fuͤr diese Tram-road
                              wurde im J. 1794. (35sten Georg III) durch die HHrn. Hompray, Hill und Comp. bewirkt, und es scheint, daß dieser Act der erste ist, den
                              das Parliament fuͤr eine solche Straße erließ. Die Breite des Landes, dessen
                              Ankauf man erlaubte, war 21 Fuß, und die ganze Laͤnge der Straße
                              betraͤgt ungefaͤhr 26 3/4 engl. Meilen. Diese Bahn laͤuft in
                              einer Gegend, wo wegen der Rauhheit und Unebenheit des Landes alle Verbindung wie
                              abgeschnitten ist. In solchen Gegenden sind Eisenbahnen weit besser als Canale.
                           Auf dieser Tram-Road machte man am 21. Februar
                              1804. die Versuche mit Trevithick's Dampfmaschine mit
                              hohem Druke, um mittelst derselben Wagen zu ziehen. Hr. Blenkinsopp und anderen gelangen diese Versuche spaͤter besser.
                           Der Aberdare-Canal, (nebst Zweigen des Carliff-Canales) wird mittelst Eisenbahnen mit dem
                              Neath-Canal verbunden. Eine ungeheuere schiefe
                              Flaͤche stellt diese Verbindung her, und eine Dampf-Maschine mit hohem
                              Druke treibt die Wagen uͤber den Berg.
                           Die Sirhoway-Eisenbahn oder Tram-road faͤngt bei dem Monmouth-Canal zu Pillgwelly an,
                              laͤuft durch Tredegar Park an den Ebwy-Fluß bei Risca,
                              sezt uͤber diesen Fluß auf einer Bruͤke von 16 Bogen, folgt hierauf
                              dem Laufe des Flusses Sirhoway bei den Tredegar- und Sirhoway-Eisengruben bis zu den Kalkgruben von Trevill: durchlaͤuft also eine Streke von 28 engl. Meilen. Neben dieser
                              Eisenbahn laͤuft eine sehr gute Chaussee. Von der Sirhoway-Eisenbahn laufen mehrere Zweige zu verschiedenen
                              Steinkohlengruben, eine zu den Romney-Eisengruben,
                              andere zu dem Monmouth-Canal. Ein Pferd zieht auf
                              dieser Eisenbahn 10 Tonnen (200 Ztr.) hinab, und geht mit dem leeren Wagen
                              zuruͤk. Der Parliaments-Act ist vom 42sten Regierungsjahre Georgs
                              III.
                           Die Brinore-Eisenbahn ist ein Zweig der vorigen,
                              und laͤuft uͤber den schwarzen Berg (Black
                                 Mountain) in das Thal des Uske bei Brecon, und von da nach Haye
                              am Flusse Wye. Durch diese Verbindung ist der Preis der
                              Kohlen in den oberen Theilen von Herefordshire und Radnor um vieles wohlfeiler
                              geworden.
                           Auch die Blaen-Avon-Eisenbahn fuͤhrt
                              an den Monmouthshire-Canal, und ist 5 1/2 engl.
                              Meilen lang. In dieser Streke faͤllt sie 610 Fuß bis zum Blaen-Avon-Hochofen.
                           Die Caermarthenshire-Eisenbahn beginnt an der
                              Werfte des Hafens Llauelly an, und erstrekt sich 15 engl.
                              Meilen weit durch ein reiches Steinkohlenland bis zu den Kalkgruben von Llanbedie. Gegen Osten laufen mehrere
                              Seiten-Eisenbahnen zu den großen Kohlenwerken des Generals Waide. Auf dieser Eisenbahn wird Steinkohle, Eisen und
                              Blei gefahren. Sie ist so alt, als jene von Sirhoway.
                              Nach Hrn. Palmer's Versuchen zieht Ein Pfund auf dieser
                              Eisenbahn nur 59 Pfund, wo sie eben laͤuft. (Siehe dessen Description of a Railway on a New Principle. 2 edit. S. 29.)
                           Die Oystermourh-Eisenbahn laͤuft von Swansea sieben Meilen lang laͤngs der
                              Kuͤste hin bis zum Dorfe Oystermouth, und dient
                              vorzuͤglich zur Foͤrderung des Kalksteines. Sie ist aus dem 44sten
                              Regierungsjahre Georgs III.
                           Die Abergavenny-Eisenbahn laͤuft vom Brecknock-Canal mittelst einer Bruͤke
                              uͤber den Uske nach Abergavenny. Von demselben Canale laͤuft ein Arm der Eisenbahn nach
                              Uske und Haye, und mehrere
                              andere gehen nach verschiedenen Kohlen- und Eisenwerken. Bei den Eisenwerken
                              von Pontypool sind mehrere hohe schiefe
                              Flaͤchen.
                           Die Ruabon Brook-Eisenbahn faͤngt bei einem
                              großen Teiche zu Pontcysylte am noͤrdlichen Ufer
                              des Flusses Dee an. Sie ist doppelt angelegt, steigt
                              hinter Hrn. Hazledine's Eisenwerken sanft empor, und
                              laͤuft durch eine Menge Eisengruben nach Ruabon-Brook auf einer Streke von drei engl. Meilen.
                           Unter den Welsh-Railways wollen wir nur derjenigen
                              erwaͤhnen, die die Schieferplatten aus den Schieferbruͤchen von Penrhyn foͤrdert, indem sie von den
                              uͤbrigen Eisenbahnen abweicht. Die uͤbrigen Eisenbahnen in Wales haben alle, beinahe ohne Ausnahme, flache Schienen. Diese
                              Eisenbahn, die von den Schieferbruͤchen in Caernarvonshire nach Port Penrhyn fuͤhrt, laͤuft auf einer
                              Streke von 6 1/4 engl. Meilen hin, und ist in mehrere Absaͤze getheilt. Sie
                              hat auf drei Fuß drei Achtel Zoll Fall; also 1 auf 96, und uͤberdieß drei
                              schiefe Flaͤchen. Sie wurde im J. 1800 begonnen, und im Julius 1801 geendet.
                              Ihre Schienen sind oval, aus Gußeisen, 4 1/2 Fuß lang und zwei Fuß breit. Zwei
                              Pferde ziehen 24 Wagen auf einem Absaze sechs Mal des Tages, und foͤrdern so
                              eine Last von 24 Tonnen (480 Ztrn.) auf jeder Fahrt oder 2880 Ztr. des Tages. Die
                              Raͤder sind aus Gußeisen, 14 Zoll im Durchmesser und waͤgen 35 Pfd.
                              (Repertor. of Arts III. Bd. S. 285. XIX. Bd. S. 16.
                              (New Series). Nach Hrn. Palmer's Versuchen (Description of a Railway
                              S. 29.) zieht Ein Pfund 78 Pfd., wo die Bahn eben ist, waͤhrend auf den
                              Kantenschienen zu Newcastle 1 Pfd. hundert und sechs und siebzig Pfunde zieht, was
                              von den kleinen Raͤdern auf der Penrhyn-Eisenbahn herruͤhrt. So
                              unvollkommen diese Eisenbahn ist, so war sie von unendlichem Vortheile fuͤr
                              die Besizer dieser Schieferbruͤche, indem sie ihnen viele Menschen und viele
                              Pferde ersparte.Solche Eisenbahnen waͤren bei den großen Schieferbruͤchen zu
                                    Solenhofen, bei den Steinbruͤchen zu Kellheim und in der Naͤhe
                                    der Loisach hoͤchst wohlthaͤtig; wir zweifeln aber sehr, daß
                                    sie jemals daselbst werden errichtet werden. Es gibt gewisse Menschen, die
                                    ihrem Bruder eine Wohlthat zu erweisen glauben, wenn sie ihn vor einen
                                    Karren spannen und ziehen lassen, wie einen Esel: „so kann er sich
                                       doch etwas verdienen,“ sagen diese Menschenfreunde. Was man
                                    solchen Menschenfreunden fuͤr ihre Humanitaͤt schuldig ist,
                                    wird jeder Leser mit uns fuͤhlen. A. d. Ue. Die Wagen sind sehr niedrig und sehr bequem, um die Schieferplatten auf
                              kleine Streken zu fahren: sie sind mehr Truhen als Wagen.Es befremdet uns, daß bei der in den neueren Zeiten in England so allgemein
                                    anerkannten Wohlthat hoher Raͤder Hr. Hebert hier nicht bemerkt hat, daß, wenn auch die Raͤder 6
                                    Fuß hoch sind, die Bruͤke doch so niedrig an denselben
                                    gehaͤngt werden kann, daß man die schwersten Lasten leicht auf
                                    denselben aufzuladen und von denselben abzuladen im Stande ist. A. d.
                                    Ue.