| Titel: | Ueber die Reinigung des Themsewassers, wenn es in einem Gefäße ruhig stehen bleibt. Von M. Dr. Bostock, F. R. S. etc. | 
| Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XII., S. 18 | 
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                        XII.
                        Ueber die Reinigung des Themsewassers, wenn es in
                           einem Gefaͤße ruhig stehen bleibt. Von M. Dr. Bostock, F. R. S. etc.
                        Aus dem 2ten Theile der Philosophical Transactions for
                              1829 im Philosophical Magazine and Annals of
                                 Philosophy. April 1830. S. 268.Da wir Bd. XXXVI. S. 275. des
                                 unsterblichen Vauquelin Analyse
                                 
                                 des Seinewassers den deutschen Fabrikanten
                                 mittheilten, und dieser sich auf die Arbeiten seines Collegen Bostock gerade bei dem schwierigsten Theile der
                                 Analyse des Flußwassers, der Bestimmung naͤmlich der Menge und Art der in
                                 dem Wasser vorhandenen organischen Reste bezieht; da wir fruͤher die
                                 Analyse des Themsewassers mittheilten; da sich die, wie es uns schien,
                                 gefaͤhrliche Meinung verbreitet, daß das Flußwasser, wenn es sich durch
                                 sich selbst, d.h., durch Faͤulniß gereinigt hat, der Gesundheit
                                 unschaͤdlich ist: *) so glauben wir auch diesen Aufsaz unseren Lesern
                                 nicht vorenthalten zu duͤrfen. Wir muͤssen jedoch hier bei einem
                                 Worte in der Ueberschrift dieses Aufsazes verweilen, dessen der Hr. Verfasser
                                 sich bediente. Die Ueberschrift lautet naͤmlich: „uͤber spontane (d.h. freiwillige) Reinigung (spontaneous Purification) des Themsewassers.“ Fern sey und bleibe es
                                 von uns, uͤber das, was Philosophen und Theologen uͤber freien
                                 Willen gesprochen und geschrieben haben, entscheiden und den alten Streit
                                 aufwaͤrmen zu wollen; wir unterwerfen uns hieruͤber dem Ausspruche
                                 unserer evangelisch-reformirten Kirche in vollster Hingebung; wir sind
                                 aber, bei dem taͤglich mehr um sich greifenden Mißbrauche, den wir in der
                                 Physik, Chemie, Medicin mit dem Worte spontan,
                                    Spontaneitaͤt treiben sehen, welches durchaus gleichbedeutend
                                 mit freiwillig, willkuͤrlich ist, der Meinung,
                                 daß man sich huͤten muͤsse in die physischen Wissenschaften
                                 (sciences exactes) Woͤrter aus den spekulativen Wissenschaften
                                 uͤberzutragen, uͤber deren Begriff und Object sich selbst
                                 diejenigen zanken, die dieses Wort erfanden und gebrauchen. Mag es nun mit dem
                                 Begriffe und Objecte des Wortes freiwillig, spontan,
                                 im Gebiete der intellectuellen Welt wie immer beschaffen seyn, so ist so viel
                                 gewiß, daß dieses Wort in der materiellen Welt weder einen Begriff gibt, noch
                                 ein Object hat, indem in dieser materiellen Welt alles was ist, nothwendig ist,
                                 und nur so ist, wie es seyn kann, oder vielmehr, wie es in Folge aͤußerer
                                 Einwirkungen seyn muß. Es gibt so wenig eine spontane, d.h., eine freiwillige
                                 Faͤulniß, als es eine freiwillige Gaͤhrung gibt. Zu beiden ist der
                                 Zutritt der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft durchaus nothwendig:
                                 sobald dieselbe von einem Koͤrper abgehalten wird, der an und fuͤr
                                 sich zur Gaͤhrung oder Faͤulniß auch noch so sehr geneigt ist,
                                 wird er nie in Gaͤhrung oder Faͤulniß zu treten vermoͤgen.
                                 Gaͤhrung oder Faͤulniß ist also die notwendige Folge des Zutrittes
                                 der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft zu einem
                                 faͤulniß- oder gaͤhrungsfaͤhigen Koͤrper. Die
                                 Faͤhigkeit der Luft, Gaͤhrung oder Faͤulniß zu erregen, und
                                 die Faͤhigkeit der einer Gaͤhrung oder Faͤulniß
                                 faͤhigen Koͤrper in diese uͤberzugehen, ist wieder nicht
                                 eine in der Willkuͤr der Luft oder dieser lezteren Koͤrper
                                 gelegene Eigenschaft; sondern die nothwendige und unvermeidliche Folge der
                                 Verwandtschaft ihrer lezten Grundbestandtheile, welche Verwandtschaft sich diese
                                 Theile wieder nicht selbst gegeben haben, sondern die nothwendige Folge ihrer
                                 Individualitaͤt sind, ohne welche sie nicht das waͤren, was sie
                                 sind. Man sieht hieraus deutlich, daß, mag das Intellectuelle in dieser Welt,
                                 oder das Spirituelle auch noch so viel Willkuͤr, freien Willen,
                                 Spontaneitaͤt besizen, das Materielle keiner Spontaneitaͤt
                                 faͤhig ist. Spontaneitaͤt der Bewegung etc. ist ein barer Unsinn.
                                 Der Magnet muß, so lang er Magnet ist, das Eisen anziehen; er kann nicht anders;
                                 das Eisen muß, so lang es reines Eisen ist, dem Magnete folgen; es kann nicht
                                 anders. In der materiellen Welt, so weit sie reichen mag, herrscht nur
                                 Nothwendigkeit nach ihren ewig unwandelbaren Gesezen, und das Wort
                                 Spontaneitaͤt hat innerhalb der Graͤnzen derselben weder Sinn noch
                                 Object.A. d. Ue.*) Polyt. Journ. XXXIII. B. S. 409.
                           
                        Bostock, uͤber die Reinigung des Themsewassers.
                        
                     
                        
                           In meinem den k. Commissaͤren im April 1828 uͤbergebenen Berichte
                              uͤber die Analyse des Themsewassers bemerkte ich, daß ich am Ende der Arbeit Themsewasser aus
                              der Gegend der Muͤndung des King's Scholars' Pond
                                 Sewer erhielt, welches aͤußerst unrein, undurchsichtig vor Schlamm,
                              und hoͤchst stinkend war. Als es ungefaͤhr eine Woche lang bei mir
                              gestanden hatte, sezte sich eine bedeutende Menge schwarzes Wasser in demselben zu
                              Boden; das uͤbrige Wasser war indessen noch immer dunkelgefaͤrbt und
                              undurchsichtig, und roch noch so abscheulich, wie Anfangs. Durch Filtriren durch eine einen halben Fuß dike
                              Schichte von Sand und Holzkohle verlor Geruch und Farbe sich nur zum Theile.
                           Dieses Wasser blieb einige Zeit uͤber unbeachtet in meinem Laboratorium
                              stehen. Nach einigen Wochen bemerkte ich, daß eine große Veraͤnderung in dem
                              Aussehen desselben vorgegangen war. Es war viel klarer geworden, und beinahe der
                              ganze Bodensaz hatte sich an die Oberflaͤche hinaufgezogen, wo er eine
                              ziemlich regelmaͤßige Schichte von beinahe der Dike eines halben Zolles
                              bildete. Der Geruch war indessen noch immer aͤußerst widerlich, und
                              vielleicht sogar noch widerlicher als Anfangs. Von dieser Zeit an ging der
                              Reinigungsproceß, der auf diese Weise von freien Stuͤken, wie man sagt (spontaneously) anfing, ununterbrochen acht Wochen lang
                              fort, wo dann das Wasser vollkommen durchsichtig geworden war, keinen unangenehmen
                              Geruch mehr hatte, obschon es noch immer die urspruͤngliche schmuzige Farbe
                              zeigte.
                           Nachdem sich dieser Schaum gebildet hatte, war die naͤchste
                              Veraͤnderung, die ich bemerkte, die Abscheidung desselben in großen Massen
                              oder Floken. An diesen Floken, so wie an dem Schaume selbst, befand sich eine Menge
                              kleiner Luftblasen, welchen sie ohne Zweifel ihre Schwebefaͤhigkeit zu danken
                              hatten. Nach einiger Zeit sezten sich auch diese Massen wieder zu Boden, und ließen
                              die Fluͤssigkeit beinahe vollkommen frei von allen fremdartigen Stoffen. Die
                              Menge Gases, welche sich entwikelte, war unbedeutend, so daß es schwer hielt,
                              einiges zur Untersuchung zu erlangen. Es schien vorzuͤglich aus kohlensaurem
                              Gase zu bestehen, dem etwas geschwefeltes, und vielleicht auch gekohlstofftes
                              Wasserstoffgas beigemengt ist.
                           Als der Reinigungsproceß beinahe vollendet schien, wurde das Wasser durch Papier
                              filtrirt und auf dieselbe Weise, wie das uͤbrige, behandelt. Es war nun
                              vollkommen durchsichtig, ohne Geschmak und Geruch, behielt aber noch immer eine
                              etwas braͤunliche Farbe. Es perlte, wenn man es schuͤttelte oder aus
                              einem Gefaͤße in das andere goß, und wenn man es kochte, so entwich eine
                              Menge Gases aus demselben. Zu gleicher Zeit bildete sich ein duͤnnes
                              Haͤutchen von kohlensaurem Kalke auf der Oberflaͤche desselben, der
                              nach und nach zu Boden fiel. 10,000 Gran desselben ließen durch Abrauchen eine
                              lichtbraune Salzrinde zuruͤk, welche, vollkommen getroknet, 7,6 Gran wogen.
                              Die Pruͤfungsmittel zeigten in diesem Wasser Kalk, Schwefelsaͤure,
                              Kochsalzsaͤure und Bittererde. Es zeigte sich eine Spur von Thonerde und von
                              Kali, aber es konnte weder Ammonium, noch Schwefel, noch Eisen entdekt werden; Kalk,
                              Bittererde, die an Schwefel- und Kochsalzsaͤure gebunden, waren, wie
                              es sich von selbst versteht, in weit groͤßerer Menge vorhanden, als in dem
                              fruͤher analysirten Themsewasser. Wenn wir annehmen, daß die
                              Schwefelsaͤure mit einem Theile Kalk, der uͤbrige Kalk mit
                              Kohlensaͤure, ein Theil der Kochsalzsaͤure mit Bittererde und der Rest
                              derselben mit Soda verbunden ist, wie es im Themsewasser uͤberhaupt der Fall
                              war, so sind die Verhaͤltnisse dieser Salze in 10,000 Gran Wasser wie
                              folgt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 37, S. 20
                              Kohlensaurer Kalk; Gr.; Gran;
                                 Schwefelsaurer do; Kochsalzs. Soda; Salze im Lambethwasser, welches unter Gran
                                 den fruͤher untersuchten Wassern das unreinste war. Bittererde
                              
                           Das Resultat dieser Analyse zeigt, daß, obschon das Wasser durch diesen
                              Reinigungsproceß sich selbst von der großen Menge organischer Stoffe befreite, die
                              es enthielt, und einen Zustand von scheinbarer Reinheit erhielt, wodurch es zu
                              mehreren Zweken hinlaͤnglich brauchbar wird, doch die Menge dieser Salze um
                              das Vierfache vermehrt wurde. Die verhaͤltnißmaͤßig groͤßte
                              Zunahme zeigte sich bei den kochsalzsauren Verbindungen, die hier beinahe
                              zwoͤlf Mal mehr, als in dem gewoͤhnlichen Themsewasser vorkommen.
                              Kohlensaurer Kalk kommt nur zwischen zwei und drei Mal mehr vor, als in dem
                              gewoͤhnlichen Themsewasser, und schwefelsaurer Kalk ist zwischen fuͤnf
                              und sechs Mal mehr vorhanden. Ich kann hier bemerken, daß dieses Wasser, als ich es
                              in seinem unreinen Zustande untersuchte, sehr deutliche Anzeigen sowohl von Schwefel
                              als von Ammonium gab, von welchen beiden nach der Reinigung keine Spur mehr zu
                              entdeken war.
                           Man kann diesen Reinigungsproceß eine Art von Gaͤhrung nennen, d.h., einen
                              Proceß, in welchem ein Koͤrper, ohne irgend einen Zusaz, eine
                              Veraͤnderung in der Anordnung seiner Bestandtheile erleidet, und eine neue
                              Zusammensezung oder Zusammensezungen hervorruft. Die neuen Zusammensezungen waren,
                              in diesem Falle, durchaus gasartig, entwikelten sich, und gingen, bis auf einen
                              Antheil Kohlensaͤure, davon. Die salzigen Koͤrper, die durch diesen
                              Proceß nicht gelitten haben, blieben in der Aufloͤsung; sie ließen die
                              Fluͤssigkeit wohl frei von dem, was man Unreinigkeiten nennt,
                              uͤberluden sie aber so sehr mit erdigen und neutralen Salzen, daß das Wasser
                              aus einem weichen Wasser ein hartes wurde.Die Ausdruͤke hart und weich, die man so oft vom Wasser braucht, sind
                                    offenbar relativ. Wasser, welches fuͤnf Gran salzige Stoffe in Einer
                                    Pinte (1 Pfd.) enthaͤlt, wird aber allgemein als zu hart fuͤr
                                    viele oͤkonomische und industrielle Zweke gehalten. Das in Frage
                                    stehende Wasser hielt 4,36 Gran in del Pinte. A. d. O. (Dem Uebersezer
                                    scheint der Ausdruk „salzige Stoffe“ (saline matter) etwas zu allgemein.)Als Quelle der salzigen Koͤrper koͤnnte man die organischen
                              Koͤrper betrachten, vorzuͤglich diejenigen, welche thierischen
                              Ursprunges sind, und die so haͤufig in der Themse abgesezt werden: und von
                              diesen sind die meisten sowohl Excremente, als Theile verschiedener unzersezter
                              thierischer Koͤrper. Die verschiedenen Arten weicher und leichter
                              aufloͤsbarer thierischer Zusammensezungen wirken als Gaͤhrungsstoff,
                              und werden selbst zerstoͤrt, waͤhrend die Salze, die ihnen beigemengt
                              sind, zuruͤkgelassen werden. Es laͤßt sich demnach begreifen, daß, je
                              unreiner das Wasser ist, desto vollkommener der Reinigungsproceß seyn wird, welcher
                              dadurch entsteht, und wir koͤnnen uns hiernach die allgemein angenommene
                              Meinung erklaͤren, daß das Wasser der Themse vorzuͤglich gut als
                              Mundvorrath auf Schiffen taugt, indem die außerordentliche Menge Unreinigkeit,
                              welche dasselbe enthaͤlt, den Gaͤhrungsproceß hervorruft, und dadurch
                              alle jene Koͤrper entfernt, welche irgend eine neue Veraͤnderung in
                              demselben erzeugen koͤnnten.Es scheint uns, daß es jeden ehrlichen Mann „wie Fieber,
                                       hinuͤber und heruͤber“ ruͤtteln wird,
                                    wenn er hoͤrt, daß das Wasser, mit welchem er Monate lang auf einer
                                    Secreise seinen Durst loͤschen und seine Speisen bereiten soll, erst
                                    durchgefault seyn soll, ehe er sich mit demselben laben kann. Ist es nicht
                                    traurig genug, daß selbst das beste Quellwasser auf Schiffen theils in Folge
                                    der Gefaͤße, in welchen es aufbewahrt wird, theils in Folge der Hize
                                    leiden und ungesund werden muß? Halt man den Menschen in England fuͤr
                                    eine Kroͤte, die von Pfuhlwasser fett werden kann? Ist es ein Wunder,
                                    wenn wir auf Schiffen, zumal auf Transportschiffen, so viele
                                    boͤsartige Krankheiten, vorzuͤglich Ruhren und Nervenfieber,
                                    sich entwikeln und oͤfters mit einer pestartigen Sterblichkeit
                                    wuͤthen sehen, wenn man solches Wasser fuͤr die Mannschaft an
                                    Bord nimmt? Hat man in England so sehr alle Elemente der Medicin vergessen,
                                    daß man die Wichtigkeit des Einflusses des Wassers auf die Gesundheit, als
                                    eines der ersten Beduͤrfnisse des Lebens, nicht mehr einsieht? Es
                                    will beinahe so scheinen, indem man einen Medicinae
                                       Doctor durchgefaultes Wasser fuͤr gesundes Wasser
                                    erklaͤren sieht.A. d. Ue.
                              
                           Die braune Farbe, welche das Wasser nach seiner Reinigung noch behielt,Braune Farbe nach dem Reinigungs-Processe?
                                    kann man Wasser rein nennen, das eine braune
                                    Farbe (brown colour) hat? Es ist doch
                                    unbegreiflich, wie weit man sich von der Wahrheit entfernen, und wie
                                    unverschaͤmt man sich erlauben kann nicht bloß mit Worten und
                                    Begriffen, sondern selbst mit Sachen zu spielen, von welchen Gesundheit und
                                    Leben von Tausenden abhaͤngt! Braunes Wasser, wie Gallapfelaufguß,*)
                                    ist reines Wasser! Und dieser Begriff von reinem
                                       Wasser soll in einem Lande gelten, wo die Reinlichkeit, mit
                                    Ausnahme von Holland, mehr geachtet wird, als in jedem anderen Lande; wo
                                    jeder Mensch, den Bettler ausgenommen, taͤglich seine
                                    Leibeswaͤsche wechselt, und der Bettler, wenn er Mitleid erregen
                                    will, nicht von Hunger, sondern von seiner unreinen Waͤsche spricht!
                                    (No clean linnen! Ich habe kein
                                    neugewaschenes Hemd!) Moͤgen die englischen Minister die Thorheit und
                                    die Raserei selbst noch emancipiren; von der Nothwendigkeit ihrem Volke
                                    reines Trinkwasser zu geben, werden sie sich nie zu emancipiren
                                    vermoͤgen. Wenn London und Paris fortfaͤhrt sich so zu
                                    vergroͤßern, wie in dem lezten Jahrhunderte, und man zugleich
                                    fortfaͤhrt, die unerlaͤßlichen Ruͤksichten auf die
                                    ersten Beduͤrfnisse des Lebens: reine Luft, reines Wasser, freies
                                    Sonnenlicht eben so sehr zu vernachlaͤssigen, wie bisher, so
                                    koͤnnen ein paar Wochen, in welchen Cholera und Typhus an der Stelle
                                    der Minister herrschen werden, diese Staͤdte in menschenleere
                                    Schutthaufen verwandeln. Dieß war das Schiksal so vieler Staͤdte in
                                    Asien und Afrika, deren Ruinen jezt noch einen groͤßeren Umfang
                                    einnehmen, als die gegenwaͤrtigen Gebaͤude von London und
                                    Paris: dieß war ihr Schiksal, als der Geiz ihrer Minister dem Volke Luft und
                                    Wasser und Sonnenlicht versagte; als man die Wasserleitungen verfallen ließ,
                                    die weise Koͤnige ihren Voͤlkern erbauten, und Berge von
                                    Pallaͤsten und Hangenden Gaͤrten erbaute, die den
                                    aͤrmeren Bewohnern Luft und Sonne raubten. Die Hand, die ihr Mane Tekel etc. an die Wand schrieb,
                                    waͤhrend die Minister beim Schmause saßen, hat das Schreiben noch
                                    nicht verlernt, und Sanherib's Wuͤrgengel ist nicht mit ihm zu Grabe
                                    gegangen. Die Sultane sorgen, daß ihre Unterthanen wenigstens reines Wasser
                                    in Fuͤlle bekommen; daß es sogar den Hunden daran nicht fehlen soll;
                                    halten die englischen Minister, da einer derselben (Lord
                                    Castlereagh-Londonderry) das Volk bereits fuͤr einen Haufen
                                    Schweine (the swinish multitude)
                                    erklaͤrte, die Menschen jezt nicht ein Mal mehr den Hunden gleich,
                                    indem jeder Bauer weiß, daß sein Hund an der Kette reines Wasser haben muß,
                                    wenn er gesund bleiben und Haus und Hof bewahren soll, waͤhrend sie
                                    ihr Volk mit braunem Wasser traͤnken zu koͤnnen
                                    waͤhnen? In der Fabel wollte die Kroͤte ein Ochs werden; die
                                    englischen Minister scheinen den John Bull (den Hans Ochs, wie sie das
                                    englische Volk nennen) in Kroͤten verwandeln zu wollen, die sich mit
                                    Pfuhlwasser traͤnken sollen. A. d. Ue.*) Vergl. die unten folgende Note des Originales. A. d. Ue. schien von der Aufloͤsung einer geringen Menge des sogenannten Extractivstoffes
                              abzuhaͤngen, den man in Wasser findet, welches verwesene Pflanzenstoffe
                              enthaͤlt: man findet diesen Stoff fast immer in Teichen oder langsam
                              fließenden Wassern, die das abfallende Laub auffingen. Nach den starken Regen, die
                              im December 1827 fielen, war das Wasser des New-River, mit welchem die
                              Cisterne meines Hauses versehen wird, sehr truͤbe und dunkel gefaͤrbt.
                              Wenn es einige Stunden uͤber stand, sezte eine Menge erdiger Stoffe sich zu
                              Boden, und das Wasser war beinahe durchsichtig; allein die braune Farbe war noch
                              immer in demselben vorhanden.Es ist nicht leicht, einen genauen vergleichenden Maßstab fuͤr die
                                    Schattirung dieser braunen Farbe des Wasser aufzustellen. Ein
                                    Gallapfelaufguß, den man sich dadurch bereitet, daß man gepulverte
                                    Gallaͤpfel in zwanzig Mal so viel Wasser (ihrem Gewichte nach) zehn
                                    Tage lang digerirt, wird, wenn man ihn in der Folge mit eben so viel Wasser
                                    (dem Umfange nach) verduͤnnt, so ziemlich genau die Farbe zeigen, die
                                    das Wasser des New-River in jenem Zustande hatte, als ich dasselbe
                                    untersuchte. A. d. O.
                              
                           Ich fand, daß dieser Faͤrbestoff weder durch Kochen, noch durch Filtriren
                              durch Sand und Holzkohle sich beseitigen ließ, daß aber Alaun und gewisse
                              metallische Salze, vorzuͤglich wenn sie in demselben erhizt wurden, einen
                              Niederschlag bildeten, und das Wasser rein entfaͤrbten. Unter den
                              metallischen Salzen schien schwefelsaures Eisen (Eisenvitriol) am
                              kraͤftigsten zu wirken; ein Tropfen der Aufloͤsung dieses Salzes, mit
                              500 Mal so viel solchen Wassers (dem Umfange nach) gekocht, gab einen flokigen
                              pomeranzenfarbigen Niederschlag, und ließ das Wasser vollkommen farbenlos
                              zuruͤk. Dieselben Resultate erhielt ich auch, nur in einem geringeren Grade,
                              wenn diese Salze dem Themsewasser nach seiner Reinigung zugesezt werden.Sollte dieß vielleicht die Ursache seyn, warum die englischen Baͤker
                                    so haͤufig Alaun, die brabantischen Kupfervitriol zu ihrem Brote
                                    nahmen? Schlaͤgtsich dadurch vielleicht der braune
                                    Faͤrbestoff in dem Wasser, welches bekanntlich sehr braͤunlich
                                    wird, wenn man schlechtes kleienreiches Mehl mit Wasser anruͤhrt, aus
                                    diesem Wasser nieder, und laͤßt dadurch das Wasser im Teige, so wie
                                    das Mehl selbst, ungefaͤrbt zuruͤk? Wir haben nicht
                                    wahrgenommen, daß die franzoͤsischen Chemiker bei ihrem Berichte
                                    diesen umstand beruͤksichtigt haͤtten, und es scheint uns
                                    hierin der wahre Grund der Anwendung des Alaunes und Vitrioles in den
                                    Baͤkereien zu liegen. Die Baͤker wollen ihr schwarzes Mehl
                                    dadurch bleichen und weiß machen: buscar pan de tras
                                       trigo, wie Sancho Pansa deutlich genug sagte, ohne daß Hr. Tieck deßhalb denselben weniger mißverstanden
                                    hatte als seine Vorgaͤnger. A. d. Ue.
                              
                           
                           Der Bodensaz, der durch Filtrirung aus diesem Wasser auf die oben angegebene Weise
                              entfernt wurde, schien eine heterogene Masse aus verschiedenen Substanzen. 9/10
                              ungefaͤhr war Kiesel-Sand. Es kam auch eine schwarze Masse in
                              derselben vor, welche dem ganzen Bodensaze eine dunkelgraue Farbe gab, die sich
                              durch Rothgluͤhhize verlor. Eine Menge feiner Fasern, die feinen thierischen
                              Haaren aͤhnlich sahen, und einige große Fasern, wahrscheinlich
                              vegetabilischen Ursprunges, zeigten sich gleichfalls in diesem Bodensaze, in welchem
                              auch Splitter von Holz, Bruchstuͤke von Steinkohlen, und kleine
                              glaͤnzende Koͤrnchen metallischer Natur, die Schwefelkies zu seyn
                              schienen, vorkamen. Die ganze Masse bestand mit einem Worte aus allen
                              Koͤrpern, die zufaͤllig in die Themse gebracht, und durch den
                              Gaͤhrungsproceß nicht zerstoͤrt wurden. Man muß daher sowohl in
                              Hinsicht auf Menge als Beschaffenheit dieser Koͤrper in jedem Kruge, den man
                              aus der Themse schoͤpft, etwas anderes finden, so daß es
                              uͤberfluͤssig waͤre hieruͤber genauere Untersuchungen
                              anzustellen. In dem gegenwaͤrtigen Falle betrug der Bodensaz, bei einer
                              Temperatur von 200° (F.; + 74 R.) getroknet, ungefaͤhr 9 Gran in
                              10,000 Gran Wasser.