| Titel: | Beschreibung eines neuerfundenen Reflectors zu geometrischem und astronomischem Gebrauche, von D. Dietrich, Pastor in Hohenlohe bei Leipzig und Mitglied der ökonomischen und theologischen Societäten zu Leipzig. | 
| Autor: | D. Dietrich | 
| Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. XCVII., S. 409 | 
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                        XCVII.
                        Beschreibung eines neuerfundenen Reflectors zu
                           geometrischem und astronomischem Gebrauche, von D. Dietrich, Pastor in Hohenlohe bei Leipzig und
                           Mitglied der oͤkonomischen und theologischen Societaͤten zu
                           Leipzig.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IX.
                        Dietrich, Beschreibung eines neuerfundenen Reflectors.
                        
                     
                        
                           Das von mir erfundene Instrument ist ein Winkelmesser, und zwar ein Spiegelhalbkreis,
                              zu geometrischem Gebrauche im Kleinen. Seine Gestalt und seine mir am
                              zwekmaͤßigsten scheinende, natuͤrliche Groͤße ist in den Figuren 1 und
                              2.
                              dargestellt.
                           In ersterer ist es gezeichnet wie es von oben herab erscheint, d.h. wenn man auf
                              seine obere Flaͤche sieht, in lezterer sieht man sein Profil. Sein
                              Koͤrper besteht aus einer Platte, entweder von Messing, oder auch von gutem,
                              vor den Wirkungen der Feuchtigkeit moͤglichst gesichertem Holze von etwa 3/4
                              Zoll Staͤrke. (Ist sie von Messing, so kann sie natuͤrlich weit
                              schwaͤcher seyn.) A und B sind zwei Planspiegel, welche mit der Platte unter einem gewissen Winkel
                              liegen, dessen Grade willkuͤrlich sind, jedoch nicht wohl unter 30 und nicht
                              uͤber 45 seyn duͤrfen. Der obere Spiegel, welcher auf einem etwas
                              gekruͤmmten, aber festem Halse ruht, geht in einem Charnier, und kann
                              vermittelst der Stellschraube d etwas auf- und
                              abgestellt werden. Warum? wird sich weiter unten zeigen. Der untere Spiegel liegt
                              auf der mit der Alhidade verbundenen Nuß fest auf, und bewegt sich mit derselben in
                              einem Halbkreise, auf der Flaͤche der Platte. Sein Wendungspunkt ist genau in
                              der Mitte seines obern Randes, bei c. Ein Faden, der bei
                              der Operation sein eignes Bild im Spiegel deken, und zugleich den visirten
                              Gegenstand durchschneiden muß, sichert die Genauigkeit der Operation. Will man das
                              Instrument gebrauchen, und den Winkel bestimmen, den zwei Gegenstaͤnde M und N von einem gewissen
                              Standpunkte c aus mit einander machen, so nehme man es
                              vor sich in die eine Hand, so daß die Spiegel nach dem Gegenstande N gerichtet sind. Nun stelle man den Zeiger auf den
                              Nullpunkt des Gradbogens, wo man N sodann als terminum a quo genommen, von dem Faden durchschnitten
                              in beiden Spiegeln zugleich erbliken wird.
                              Vermittelst einer kleinen Wendung des Instruments nach unten kann man den Gegenstand
                              bis an den obern Rand des untern Spiegels unter den Faden bringen, und vermoͤge der
                              Stellschraube am obern Spiegel laͤßt sich das Bild des Gegenstandes an den untern Rand des obern Spiegels
                              ziehen, so daß die Bilder ganz nahe an einander kommen. Dieses Zusammenruͤken
                              der Bilder ist wegen der Genauigkeit der Messung unumgaͤnglich
                              noͤthig. – Die Richtung des Auges auf die Spiegel muß immer so seyn,
                              daß der Faden sein eignes Bild im Spiegel dekt, indem die Bilder der
                              Gegenstaͤnde sich beruͤhren. Man wende dann den Zeiger mit dem untern
                              Spiegel bis das zweite Bild M von demselben ergriffen
                              wird und sich an dessen obern Rand unmittelbar unter N,
                              welches am untern Rande des obern Spiegels gehalten werden muß, darstellt. Ist die
                              Stellung so, so macht der Zeiger auf dem Gradbogen den Winkel, welchen M mit N von c ausmacht.
                           Der Gebrauch dieses Instruments bedarf nur einer kleinen Uebung von einigen Stunden;
                              (eine Erfahrung, die ich sogar an einem 14jaͤhrigen Knaben gemacht habe.) Die
                              Ursachen, warum ich die Erfindung dieses Instruments publicire, liegen in einigen
                              Vortheilen, welche es mir vor dem englischen Spiegelsextanten zu haben scheint. Mit
                              ihm hat es den gemeinschaftlichen Vortheil, ohne Stativ in jeder Linie und
                              Flaͤche messen zu koͤnnen; aber in Folgendem uͤbertrifft es
                              denselben:
                           1) Ist es weit einfacher und auch kleiner als dieser. Die vielen Theile, aus denen
                              derselbe zusammengesezt ist; die Menge Stifte und Schrauben, welche er
                              enthaͤlt, machen die Moͤglichkeit der Verlezung groͤßer, und
                              die Gefahr der Beschaͤdigung durch einen Fall oder Stoß bedeutender, so wie
                              die Reparaturen kostspieliger, als bei meinem Reflector, welcher nur aus wenigen
                              Theilen besteht.
                           2) Die Kleinheit des Instruments macht dasselbe sehr tragbar. Von dem Umfange, in
                              welchem es verzeichnet ist, hat es fast in einer Roktasche Plaz, und kann doch
                              beinahe durch Huͤlfe eines Nonius, Winkel von 5 Minuten messen.
                           3) Es ist weit wohlfeiler als ein Spiegelsextant: der kleinste derselben, den ich in
                              Leipzig fand, und der nur ein hoͤlzernes Geruͤst und einen beinernen
                              Gradbogen hatte, wurde 20 Rthlr. geboten. Ich getraue mir meinen Reflector, wenn man
                              nicht viel Pracht an seinem Aeußern verlangt, fuͤr das Viertel obigen Preises
                              zu liefern, und kann uͤberhaupt seinen Preis zu dem des Spiegelsextanten caeteris paribus wie 1 zu 4 sezen. Hierdurch eignet sich
                              dieß Instrument vorzuͤglich fuͤr aͤrmere Eleven in
                              Forst-, Militaͤr- und aͤhnlichen Instituten, welche
                              nicht im Stande sind, sich einen theuern Meßapparat anzuschaffen, und sich doch in
                              der Praxis der Meßkunst uͤben wollen.
                           4) Man kann mit ihm fast den ganzen Halbkreis messen, also 60° mehr als mit
                              einem Sextanten; ein Vortheil, welcher deßwegen sehr bedeutend ist, weil mit jeder
                              einzelnen Messung die Gefahr eines Irrthums sich erneuert.
                           
                           5) Die Gegenstaͤnde in seinen Spiegeln erscheinen caeteris paribus heller, und die Orientirung ist leichter als beim
                              Sextanten. Jenes deßwegen, weil hier die Brechung der Lichtstrahlen nur einfach ist,
                              wo im Sextanten das Objectivbild des groͤßern Spiegels zwei Mal reflectirt
                              wird – dieses deßwegen, weil ungeachtet der Kleinheit des Instruments die
                              Spiegel doch groͤßer als beim Sextanten seyn koͤnnen.
                           6) bringt man parallel mit der Linie, die zwischen dem Nullpunkte des Gradbogens und
                              dem Wendungspunkte des untern Spiegels liegt, in der Platte eine Nivellirlibelle an,
                              und stellt das in diesem Falle an einem festen Koͤrper angehaltene Instrument
                              so, daß der Faden horizontal steht, so hat man an demselben ein Nivellirinstrument,
                              mit dem man durch Wendung des obern Spiegels sogleich, wenigstens einen Viertelkreis
                              nivelliren kann; indem alle in denselben liegende Punkte, welche von dem Faden
                              gedekt werden, à niveau mit einander stehen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
