| Titel: | Ueber die Wiener Mantelöfen. | 
| Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. C., S. 420 | 
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                        C.
                        Ueber die Wiener Manteloͤfen.
                        Auszug eines Schreibens aus Wien, dd. 4. Febr.
                           1830.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IX.
                        Ueber die Wiener Manteloͤfen.
                        
                     
                        
                           Sie werden mir verzeihen, wenn ich Sie mit der Frage behellige, ob Ihnen die Art von
                              Oefen, wovon ich die Ehre habe Ihnen hier die noͤthigen Zeichnungen
                              beizulegen, bekannt sind: ich habe wenigstens auf einer Reise durch das
                              suͤdliche, westliche und noͤrdliche Deutschland, die ich vor zwei
                              Jahren unternahm, keinen solchen Ofen gesehen. Ich fand fast uͤberall nur
                              ungeheuere Kacheloͤfen, die nicht bloß Holz, sondern Waͤlder fressen; hier und da die gewoͤhnlichen Oefen aus
                              Gußeisen, die nur deßwegen Holz sparen, weil weniger Holz in dieselben hineingeht;
                              nur aͤußerst selten aber einen pyrotechnisch gebauten Ofen: die Luftheizung,
                              die alte classische Luftheizung, die sogar die Zerstoͤrer der classischen Welt, die
                              Moͤnche, in ihren Zellen noch ehrten, fand ich noch weit seltener.
                           Da das Holz bei uns beinahe noch ein Mal so theuer ist, als bei Ihnen, theils weil
                              wir, fruͤherer schlechter Forstwirthschaft wegen,
                              verhaͤltnißmaͤßig weniger Waͤlder haben, theils weil unsere
                              Fabriken, die durch das Prohibitivsystem so bluͤhend geworden sind, mehr Holz
                              brauchen; so dachten wir auch fruͤher auf Sparen des kostbaren
                              Brennmateriales, auf Sparherde, Sparoͤfen etc.; wir spalten das Holz, das ich
                              bei Ihnen in ganzen Scheitern muthwillig verbrennen sah, in kleine Stuͤke von
                              der Dike eines Daumens, und ich sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß eine
                              Familie aus der mittleren Classe zu Wien nicht den dritten Theil des Holzes braucht,
                              das bei Ihnen unter gleichen Umstaͤnden, ich moͤchte sagen muthwillig,
                              verbrannt wird. Es ist zwar gewoͤhnlich und natuͤrlich, daß der
                              Verkaͤufer mit seiner Waare weniger sorgfaͤltig umgeht, als der
                              Kaͤufer, und dieß laͤßt sich auch verzeihen, wenn es mit Fabrikwaaren
                              geschieht, die man in 24 Stunden zentnerweise liefern kann: wenn dieß aber mit einer
                              Waare geschieht, die kein Fabrikant fertigen kann, mit einer Waare, zu deren
                              Erzeugung der groͤßte aller Fabrikanten, der liebe Gott selbst, 60 bis 100
                              Jahre lang braucht, bis er sie in brauchbaren Stand bringt, so duͤrfen die
                              Kaͤufer dieser Waare die Verkaͤufer erinnern, mit dieser Gottesgabe
                              nicht so zu verfahren, wie der Weber mit seinen Lumpen verfahren darf, aus welchen
                              am Ende noch Rothschild'sche Loose, Warschauer Loose, und der Himmel weiß was
                              fuͤr Repraͤsentanten fuͤr Gold und Silber und Platinna werden
                              koͤnnen. Das Holz repraͤsentirt sich nicht so leicht wieder in der
                              besten Welt; um Torf und Steinkohlen als Repraͤsentanten desselben brauchen
                              zu koͤnnen, braucht man nicht bloß mehr Kenntnisse und Geschiklichkeit und
                              Erfahrung, als wir bisher sowohl in der Gewinnung, als in der Benuͤzung und
                              Anwendung dieser Repraͤsentanten noch nicht besizen; man braucht auch, wenn
                              wir dieselbe einst mit vielem Kraft- und Zeit-Aufwande erlangt haben
                              werden, mehr Geld, als wir bis dahin, wo wahrscheinlich alles Metall in Papier, und
                              in Kaͤufe und Verkaͤufe, nicht auf Monate und Vierteljahre, sondern
                              auf halbe und ganze Jahrhunderte, verwandelt seyn wird, nicht mehr besizen
                              werden.
                           Wir koͤnnen uns zwar damit troͤsten, daß das suͤdliche
                              Deutschland durch seinen Mauthvertrag mit dem noͤrdlichen nie zu großen und
                              vielen Fabriken gelangen wird; die Industrie des preußischen Staates ist durch das
                              fruͤhere weise Verbotsystem und durch die Rheinprovinzen schnell zu einer
                              Riesinn emporgewachsen, die ihre Schwester im suͤdlichen Deutschland, die
                              noch in Windeln liegt, selbst durch ihre Liebkosungen nur zu leicht erstiken und
                              erdruͤken kann; wir koͤnnen sicher seyn, daß die Fabriken an der Iller, am Lech,
                              an der Isar, am Inn und an der oberen Donau uns das Holz nicht vertheuern werden;
                              wir werden es aber endlich um keinen Preis mehr haben koͤnnen, wenn die
                              Forstverwuͤstung in den Oefen in Bayern und in dem oͤstlichen
                              angranzenden Wuͤrtemberg noch lang so fortwaͤhrt. Wir werden indessen
                              nicht die einzigen seyn, die dabei verlieren; denn, waͤhrend wir das Holz
                              theuerer bezahlen, waͤhrend wir weniger davon kaufen, werden ihre lieben
                              Landsleute weniger Geld dafuͤr erhalten; und wenn endlich gar kein Holz mehr
                              auf der Donau herabschwimmt, wird kein Geld mehr dafuͤr uͤber den Inn
                              hinausgehen. Der Holzverkaͤufer muß mit seiner Waare so gut sparen, wie der
                              Kaͤufer.
                           Ich sende Ihnen Beschreibung und Abbildung des Ofens, der jezt bereits in vielen
                              Haͤusern der verstaͤndigeren Mittelclasse zu Wien gebraucht, und, ich
                              darf sagen, taͤglich mehr verbreitet wird, nicht als ob derselbe ein
                              Meisterstuͤk der Pyrotechnik waͤre, sondern bloß als einen Uebergang
                              von der Barbarei der Kacheloͤfen, die einen Arm voll Holz fordern, um warm zu
                              werden, und aus welchen, wann sie es geworden sind, die groͤßte Hize beim
                              Schornsteine hinauszieht, zu der classischen Beheizung, zur Luftheizung.
                           Die Luftheizung macht zu Wien, Dank den Bemuͤhungen des Hrn. Prof. Meißner, taͤglich mehr Fortschritte. Der
                              kaiserliche Hof selbst ging mit dem guten Beispiele voraus: die kaiserliche Burg
                              wird groͤßten Theils mittelst Luftheizung geheizt. Die Luftheizung ist ferner
                              in den Gebaͤuden vieler kaiserlichen Behoͤrden, mehrerer
                              Wohlthaͤtigkeitsanstalten etc. eingefuͤhrt. Sehr viele große Fabriken,
                              namentlich die großen Zukerraffinerien, bedienen sich der Luftheizung mit dem besten
                              Erfolge. Selbst Mehrere neu gebaute Privathaͤuser, die bloß auf Miethzins
                              gebaut sind, werden mit warmer Luft geheizt, und die Miethlente bezahlen den Zins
                              fuͤr Wohnung und Heizung zugleich. Indessen wird es noch lange Zeit hergehen,
                              bis die Luftheizung so allgemein eingefuͤhrt werden wird, als sie es zu seyn
                              verdient, und bis dieß geschehen seyn wird, scheint der Ofen, den ich Ihnen hier zu
                              schiken die Ehre habe, vielleicht Ihrer Aufmerksamkeit nicht ganz unwerth. Er thut
                              das Gute wenigstens zur Haͤlfte, und wenn er auch, als halbe Maßregel, wie
                              jede halbe Maßregel, an und fuͤr sich schlecht ist, und in dieser Hinsicht
                              dem Zeitalter gleicht, in welchem er auf die Welt kam (dem Zeitalter der Halbheit),
                              so ist er doch besser als etwas zehn Mal Schlechteres.
                           Er waͤrmt besser und schneller als jeder bisher gewoͤhnliche Ofen; er
                              braucht beinahe um die Haͤlfte weniger Holz; er ist so Feuer sicher, wie
                              jeder andere Ofen, und kann leichter, als die gewoͤhnlichen Oefen, gereinigt werden; er
                              kommt wohlfeiler, als jeder gewoͤhnliche Ofen von einer nur etwas eleganten
                              Form, obschon er selbst eleganter ist, weniger Raum einnimmt und eine Art von
                              Moͤbel im Zimmer bildet, dem man jede beliebige Form geben kann. Er kann von
                              außen oder von innen geheizt werden. Er gewaͤhrt ferner den unendlichen
                              Vortheil, daß er, weit entfernt die Luft, wie es bei den gewoͤhnlichen
                              Stubenoͤfen so haͤufig der Fall ist, zu verderben und ungesund zu
                              machen, dieselbe vielmehr reinigt, und immerdar verbessert, immerdar einen
                              gehoͤrigen Luftzug und den unentbehrlichen Luftwechsel unterhalt. Diese
                              Vortheile sind bereits an diesem Ofen durch tausendfaͤltige Erfahrungen
                              erwiesen, und es scheint mir, daß ein Ofen, der zu Wien diese Vortheile
                              gewaͤhrt, dieselben auch zu Augsburg gewaͤhren wird, wenn man ihn
                              daselbst eben so baut.
                           Vielleicht ist kein Winter mehr geeignet, als der gegenwaͤrtige, (der seit
                              einigen 40 Jahren nicht seines gleichen hatte,) verstaͤndige
                              Hausvaͤter auf die Nothwendigkeit besserer Oefen aufmerksam zu machen. Lassen
                              Sie uns die Lehre benuͤzen, die uns dieser kalte Praͤceptor gab, und
                              durch Schaden fuͤr die vielleicht nahe ZukunftIn den 80'ger Jahren folgten zwei sehr strenge Winter kurz auf einander. klug werden.
                           
                        
                           Beschreibung des Wiener Mantelofens.
                           Dieser Ofen besteht, wie Fig. 7. im Durchschnitte
                              von der Vorderseite zeigt, aus zwei Stuͤken, aus dem eigentlichen Ofen B, und aus seinem Mantel A,
                              dessen Umriß in abbf dargestellt ist.
                           Der Mantel A steht von dem Ofen B, je nachdem lezterer groͤßer oder kleiner ist, vier bis sieben
                              Zoll weit ab, wodurch die Weite des Zwischenraumes zwischen beiden, eeee, bestimmt wird, welche uͤbrigens von
                              der Groͤße des Ofens A abhaͤngt. Der
                              Abstand des oberen Endes des Mantels f von dem oberen
                              Ende des Ofens ist beliebig, und richtet sich nach der Hoͤhe des Zimmers.
                           Der Ofen B kann aus Gußeisen oder aus Eisenblech seyn. Er
                              bedarf keiner Eleganz, da man ihn nicht sieht. Man kauft solche Oefen zu Wien
                              zwischen 12 bis 14 fl. C. M.
                           Die Theorie der Heizung dieses Ofens zeigt sich in Fig. 6., wo der Mantel
                              allein von der Vorderseite dargestellt ist. Der Mantel ist, wie die Figur zeigt,
                              unten mit Bogenausschnitten, aaa, versehen, die
                              rings um denselben umherlaufen. Durch diese Ausschnitte, aaa, stroͤmt die Luft in den Zwischenraum
                              zwischen den Ofen B und seinen Mantel A, eeeee, in Fig. 7., ein,
                              erwaͤrmt sich waͤhrend des Durchganges an dem heißen eisernen Ofen B, und tritt oben bei f in Folge ihrer
                              Verduͤnnung durch die Erwaͤrmung aus. So lang nun die Luft in dem
                              Zimmer kaͤlter ist, als die Luft in dem Zwischenraume zwischen dem Ofen B und seinem Mantel A,
                              folglich noch dichter ist, wird sie bei aaa immer
                              neuerdings in den Zwischenraum, eeeee, eintreten,
                              und wieder neuerdings erwaͤrmt bei f austreten,
                              und so die Luft des ganzen Zimmers angenehm erwaͤrmen. Damit dieser
                              Luftwechsel bestaͤndig unterhalten wird, darf in A nicht so stark eingeheizt werden, daß der Mantel B dadurch selbst stark erhizt wird, und reichlich Waͤrme, oder
                              vielmehr Hize, in die benachbarte Luft ausstrahlt; er muß immer nur so warm seyn,
                              daß man gemaͤchlich die Hand an demselben anlegen kann.
                           Dieser Mantel kann nun von gewoͤhnlicher Toͤpferarbeit in beliebiger
                              Form und Farbe, er kann aus Eisen, sogar aus Holz seyn; gebrannter Thon ist aber
                              immer am Besten.
                           Fig. 8. zeigt
                              den Ofen im Durchschnitte von der Seite. MMM ist
                              die Mauer des Zimmers, durch welche, wenn von außen geheizt wird, das
                              Schuͤrloch, c, eintritt, und die
                              Rauchroͤhre d austritt. Leztere ist bei x mit einem genau schließenden Dekel versehen, durch
                              welchen sie mit der groͤßten Leichtigkeit nach Wegnahme desselben gereinigt
                              werden kann.
                           Der Mantel kommt, je nachdem man ihn elegant haben will, auf 20 bis 30 fl. aus
                              Toͤpferarbeit. Es ist uͤberfluͤssig zu sagen, daß, wenn er
                              einmal gesezt ist, er keiner Reparatur mehr bedarf.
                           Wenn man den Ofen von dem Wohnzimmer aus beheizen wollte, muͤßten in
                              demselben, so wie in seinem Mantel, gut schließende Ofenthuͤrchen angebracht
                              seyn.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
