| Titel: | Ueber eine Maschine zur Prüfung der Stärke der Flaschen und anderer gläsernen Gefäße. Von Hrn. Collardeau. | 
| Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XL., S. 141 | 
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                        XL.
                        Ueber eine Maschine zur Pruͤfung der
                           Staͤrke der Flaschen und anderer glaͤsernen Gefaͤße. Von Hrn.
                           Collardeau.
                        Bericht des Hrn. Hachette im Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement. August 1829.
                           Bulletin d. Scienc.
                                 technol. N. 1. S. 80.
                        Collardeau, uͤber eine Maschine zur Pruͤfung der
                           Staͤrke der Flaschen etc.
                        
                     
                        
                           Hr. Collardeau hat in der Sizung vom 24. Octobr. 1827 eine
                              Maschine zur Pruͤfung der Staͤrke der Flaschen vorgelegt, und der
                              Ausschuß der mechanischen Kuͤnste hat Hrn. D'Arcet
                              und mich eingeladen, die gehoͤrigen Versuche daruͤber anzustellen, um
                              die Fabrikanten schaͤumender Weine uͤber den Nuzen und die
                              Brauchbarkeit der von Herrn Collardeau vorgeschlagenen
                              Maschine unterrichten zu koͤnnen.
                           Die Flasche, welche gepruͤft werden soll, wird an ihrem Halse mittelst eines
                              dreiarmigen Hebels, der sie wie eine Klaue unter der Wulst an der Muͤndung
                              oben am Halse pakt, fest gehalten. Die Flasche wird mit Wasser gefuͤllt, und
                              mittelst einer Roͤhre in Verbindung mit dem Cylinder einer Drukpumpe
                              gebracht. Diese Roͤhre ist mit einem ledernen Hute versehen, der auf die
                              Muͤndung der Flasche druͤkt; zu gleicher Zeit druͤkt die Klaue
                              den Hals an drei Punkten, und dieser Druk nimmt mit dem Druke des Wassers auf die
                              inneren Waͤnde der Flasche zu.
                           Die Hauptbestandtheile des Apparates sind: 1) eine Saug- und Drukpumpe; 2)
                              Roͤhren, durch welche diese Pumpe mit dem Inneren der Flasche und mit einem
                              Manometer in Verbindung steht, welches den Druk des Wassers anzeigt. Das Spiel
                              dieser Theile ist das Resultat eines Systemes anderer Theile.
                           Wir haben zuvoͤrderst die Staͤrke der besten Flaschen, die fuͤr
                              schaͤumende Champagner- und Burgunderweine bestimmt sind,
                              gepruͤft, und gefunden, daß sie unter einem Druke von 12 bis 15
                              Atmosphaͤren, der von innen nach außen auf das Glas wirkt, bersten. Einige
                              widerstanden auch einem Druke von 18 Atmosphaͤren. Flaschen, welche
                              schaͤumenden Champagner von der besten Qualitaͤt enthielten, brachen
                              unter denselben Graden von Druk. Flaschen, welche einem Druke von 12
                              Atmosphaͤren widerstehen, brechen, gewoͤhnlich, wenn der Druk um Eine
                              oder um zwei Atmosphaͤren verstaͤrkt wird: die Zahl derjenigen, die
                              einem solchen Druke zu widerstehen vermoͤgen, ist aber sehr gering. Da nun
                              das Springen der Flaschen bei der Champagnerbereitung 10 bis 20 p. C., und unter
                              gewissen, uͤbrigens seltenen Umstaͤnden, sogar beinahe 100 p. C.
                              betraͤgt, so erhellt bis zur Gewißheit, daß der Druk, welcher durch die
                              Waͤhrung des Weines entsteht, in einem gewissen Augenblike derselben einen
                              Druk von 12 Atmosphaͤren uͤbersteigen muß. Wie hoch kann aber dieser leztere
                              Druk steigen? Dieß kann Erfahrung allein uns lehren, und um zu dieser zu gelangen,
                              muͤssen Winzer und Glasmacher gemeinschaftlich Versuche anstellen.
                           Die besten Flaschen, in welchen man gegenwaͤrtig schaͤumenden
                              Champagner aufbewahrt, sind zu schwach, und wir sind der Meinung, daß es den
                              Glasmachern wenig kosten wuͤrde, sie starker zu machen. Der allgemeine Fehler
                              bei Verfertigung dieser Flaschen ruͤhrt von Ungleichheit der Dike des Glases
                              im Bauche derselben her, und noch mehr von der zu geringen Dike des Glases an
                              gewissen Theilen des Bauches, besonders dort, wo der Bauch sich mit dem Halse und
                              mit dem Boden der Flasche verbindet. Wir haben die Diken an diesen drei Stellen
                              gemessen. Sie sind gewoͤhnlich am Boden 1 Centimeter, 4 bis 5 Millimeter am
                              Halse, und 1 bis 2 1/2 Millimeter am Bauche. Diese drei Theile wiegen im
                              Durchschnitte, der Boden 640 Gramm, der Bauch 125 Gramm, der Hals 115 Gramm,
                              zusammen 880 Gr. Der mittlere Inhalt betraͤgt 84/100 Liter;Ein Centimeter ist 4,58815 preuß. Linien. Ein Millimeter 0,4588 preuß. Lin. Ein Gramm = 1,2315
                                    preuß. Graͤn. Ein Litre = 0,873386 preuß.
                                    Quart oder 0,7068 Wiener Maß. A. d. Ue. die mittlere Dichtigkeit des Glases ist 2,687 (die des Wassers = 1). Das
                              Minimum der Dike des Glases am Bauche darf nicht unter 2 Millimeter betragen, wenn
                              die Flasche einem Druke von 17 Atmosphaͤren widerstehen soll. Wenn man die
                              Ungleichheit der Dike des Glases bei der gegenwaͤrtigen Verfertigungsart der
                              Flaschen nicht vermeiden kann, so wird es nothwendig seyn dieselbe zwischen 2 und 4
                              Millimeter spielen zu lassen, und um nicht die Schwere der ganzen Flasche noch zu
                              vermehren, muß man versuchen die Dike des Bodens zu vermindern. Da der
                              groͤßte Theil der Flaschen, die zur Champagnererzeugung bestimmt sind, von
                              derselben Art sind, wie kommt es nun, daß die einen brechen, und die anderen ganz
                              bleiben? Es scheint uns, daß dieser Umstand von der Form des Halses und von der
                              Eigenschaft des Pfropfens abhaͤngt, wodurch es dem Gase moͤglich wird
                              zwischen dem Halse und dem Pfropfen, oder durch die Zwischenraͤume des
                              Pfropfens zu entweichen. Wenn die Flaschen und die Pfropfen oder Stoͤpsel
                              alle gleich waͤren, so wuͤrden wahrscheinlich alle diejenigen
                              Flaschen, die dieselbe Fluͤssigkeit unter derselben Temperatur enthalten, bei
                              demselben Druke brechen, und es scheint uns kein anderes Mittel uͤbrig, das
                              Springen der Flaschen zu verhuͤten, als daß man leztere in den Stand sezt,
                              einem staͤrkeren Druke zu widerstehen,D.h., aus der Gelehrten Sprache in die gemeine uͤbersezt, wenn man
                                    nicht haben will, daß die Flaschen springen, muß man sie staͤrker
                                    machen. Wie dieß aber geschehen soll, ist nicht bestimmt gesagt. Der
                                    Uebersezer erlaubt sich hier einen Vorschlag. Da die Kegelform diejenige ist, welche die moͤglich groͤßte
                                    Starke besizt, und zugleich den groͤßten koͤrperlichen Inhalt
                                    in dem kleinsten Raͤume zu fassen vermag; da ferner Kugeln so leicht
                                    zu blasen sind; waͤre es nicht vorteilhaft der Champagnerflasche die
                                    Form einer Kugel zu geben, an welcher der Hals so kurz ist, daß der
                                    Stoͤpsel bis an den Wein reicht? Unter Tausend solchen Flaschen
                                    wuͤrde nicht Eine springen, wenn sie ganz von gewoͤhnlichem
                                    Glase, und auch eben nicht sehr dik waͤren. Ja, diese Flaschen haben
                                    nicht die gewoͤhnliche Form! wird man ausrufen. Trinken wir denn aber
                                    die Flaschen, oder trinken wir den Wein? Und wird man sich nicht bald, wenn
                                    man ja mit den Augen auch trinken will, und auf Formalitaͤten mehr
                                    haͤlt, als auf die Sache (was reine Schreiber-Erbsuͤnde
                                    ist), an die Form gewoͤhnen? Wird nicht vielleicht gar die neue Form
                                    die Champagnerfreunde reizen? Ein zierlicher Bombenkessel auf der Tafel, in
                                    welchen man die Champagnerbombe einsezt, ehe man sie aus ihrer
                                    Zuͤndroͤhre das Feuer und den Rauch des Champagners
                                    spruͤhen laͤßt, wuͤrde nur ein elegantes
                                    Tischgeraͤts mehr seyn. Weinhaͤndler moͤgen urtheilen,
                                    ob das Publikum faͤhig ist, mit Verstand, oder, wie man sagt,
                                    gescheidt zu trinken, und leere Formalitaͤten vor dem Trinken so
                                    leicht zu vergessen, als es nach dem Trinken nur zu oft, selbst bei alten
                                    Formalitaͤtsfreunden zu geschehen pflegt.A. d. Ue. oder daß man einen Theil der Fluͤssigkeit oder des Gases durch den Hals
                              unter einem bestimmten Druke entweichen laͤßt.Daß aber dadurch der Wein schlechter werden muͤßte, ist offenbar.A. d. Ue.
                              
                           Die Flasche, welche man zu pruͤfen hat, mag nun stark oder schwach seyn, so
                              dient die Maschine des Hrn. Collardeau als ein sehr gutes
                              Pruͤfungsmittel, dessen Anwendung mit keiner Gefahr verbunden ist. Wenn die
                              Flasche mit Wasser gefuͤllt ist, und waͤhrend der Probe springt, so
                              geschieht dieß ohne Plazen, was nicht der Fall seyn wuͤrde, wenn man die
                              Luft, die in derselben enthalten ist, zusammendruͤken, und das Volumen der
                              lezteren durch eingelassenes Wasser vermindern wollte. Das Springen wuͤrde
                              dann mit Heftigkeit geschehen, und man muͤßte die Flasche in mehrere
                              Tuͤcher einhuͤllen, um die Scherben zuruͤkzuhalten.
                           Es ist nothwendig, daß die Glasmacher auf Mittel denken, den Flaschen, in welchen man
                              schaͤumende Weine aufbewahrt, auf eine wohlfeile Weise mehr Staͤrke zu
                              geben, und, um dieselben au Hrn. Collardeau's Maschine
                              pruͤfen zu koͤnnen, muͤßten sie mehr Sorgfalt auf die
                              Verfertigung des Halses und seiner Muͤndung wenden. Die Form einer Flasche
                              muß uͤberhaupt die Form eines sich drehenden Koͤrpers seyn, der
                              zwischen 'zwei auf der Achse der Flasche senkrecht stehenden Ebenen eingeschlossen
                              ist; sehr oft aber schließt der Boden sich nicht gehoͤrig auf eine Ebene an,
                              der innere Hohlraum des Halses ist kein regelmaͤßiger Kegel und die obere
                              Flache der Muͤndung des Halses ist nicht eben. Diesem lezten Fehler muß
                              besonders abgeholfen werden, wenn man sich der Maschine des Hrn. Collardeau bedienen will. Der mit Leder eingefaßte Hut
                              der Roͤhre legt sich auf den oberen Rand der Muͤndung des Halses an,
                              und dieser Rand muß nothwendig flach und eben seyn; denn sonst entweicht das von der
                              Drukpumpe gepreßte Wasser zwischen dem Hute und der Muͤndung der Flasche. Der
                              Hals einer Flasche
                              endet sich in einen Wulst oder Ring, und dieser Ring ist weder lang noch
                              hervorragend genug am Halse, indem er den Druk der Hebel zu ertragen hat, die die
                              Flasche fassen. Er muß um 5 Millimeter hervorragen, und 10 Millimeter lang seyn.
                              Wenn die Flaschen so geformt sind, werden sie sich leichter pruͤfen lassen,
                              und ein Arbeiter wird 100 Flaschen in Einer Stunde pruͤfen koͤnnen.
                              Hr. Collardeau wird seiner Maschine noch einen Unterricht
                              beifuͤgen, in welchem die Art der Anwendung und Aufbewahrung derselben
                              erklaͤrt wird.
                           Die Flaschen, welche wir pruͤften, waren die HHrn. Blum und Soͤhne, Eigenthuͤmer der Glashuͤtte zu
                              Epinac bei Autun, so gefaͤllig uns zu geben.