| Titel: | Beschreibung eines Ofens mit ununterbrochen anhaltender Feuerung. Von Hrn. Payen. (Nebst Bemerkungen über einen Bakofen mit Steinkohlenfeuerung von den Redactoren.) | 
| Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XXXVI., S. 129 | 
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                        XXXVI.
                        Beschreibung eines Ofens mit ununterbrochen
                           anhaltender Feuerung. Von Hrn. Payen. (Nebst Bemerkungen uͤber einen Bakofen mit
                           Steinkohlenfeuerung von den Redactoren.)
                        Aus den Annales de l'Industrie. N. 1. 1830. S.
                              19.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Payen, uͤber die Feuerung eines Ofens etc.
                        
                     
                        
                           Dieser Ofen, dessen Modell sich im J. 1827 auf der Industrieausstellung befand, wurde
                              von dem ehemaligen Ingenieur und gegenwaͤrtigen Praͤfecten der Seine,
                              Hrn. de Chabrol, und von dem sel. Gallois, Ingenieur en Chef des Bruͤken- und Straßenbaues,
                              erbaut. Er entsprach seinem Zweke vollkommen, und ließ sich mit Vortheil zum
                              Brotbaken fuͤr die Truppen verwenden. Als die Umstaͤnde den Gebrauch
                              desselben nicht mehr noͤthig machten, gab man diese Steinkohlenheizung
                              auf.
                           Fig. 2. zeigt
                              den Aufriß des Ofens. Fig. 3. einen horizontalen
                              Durchschnitt auf der Hoͤhe der Platten, auf welchen man einschießt. Man
                              sieht, daß das Hauptgemaͤuer ein regelmaͤßiges Sechsek ist: PSRO ist die vordere Flaͤche des Sechsekes; PSUT und ORVX sind die zwei anderen
                              Flaͤchen, die man nur in schiefer Richtung sieht, und wo man die
                              Ofenthuͤren AA wahrnimmt.
                           Auf der Flaͤche PSRO laͤßt die, hier
                              weggelassene, Ofenthuͤre den Eingang in den Ofen sehen, B.
                           E, ist die Thuͤre des Herdes, durch welche die
                              Steinkohlen auf den Rost des Ofens geworfen werden.
                           C, der Aschenherd.
                           N, der gemeinschaftliche Schornstein.
                           Fig. 3. ist
                              der Durchschnitt der Oefen, nach der Linie ab. BBB
                              sind die Muffeln; cccc, die Canaͤle zur
                              Ableitung der gasartigen Producte.
                           Fig. 4. ist
                              ein senkrechter Durchschnitt durch die Achse des Sechsekes nach der Laͤnge
                              des Herdes.
                           C, ist der Aschenherd; F,
                              der Herd; cccc'c' sind Zuͤge fuͤr
                              die Flamme und fuͤr die heiße Luft, welche die Platten der Muffeln oben und
                              unten heizen, waͤhrend sie sich in den Schornstein N begeben.
                           BB, die Oefen oder Muffeln.
                           GG geschlossene, mit Luft gefuͤllte,
                              Raͤume um der Abkuͤhlung der Oefen vorzubeugen.
                           Fig. 5. ist
                              ein anderer horizontaler Durchschnitt nach der Linie qr in Fig.
                                 4.
                           
                           eee etc. Zuͤge fuͤr den Rauch, der
                              in den oberen Theil des Ofens, c'c'c' etc. tritt.
                           HI, Fig. 4., eiserne Stangen,
                              mittelst welcher man die Register, LLL, schließt.
                              Diese Register oder Schieber sind beweglich. Wenn einer von beiden geschlossen ist,
                              so ist der Zug nach jener Muffel abgesperrt, mir welcher derselbe in Verbindung
                              steht. Im entgegengesezten Falle wird der Zug der heißen Luft um die Muffel
                              hergestellt, und erhoͤht die Hize derselben.
                           In der Stellung L L' sind die Register geschlossen, und die correspondirenden Muffeln
                              werden nicht erhizt.
                           In Hinsicht auf Ersparung an Brennmaterial und an Arbeit bietet dieser Ofen
                              wesentliche Vortheile dar, und selbst dort, wo man keine Steinkohlen hat, und mit
                              Holz, Torf oder Anthracit heizt, wird er noch vorteilhaft seyn. Wo Torf und
                              Anthracit gebrannt wird, muß Rost und Herd in dem Verhaͤltnisse
                              groͤßer gemacht werden, als diese Brennmaterials weniger Hize liefern, als
                              die Steinkohlen.
                           Man wird indessen bemerken, daß in den gewoͤhnlichen Baͤkereien die
                              Loͤschkohlen, die nach dem Heizen des Ofens uͤbrig bleiben, einen
                              großen Theil der Kosten des Brennmateriales ersezen. Es ist allgemein bekannt, daß
                              der Bakofen der Baͤker eine gewisse Aehnlichkeit mit den Kohksoͤfen
                              und mit jenen Oefen besizt, die man in Pulverfabriken zur Bereitung der Kohlen zu
                              Schießpulver braucht. Es scheint, daß man bei den gewoͤhnlichen
                              Bakoͤfen den Zwek hatte, die Hize, welche waͤhrend der Verkohlung
                              verloren geht, gewisser Maßen zur Heizung der Waͤnde des Ofens zu
                              benuͤzen. Man darf sich daher auch nicht wundern, wenn die Menge Kohlen, die
                              man aus den Bakoͤfen wieder herausziehen sieht, beinahe so groß ist, als
                              diejenige, die man bei Verkohlung des Holzes in Meilern erhaͤlt.
                           ––––––––
                           Die Redactoren machen nun auf einen Ofen im Journal de
                                 Physique, t. 23, p. 433, den der große Friedrich
                              schon im siebenjaͤhrigen Kriege zu bauen befahl, aufmerksam, um mittelst
                              Steinkohlen Brot baken zu koͤnnen.Wir liefern hier nur einen gedraͤngten Auszug aus der Anmerkung der
                                    Redactoren. A. d. Ue.
                              
                           Der Mangel an Holz lehrte nach und nach in allen Laͤndern Steinkohlen Statt
                              des Holzes bei Kalkbrennereien, Ziegeleien, Bleichereien, Brauereien und
                              Brantweinbrennereien, Faͤrbereien und selbst zur Heizung der Zimmer
                              verwenden. Indessen ist es selbst den Englaͤndern noch nicht gelungen,
                              obschon sie es in der Anwendung der Steinkohlen weiter gebracht haben, als alle
                              andere Voͤlker, Steinkohlen zum Brotbaken allgemein zu verwenden, obschon sie
                              wahrscheinlich mehrere Versuche hieruͤber angestellt haben werden.Man darf hier nicht vergessen, daß die Anwendung der Steinkohlen auf die
                                    Eisenerzeugung in England kaum noch zwei Menschenalter alt ist, und man muß
                                    wissen, daß in keinem Lande auf Erden so schlechtes Brot und so schlechtes
                                    Bier ist, als in England. Der englische Brauer versteht allerdings die
                                    Pyrotechnik weit besser, als der bayersche Bierbrauer; indessen kann er kein
                                    gesundes und schmakhaftes Bier brauen. Der englische Baker ist unter allen
                                    Handwerkern Englands derjenige, den sein Zunftgeist am meisten
                                    herabgewuͤrdigt hat: sein Brot ist fuͤr einen Oberdeutschen
                                    ungenießbar. Der Tagloͤhner zu Wien hat ein besseres, schmakhasteres,
                                    gesuͤnderes und ohne Vergleich wohlfeileres Brot, als der reichste
                                    Lord und Bischof in England. Ein vermoͤglicher
                                    oͤsterreichischer Baker und ein reicher bayerscher. Brauer
                                    wuͤrde, wenn er zu London sich niederließe, und nach seiner Weise
                                    braute und bakte, in 10 Jahren leicht ein Millionaͤr seyn
                                    koͤnnen. Er wuͤrde die Englaͤnder essen und trinken
                                    lehren; denn das kann, der Englaͤnder auf seiner Insel noch zur
                                    Stunde nicht. A. d. Ue.
                              
                           Nur die Anwendung der Steinkohlen beim Brotbaken wollte bisher noch nicht gelingen,
                              obschon man eigene Oefen hierzu ausdachte. Bei der ungeheueren Menge von Rauch und
                              Ruß, die sich entwikelt, wo man Steinkohlen brennt, begreift man leicht, wie ohne
                              Muffeln kein Bakofen mit Steinkohlen brauchbar seyn kann. Der große Koͤnig
                              sah im J. 1777, daß seine Soldaten die Waͤlder in Schlesien waͤhrend
                              des langen Krieges beinahe aufgezehrt hatten, und wußte, daß bei Waldenburg und
                              Gottesberg und in Oberschlesien gute Steinkohlen vorkamen. Er wuͤnschte
                              daher, daß man mit Steinkohlen Brot bake, und beehrte den Kriegsminister Baron v.
                              Heinitz mit der Ausfuͤhrung dieses Wunsches.
                           Es wurden zwei Versuche in Schlesien angestellt: einer mit einem bleibenden, der
                              andere mit einem tragbaren Ofen. Das Brot in dem ersteren hob sich nicht, weil er
                              schlecht gebaut war. An dem zweiten stuͤrzte die Deke ein, weil sie von dem
                              Schwefel der Steinkohlen zerfressen wurde.
                           Baron Heinitz ließ sich dadurch nicht abschreken, und
                              uͤbertrug die Ausfuͤhrung eines besseren Ofenbaues dem Hrn. Bergrathe
                                 Holsche. Der Koͤnig genehmigte den neuen Plan
                              desselben, und befahl die Ausfuͤhrung hiervon an der
                              Militaͤrbaͤkerei zu Berlin.
                           Der Ofen wurde im Sommer 1780 zu Berlin unter Hrn. Bergrathes Holsche Leitung aufgefuͤhrt. Es wurden 52 Leibe Commißbrot gebaken.
                              Die Erfahrung zeigte, daß man mit Steinkohlen Brot balen kann, wenn weder der Geruch
                              noch der Rauch derselben in den Ofen gelangt. Indessen war dieser Ofen noch einiger
                              Verbesserungen faͤhig: der Rauch sollte schneller abziehen, und der Ofen oben
                              und unten mehr gehizt werden. Beides geschah.
                           Der Berliner-Ofen hatte nur Eine Muffel aus Ziegeln, die auf eisernen Stangen
                              ruhte. Die Sohle der Muffel wurde unmittelbar durch Verbrennung der Steinkohlen gehizt, und die Deke
                              durch die brennende Luft, die uͤber dieselbe in den Schornstein zog. Die
                              eisernen Stangen, welche die Muffel trugen, wurden mit Ziegeln gedekt, und dadurch
                              gegen den Schwefel geschuͤzt, der sich aus den Steinkohlen entwikelt, wenn
                              sie Schwefelkies enthalten, was. fast immer der Fall ist.
                           Man stellte nun neuerdings Versuche mit diesem Ofen an, und heizte ihn von 4 Uhr
                              Morgens bis 6 3/4 mit zwei Scheffeln schlesischer Steinkohlen. Um 9 Uhr waren
                              bereits 65 Leibe Brot, jeder zu 6 Pfd., gebaken.
                           Da der Ofen noch neu, frisch und feucht war, so brauchte man laͤngere Zeit um
                              denselben zu heizen, als bei der gewoͤhnlichen Heizung mit Holz
                              noͤthig ist. Man heizte ihn, sobald das Brot herausgenommen war, noch ein Mal
                              mit zwei Scheffeln, und schoß um 11 3/4 Uhr wieder ein: 175 Leibe, jeder zu 6 Pfd.,
                              waren in 2 Stunden gebaken.
                           Belm vierten Einschusse brauchte man nur Einen Scheffel mehr. Um 8 Uhr war der Ofen
                              hinlaͤnglich heiß, und um 10 Uhr nahm man 182 Leibe, zu 6 Pfd. jeden, gut
                              gebaken heraus. Der fuͤnfte Einschuß geschah wieder nach einer Feuerung mit
                              Einem Scheffel: um Mitternacht war der Ofen hinlaͤnglich gehizt, und bakte in
                              2 Stunden 180 Brote von demselben Gewichte. Beim sechsten Einschusse brauchte man
                              nur mehr einen halben Scheffel, und 185 Brote, welche um 4 Uhr Morgens eingeschossen
                              wurden, kamen um 6 Uhr gut gebaken heraus.
                           Beim siebenten Einschusse brauchte man wieder nur einen halben Scheffel Steinkohlen.
                              Das Brot ward um 7 1/2 Uhr eingeschossen, und um 8 Uhr herausgenommen; 193 Leibe.
                              Man hat also in 24 Stunden 1230 Brote, zu 6 Pfd. jedes, in diesem Ofen gebaken.
                           Die Officiere fanden jeden Leib nach dem Reglement: es fehlte an keinem etwas.
                           Man versuchte nun Zwiebak in diesem Ofen zu baken, und die Officiere waren mit
                              demselben eben so wohl zufrieden.
                           Aus diesen Versuchen folgt nun:
                           1) Daß man in einem feststehenden Bakofen, der mit Steinkohlen geheizt wird,
                              schneller bakt, als in einem mit Holzkohlen geheizten, und zwar im
                              Verhaͤltnisse wie 7 : 5; d.h. man kann in ersteren waͤhrend 24 Stunden
                              7 Mal einschießen, waͤhrend man in einen mit Holz geheizten waͤhrend
                              dieser Zeit nur 5 Mal einschießen kann. Wenn der Ofen gleich Anfangs gehoͤrig
                              ausgeheizt gewesen waͤre, wuͤrde man in 24 Stunden sogar 8 Mal haben
                              einschießen koͤnnen. Dieser Vortheil ruͤhrt davon her, daß man bei
                              Steinkohlen-Feuerung den Ofen wieder um eine Viertelstunde fruͤher heizen
                              kann, als man das Brot aus dem Ofen nimmt, wodurch also bei jedem Einschusse eine
                              Viertelstunde gewonnen wird.
                           2) Daß das Baken selbst mit weit groͤßerer Reinlichkeit geschieht, ais in den
                              gewoͤhnlichen mit Holz geheizten Oefen, weil sich weder Kohle noch Asche an
                              dem Brote anhaͤngen kann: an Geruch oder Geschmak von Steinkohlen ist nicht
                              zu denken; denn die Daͤmpfe derselben koͤnnen nicht in den Ofen
                              gelangen.
                           3) Daß der Ofen nicht so oft gepuzt werden darf, folglich dem Baͤker viele
                              Arbeit erspart wird.
                           Ueberdieß braucht man zur Aufbewahrung der Steinkohlen weit weniger Raum, als zur
                              Aufbewahrung des Holzes. Fuͤnf Scheffel Steinkohlen, die so viel Hize geben,
                              als eine Maß weiches Holz, nehmen ohne Vergleich weniger Raum weg: ein Scheffel
                              Steinkohlen braucht nur 2 3/4 rhein. Kubikfuß; eine Maß Holz (6 Fuß hoch, 6 Fuß
                              breit, und die Scheiter 3 Fuß lang) nimmt hingegen 108 Kubikfuß Raum weg. 100
                              Scheffel Kohlen, die so viel heizen, als 20 Maß Holz, brauchen nur 1885 Kubikfuß:
                              ein Umstand, der in großen Staͤdten und in Festungen von Wichtigkeit ist.
                           4) Daß endlich die Steinkohlen, wenn sie nahe brechen, oder der Transport nicht viel
                              kostet, ohne Vergleich wohlfeiler kommen, als Holz.
                           Bei Militaͤrbakoͤfen ist der Vortheil der Steinkohlenheizung an
                              denselben weit groͤßer, als bei den Bakoͤfen der buͤrgerlichen
                              Baͤker,Es gibt auch zu Wien buͤrgerliche Baker, bei welchen der Ofen nie kalt
                                    wird, und man hat auch zu Wien gelungene Versuche mit Steinkohlenheizung
                                    angestellt. Man wird den Torf eben so gut finden, wenn man den Ofen darnach
                                    einrichtet; der gewoͤhnliche Bakofen fuͤr Holzfeuerung taugt
                                    allerdings nicht dazu, aber jeder Muffelofen wird dazu brauchbar seyn. A. d.
                                    Ue. indem bei jenen das Feuer nie ausgeht. Man hat am Bakofen des Spirales
                              l'Hôtel Dieu zu Paris gefunden, daß man beim ersten Einschusse drei Mal so
                              viel Holz braucht, als bei dem fuͤnften: bei der Steinkohlenheizung sah man,
                              daß der sechste Einschuß und die folgenden nur mehr den vierten Theil der Kohle des
                              ersten Einschusses noͤthig hatten.
                           Wenn nun ein Ofen mit Einer Muffel bei Steinkohlenheizung obige Vortheile
                              gewaͤhrt, so wird der hier gezeichnete Ofen mit sechs Muffeln noch mehr
                              leisten koͤnnen: der Herd steht immer im Feuer; nur der Zug wird anders
                              geleitet.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
