| Titel: | Ueber artesische Salzsoolen und Gasbrunnen in China. Mitgetheilt von Dr. Johann Lhotsky. | 
| Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XXXII., S. 109 | 
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                        XXXII.
                        Ueber artesische Salzsoolen und Gasbrunnen in
                           China. Mitgetheilt von Dr. Johann
                              Lhotsky.
                        Aus Baumgaͤrtner's Journal fuͤr Physik und
                                 Mathematik zur Aufnahme in das unsrige eingesendet.Wir haben zwar dasjenige, was in obigem uns gefaͤlligst eingesendeten
                                 Aufsaze aus dem Missionaire apostolique, Imbert,
                                 entlehnt und in technischer Hinsicht merkwuͤrdig ist, bereits im ersten
                                 Octoberhefte des vorigen Jahres, Bd. XXXIV. S.
                                    72. unseres Polyt. Journales mitgetheilt;
                                 da aber der hier mitgetheilte Aufsaz noch einige Anmerkungen enthaͤlt, so
                                 glaubten wir unseren Lesern mit demselben um so mehr einen Gefallen zu erweisen,
                                 als wir zugleich Gelegenheit haben, sie auf Hrn. Pf. Baumgaͤrtner's treffliches Journal
                                    fuͤr Physik und Mathematik aufmerksam
                                 zu machen, und dem wuͤrdigen Hrn. Redacteur desselben unsere
                                 vollkommenste Hochachtung und Verehrung zu bezeugen. Was die sogenannten
                                 artesischen Brunnen betrifft, so hatten wir im zweiten Hefte S. 323. dieses
                                 Jahres Gelegenheit, des vortrefflichen Prof. Carena
                                 lehrreiches Werk „Serbatoj artificiali etc.“ uͤber diesen wichtigen Gegenstand anzuzeigen, wo in dem Anhange die
                                 Geschichte dieser Brunnen sehr vollstaͤndig behandelt ist, und wir hatten
                                 in den neueren Heften auch noch hier und da Gelegenheit das Neueste in der
                                 Geschichte derselben nachzutragen. Uebrigens wissen unsere Leser so gut, wie
                                 wir, in wiefern der Techniker und Naturhistoriker sich an den „erbaulichen Briefen“ (lettres
                                 édifiantes) und an den Nachrichten der apostolischen Missionare erbauen kann und darf; denn es ist wirklich
                                 erbaulich die Feinheit zu bewundern, mit welcher die Jesuiten im 19ten
                                 Jahrhunderte, wie im 16ten und 17ten, dem europaͤischen christlichen
                                 Publikum Dinge weiß machen, zu deren Annahme sie schwerlich einen Mahomedaner
                                 oder Heiden bekehren werden. Daß die Annales de l'association de la propagation de Foi nicht immer de bonne foi geschrieben sind, und nichts
                                 weniger als uͤberall foi, d.h. Glauben verdienen, wissen unsere Leser auch. Man kann
                                 nicht genug auf seiner Hut seyn, wo man mit Jesuiten und Missionaires apostoliques zu thun hat. Der beste Augenschirm gegen die
                                 Blendlaterne der Apostolischen ist die Lehre des Apostels selbst: „Pruͤfet Alles, und das Gute
                                       behaltet.“
                                 
                           
                        Lhotsky, uͤber artesische Salzsoolen und Gasbrunnen in
                           China.
                        
                     
                        
                           Wenn aus nachfolgendem Berichte die große Verbreitung artesischer Brunnen in China
                              hervorgeht, so wird Dieses vielleicht auch ein naͤheres Licht uͤber
                              die Geschichte ihrer Einfuͤhrung in Europa verbreiten. Denn es ist bekannt,
                              daß diese Art der Brunnengraͤberei zuerst im Jahre 1671 von Dominicus
                              Cassiini in Frankreich angeregt wurde.Recueil industriel. Paris 1827. A. d. O. Da dieses nun auch jene Epoche ist, wo durch Ludwig des XIV.
                              Unterstuͤzung, die Verbindung jenes Landes mit China durch Missionen, und
                              ihre Berichte vorzuͤglich lebhaft war, so koͤnnte es wohl seyn, daß
                              vorgenanntem großen Mathematiker diese Idee durch einen Anklang von dorther
                              suggerirt worden waͤre. Doch blieb es erst der neuesten Zeit vorbehalten,
                              diese so gluͤkliche Idee vollstaͤndig in's Leben einzufuͤhren,
                              denn vor wenig Jahren war man selbst in Frankreich noch der Meinung, daß nur die
                              Gegend um Arras in der ehemaligen Provinz Artois (woher sie auch ihren Namen haben)
                              zur Bohrung der artesischen Brunnen geeignet sey.Quelquefois ces nappes (d'eau) s'établissent sur un lit de
                                       roche,
                                    
                                    même entre deux lits de roche; et dans ce
                                       dernier cas il peut arriver que, descendant d'un lieu beaucoup plus
                                       élevé, et se trouvant remplir complétement
                                       l'intervalle des roches, il ne faille que percer le roche
                                       supérieure pour le faire sortir en jaillissant et arriver
                                       jusqu'à la surface du sol. C'est parceque la plaine d'Arras a une
                                       telle disposition de roches, qu'on peut y creuser ces puits si
                                       célèbres, appellés puits artésien. Encyclop.
                                       method. Paris 1816. Agriculture. Vol. VI. p. 75. A. d. O. Wenn nun aus nachfolgendem Berichte hervorgehen wird, daß diese in China in großer
                              Menge bestehen, so koͤmmt noch dazu, daß sie dort zur Gewinnung von Salzsoole
                              im Gebrauch sind, und zu einer Tiefe ausgehoͤhlt seyn sollen, die bisher bei
                              uns nicht wohl erreicht wurde. Und wenn es endlich ein (in der neueren Zeit)
                              haͤufiger beachtetes Factum ist, daß in der Nahe von Salzquellen auch
                              verschiedene Gasarten (namentlich kohlensaures und Schwefelwasserstoff-)
                              hervorbrechen;In der Szlatinaer Steinsalzgrube zu Nagy-Banya in
                                    Siebenbuͤrgen, quillt seit dem J. 1826 aus einer Spalte des in
                                    Steinsalz eingelagerten Thonmergels, in einer Tiefe von 45°, ein
                                    brennbares Gas hervor, und wird zum Beleuchten der Verhaue benuͤzt.
                                    „Hrn. Apotheker Bremer's Bericht in
                                       Poggendorff's Annalen der Physik, 1826,
                                       S. 131. etc.“ – Aehnliche Erscheinungen wurden schon
                                    fruͤher in Ungarn beobachtet. Die wichtigste endlich dieser Art
                                    existirt in der Saline Gottesgabe in der Grafschaft Teklenburg, wo die
                                    Gasausstroͤmung alle fuͤnf Minuten einen Kubikfuß
                                    betraͤgt, und gleichfalls zur Beleuchtung benuͤzt wird. Vide l. cit. „die Anmerkungen der
                                       Redaction.“ A. d. O. so sehen wir in China auch diese leztere Luftart, und zwar auf eine
                              ausgedehnte und erstaunungswuͤrdige Art benuͤzt.
                           Schon im zweiten Bande der léttres édifiantes befand sich ein, obgleich
                              sehr kurzer, Bericht des Bischofs von Tabraka, wo er dieser chinesischen Salzbrunnen
                              erwaͤhnt. Weit ausgedehnter ist die Beschreibung, die Hr. Imbert, missionaire
                                 apostolique, von diesen Brunnen gibt, und wir glauben in ihr keine
                              Anzeichen einer Unwahrheit zu finden. Vorgenannter Hr. Imbert meldet in einem Briefe vom September 1826 aus der Stadt
                              Ou-Tong-Kiao bei Kiating in der Provinz Su-Tchuen
                              Folgendes:Annales de l'association de la propagation de Foi.
                                       Paris, Janv. 1829, p. 369 etc.; eine Zeitschrift, die in Hinsicht ihrer
                                    geographischen und physikalischen Notizen bisher wenig beachtet worden ist.
                                    A. d. O.
                              
                           
                              „Handel und Betriebsamkeit versammeln hier eine Unzahl von Menschen aus
                                 allen Theilen des Reiches. In einer Laͤnge von 10, und einer Breite von
                                 4–5 Stunden findet man einige Zehntausend
                                 dieser Salzbrunnen. Jeder etwas wohlhabende Mann verbindet sich mit irgend einem
                                 andern, und graͤbt einen oder mehrere Brunnen, wovon einer
                                 ungefaͤhr Tausend und einige Hundert Taëls (zu 7 1/2 Franken)
                                 kostet. Diese Nation macht alles im Kleinen, und gelangt mit Zeit, Geduld und
                                 weniger Kosten als wir zu ihrem Zweke. Sie kennen die Kunst, Felsen durch Minen
                                 zu sprengen, nicht, und doch sind diese Brunnen in Felsen. Sie haben 1000, 1800,
                                 ja manchmal 2000 franzoͤsische Fuß Tiefe,Dieß waͤre eine viel groͤßere Teufe, als man bei uns durch
                                       den Bergbau erreicht hat „Agricola
                                             rapporte dans son Bermanus, que les
                                             puits de mine les plus profonds sont à Kuttenberg en
                                             Bohême et qu'ils ont 500 Lachter (environ 1000 Métres).“
                                       Traité de Géognosie par M. d'Aubuisson de Voisins. Paris 1828.
                                             Vol. I., p. 386.“ Alle Beispiele, die der
                                       Verfasser aus Tyrol, Sachsen, England etc. anfuͤhrt, geben alle
                                       eine geringere Teufe. A. d. O. und nicht mehr als 5'', hoͤchstens 6'' Oeffnung. Sie verfahren
                                 dabei folgender Maßen: Wenn die Oberflaͤche aus 3 bis 4' tiefer Erde
                                 besteht, so bringt man eine Roͤhre von Holz hinein, uͤber welche
                                 ein Quaderstein koͤmmt, der die gewuͤnschte Oeffnung von 5 bis 6''
                                 hat; in der Roͤhre laͤßt man eine Ramme oder Keule von Stahl, von
                                 300 bis 400 Pfd. Schwere spielen. Diese Ramme ist ringsum eingekerbt, oben etwas
                                 concav, unten rund. Ein starker, leicht gekleideter Mann steigt auf ein
                                 Geruͤste, und tanzt den ganzen Morgen auf einem Schnellbalken, welcher
                                 diese Stahlramme auf 2' Hoͤhe erhebt, und sie dann von ihrer eigenen
                                 Schwere wieder fallen laͤßt. Man gießt manchmal einige Schaff Wasser in
                                 das Loch, um das Steinmehl zu naͤssen. Diese Stahlkeule ist durch einen
                                 tuͤchtigen Rotangstrik befestiget, nur so dik wie ein Finger, aber
                                 starker als unsere Darmstrike. Dieser Strik ist an den Schnellbalken angemacht;
                                 man befestiget dort ein Triangel von Holz/ und ein anderer Mensch sizt an diesem
                                 Strike. In dem Maße, als der Schnellbalken aufsteigt, nimmt er das Triangel, und
                                 laͤßt es einen halben Zirkel beschreiben, damit die Stahlramme in einer
                                 entgegengesezten Richtung faͤllt. Zu Mittag loͤsen sich die zwei
                                 Arbeiter ab, und werden Abends von zwei anderen ersezt. Wenn sie 3'' gegraben
                                 haben, so zieht man diese Stahlramme mit allem Gestein, wovon sie beschwert ist
                                 (denn sie ist, wie gesagt, oben concav), durch Huͤlfe eines Cylinders
                                 heraus, worauf der Strik gerollt wird. Oft ist nicht alles bis in die
                                 noͤthige Tiefe Felsen, sondern Erd- und Kohlenlager etc.; dann
                                 wird die Arbeit sehr schwierig und oft nuzlos; denn da diese Steinarten keinen
                                 gleichen Widerstand darbieten, so verliert das Loch seine senkrechte Richtung,
                                 aber dieß geschieht selten. Sonst sind diese Brunnen oder Roͤhren ganz
                                 senkrecht, und geschliffen wie Glas. Bricht der Ring, an welchem die Stahlramme
                                 aufgehaͤngt ist, so braucht man 5 bis 6 Monate, um durch Huͤlfe
                                 anderer die erstere zu zermalmen und heraus zu schwemmen. Wenn der Felsen ganz
                                 zu dieser Arbeit tauglich ist, so bohrt mall alle 24 Stunden gegen 2 Fuß. Es
                                 dauert aber wenigstens drei Jahre, bis ein Brunnen fertig wird.Daß man von Tag an in 24 Stunden ein Loch von 2 Fuß Tiefe in einen Fels
                                       bohret, ist nichts Ungewoͤhnliches, aber daß man ohne
                                       Ruͤksicht auf die Tiefe, bis zu welcher man gekommen ist, diese
                                       Arbeit mit gleichem Succeß fortsezen koͤnne, ist nicht glaublich,
                                       ja nach den aus unseren Gegenden entnommenen Erfahrungen
                                       unmoͤglich. Wenn es erlaubt ist, diese auf China zu
                                       uͤbertragen, so kann ein Menschenleben nicht hinreichen, einen
                                       Brunnen zu bohren von der Tiefe, wie hier angegeben wird, und mit unseren
                                       Werkzeugen wird selbst chinesische Ausdauer und Geduld weit, sehr weit
                                       hinter dieser Groͤße zuruͤkbleiben, abgesehen von der an
                                       das Unmoͤgliche graͤnzenden Schwierigkeit, das Bohrmehl
                                       aus solcher Tiefe herauszuschaffen, sey es nun durch mechanischen Zug
                                       oder durch Wasser. Indeß ist es nicht die Tiefe und die zur Anlegung
                                       solcher Brunnen erforderliche Zeit, sondern nur das Daseyn derselben in
                                       China, dessen Beweis hier beabsichtigt wird. (Die Red. von
                                       Baumgaͤrtner's Journal.) Um Wasser herauf zu bringen, stekt man in das Brunnenloch eine 24' lange
                                 Bambusroͤhre, an deren Ende ein Ventil ist; wenn diese Roͤhre am
                                 Boden des Brunnen angelangt ist, sezt sich ein starker Mann auf den Strik, und
                                 bewegt ihn heftig; jede Bewegung oͤffnet das Ventil, Und macht das Wasser
                                 steigen. Wenn die Roͤhre voll ist, so wird ein großer Cylinder in Gestalt
                                 einer Rolle von 50' Umfang, auf welchen der Strik laͤuft, von 2, 3 bis 4
                                 Ochsen oder Buͤffeln gedreht, und die Roͤhre steigt; dieser Strik
                                 ist auch von Rotang. Das Wasser ist sehr soolig, und gibt bei der Verdunstung
                                 1/5, manchmal 1/4 Thl. Salz. Das Salz ist sehr scharf und ungesund.“
                              
                           
                              „Die Luft, die aus diesen Brunnen kommt, ist entzuͤndlich. Wenn man
                                 eine Fakel in dem Augenblike, als die mit Wasser gefuͤllte Roͤhre
                                 oben anlangt, an die Muͤndung des Brunnens brachte, so wuͤrde sie
                                 sich zu einem Feuerstrahle von 20 bis 30' entzuͤnden, und die ganzen
                                 Bauten mit der Schnelligkeit des Blizes verbrennen. Dieß geschieht manchmal aus
                                 Nachlaͤssigkeit oder boͤser Absicht. Es gibt solche Brunnen, die
                                 man nicht auf Wasser, sondern auf Feuer benuͤzt, man nennt sie Feuerbrunnen. Ein kleines Bambusrohr (diese Flamme
                                 greift es nicht an) sperrt die Muͤndung der Brunnen, und leitet die
                                 brennbare Luft nach Belieben; man entzuͤndet sie mit einer Kerze, und sie
                                 brennt immer so fort. Die Flamme ist blaͤulich, 3 bis 4'' hoch und 1''
                                 breit. Sie verlischt nur, wenn man ein Stuͤk Thon auf die Oeffnung gibt,
                                 oder durch ein starkes Blasen. Will man Wasser aus so einem Brunnen ziehen, so
                                 verloͤscht man die Flamme, weil sonst das mit dem Wasser haͤufig
                                 aufsteigende Gas, wie gesagt, alles zersprengen und entzuͤnden
                                 wuͤrde. Die Chinesen glauben, dieß sey das Feuer der Hoͤlle, und
                                 fuͤrchten es sehr. In der That ist es heftiger als das
                                 gewoͤhnliche, es ist sehr uͤbel riechend, und gibt einen schwarzen
                                 und diken Rauch. Hier ist das Feuer zu klein, um das Salz zu kochen. Die großen
                                 Feuerbrunnen sind in Tsé-LicouTsing, 40 Stunden weit. Fuͤr
                                 die vielen Salzbrunnen braucht man eine erstaunliche Menge Steinkohlen. In
                                 diesen Gruben befindet sich auch viel entzuͤndliches Gas, und man kann
                                 dort keine Lampen brennen. Die Bergleute behelfen sich tappend, indem sie sich
                                 nothduͤrftig mit einem Gemenge von saure de
                                    bois und Harz leuchten, welches ohne Flamme brennt, und nicht verlischt
                                 (?). Diese Salzbrunnen und Kohlenwerke beschaͤftigen hier eine ungeheuere
                                 Menschenmenge es
                                 gibt reiche Leute, die gegen 100 solcher Salzbrunnen haben. Wenn sie die
                                 Salzbrunnen graben, finden sie meistens in 1000' Tiefe eine harzige Kohle, die
                                 selbst im Wasser brennt.Dergleichen Steinkohlen haͤtte unsere dermalige Oryktognosie noch
                                       nicht aufzuweisen. Es muͤßte dieß eine Art seyn, die mit Naphta
                                       durchdrungen waͤre, welche sonderbar genug bisher in Persien und
                                       andern asiatischen Laͤndern, meistens in der Nahe von
                                       Steinkohlenlagern, gefunden wurde. „Chemisches
                                          Woͤrterbuch von John. Leipzig
                                          1817.“ A. d. O. Man gewinnt davon 400 bis 500 Pfund. Diese Kohle ist sehr stark
                                 riechend, man gebraucht sie, um die Gebaͤude zu erleuchten, in denen die
                                 Salzbrunnen und Kesseln sind. Die Mandarinen kaufen oͤfters auf Befehl
                                 des Kaisers viele tausend Pfund, um die Felsen in den Fluͤssen zu
                                 calciniren, die die Schifffahrt hindern. Wenn ein Schiff verungluͤkt,
                                 beschmiert man einen Stein mit dieser Kohle, entzuͤndet ihn, und wirft
                                 ihn in's Wasser; diese unterwaͤsserige Lampe macht die Taucher Alles
                                 sehen.“
                              
                           Ueber die vorerwaͤhnten Feuer- (Gas-) Brunnen aͤußert
                              sich nun Hr. Imbert in einem spaͤtern Schreiben
                              aus Tsé-Licou-Tsing vom 13. Septbr. 1827 folgender Maßen:
                           
                              „Tsé-Licou-Tsing liegt im Gebirge an einem kleinen
                                 Flusse, es enthaͤlt gleichfalls Salzbrunnen auf selbe Art gemacht, wie in
                                 Ou-Tong-Kioa, aber uͤberdieß eines der groͤßten
                                 Naturwunder, so man sehen kann. In einem Thale naͤmlich befinden sich
                                 vier Brunnen, die kein Wasser, und nur Feuer in einer wahrhaft unglaublichen
                                 Menge liefern. Diese Brunnen gaben im Anfang Salzwasser, da dieses aber
                                 versiegte, so drang man, um wieder neues Wasser zu erhalten, vor ein Duzend
                                 Jahren bis 3000' (?) und mehr Tiefe; dieß war vergeblich, aber es drang
                                 augenbliklich eine ungeheuere Luftsaͤule hervor, welche sich in große
                                 schwaͤrzliche Daͤmpfe verwandelte. Ich habe sie selbst gesehen.
                                 Dieß aͤhnelt nicht dem Rauche, sondern vielmehr dem Dampfe eines
                                 gluͤhenden Ofens. Diese Luft entweicht mit einem schreklichen
                                 Getoͤse und Geschnarche, welches man sehr weit hoͤrt. Es zieht und
                                 dringt unaufhoͤrlich hervor, und endet niemals. In der Entfernung einer
                                 Stunde ist ein kleiner, eine halbe Stunde umfaͤnglicher sehr tiefer See;
                                 er ist ohne Verbindung mit dem nahen Flusse, und liefert bloß
                                 gewoͤhnliches Wasser., Die Muͤndung des Brunnens ist mit einer
                                 Bedekung von Quadersteinen von 6 bis 7' Hoͤhe umgeben, damit aus Zufall
                                 oder Bosheit kein Feuer dazu kommen koͤnne. Dieses Ungluͤk geschah
                                 im August 1826. Dieser Brunnen ist in der Mitte eines weitlaͤufigen
                                 Hofes, welcher von vier langen und großen Hallen umgeben ist, worin die
                                 Salzpfannen stehen. So wie das Feuer an die Muͤndung des Brunnen
                                 gelangte, erfolgte eine schrekliche Explosion und ein ziemlicher Erdstoß.
                                 Im Augenblike war die Oberflaͤche des Hofes eine Flamme, welche
                                 ungefaͤhr 2' hoch auf dem Boden hin und her flakerte, ohne etwas zu
                                 zuͤnden. Vier Menschen wagten sich, und trugen einen ungeheueren Stein
                                 auf die Muͤndung des Brunnen, doch wurde er sogleich in die Luft
                                 geschleudert, drei von den Traͤgern verbrannten, nur der vierte rettete
                                 sich; weder Wasser noch nasse Erde koͤnnen das Feuer loͤschen.
                                 Endlich nach zwei Wochen riesenmaͤßiger Arbeit traͤgt man eine
                                 große Menge Wasser auf einen nahen Berg, man bildet einen Teich, und sticht ihn
                                 ploͤzlich ab, das daher stroͤmende Wasser loͤscht endlich
                                 die Flamme. Die Kosten betrugen 20,000 Frank., welches in China eine große Summe
                                 ist.“
                              
                           
                              „Einen Fuß unter der Erde auf den vier Seiten des Brunnen sind vier
                                 ungeheuere Bambusroͤhre eingelassen, welche die Luft unter die Pfannen
                                 leiten. Ein einziger Brunnen macht deren mehr als 300 kochen, wovon jede eine
                                 eigene Feuerroͤhre hat. An dem Ende der Bambusroͤhre ist eine 6''
                                 lange Roͤhre von Toͤpferthon aufgesezt, welche 1'' Lichte hat;
                                 diese Erde verhindert den Bambus zu zuͤnden. Andere Roͤhren,
                                 welche nach außen laufen, beleuchten die Gaͤnge und die großen
                                 Kochpfannen. Der unnoͤthige Ueberrest wird durch eine Roͤhre
                                 außerhalb des Gehoͤftes geleitet, und bildet dort drei ungeheuere Essen
                                 oder Feuerstrahlen, welche 2' uͤber die Oeffnung herausflakern. Die
                                 Oberflaͤche des Bodens im ganzen Hofe ist außerordentlich heiß, und
                                 brennt unter den Sohlen. Im Winter graben die Armen in einer Rundung den Sand
                                 auf, ungefaͤhr 1' tief, diese Grube zuͤnden sie mit einer Hand
                                 voll Stroh an, und warmen sich so an diesem nie verloͤschenden Feuer;
                                 wollen sie dieses bewirken, so werfen sie den Sand wieder auf die Grube. Die
                                 Kochpfannen haben 4 bis 5'' Dike, doch verkalken oder schmelzen sie in wenigen
                                 Monaten. Das Salz ist hart wie Stein, weißer als das von
                                 Ou-Tong-Kiao, und von besserem Geschmak.“
                              
                           Obgleich diese Erzaͤhlung außerordentliche und fuͤr unsere dermalige
                              Geognosie schwerer zu loͤsende Erscheinungen enthaͤlt, so
                              koͤnnen wir doch weder innere noch aͤußere Gruͤnde finden,
                              warum wir den Angaben des Hrn. Imbert im Ganzen nicht
                              glauben sollten. Eine Erzaͤhlung von Edelsteinen und Gold, oder wenn dieselbe
                              das Erscheinen von symbolischen Figuren etc. enthielte, duͤrfte dem Verdachte
                              einer schriftstellerischen Dekorirung oder Befangenheit weniger entgehen, aber
                              Steinkohlen und brennbares Gas sind Dinge, welche nicht wohl eine derlei Ursache
                              zulassen. – Und so wird es denn einem zukuͤnftigen naturhistorischen
                              Reisenden nach jenen Gegenden uͤberlassen bleiben, diese hoͤchst
                              interessanten Facta vollkommen aufzuhellen.