| Titel: | Ueber die sphärische Aberration einer Demantlinse. Von Hrn. Andr. Pritchard. Mitgetheilt von C. R. Goring, M. D. | 
| Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. I., S. 1 | 
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                        I.
                        Ueber die sphaͤrische Aberration einer
                           Demantlinse. Von Hrn. Andr.
                              Pritchard. Mitgetheilt von C. R. Goring, M.
                              D.
                        Aus dem Edinburgh Journal of Science. N. S. N. 4.
                              April. 1830. S. 317.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Pritchard, uͤber die sphaͤrische Aberration einer
                           Demantlinse.
                        
                     
                        
                           Da die ausgezeichnete Klarheit und Kraft der Demantlinsen als
                              Vergroͤßerungsglaͤser von dem Publikum noch nicht gehoͤrig
                              gewuͤrdigt zu seyn scheint, was ohne Zweifel von dem Mangel an einfacher
                              Vergleichung mit der sphaͤrischen Aberration am Glase und anderen
                              Koͤrpern von geringerer Brechungskraft gegen das Licht herruͤhrt, so
                              will ich hier auf eine einleuchtende und handgreifliche Weise die wirkliche
                              Longitudinal-Aberration an denselben darzustellen versuchen.Wir haben schon vor 3 Jahren (Polyt. Journ. B. XXV. S. 85.) von den trefflichen Demantlinsen des Hrn. Pritchard Notiz gegeben, zweifeln aber sehr, ob
                                    im suͤdlichen Deutschland auch nur Eine vorhanden ist. Unsere Optiker
                                    haben, so herrliche Mikroskope sie liefern, keinen Apparat zum
                                    Demantschleifen, und unsere Naturhistoriker haben kein Geld, sie aus England
                                    kommen zu lassen: denn heute zu Tage hat der schlechteste Komoͤdiant
                                    mehr Gehalt als der beste Naturhistoriker; und uͤberdieß will man an
                                    einigen Orten vielmehr, daß alles stokblind seyn, oder wenigstens werden
                                    soll. Statt daß es klarer und Heller saͤhe.A. d. Ue.
                              
                           Fig. 18.
                              zeigt einen Durchschnitt zweier Halblinsen: beide sind convex-plan. Die
                              obere, D, ist Demant, und von gleich
                              vergroͤßernder Kraft und Halboͤffnung, wie die untere G, die aus Glas ist.Bei Zeichnung der Figur habe ich die Halbmesser wie 8 zu 3 angenommen, indem
                                    es durch die sorgfaͤltigsten Versuche erwiesen ist, daß die
                                    Kraͤfte einer Demantlinse und einer Linse aus Tafelglas von gleichem
                                    Halbmesser sich verhalten, wie 8 zu 3. Diese Verhaͤltnisse werden,
                                    nach den verschiedenen Refractiv-Indices der angewendeten Steine,
                                    nothwendig etwas verschieden ausfallen muͤssen. Die Linsen in der
                                    Figur sind, zur Correction der Dike, etwas schief, damit der Brennpunkt F in denselben Punkt faͤllt. A. d. O.
                              F ist der Hauptbrennpunkt an beiden Linsen fuͤr
                              die inneren Strahlen: d und g sind die Brennpunkte fuͤr die aͤußeren Strahlen derselben.
                              Es ist folglich der Raum Fd die
                              Longitudinal-Aberration der Demantlinse, und gF die der Glaslinse. Diese geometrische Darstellung wird, wie ich
                              erwarte, auch fuͤr die Augen eines solchen Lesers deutlich genug seyn, der in
                              der feineren Kunst zu sehen halb blind ist. Ich habe mich indessen noch des Werkes
                              des Hrn. Coddington bedienen wollen, um nach einer von ihm S.
                              93. seines Werkes gegebenen Formel die sphaͤrische Aberration zu berechnen.
                              Die Formel ist:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 37, S. 2
                              
                           Wenn wir den Refractiv-Index des Demantes zu 2,5 (µ) als mittleren Durchschnitt annehmen (er steigt bis 2,755), so
                              wird obige Formel, in Zahlen ausgedruͤkt, folgende Gestalt erhalten:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 37, S. 2
                              
                           also beinahe oder fast 3/7 seiner eigenen Dike, waͤhrend es allgemein bekannt ist, daß die Aberration
                              einer Glaslinse von derselben Form und in derselben Lage 7/6 ihrer eigenen Dike betraͤgt. Da aber die Dike einer
                              Demantlinse bedeutend geringer seyn wird, als die einer Glaslinse von derselben
                              Kraft und Oeffnung, so wird es noͤthig dieselben einzeln zu berechnen. Wenn
                              man die in der geometrischen Darstellung gegebenen Verhaͤltnisse annimmt,
                              wird man fuͤr den Demant 255, und fuͤr die Dike des Glases 758 finden.
                              Also 3/7 von 255 wird die Longitudinal-Aberration der Demantlinse seyn, d.h.,
                              108, und 7/6 von 758 die des Glases, d.h., 884; oder, in anderen Worten, der Demant
                              wird nur ungefaͤhr Ein Neuntel der wirklichen
                                 Aberration einer Glaslinse von derselben Kraft und Oeffnung besizen.Man muß bemerken, daß, wenn man dem Demante seine groͤßte Wirkung
                                    geben will, er in eine Meniscus-Linse
                                    ausgeschliffen werden muß, so daß die Halbmesser seiner Oberflaͤchen
                                    sich beinahe wie 2 zu 5 verhalten, wo dann die Aberration stark unter jene
                                    einer plano-convexen Linse reducirt wuͤrde. Siehe Coddington S. 111. A. d. O. Es ist also einleuchtend, daß der Demant seine Vorzuͤge als
                              Vergroͤßerungsglas aus zwei Ursachen erhaͤlt: 1) ist seine
                              sphaͤrische Aberration, durch seine eigene Dike
                                 ausgedruͤkt, bei weitem geringer, als die des Glases; 2) ist diese
                              Dike selbst auch weit geringer, als die einer Glaslinse von derselben Kraft und
                              Oeffnung, und diese beiden Groͤßen sind es, die vereint die wirkliche
                              Aberration ausdruͤken. Man darf ferner auch nicht vergessen, daß die
                              gewaltige Brechkraft des Demantes (welche die Ursache seiner schwachen
                              sphaͤrischen Aberration ist) hier zufaͤllig mit einer
                              Zerstreuungskraft verbunden ist, die gleichfalls geringer ist, als die des Glases;
                              denn staͤnde die Zerstreuungskraft im Demante im Verhaͤltnisse zur
                              Brechkraft, so wuͤrde dadurch so viele Farbe erzeugt worden seyn, daß der
                              Vortheil der schwachen sphaͤrischen Aberration desselben dadurch aufgewogen
                              wuͤrde. Es thut mir Leid, daß ich dem Publikum bisher noch keine vollkommene
                              flach-convexe Demantlinse mittheilen konnte, ich bin aber gegenwaͤrtig
                              auf dem Punkte, diesem Uebel abzuhelfen: der Stein, den ich in der Arbeit habe,
                              verspricht auf der flachen
                              Seite alle Vollkommenheit und zeigt weder Spruͤnge noch Polarisation.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
