| Titel: | Allgemeine Betrachtungen über Dampfmaschinen mit umdrehender Bewegung. Von T. Bakewell. | 
| Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. XCIX., S. 416 | 
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                        XCIX.
                        Allgemeine Betrachtungen uͤber
                           Dampfmaschinen mit umdrehender Bewegung. Von T. Bakewell.
                        Aus dem Journal of the Franklin Institution.
                              Maͤrz 1829. S. 179. im Bulletin d. Scienc. technol. N. 8. S.
                              348.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. IX.
                        Bakewell, allgemeine Betrachtungen uͤber Dampfmaschinen mit
                           umdrehender Bewegung.
                        
                     
                        
                           Die Versuche, welche man bisher gemacht hat, um die Leistungen einer Dampfmaschine
                              mit umdrehender Bewegung mit jenen einer Dampfmaschine mit abwechselnder Bewegung zu
                              vergleichen, gaben so wenig Uebereinstimmung in ihren Resultaten, daß wir glauben
                              unseren Lesern hieruͤber folgende Beobachtungen mittheilen zu
                              muͤssen.
                           Es ist als Naturgesez erwiesen, daß die Intensitaͤt einer groͤßeren
                              Kraft durch die Geschwindigkeit einer kleineren Kraft ersezt werden kann; daß, z.B.,
                              eine Kraft von zwei Pfund, die Einen Fuß durchlaͤuft, eine mechanische
                              Leistung hervorbringt, die einer Kraft von Einem Pfund gleich ist, welche zwei Fuß
                              durchlaͤuft. Mit anderen Worten folgt aus diesem Geseze, daß die mechanische
                              Leistung irgend einer Kraft sich wie der in einer gegebenen Zeit durchlaufene oder
                              beschriebene Raum verhaͤlt, dieser Raum mag durch eine gerade oder durch eine
                              krumme Linie ausgedruͤkt werden.
                           Wenn man ein Gewicht von zwei Pfund an jedem Ende eines Wagebalkens oder eines Hebels
                              erster Art in gleicher Entfernung von dem Stuͤzpunkte aufhaͤngt; so
                              wird dieser Hebel im Gleichgewichte seyn, und der Druk auf den Stuͤzpunkt ist
                              gleich einem Druke der beiden vereinigten Gewichte, d.h., einem Druke von vier
                              Pfund.
                           Wenn man an die Stelle des einen dieser beiden Gewichte von zwei Pfund ein Gewicht
                              von Einem Pfunde, aber in doppelter Entfernung vom Stuͤzpunkte,
                              haͤngt, wird der Hebel auch noch im Gleichgewichte bleiben; der Druk auf den
                              Stuͤzpunkt wird aber nur drei Pfund seyn.
                           Kein Raͤsonnement à priori kann
                              erklaͤren, warum hier ein Gewicht von zwei Pfund auf der einen Seite des
                              Stuͤzpunktes durch ein Gewicht voll Einem Pfund auf der anderen Seite des
                              Stuͤzpunktes, aber in einer groͤßeren Entfernung angebracht, im
                              Gleichgewichte seyn kann. Es ist nur ein Gewicht von Einem Pfunde, welches, von oben nach
                              abwaͤrts, auf den Stuͤzpunkt den Druk von Einem Pfunde
                              hervorbringt.Hieruͤber ließe sich manches sagen. Vergl. Archimed I. B. 1. S.
                              
                           Ein Pfund kann also nur in Hinsicht auf Bewegung zwei
                              Pfunden gleich seyn, und es geschieht nur durch den groͤßeren Raum, welchen
                              es durchlaͤuft, daß es mit dem Gewichte von zwei Pfund im Gleichgewichte seyn
                              kann, nach dem oben angefuͤhrten Geseze.
                           Man muß also annehmen, daß die Bewegung nur durch den Ueberschuß des Gewichtes von
                              zwei Pfund uͤber das Gewicht von Einem Pfund hervorgebracht werden kann; daß
                              aber zugleich durch dieselbe Bewegung eine Ersaz-Eigenschaft (compensating propriety
                                 propriété compensatrice) hervorgerufen wird, und daß folglich
                              die beiden ungleichen Gewichte im Gleichgewichte sind, und in Ruhe bleiben.
                           Dieser Lehrsaz wird wahrscheinlich klaͤrer und bestimmter werden, wenn wir
                              sagen, daß die erzeugte Bewegung und der durch dieselbe entstehende Ersaz
                              gleichzeitig sind, so wie es in anderen Faͤllen die ersezenden Eigenschaften
                              der Wirkung und Gegenwirkung sind.
                           Es ist schwer zu denken, daß die Ursache (action) nicht
                              vor der Wirkung (reaction) vorhanden ist, und doch ist
                              dieß der Fall. Und dieser Fall ist dem Falle des Hebels, der zwei ungleiche Gewichte
                              traͤgt, vollkommen analog.
                           Was das Verhaͤltniß betrifft, in welchem die Geschwindigkeit die Kraft ersezt,
                              so wird man, obschon man sieht, daß eine doppelte Geschwindigkeit einer Kraft eine
                              doppelte Wirkung hervorbringt, den Grundsaͤzen der Wissenschaft keine Gewalt
                              anthun, wenn man ein anderes Verhaͤltniß annimmt; es ist keine mathematische
                              Nothwendigkeit vorhanden, warum dieses Gesez vielmehr dieses Verhaͤltniß als
                              ein anderes fordern sollte.
                           Unter mathematischer Nothwendigkeit verstehe ich eine Nothwendigkeit derjenigen Art,
                              nach welcher der Durchmesser eines Kreises immer in demselben Verhaͤltnisse
                              zu seinem Umfange steht, obschon es uns durchaus unmoͤglich ist, dieses
                              Verhaͤltniß anders, als durch Linien auszudruͤken.
                           Theoretiker und Praktiker haben uͤber die Maschine mit umdrehender Bewegung
                              und uͤber die Kurbelbewegung mehr Widerspruͤche aufgestellt, als
                              uͤber irgend einen anderen Gegenstand. So schaukeln auch diejenigen, die an
                              ein Perpetuum mobile glauben, sich mit der Hoffnung, Kraft zu gewinnen, wenn sie dieselbe auf eine besondere
                              Weise, mittelst eines besonderen Mechanismus anwenden, waͤhrend sie doch
                              behaupten, daß Verlust an Kraft State hat (abgesehen von aller Reibung), wenn
                              eine geradlinige abwechselnde Bewegung in eine umdrehende verwandelt wird. Folgende
                              Bemerkungen uͤber Bewegung scheinen uns manche Irrthuͤmer und
                              Streitigkeiten beseitigen zu koͤnnen, wenn man die Folgen aus denselben eben
                              so frei zugibt, als man die Wahrheit derselben allgemein anerkennt.
                           Fig. 5. stellt
                              einen Kreis vor, der das Innere eines kreisfoͤrmigen Ringes darstellt, in
                              welchem der Staͤmpel einer Maschine mit umdrehender Bewegung sich bewegt. Die
                              Linie ab stellt einen Cylinder dar, dessen
                              Staͤmpel gleiche Oberflaͤche mit dem vorigen hat, und dessen Lauf
                              gleich ist dem inneren Durchmesser des kreisfoͤrmigen Ringes.
                           Waͤhrend der Zeit also, als der Staͤmpel in der Maschine mit
                              umdrehender Bewegung einen vollkommenen Umlauf in dem Kreise von a bis a gemacht hat, wird
                              der Staͤmpel des Cylinders von a bis b herabgestiegen seyn, und wieder von b bis a hinauf.
                           Die von den beiden Staͤmpeln durchlaufenen Raͤume werden sich also
                              verhalten wie der Umfang des Kreises zu dem doppelten Durchmesser desselben, und
                              folglich wird die mechanische Leitung, so wie der Dampfverbrauch, in beiden
                              Maschinen sich verhalten, wie 3,142 zu 2.
                           Man mag was immer fuͤr eine Rechnungsmethode mit allen Kuͤnsten der
                              Arithmetik und der Algebra anwenden, man wird nie ein anderes Resultat erhalten. Es
                              wird nicht uͤberfluͤssig seyn hier zu bemerken, daß der Mittelpunkt
                              des Schlages des Staͤmpels in der Maschine mit umdrehender Bewegung, oder der
                              Punkt dieses Staͤmpels, an dessen beiden Seiten der Dampf gleiche Leistung
                              hervorbringt, nicht in der Mitte der Laͤnge des Staͤmpels liegt,
                              sondern in einem weiter vom Mittelpunkte entlegenen Punkte, wo der Umfang, welchen
                              dieser Punkt beschreiben wuͤrde, den großen Kreis in zwei Theile theilen
                              wuͤrde, deren Oberflaͤchen vollkommen aͤquivalent sind.
                           Wenn dieß nicht der Fall waͤre, so waͤren die hervorgebrachten
                              Leistungen nicht, wie wir annahmen, im Verhaͤltnisse der angewendeten
                              Dampfmenge.
                           Hr. Hammer ist im Franklin
                                 Journal, December 1829, in einen gewoͤhnlichen Fehler gefallen,
                              indem er annimmt, daß wenn die gekruͤmmte Achse der Maschine mit
                              abwechselnder Bewegung einen Winkel von 45° mit der angewendeten Kraft
                              bildet, der mechanische Vortheil oder der Hebelarm nur die Haͤlfte des Maximums der Leistung ist, die dann Statt hat, wann die
                              gekruͤmmte Achse einen rechten Winkel bildet.
                           Die wahre Laͤnge eines Hebelarmes wird immer durch die auf die Richtung der
                              Kraft senkrechte Linie gemessen, die von dem Stuͤzpunkte bis zum
                              Durchschnittspunkte mit dieser Richtung gezogen wird. Wenn also die gekruͤmmte Achse
                              einem Winkel von 30° mit der Richtung der Kraft bildet, wie z.B. in e, so ist die mechanische Leistung die Haͤlfte
                              des Maximums, da co = der Haͤlfte von do. Wenn man dasselbe Raͤsonnement auf die
                              ganze Laͤnge des Viertelkreises db
                              anwendet, die von der gekruͤmmten Achse durchlaufen wird, waͤhrend der
                              Staͤmpel von o bis b
                              niedersteigt, so wird man eine geringere Leistung an der Maschine mit abwechselnder
                              Bewegung im Vergleiche mit jener mit umdrehender Bewegung wahrnehmen. Die beiden
                              Leistungen werden sich verhalten, wie der halbe Durchmesser ab zum Bogen db,
                              oder, wie wir oben sagten, wie 2 : 3,142. Aus obigen Bemerkungen, wenn sie
                              gegruͤndet sind, folgt, daß nach der Theorie die Maschine mit umdrehender
                              Bewegung keinen Ueberschuß oder keine Vermehrung der Kraft vor der anderen voraus
                              hat, und man weiß; daß sie in der Praxis unendliche Schwierigkeiten darbietet. Die
                              geringere Leistung der Maschine mit abwechselnder Bewegung wird durch eben so viel
                              Ersparung im Verbrauche des Dampfes ersezt, so daß, um dieselbe Kraft zu erzeugen,
                              nur der Cylinder um so viel vergroͤßert werden darf, daß der Hohlraum
                              desselben die Haͤlfte des Hohlraumes des Cylinders der Maschine mit
                              umdrehender Bewegung betraͤgt. Der behauptete Verlust an Kraft bei der
                              Maschine mit abwechselnder Bewegung ist nur eine Unachtsamkeit, die bloß bemerkt zu
                              werden verdient, um ihr alle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
                           Die beste Maschine mit umdrehender Bewegung, die ich gesehen habe, ist jene, die Hr.
                              Rutter zu Cincinnati erbaute, und die auf einem
                              kleinen Dampfbothe allgewendet wird. Der Grundsaz der Ausdehnung des Dampfes wurde
                              bei derselben in eben dem Grade angewendet, wie bei den Maschinen mit abwechselnder
                              Bewegung und mit hohem Druke. Die Schwierigkeit, die sich hier zeigte, die
                              Entweichung des Dampfes zu verhindern, und die Maschine gehoͤrig arbeiten zu
                              lassen, veranlaßten den Austausch derselben mit einer gewoͤhnlichen Maschine,
                              an welcher der Grundsaz der Expansion in demselben Grade angewendet wurde, ohne daß
                              man deßwegen den Kessel zu aͤndern noͤthig hatte. Die Folge hiervon
                              war, daß, bei gleichem Kohlenverbrauche, das Dampfboth jezt 8 engl. Meilen in Einer
                              Stunde lief, waͤhrend es ehevor mit der Maschine mit umdrehender Bewegung nur
                              7 1/2 engl. Meilen zuruͤklegte.
                           Man hat oft behauptet, daß, wenn man eine Maschine mit zwei Cylindern und zwei
                              gekruͤmmten unter einem rechten Winkel verbundenen Achsen anwendet, dieselbe
                              Kraft auf die gemeinschaftliche Achse bei jedem Punkte der Umdrehung wirkt. Ein Blik
                              auf Figur 5.
                              wird die Unrichtigkeit dieser Behauptung zeigen.
                           Es seyen a und d die beiden
                              unter einem rechten Winkel gekruͤmmten Achsen; a, in der Richtung der
                              Kraft gelegen, wird keine Wirkung aͤußern; d, als
                              senkrecht auf die Wirkung der Kraft, wird das Maximum
                              seiner Leistung durch die groͤßte Laͤnge des Hebels do ausgedruͤkt haben. Wir wollen diese
                              Leistung = 100 ersezen.
                           Wir wollen nun sezen die beiden gekruͤmmten Achsen befinden sich in den
                              respectiven Lagen f und g: g
                              gehe von oben nach abwaͤrts, und f von unten nach
                              aufwaͤrts; jede derselben wird durch eine Kraft bewegt werden, welche durch
                              die Linien oi und ok ausgedruͤkt wird, oder die sich zu der, welche vorher auf den
                              Hebelarm od wirkte, wie 70 : 100 verhaͤlt.
                              Die beiden Kraͤfte, die auf die zwei Hebelarme, f
                              und g, wirken, werden also jede gleich 70, und beide
                              zusammen 140 seyn, und mit dieser vereinten Kraft die Achse drehen.
                           Wenn, um die zu große Leistung, welche in diesem Falle Statt hat, zu vermindern, man
                              die beiden gekruͤmmten Achsen einander naͤherte, so daß sie einen
                              kleineren Winkel, als einen rechten, bildeten, so wuͤrden dann Faͤlle
                              eintreten, wo die Leistung 140 um Vieles uͤbertroffen wuͤrde. Dieß
                              geschaͤhe z.B. in der Lage l und h, wo die Gewalt, mit welcher die beiden Kraͤfte,
                              die auf die Hebelarme l und h angebracht sind, wirken, jede durch die Linie om ausgedrukt ist, die wir gleich 80 sezen, was
                              eine Gesammtleistung von 160 geben wuͤrde. So waͤren demnach die
                              aͤußersten Unterschiede, welche die nach und nach auf die gekuͤmmten
                              Achsen angebrachten Kraͤfte hervorbringen koͤnnen, im
                              Verhaͤltnisse wie 140: 100, oder, unter der angenommenen Voraussezung, 40; in
                              allen uͤbrigen Faͤllen, wo diese Achsen einen anderen, als einen
                              rechten Winkel bilden, wuͤrden sie noch groͤßer seyn.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
