| Titel: | Röhren in Wasserleitungen von der in denselben enthaltenen Luft zu befreien. Von Hrn. Daniel Treadwell, Mechaniker in den Vereinigten Staaten von N. Amerika. | 
| Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. CII., S. 426 | 
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                        CII.
                        Roͤhren in Wasserleitungen von der in
                           denselben enthaltenen Luft zu befreien. Von Hrn. Daniel Treadwell, Mechaniker in den Vereinigten
                           Staaten von N. Amerika.
                        Aus dem Boston Journal of Science, in Gill's technological and
                                 microscop. Repository. Bd. V. N. IV. S. 198.
                        Mit Abbildung auf Tab.
                              IX.
                        Treadwell, Roͤhren in Wasserleitungen von der in denselben
                           enthaltenen Luft zu befreien.
                        
                     
                        
                           Man legte von einer Quelle zu Roxwell nach der Muͤhle an den Wasserwerken am
                              Boston Mill-dam eine bleierne Roͤhre von anderthalb Zoll im
                              Durchmesser, um die Arbeiter an dieser Muͤhle und ihre Familien mit Wasser zu
                              versehen. Das Wasser an der Quelle lag hoͤher als irgend ein Punkt in der
                              Streke, durch welche die Wasserleitung ging. Die ganze Laͤnge der
                              Wasserleitung mochte ungefaͤhr 1000 Klaftern betragen. Die Wasserleitung lief
                              durch einen Salzsumpf, und mußte unter zwei Bachelchen durch, deren jeder
                              ungefaͤhr 12 Fuß tief war. An ihrem Ende stieg sie aus dem Sumpfe in die
                              Ebene der Bai herab, in welcher die Muͤhle steht. Die Roͤhre lag
                              ungefaͤhr drei Fuß tief unter der Oberflaͤche des Salzsumpfes, und
                              oͤffnete sich in einen Behaͤlter an den City-Mills vier Fuß
                              tief unter dem Wasserspiegel der Quelle.
                           Nachdem die Wasserleitung fertig war und geoͤffnet wurde, floß kein Tropfen
                              Wasser aus derselben aus. Da man wohl wußte, daß kein Hinderniß in der Roͤhre
                              lag, so fand man es nicht wenig sonderbar, daß das Wasser durch diese Roͤhre
                              nicht fließen wollte.
                           Die Unternehmer fragten mich, und wuͤnschten Abhuͤlfe. Nachdem ich die
                              Sache untersuchte und Alles genau erwog, fand ich, daß die Luft in dieser
                              Roͤhre sich so gestellt haben mußte, daß sie dem Wasser keinen Durchgang
                              gestartete, und daß die Roͤhre mit Luft verstopft war. Es sey in Fig. 9. AB eine offene, vollkommen wasserdichte
                              Roͤhre mit mehreren senkrechten Biegungen, durch welche Wasser in der
                              Richtung von A nach B
                              ausfließen soll: das Ende a sey in der Hoͤhe ab uͤber die horizontale Linie cd gestellt. Wenn man nun bei a Wasser einlaͤßt, so wird es offenbar die Roͤhre bis e fuͤllen, und alle Luft austreiben, mit welcher
                              die an dem anderen Ende d in die Atmosphaͤre
                              hinaus offene Roͤhre erfuͤllt war. Das Wasser wird aber uͤber
                              die Kruͤmmung e hinaus in einem kleineren Strahle
                              fließen, als der Durchmesser der Roͤhre ist, und die Kruͤmmung bei f fuͤllen, ohne die vorher in dem
                              niedersteigenden Schenkel ef enthaltene Luft
                              gaͤnzlich auszutreiben. Auf diese Weise wird die Luft von e bis k eingesperrt, und
                              kann in keiner Richtung entweichen: sie muͤßte nur unter dem Wasser durch,
                              was, bei ihrer geringeren specifischen Schwere, unmoͤglich ist. Das Wasser,
                              welches fortfaͤhrt uͤber die Biegung e zu
                              fließen, steigt von f nach g; und da es eben so uͤber die Biegung g
                              gelangt, wiederholt sich dasselbe mit der Luft von g bis
                              h, was bei der Biegung e, und von e bis f
                              Statt hatte. Von h wird nun das Wasser bis zu einem
                              Punkte i steigen, wo dann die Summe der senkrechten
                              Hoͤhen der aufsteigenden Saͤulen Ae,
                              fg etc. gleich werden wird der Saͤule
                              ab. Hierbei wuͤrde nun angenommen, daß
                              die Luft nicht elastisch ist und nicht schwer ist, was nicht der Fall ist; vielmehr
                              wird die Luft mehr oder weniger verdichtet werden, naͤmlich nach ihrem
                              Volumen und nach der Hoͤhe der ihr entgegenstrebenden Wassersaͤulen.
                              In Folge dieser Verdichtung wird das Wasser, wie die Figur zeigt, z.B. bis k und m steigen, und, wenn
                              man das Gewicht dieser Saͤulen zu der wirklichen Kraft der Saͤule ab hinzurechnet, so wird das Wasser in der Biegung
                              hn vielleicht bis n steigen. Hier ist dann Gleichgewicht zwischen den entgegenstrebenden
                              Kraͤften, und das Wasser kann nicht mehr weiter fließen. Dieses Gleichgewicht
                              laͤßt sich im Allgemeinen durch die Formel
                           ab + cd = be
                              
                           ausdruͤken, wo a die
                              senkrechte Hoͤhe des Wassers in allen niedersteigenden Schenkeln, b die Dichtigkeit desselben, c die senkrechte Hoͤhe der gesammten eingeschlossenen Luft, d die mittlere Dichtigkeit, und e die senkrechte Hoͤhe aller aufsteigenden Wassersaͤulen
                              ist.
                           Mehrere Schriftsteller uͤber Hydrodynamik haben die Verstopfung in
                              gekruͤmmten Roͤhren, welche durch die in denselben enthaltene Luft
                              entsteht, bemerkt. In den Werken, die ich hieruͤber nachschlagen konnte,
                              betrachten sie aber die Luft als in den hoͤchsten Theilen der Roͤhren
                              sich sammelnd, und dort die Hoͤhlung derselben verstopfend, so daß der
                              Durchzug des Wassers nur vermindert, nicht aber gaͤnzlich verstopft wird, was
                              von meiner Ansicht sehr abweicht. Wer mit diesem Gegenstande bekannt ist, wird sich
                              der Zuͤrcher Maschine zum Heben des Wassers erinnern, die vor vielen Jahren
                              erfunden wurde, und die mittelst einer besonderen Stellung der Luft gegen das Wasser
                              in einer
                              Spiralroͤhre lezteres auf eine der obigen angegebenen Weise aͤhnliche
                              Art hebt.
                           Da diese Roͤhre in ihrem ganzen Verlaufe mehr oder minder gekruͤmmt
                              war, und die beiden Kruͤmmungen, wo sie unter den Baͤchen durchlief,
                              bedeutend waren, so schien es mir gewiß, daß sie zum Theile mit Luft gefuͤllt
                              waren, und daß diese die Ursache war, welche den Ausfluß des Wassers hinderte. Ich
                              machte hier und da kleine Oeffnungen, und die Luft fuhr mit Gewalt heraus; das
                              Wasser floß aber dessen ungeachtet noch nicht aus der Roͤhre aus. Da es
                              unmoͤglich war, uͤberall an dieser Roͤhre zu den Biegungen zu
                              gelangen, ohne daß man sie gaͤnzlich aufgrub, so konnte die Idee, die Luft
                              durch kleine Loͤcher entweichen zu lassen, nicht ausgefuͤhrt werden.
                              Ich brachte daher eine Drukpumpe an dem Ende a an, und
                              sprizte heißes Wasser aus einem Kuͤhlfasse einer benachbarten
                              Brantweinbrennerei ein. Die Drukpumpe war mit einer Klappe versehen, die mit einem
                              Gewichte belastet war, das einer Wassersaͤule von 80 Fuß Hoͤhe gleich
                              wog. Die Oeffnung der Roͤhre in den Wasserbehaͤlter, in welchen das
                              Wasser geleitet werden sollte, wurde verengt, so daß es daselbst, nachdem es langsam
                              durch die Roͤhre ging, ausgeleert werden konnte. Man waͤhlte warmes
                              luftleeres Wasser, um die Luft, die mit demselben unter einem starken Druke in
                              Beruͤhrung kam, von diesem einsaugen zu lassen. Das Pumpen mit der Drukpumpe
                              wurde zehn Tage lang ununterbrochen fortgesezt, und die Menge heißen Wassers, die
                              man einpumpte, war beilaͤufig zwanzig Hogsheads.Ein Hogshead ist 62 Gallons; Ein Gallon = 40 Pfd. Wasser. A. d. Ue. Nun ward die Pumpe abgenommen, und die Roͤhre mit der Quelle in
                              Verbindung gebracht. Die Oeffnung des anderen Endes in den Behaͤlter wurde
                              nun ganz geoͤffnet, und das Wasser floß jezt in den Behaͤlter aus, und
                              fließt bereits fuͤnf Monate lang ununterbrochen fort. Es ist kein Zweifel,
                              daß viel Luft eingesogen worden seyn mußte, indem im Anfange des Pumpens, so oft man
                              das Gewicht von der Klappe wegnahm, ein ganzer Strom Wassers bei der Oeffnung
                              zuruͤkgeworfen wurde. Die Menge des zuruͤkgeworfenen Wassers war so
                              groß, daß man sie nimmermehr der Elasticitaͤt des Wassers oder des Bleies
                              zuschreiben kann; sie nahm auch taͤglich waͤhrend des Pumpens ab, und
                              zeigte sich beinahe gar nicht mehr, als man die Pumpe abnahm.
                           Hr. Gill erinnert die Leser an Hrn. Cowen's sinnreiche Vorrichtung einen Steinbruch troken zu legen, im II.
                              Bd. S. 129. (Polytechn. Journ. Bd. XXIX. S. 360.) Er sagt, daß er Hrn. Treadwell seit 10 Jahren als einen geschikten Mechaniker
                              kennt, der sich damals
                              ein Patent auf eine verbesserte Drukerpresse geben ließ, in welcher die Schwere des
                              Drukers auf eine sehr zwekmaͤßige Weise zum Druke verwendet wird.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
