| Titel: | Miszellen. | 
| Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. LXXXI., S. 302 | 
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                        LXXXI.
                        Miszellen.
                        Miszellen.
                        
                     
                        
                           Verzeichniß der vom 29. Junius bis zum 19. Julius zu London
                              ertheilten Patente. Aus dem Repertory of
                                 Patent-Inventions. August 1830. S. 126.
                           
                              Dem Rob. Hicks,
                                 Wundarzte in Conduit Street, Parish of St. George, Hanover Square; auf einen
                                 wohlfeilen Apparat oder eine Maschine zum Baken, wodurch viel Material erspart
                                 wird. Dd. 29. Jun.
                                    1830.
                              
                           
                              
                              Dem Edw. Turner, M. D. in Gower-Street, Middlesex, und
                                 Wilh. Shand,
                                 Esqu. zu Burn in Kincairdineshire; auf eine neue Methode den Zuker und allen
                                 Zukerstoff zu reinigen und zu weißen. Dd. 29. Jun. 1830.
                              
                           
                              Dem Moses Poole,
                                 Gentleman in Lincoln's Inn; auf gewisse Verbesserungen in dem Apparate, dessen
                                 man sich bei gewissen Verfahrungsweisen zum Abscheiden des Syrupes aus dem Zuker
                                 bedient. Mitgetheilt von einem Fremden. Dd. 29. Jun. 1830.
                              
                           
                              Dem Samuel Parker,
                                 Bronzisten in Argyle-Street, Oxford-Street, Middlesex; auf gewisse
                                 Verbesserungen in Erzeugung mechanischer Kraft aus chemischen Mitteln. Zum
                                 Theile mitgetheilt von einem Fremden. Dd. 29. Jun. 1830.
                              
                           
                              Demselben; auf eine verbesserte Lampe, zum Theile
                                 mitgetheilt von einem Fremden. Dd. 29. Jun. 1830.
                              
                           
                              Dem Rich. Roberts,
                                 Mechaniker zu Manchester in der Grafschaft Lancaster; auf eine gewisse
                                 Verbesserung oder auf gewisse Verbesserungen in dem Mechanismus der unter dem
                                 Namen Mule, Billy, Jenny, Jack bekannten
                                 Spinn- und Strekmaschinen und aller Maschinen dieser Art, um dieselben
                                 selbstthaͤtig zu machen. Dd. 1. Jul. 1830.
                              
                           
                              Dem Joh. Heinr.
                                    Clive, Esqu., Chell-House, Staffordshire; auf gewisse
                                 Verbesserungen im Baue und in der Maschinerie der Dampfpfluͤge, Egen, und
                                 anderer Fuhrwerke und Maschinen dieser Art. Dd.
                                 1. Jul. 1830.
                              
                           
                              Dem Joh. Harvey
                                    Sadler, Mechaniker in Praed-Street, Paddington, Middlesex;
                                 auf gewisse Verbesserungen an Weberstuͤhlen. Dd. 1. Jul. 1830.
                              
                           
                              Dem Matth. Uzielli,
                                 Gentleman in Clifton-Street, Finsbury-Square, Middlesex; auf
                                 Verbesserungen in Bereitung gewisser Metalle zur Bekleidung der Schiffe und zu
                                 anderen Zweken. Mitgetheilt von einem Fremden. Dd,
                                 6. Jul. 1830.
                              
                           
                              Dem Joh. Surman,
                                 Lieutenant und Reitmeister des 10ten Husarenregimentes in den
                                 Hounslow-Barraken, Middlesex; auf gewisse Verbesserungen am Gebisse
                                 fuͤr Pferde und andere Thiere. Dd. 6. Jul. 1830.
                              
                           
                              Dem Wilh. Wedd
                                    Tuxford, Muͤller zu Boston, Lincolnshire; auf eine
                                 Maschine oder Vorrichtung zum Reinigen des Weizens, Kornes, und anderer
                                 Koͤrper. Dd. 6. Jul. 1830.
                              
                           
                              Dem Edw. Cowper,
                                 Streatham Place, Surrey, und Ebenezer Cowper, Suffolk-Street, Pall-Mall East,
                                 Westminster Mechaniker; auf gewisse Verbesserungen an Drukmaschinen. Dd. 19. Jul.
                                    1830.
                              
                           
                              Dem Ich. Rawe, jun., Quaͤker, Albany-Street, Regent's Park, Middlesex, und Joh.
                                    Boase, Gentleman, ebendaselbst; auf gewisse Verbesserungen an
                                 Dampfwagen und Kesseln, und eine Methode den Zug zu verstaͤrken. Dd. 19. Jul.
                                    1830.
                              
                           
                              Dem Thom. Bulkeley,
                                 M. D., Albany-Street, Regent's Park; auf
                                 gewisse Verbesserungen im Treiben der Schiffe, welche Verbesserungen auch zu
                                 anderen Zweken dienen. Dd. 19. Jul. 1830.
                              
                           
                              Dem Wilh. Taylor,
                                 Mechaniker zu Wednesbury in Staffordshire; auf gewisse Verbesserungen an Kesseln
                                 und den mit denselben verbundenen Apparaten, welche Verbesserungen bei
                                 Dampfmaschinen und zu anderen Zweken anwendbar sind. Dd. 19. Jul. 1830.
                              
                           
                        
                           Patente, welche in England im vorigen Monate Julius verfallen sind.
                           
                              Des Joh. Barlow,
                                 Gießers zu Sheffield in Yorkshire, fuͤr einen neuen Kochapparat. Dd. 2. Jul.
                                    1816. (Siehe Repertory, XXIX. Bd. S.
                                 268.)
                              
                           
                              Des Joh. Towers,
                                 Chemikers in Little Warner Street, Cold Bathfields, Middlesex; auf eine Tinctur
                                 zur Heilung und Erleichterung des Hustens, des Asthmas und der Krankheiten, die
                                 er „Towers's
                                    New London Cough Tincture“ nennt. Dd. 11. Jul.
                                    1816.
                              
                           
                              Des Heinr.
                                    Wartburton, Esq., Lower Cadagan Place, Chelsea, Middlesex; auf eine
                                 Methode, gewisse animalische, vegetabilische und mineralische Substanzen zu
                                 destilliren, und gewisse Producte aus denselben zu erzeugen. Mitgetheilt von
                                 einem Fremden. Dd. 27. Jul. 1816.
                              
                           
                              Des Rob. Salmon,
                                 Geometers zu Wooburn, Bedfordshire; auf weitere Verbesserungen im Baue der
                                 Maschinen zum Heumachen. Dd. 27. Jul. 1816.
                              
                           
                              
                              Des Joh. Hague, Great
                                 Pearl Street, Spitalfields; auf Verbesserungen in der Methode Syrup aus dem
                                 Zuker abzuscheiden. Dd. 27. Jul. 1816. (Vgl. Repertory
                                 XXXI. Bd. p. 328.)
                              
                           
                        
                           Programm eines technologischen Preises, welchen die kaiserl.
                              Akademie d. Wissenschaften zu Petersburg in ihrer Sizung am 29. December 1829
                              ausgeschrieben hat. Aus dem Bulletin d. Scienc. techn.
                                 Avril
                                  1830. S. 375.
                           Man wird nicht laͤugnen, daß die Forstwirtschaft in Rußland durch die Weise,
                              wie Potasche daselbst gewonnen wird, bedeutend leidet. Man hat zwar seit einiger
                              Zeit in mehreren Gouvernements, namentlich in jenem von Riasan, angefangen die Asche
                              verschiedener Gewaͤchse, vorzuͤglich die Staͤngel von
                              Heidekorn, auf Potasche zu verwenden, und es gibt viele Gegenden, in welchen ganze
                              Waldstreken keinen anderen Ertrag gewahren, als daß sie Potasche liefern; es ist
                              aber auch kein Zweifel, daß eine sehr große Menge Holzes ohne alle Noth der
                              Potaschesiederei geopfert wird.Die k. Akademie zu Turin hat fuͤr das Jahr 1830 einen
                                    aͤhnlichen Preis ausgeschrieben. (Polytechn.
                                       Journ. XXXVI. Bd. S. 402.)
                                    Auch sie wuͤnscht Waͤlder geschont, und andere
                                    schaͤdliche Pflanzen aus Potasche benuͤzt zu sehen. Es ist
                                    merkwuͤrdig, daß, waͤhrend zwei Staaten in Europa, wovon der
                                    eine die hoͤchsten Alpen, der andere die groͤßten und
                                    wuͤstesten Waͤlder dieses Welttheiles besizt, auf Schonung
                                    ihrer Waͤlder, woran sie, man koͤnnte beinahe sagen, zu viel
                                    haben, so sehr Bedacht nehmen; ein anderer Staat in der Mitte Europa's,
                                    dessen einziger wahrer Reichthum in Holz besteht, die Waͤlder auf den
                                    Gipfeln seiner Voralpen nicht bloß zu seinem eigenen Schaden, sondern zum
                                    Nachtheile der benachbarten Staaten, deren Klima dadurch verdorben, deren
                                    Felder und Staͤdte dadurch von Ueberschwemmungen jaͤhrlich
                                    mehr und mehr verheert werden, seine Waͤlder zum Theile zu Schanden
                                    brennen laͤßt, und auf eine Potasche-Erzeugung Stolz thut in
                                    seinen Finanzberichten. Wenn man indessen weiß, daß die
                                    Oberforstraͤthe dieses Landes die Weiden desselben fuͤr
                                    amerikanische Baͤume an ihre Revierfoͤrster senden (wir
                                    koͤnnten den Oberforstrath nennen und den vornehmen Praktikanten, der
                                    ihm bei dieser schoͤnen Arbeit half); wenn man weiß, daß in den
                                    Bibliotheken dieses Landes kein Buch angeschafft werden soll, das
                                    „von
                                          Kraͤuteln“ handelt; so wird man sich
                                    hieruͤber nicht wundern. Desto mehr Dank verdienen die Akademien zu
                                    Turin und Petersburg, daß sie die Voͤlker aufmerksam machen, wie sie
                                    auch aus anderen, und zwar aus ihnen schaͤdlichen, Pflanzen Potasche
                                    bereiten koͤnnten. Vielleicht weiß man zu Petersburg nicht, daß man
                                    in dem holzarmen Italien, und vorzuͤglich in dem hochcultivirten
                                    Hetrurien, seit undenklichen Zeiten alle Unkraͤuter an den Mauern,
                                    Heken, in den Graͤben der Heerstraßen, man koͤnnte sagen,
                                    alles Gruͤne, was die Thiere nicht als Futter brauchen
                                    koͤnnen, sorgfaͤltig sammelt, verbrennt und aus Potasche
                                    benuͤzt; daß man in Frankreich, zumal im suͤdlichen, kurz vor
                                    dem Ausbruche der Revolution, es durch eine in diesem Lande seltene
                                    Beharrlichkeit waͤhrend einer Reihe von Jahren endlich dahin gebracht
                                    hat, daß durch das Einsammeln und Verbrennen des Unkrautes, nach obiger alt
                                    italiaͤnischer Art, Frankreich bereits mehr als
                                       die Haͤlfte seines Bedarfes an Potasche erzielte. Leider hat
                                    die Revolution, waͤhrend sie manchem Uebel abhalf, das Gute, das
                                    Vortreffliche dieser Einrichtung, woruͤber das aͤltere
                                    Frankreich die weisesten und wohltaͤtigsten Geseze, zugleich mit dem
                                    Ueblen zerstoͤrt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn man in
                                    jedem Dorfe in Europa das Unkraut an den Heken, Zaͤunen, Rainen, und
                                    in und an den Graͤben der Heerstraßen im Spaͤtherbste sammeln,
                                    verbrennen, und aus der Asche Potasche erzeugen wuͤrde, Europa keinen
                                    Gran Potasche aus N. Amerika und N. Asien einzufuͤhren brauchte.
                                    Unsere Chenopodien, Atriplex, Dipsacus, Verbascum, Artemisien und Disteln an
                                    den Heken und Chaussee-Graͤben, unsere Polygonen, Rumices,
                                    Potamogeton in und an den Suͤmpfen und Pfuͤzen und
                                    Baͤchen reichten fuͤr den Potaschebedarf von ganz Europa hin.
                                    A. d. Ue.
                              
                           
                           In vielen Kuͤnsten, wie z.B. in der Glasmacherei und Seifensiederei, bei
                              Leinwand- und Kattunbleichereien, laͤßt die Potasche sich mit Vortheil
                              durch ein anderes Alkali ersezen, durch die Soda naͤmlich oder durch das
                              sogenannte Natron oder mineralische Alkali. Es waͤre sehr zu
                              wuͤnschen, daß lezteres allgemeiner in Rußland gebraucht wuͤrde,
                              wenigstens in den oben erwaͤhnten Kuͤnsten, indem auf der einen Seite
                              die Erzeugnisse derselben besser ausfallen wuͤrden, und auf der anderen eine
                              bedeutende Menge Holzes und Potasche erspart wuͤrde, welche beide dann in das
                              Ausland ausgefuͤhrt werden koͤnnten. Die meisten unserer Seifensieder
                              im Inneren des Landes wissen wahrscheinlich nicht, daß die Potasche oder
                              Aschenlauge, welche sie anwenden, verloren ist; denn Seife enthaͤlt, wenn sie
                              gut bereitet ist, nichts von derselben in sich, indem, wenn der weichen
                              Potascheseife Salz zugesezt wird, eine doppelte Zersezung im Kessel entsteht: die
                              Soda, als Basis des Kochsalzes, verbindet sich mit dem Talge, oder mit dem Fette,
                              welches man zur Seifenbildung angewendet hat, und bildet mit demselben eine feste
                              Seift, waͤhrend die Kochsalzsaure des Kuͤchensalzes sich mit der
                              Potasche verbindet, welche man zur Bildung der weichen Seife verwendet hat. Die
                              Kochsalz- oder Hydrochlorsaure Potasche, welche aus dieser Verbindung
                              entsteht, bleibt in dem Wasser der Lauge am Boden des Kessels aufgeloͤst, aus
                              welchem man dieselbe gewoͤhnlich weglaufen laͤßt.
                           Ehevor wurde alle im Handel vorkommende Soda, mit Ausnahme einer geringen Menge
                              natuͤrlicher Soda oder Natrums, durch Einaͤscherung verschiedener
                              Pflanzen erhalten, welche in der Nachbarschaft des Meeres oder an dem Strande
                              desselben wuchsen, und eingesammelt wurden, wie z.B. der Salsolen, Salicornien und
                              Tangarten (Fuci), und anderer. Die verschiedenen Arten
                              Soda, die auf diese Weise bereitet wurden, und die man im Handel unter dem Namen
                              Barilla, Varec, Kelp etc. kennt, sind oͤfters sehr arm an mineralischem
                              Alkali. Man versuchte daher in neueren Zeiten dieses Mineralalkali aus den Salzen
                              auszuziehen, welche dasselbe enthalten, und auf Glashuͤtten hat man
                              oͤfters versucht, dasselbe durch die Salze selbst zu ersezen.
                           Schon im J. 1764 hat Laxmann (der einige Jahre
                              spaͤter, im J. 1770 zum Mitgliede der Akademie zu Petersburg ernannt wurde)
                              in Sibirien Versuche angestellt, die Potasche auf den Glashuͤtten durch eine
                              unreine Soda zu ersezen, welche er durch Calcinirung des natuͤrlichen
                              Glaubersalzes (Khudschir) der dortigen salzigen Erdlagen
                              mit Kohle, (jedoch ohne Zusaz von kohlensaurem Kalke), erhielt. Als Laxmann Bergrath wurde, und die Akademie im J. 1780
                              verließ, und nach Sibirien zuruͤkkehrte, errichtete er daselbst die
                              Glashuͤtten an der Schilka in der Provinz Nertschinsk, und benuͤzte
                              das natuͤrliche Natron aus dem Tsagan-Noor (weißen See) in der Nahe
                              von Doroninsk. Im J. 1784 errichtete er in Gesellschaft mit dem Handelshause
                              Baranoff, nicht weit von Irkuzk, an dem kleinen Flusse Taltsa, eine
                              Glashuͤtte, auf welcher man bis zu seinem Tode (im J. 1796) sich bloß des
                              Khudschir zur Bereitung des Glases bediente, mit welchem mehrere Provinzen von
                              dieser Huͤtte aus versehen wurden. Im J. 1795 gab Laxmann in russischer Sprache einen Bericht uͤber seine Versuche
                              und Arbeiten heraus, welcher im J. 1796 in Pallas's neuen
                                 nordischen Beitraͤgen in das Deutsche uͤbersezt wurde. Der
                              Originalaufsaz wurde in den Werken der k. oͤkonomischen Gesellschaft zu St.
                              Petersburg wieder abgedrukt.
                           Dieses zuerst von Laxmann auf den Glashuͤtten
                              eingefuͤhrte Verfahren, welches in der Anwendung des natuͤrlichen
                              Glaubersalzes und des Natron bestand, wurde in anderen Laͤndern, z.B. in
                              Ungern, durch Dr. Oesterreicher seit dem J. 1797
                              nachgeahmt. Es fand indessen, mit Ausnahme des Hauses Soldatoff, welches gegenwaͤrtig die Laxmann'sche Glashuͤtte als Eigenthum besizt, keine Nachahmer in
                              Rußland: Soldatoff hat neuerdings die Anwendung des
                              Khudschir auf dieser Glashuͤtte hingefuͤhrt, deren Arbeiten seit
                              Laxmann's Tode unterbrochen waren.Dr. Oesterreicher fand auch in Oesterreich nicht
                                    nur keine Nachahmer, sondern sogar Verhoͤhner und Verfolger, wie
                                    seine noch lebenden Freunde wohl wissen werden. Es ging lang her, bis auf
                                    einer Seite uͤber Handwerks- und National-Vorurtheile
                                    (Soda ein ungrisches Product, und sollte in Boͤhmen angewendet werden!) und Cabalen
                                    und Intriguen der Schreiber gesiegt wurde. Gegenwaͤrtig bedient man
                                    sich derselben, so viel wir wissen, in den
                                    oͤsterreichischen und boͤhmischen Glashuͤtten mit dem
                                    besten Erfolge. Es ist immer ein halbes Jahrhundert noͤthig, bis
                                    etwas Gutes und Gemeinnuͤziges uͤber Vorurtheile und
                                    Privatinteresse zu siegen vermag. A. d. Ue.
                              
                           
                           Rußland koͤnnte bisher noch keine gute Soda um billige Presse in den Handel
                              bringen, und aus diesem Gruͤnde hat man sich derselben auch in den Fabriken
                              bis jezt noch nicht sehr haͤufig bedient. Die Soda von Astrachan und Kislar,
                              die aus verschiedenen Pflanzen in der Nahe des caspischen Meeres bereitet wird,
                              enthaͤlt beinahe gar kein Mineralalkali. Dieser Umstand zog die
                              Aufmerksamkeit der k. oͤkonomischen Gesellschaft zu Petersburg auf sich,
                              welche, in der Vermuthung, daß dieser Nachtheil von Anwendung solcher Pflanzen
                              abhinge, die wenig geeignet sind, eine gute Soda zu geben, am Ende des Jahres 1792
                              einen Preis von 25 Ducaten fuͤr denjenigen ausschrieb, welcher aus echten
                              Sodapflanzen in Rußland eine Soda erzeugt haben wird, die der spanischen Barilla
                              gleich kommt. Bis zum bestimmten Termine, 1. Oct. 1793, ging keine Abhandlung ein.
                              Die Gesellschaft verlaͤngerte demnach den Termin bis auf das Jahr 1794, und
                              fuͤgte noch eine Bedingung bei, naͤmlich diese: ein leichtes und
                              wohlfeiles Mittel anzugeben, Soda aus unseren Steppensalzen und Salzseen, und aus
                              den Abfallen in unseren Steinsalzbruͤchen und Salzwerken zu erzeugen. Nun
                              erhielt die Gesellschaft zwei Handlungen, welche aber, so wie eine Abhandlung des
                              Akademikers Pallas, vorzuͤglich von Sodagewinnung
                              durch Pflanzeneinaͤscherung handelten, und durchaus nichts von einer
                              vortheilhaften Methode erwaͤhnten, Natrumsalze aus unseren Steppen und Seen
                              zu gewinnen. Bis auf den heutigen Tag blieb die Chemie in Rußland ohne Anwendung auf
                              Sodagewinnung im Großen.
                           Nach des aͤußerst geschikten Chemikers Hrn. Besse's
                              Beispiele fangen zwar einige Fabrikanten chemischer Producte in der Nahe von Moskau
                              an, die Abfalle der Salmiaksublimation, so wie bei Bereitung der
                              Kochsalzsaͤure (Hydrochlorsaͤure), auf Sodagewinnung zu
                              benuͤzen, und die Soda auf Seife zu verwenden: allein, dieß geschieht nur im
                              Kleinen, und dient mehr zur Benuͤzung der Abfaͤlle bei den
                              erwaͤhnten chemischen Arbeiten, als um ein neues Product der Industrie in den
                              Handel zu bringen, wie dieß in neueren Zeiten in Frankreich mit dem besten Erfolge
                              geschah.
                           Seit Duhamel im J. 1736 die Entdekung machte, oder
                              wenigstens durch neue Versuche erwies, daß das Koch- oder Meersalz, eine
                              alkalische Basis, und namentlich das mineralische Alkali oder die Soda als Basis
                              besizt, hat man zahlreiche Versuche zur Auffindung einer Methode angestellt, durch
                              welche man auf eine vorteilhafte Weise diese Basis aus dem Kochsalze abscheiden
                              koͤnnte. Die Akademie der Wissenschaften zu Paris, so wie die Gesellschaft
                              zur Aufmunterung der Kuͤnste, Gewerbe und des Handels zu London, haben
                              verschiedene Male diesen Gegenstand zum Gegenstande einer Preisaufgabe erhoben:
                              erstere in den Jahren 1781 und 1783, leztere in den Jahren 1786 bis 1789. Am Ende
                              des 18ten Jahrhundertes sah Frankreich durch politische Verhaͤltnisse sich
                              gedrungen, diesen Gegenstand mit noch groͤßerem Eifer zu betreiben. Unter
                              einer Menge von Verfahrungsarten fand man jene des Hrn. Leblanc als die vortheilhafteste. Dieses Verfahren besteht darin, das
                              Kochsalz durch Schwefelsaure zu zersezen, und das auf diese Weise erhaltene
                              Glaubersalz (die schwefelsaure Soda) mit Kohle und mit Kreide (kohlensaurem Kalke)
                              zu calciniren. Man errichtete im J. 1789 in der Naͤhe von St. Denis eine
                              Fabrik, um dieses Verfahren im Großen anzuwenden; allein, Ereignisse, die in keinem
                              Verbande mit der Methode standen, welche man anwendete, noͤthigten diese
                              Fabrik ihre Arbeiten aufzugeben. Als der Krieg im J. 1808 die Handelsverbindungen
                              zwischen Frankreich und Spanien aufhob, durch welche erstens beinahe alle seine Soda
                              von lezterem erhielt, kehrte man nach D'Arcet's weisem
                              Rathe zu Leblanc's Verfahren zuruͤk. Soda aus
                              Kochsalz zu bereiten. Hr. D'Arcet hat selbst an dieser
                              Methode einige Verbesserungen angebracht. Nun kam die Fabrik zu St. Denis wieder in
                              Thaͤtigkeit, und zwar mit dem besten Erfolge. Bald darauf wurden 45 andere
                              Fabriken errichtet, die nach derselben Methode arbeiteten, und von diesen waren
                              zwoͤlf zu Marseille allein, wo sich sehr viele Seifensiedereien befinden. Die
                              Glasfabrik zu St. Gobin errichtete gleichfalls eine Anstalt zur Erzeugung
                              gereinigter Soda, die sie zu ihrem schoͤnen Spiegelglase brauchte. Mit einem
                              Worte, alle rohe und gereinigte Soda, deren Frankreich bedarf, wird
                              gegenwaͤrtig aus franzoͤsischem Salze gewonnen und zu so niedrigem Preise verkauft, daß die
                              ehemalige, im Handel vorkommende Soda, welche jaͤhrlich fuͤr mehrere
                              Millionen eingefuͤhrt wurde, nun gaͤnzlich außer Gebrauch gekommen
                              ist.Der Uebersezer weiß, daß der wuͤrdige Halurge, Lenoble von Edlersberg, dem Oesterreichs Salinen so viel zu danken
                                    haben, und dem sie noch mehr zu danken haben wuͤrden, wenn seine
                                    weisen Rathschlaͤge nicht durch die Unwissenheit und den
                                    boͤsen Willen der Salzschreiber großen Theils unausgefuͤhrt
                                    geblieben waͤren, sich am Ende des lezten und im Anfange des
                                    gegenwaͤrtigen Jahrhundertes viel mit Sodagewinnung aus Kochsalz
                                    beschaͤftigte. In wiefern die Arbeiten dieses hochverdienten rastlos
                                    thaͤtigen Mannes sich eines gluͤklichen Erfolges erfreuten,
                                    werden seine Freunde und Verehrer, deren er so viele in allen Provinzen der
                                    oͤsterreichischen Monarchie haͤtte, wo sein Name ewig gelehrt
                                    bleiben wird, uns mittheilen koͤnnen. A. d. Ue.
                              
                           Rußland besizt Kochsalz und Glaubersalz als Naturprodukte, aus welchen man, mit
                              Huͤlfe der Chemie, im Großen die zum Gebrauche der Fabriken noͤthige
                              Soda erzeugen koͤnnte.
                           Was das Kuͤchensalz betrifft, so besizt das suͤdliche Rußland dasselbe
                              in solchem Ueberflusse, daß es physisch unmoͤglich ist, die ungeheueren
                              Massen Salzes, die sich daselbst befinden, als Salz jemals aufzuzehren. Es
                              waͤre daher hoͤchst wuͤnschenswerth, die Bestandtheile dieses
                              kostbaren Geschenkes der Natur zu irgend einem nuͤzlichen Zweke fuͤr
                              die Nationalindustrie zu verwenden. In technischer Hinsicht zeigt sich nicht das
                              mindeste Hinderniß, nach Leblanc's in Frankreich
                              eingefuͤhrter Methode, die gegenwaͤrtig daselbst im groͤßten
                              Maßstabe angewendet wild, Soda aus Kuͤchensalz zu erzeugen: denn es gibt
                              gegenwaͤrtig eingeborne Russen genug um Moskau, die da wissen, wie
                              Schwefelsaͤure erzeugt werden muß, um uͤberall, wo man es haben will,
                              eine Schweselsaͤurefabrik zu errichten, die man zur Sodagewinnung braucht. Es
                              laͤßt sich erwarten, daß die Zersezung des Kochsalzes durch
                              Schwefelsaͤure Mittel an die Hand geben wird, die Kochsalz- oder
                              Hydrochlorsaͤure, welche sich dabei entwikelt, zu sammeln, und zu
                              benuͤzen, und daß man sich derselben theils zur Bereitung des Chlores und der
                              wichtigen Chlorverbindungen, wie z.B. des Chlorkalkes theils zur Verfertigung der
                              Knochengallerte nach D'Arcet's Methode fuͤr die
                              Flotte sowohl als fuͤr die Hospitaͤler etc., wobei aber
                              sorgfaͤltige Aufsicht gepflogen werden muß,Diese Vorsicht macht der k. Akademie sehr viel Ehre. Sie wird es wohl bald
                                    selbst fuͤhlen, daß Nikolaus und jeder seiner Nachfolger reich genug
                                    ist, die Quelle seines Reichthumes, sein Volk und sein Heer, mit Fleisch und
                                    nicht mit Knochen zu naͤhren. A. d. Ue. theils zur Salmiakbereitung durch unmittelbare Verbindung mit
                              Ammoniumdaͤmpfen, die waͤhrend der Destillation thierischer Stoffe
                              aufsteigen, wird bedienen koͤnnen.Mit der Ausscheidung der Soda und der Kochsalz: oder Hydrochlorsaͤure
                                    aus dem Kochsalze ließen sich, an gewissen Orten, auch noch andere
                                    technisch-chemische Arbeiten verbinden. Koch oder Hydrochlorsaure
                                    Bittererde verdient besondere Aufmerksamkeit. Sie findet sich oͤfters
                                    in sehr bedeutender Menge in Begleitung des gemeinen Kuͤchensalzes,
                                    wie dieß z. V. im See Elton der Fall ist. Da die
                                    Kochsalz: oder Hydrochlorsaͤure sehr leicht aus ihrer Verbindung mit
                                    der Bittererde durch die Hize entweicht, so dient kochsalzsaure Bittererde
                                    sehr gut zur Salmiakbereitung nach einer sehr einfachen in Schottland
                                    eingefuͤhrten Methode. Man verbrennt daselbst sehr langsam, oder man
                                    verkohlt vielmehr in einem zu diesem Ende vorgerichteten Ofen alte Lumpen
                                    von Wollentuch, alte Lederstuͤke und andere thierische
                                    Koͤrper, die man vorlaͤufig in kochsalzsaurer
                                    Bittererdeaufloͤsung weichte. Das Ammonium, welches man durch
                                    Verbrennung dieser thierischen Stoffe erhaͤlt, verbindet sich mit der
                                    Hydrochlorsaͤure, welche die Hize aus der Hydrochlorsauren Bittererde
                                    entwikelt, und bildet mit demselben Salmiak, der sich in dem oberen Theile
                                    des Ofens verdichtet, und dann nur gereinigt und neuerdings sublimirt werden
                                    darf. A. d. O.
                              
                           Man findet in Rußland natuͤrliches Glaubersalz (schwefelsaure Soda) in sehr
                              großer Menge in den Seen sowohl als in den Salzsuͤmpfen in der Naͤhe
                              der Muͤndungen der Wolga, und in vielen Gegenden Sibiriens, wo die Akademiker
                              S. G. Gmelin, Georgi, Pallas u.a. sie fanden. Es ist
                              allerdings viel leichter, und weniger kostspielig, Soda aus Glaubersalz, als aus
                              Kochsalz zu bereiten, denn man bedarf hier nicht mehr der Schwefelsaͤure,
                              welche zur Verwandlung des Kochsalzes in schwefelsaure Soda nothwendig ist. Das
                              Bitter- oder Epsomsalz (die schwefelsaure Bittererde), welches so oft in der
                              Natur mit dem Glaubersalze verbunden ist, koͤnnte zur Gewinnung der
                              Bittererde verwendet werden.
                           Man muß noch bemerken, daß eine große Menge unserer Seen und unserer
                              Salzpfuͤzen, besonders in Sibirien, eine sehr bedeutende Menge Natron
                              (basisch kohlensaurer Soda) enthalten, welche die Natur an der Seite des Kochsalzes
                              oder des Glaubersalzes, und zuweilen beider zugleich, gebildet hat: eine Thatsache,
                              auf welche der Akademiker Georgi die allgemeine
                              Aufmerksamkeit zu lenken wußte. Ueberall, wo dieses Natron in der Nachbarschaft
                              schiffbarer Fluͤsse vorkommt, sollte es gesammelt, gereinigt und in den
                              Handel gebracht werden.
                           Da nun die kaiserliche Akademie wuͤnscht, Untersuchungen zu weken, durch
                              welche einige natuͤrliche Producte Rußlands, aus denen die Industrie und der
                              Handel große Vortheile ziehen koͤnnten, allgemein nuͤzlich
                              wuͤrden, so schlaͤgt sie vor: daß man eine auf
                                 Kenntniß der Ortsverhaͤltnisse, auf genaue chemische Versuche und scharfe
                                 Berechnung gegruͤndete Methode angebe, nach welcher man in Rußland, im
                                 Großen, die Soda entweder aus dem gewoͤhnlichen Koch- oder
                                 Seesalze, oder aus natuͤrlichem Glaubersalze (schwefelsaurer Soda), oder
                                 aus Mischungen dieser Salze unter sich oder mit anderen Salzen gewinnen kann,
                                 wie z.B. aus dem Natron oder aus der natuͤrlichen basisch kohlensauren
                                 Soda, die sich in den Seen und Salzpfuͤzen befindet, so daß diese Soda,
                                 roh oder gereinigt, mit Vortheile im Lande verwendet oder selbst
                                 ausgefuͤhrt werden kann.Die Moͤglichkeit der Ausfuhr der aus Kochsalz erzeugten Soda
                                    haͤngt lediglich von dem Preise ab, um welchen dem Fabrikanten das
                                    rohe Material, das Kochsalz, zur Bearbeitung uͤberlassen wird. Wenn
                                    die russisch kaiserl. Regierung so weise ist, wie die k.
                                    niederlaͤndische, und dem Fabrikanten das Salz um den Gestehungspreis
                                    uͤberlaßt; (wie es ihr naͤmlich selbst zu stehen kommt); wenn
                                    dieser Gestehungspreis nicht durch die Unwissenheit der Salzschreiber in
                                    Rußland hoͤher zu stehen kommt, als in anderen Laͤndern; so
                                    wird Rußland allerdings bald Soda ausfuͤhren koͤnnen: es
                                    wuͤrde bei seinem Reichthume an Koche salz bald ganz Europa mit Soda
                                    uͤberschwemmen koͤnnen, und dieß zwar um so leichter, als in
                                    vielen Laͤndern Europens, welche gleichfalls sehr reich an Salz sind,
                                    die Salzschreiber jede andere Benuͤzung des Salzes, als zum Salzen
                                    der Suppe, rein unmoͤglich machen.Vergebens verweist man diese ungluͤkseligen Salzschreiber auf das
                                    Beispiel Englands, wo jedes menschliche Beduͤrfniß, sogar das
                                    Tageslicht, besteuert ist (Fenster-Taxe), und doch die Salzsteuer
                                    erst vor Kurzem aufgehoben wurde, „damit,“ wie der
                                    weise Finanzminister, der sie aushob, sehr richtig bemerkte „das Volk zehn Mal mehr an anderen Steuern
                                          dafuͤr zu zahlen im Stande ist.“ Diese
                                    ungluͤkseligen Menschen wissen nicht, daß Salz die Seele der
                                    Viehzucht ist; daß ihr Pfannenstein, den sie als Viehleke verkaufen, wahres
                                    Gift fuͤr unsere Hausthiere ist; daß ihr mit Thon und Gyps
                                    eingesprengter Salzstein, als Viehleke, weder den Beduͤrfnissen des
                                    Landwirthes noch jenen seiner Thiere entspricht. Sie wissen nicht, daß
                                    Viehzucht die Seele des Akerbaues ist, und daß der Landmann desto mehr
                                    Steuer zahlt, je mehr er erntet; sie wissen nicht, daß wenn der Landmann
                                    seinen Ackern das noͤthige Salz schenken koͤnnte, seine Ernte
                                    in vielen Gegenden des Landes verdoppelt seyn wuͤrde; daß sein
                                    Gemuͤsegarten ihnen selbst wohlfeilere und schmakhaftere
                                    Gemuͤse liefern wuͤrde; sie sehen nicht ein, daß ihr
                                    Duͤngersalz ein schlechtes Mixtum
                                       Compositum ist, durch welches sie sich selbst eben so sehr schaden,
                                    wie dem Landwirthe. Sie wissen nicht, daß sie ihre Vatermoͤrder, ihre
                                    Crabatten, ihre Gilets, alles was ihre Frauen, Toͤchter oder
                                    Schoͤnen weiß an sich tragen, dem Salze danken, und daß sie alles
                                    dieß wohlfeiler und eleganter haben koͤnnten, wenn sie mit ihrem
                                    Salze nicht so theuer waͤren; daß sie, aufgepuzt und aufgestuzt, oder
                                    schmuzig, wie ein alter Oberschreiber, alles was sie an sich tragen, wie man
                                    sagt, aus dem Salze haben, und noch besser haben wuͤrden, wenn ihre
                                    Salzpreise menschlicher waͤren; daß, mit einem Worte, beinahe kein
                                    Gewerbe, so wie kein Mensch, ja sogar kein Vers (weil wir doch heute zu Tage
                                    im Versefabrik-Zeitalter leben, wenn er nicht fad seyn soll) ohne
                                    Salz bestehen kann, und daß endlich Salz nicht bloß als Salz, sondern selbst
                                    in seinen beiden Bestandtheilen, als Kochsalzsaͤure und als
                                    Mineralalkali, fuͤr die gestimmte Industrie nicht minder allgemein
                                    wichtig ist, als fuͤr Viehzucht und Landwirthschaft. Dieß wußten aber
                                    die Salzschreiber in England. Sie sahen ein, daß Salz besteuern sich selbst
                                    besteuern heißt, den Akerbau, die Viehzucht und die Industrie laͤhmen
                                    heißt, und daß jede andere Art von Steuer weniger nachtheilig ist, als eine
                                    Salzsteuer. Sie hoben sie daher auf, und uͤberließen jedem das Recht,
                                    nach Salz zu bohren und zu graben, wie er will, dasselbe zu raffiniren, wie
                                    er will, und das Resultat hiervon ist, daß man nirgendwo schoͤneres
                                    und wohlfeileres Salz findet, als in England, und die Kunst der Salzsiederei
                                    nirgendwo (N. Amerika abgerechnet) auf jener Stufe von Vollkommenheit steht,
                                    auf welcher man sie in diesen Laͤndern ebenso sehr bewundern muß, als
                                    man jene unserer oberdeutschen Salzwerke verlachen oder beweinen muß, je
                                    nachdem man nun eben gestimmt ist.Es unterliegt keinem Zweifel, daß, um nur bei den oberdeutschen Salinen
                                    stehen zu bleiben, der Reichthum des Salzes, den Oesterreich in seinen
                                    Salzwerken zu Ischt, Hallstadt, Aussee, Hallein und Hall besizt, eben so
                                    sehr fuͤr die deutschen und boͤhmischen Provinzen des
                                    oͤsterreichischen Kaiserthumes hinreicht, als jener zu Wieliczka und
                                    Bochnia, nebst dem uͤbrigen in den Karpathen, fuͤr Galicien
                                    (man kann sagen fuͤr ganz Europa), als jener In Ungern und
                                    Siebenbirgen fuͤr Ungern und seine Provinzen mehr als hinreichend
                                    ist. Bei allen diesen Salinen hat man uͤberdieß in der Nachbarschaft
                                    der bestehenden (z. V. in der Gegend von Admont, in der Nachbarschaft von M.
                                    Zell) Salzbruͤche, die man verbirgt und bewacht, damit den bereits
                                    bestehenden Salinen kein Nachtheil entsteht. Die Salzwerke zu Berchtesgaden
                                    und Reichenhall reichen fuͤr Bayern's Bedarf hin, und wuͤrden,
                                    wenn man denselben in ihren naͤchsten Umgebungen jene Ausdehnung
                                    geben wollte, deren sie faͤhig sind, fuͤr ganz Deutschland
                                    hinreichen. Was die Natur nicht bloß in ganzen Bergen, sondern in ganzen
                                    Gebirgsketten uns schenkte, das wiegen die Schreiber uns Lothweise vor, und
                                    verkaufen uns dasselbe zu 8 Lothen fuͤr Einen Kreuzer,
                                    waͤhrend ihnen, selbst bei ihrer bodenlos schlechten Gewinnungsweise,
                                    der Ztr. kaum auf einen halben Gulden kommt: bei verstaͤndigem
                                    Betriebe wuͤrde der Ztr. kaum auf 15 kr. kommen.Wir sind weit entfernt der Staatseinnahme von den Salinen aus auch nur einen
                                    Heller entziehen zu wollen, oder gar Beschwerde gegen die Millionen zu
                                    erheben, die der Staat durch das Salzmonopol gewinnt; wir wuͤnschen
                                    vielmehr ihm diese Einkuͤnfte zu verdoppeln, und begnuͤgen uns
                                    bloß damit, die Staatsverwaltungen aufmerksam auf die Taͤuschungen zu
                                    machen, in welchen sie von ihren Salzschreibern uͤber diesen Punkt
                                    gehalten werden.Der edle Lenoble von Edlersberg hat beinahe ein
                                    halbes Jahrhundert lang sich lahm geschrieben an Vorstellungen uͤber
                                    die Absurdidaͤten der Salzschreiber. Erst gegen sein Ende und nach
                                    seinem Tode, als die Weisheit des Grafen Saurau
                                    jenen wohlthaͤtigen Einfluß erhielt, den sie laͤngst verdient
                                    haͤtte, ward die Richtigkeit der Ansichten Lenoble's nach Verdienst gewuͤrdigt, und wenigstens ein
                                    Theil seines schoͤnen Planes zum Wohle der Finanzkammer sowohl als
                                    des Volkes ausgefuͤhrt: der Salzhandel ward einstweilen frei gegeben,
                                    und dadurch bei gleicher Einnahme die ungeheuere Ausgabe fuͤr ein
                                    Heer muͤßiger, alles verwirrender Schreiber beseitigt. Schwerlich
                                    wird noch ein halbes Jahrhundert vergehen muͤssen, bis Saurau's Nachfolger, der Bahn ihres weisen
                                    Vorgaͤngers folgend, auch die Erzeugung des Salzes ihren
                                    Buͤrgern frei geben werden: sey es entweder, daß sie es fuͤr
                                    gut finden, ihre Salinen einer Gesellschaft zu uͤberlassen, die ihnen
                                    den jaͤhrlichen reinen Ertrag derselben bezahlt, den sie bisher davon
                                    zogen, und sich durch hinlaͤngliche Cautionen verbirgt, die bisherige
                                    Menge Salzes jaͤhrlich zu erzeugen, und nicht hoͤher, als zu
                                    dem bisherigen Gestehungspreise, zu welchem es dem Staate mit Inbegriff seiner
                                    Schreiberlegionen im Berg-, Forst- und Sud- und
                                    Administrationswesen zu stehen kam, zu verkaufen; oder, die Salzbergwerke
                                    fortwaͤhrend als Staatseigentum zu behalten; dieselben unter der
                                    Aufsicht von Mineurs, die hier ihre beste Schule haben wuͤrden, von
                                    Straͤflingen bearbeiten zu lassen, und das rohe Salz oder die Sohle
                                    Privaten zur Raffinirung um den Berglohnpreis unter der Bedingung zu
                                    uͤberlassen, daß sie durch Cautionen sich zur Erzeugung der
                                    noͤthigen Salzmenge verpflichten, und das raffinirte Salz nicht
                                    hoͤher als um den ehemaligen Gestehungspreis, zu welchem es dem
                                    Staate ehevor zu stehen kam, verlaufen: der Ausfall, der dadurch an der
                                    Staatseinnahme entstuͤnde, koͤnnte durch eine directe Salzsteuer
                                    per Kopf um so leichter repartirt werden, als
                                    sie weniger betruͤge, als die bisherige indirecte, und jeder gern
                                    irgend eine Summe bezahlt, wenn er vier bis sechs Mal so viel daran gewinnt,
                                    als er bezahlt.Was den ersteren dieser Plane betrifft, so darf man nicht besorgen, daß es in
                                    irgend einem Lande, in welchem Salzwerke sind, an Leuten fehlen
                                    wuͤrde, die ihre Capitalien zu einer solchen Gesellschaft mit
                                    Vergnuͤgen hergeben wuͤrden, oder daß es an Leuten fehlen
                                    wuͤrde, die die Salzsiederei nicht hundert Mal besser
                                    verstaͤnden, als die Salzschreiber. Wenn dieß auch der Fall seyn
                                    koͤnnte, so wuͤrden englische, hollaͤndische Compagnien
                                    sich wechselseitig uͤberbieten in annehmbareren Antraͤgen, und
                                    der Staat gewaͤnne, außer den nicht zu berechnen den Vortheilen des
                                    moͤglich niedrigsten Salzpreises fuͤr Viehzucht,
                                    Landwirthschaft. Kuͤnste und Gewerbe, die Cautionscapitalien dieser
                                    Gesellschaften zu seiner Disposition, und ersparte die ungeheueren Ausgaben
                                    fuͤr sein Heer von Salzschreibern. Die Gesellschaft kann um so
                                    leichter das Salz um 10 Mal niedrigeren Preis, als der gegenwaͤrtige,
                                    liefern, als sie sicher seyn kann, daß sie 40 Mal so viel davon absezen
                                    wird, sowohl im Inlande als in dem salzarmen Auslande, wenn sie dasselbe 10
                                    Mal wohlfeiler liefert; als sie nicht so einfaͤltig, wie die
                                    Salzschreiber, die Salinen betreiben wird, und auch, bei
                                    fabrikmaͤßigem Betriebe, nie so betrogen wird, wie es jeder Staat
                                    wird, der irgend eine Fabrikation auf seine Rechnung betreibt.Was die Verwendung der Mineurs als Leiter und Oberaufseher und der
                                    Straͤflinge als Arbeiter zur Bergwerksarbeit betrifft, so ist dieß
                                    nichts weniger als ein neuer Plan. Vor den Roͤmern hatten schon die
                                    Griechen, namentlich die weisen Syracusaner, ihre Verbrecher unter der
                                    Aufsicht ihrer Soldaten ad Latomias, ad lapicidinas
                                       et Metalla verdammt: nur durch solche Haͤnde konnten die
                                    beruͤhmten Latomien in Syracus, die Riesenwerke des roͤmischen
                                    Bergbaues, die wir noch heute zu Tage als Wunder der Welt in Spanien und
                                    Portugal und in Kleinasien mit allein Rechte anstaunen, nach Jahrtausenden
                                    noch auf die Nachwelt gelangen. Wir bauen entweder unseren Verbrechern
                                    Pallaͤste und beschaͤftigen ihre Haͤnde mit Arbeiten,
                                    durch welche sie selbst im Straft Hause noch Diebstahl begehen, in dem sie
                                    dem Fabrikanten, der schwere Stellern und Abgaben fuͤr die Erlaubniß
                                    bezahlen muß, dieselben Arbeiten verrichten zu duͤrfen, zu welchen
                                    sie in Strafe angehalten werden, sein theuer bezahltes Brot stehlen, oder
                                    wir werfen sie in Keuchen, in welchen sie tausend Mal mehr zu dulden haben,
                                    als wenn man ihnen den Kopf abgeschlagen haͤtte, obschon das Recht
                                    selbst sie von dieser tausend Mal wohltaͤtigeren Strafe frei sprach:
                                    waͤhrend sie doch nirgendwo sicherer und leichter verwahrt,
                                    vielleicht mit keiner Arbeit, als Strafe, zwekmaͤßiger bestraft, und
                                    doch zugleich noch, selbst bei lebenslaͤnglicher Strafe, menschlicher
                                    behandelt und nuͤzlicher beschaͤftigt werden koͤnnten,
                                    als mit Bergbau. Was unsere Mineurs und Sappeurs betrifft, so ist es die
                                    laute Klage aller Generaͤle, daß, waͤhrend alle Waffen im
                                    Frieden hin: laͤnglich eingeuͤbt werden, diese beiden
                                    hoͤchst wichtigen Zweige der Kriegskunst, (der Dienst des Mineurs und
                                    des Sappeurs) am wenigsten Uebung finden; so daß wir, aus Mangel an Uebung,
                                    nicht bloß das Leben Einzelner, zuweilen sogar ihrer Kenntnisse wegen
                                    hoͤchst achtbarer Officiere, wie im vorigen Jahre bei dem Sprengen
                                    der Waͤlle zu Wien, sondern oft vieler Tausende, wie im lezten
                                    tuͤrkisch-russischen Kriege bei Brailow, auf die traurigste
                                    Weise geopfert sehen Bergwerke sind der wahre Exercierplaz der
                                    Mineurs und Sappeurs; hier koͤnnen sie, eingeuͤbt in die
                                    Geheimnisse der Markscheidekunst, ihre Minen und Gegenminen mit einer
                                    Praͤcision anlegen und ausfuͤhren lernen, wie sie es sonst
                                    nirgendwo im Stande seyn werden. Der militaͤrische Geist, der in
                                    allen Zweigen der Industrie so wohlthaͤtig wirkt, ist hier mehr als
                                    irgendwo an seiner Stelle, und der Bergbau kann durch denselben nur
                                    ebensoviel gewinnen, als die Minirkunst durch den Bergbau bereits gewonnen
                                    hat. Schon die aͤltesten deutschen Bergleute fuͤhlten die
                                    Nothwendigkeit eines militaͤrischen Geistes bei ihren gefahrvollen
                                    unterirdischen Arbeiten, und wenn auch leider die Geißel der Schreiberei bis
                                    in die Tiefe der Schaͤchte hinabgedrungen ist, so ist doch noch ein
                                    Berghauptmann ihr Oberer, und nicht ein
                                    Bergschreiber, und der eigentliche Grubendienst ist militaͤrisch,
                                    nicht buͤreaukratisch, geordnet. Wuͤrden unsere
                                    Finanzschreiber alte Classiker lesen, so wuͤrden sie laͤngst
                                    die ungeheueren Ausgaben, welche Bergwerke dem Staate verursachen, nach Art
                                    der Roͤmer, die mit Wenigem in ihrem Staatshaushalte Wunderwerke
                                    schufen, auf ihr natuͤrlichstes Minimum zuruͤkgefuͤhrt
                                    haben. Der Straͤfling zahlt hier seine Unterhaltungskosten, und kann
                                    sich, wenn er nicht auf lebenslaͤnglich verdammt ist, selbst noch
                                    etwas verdienen, das ihn, nach uͤberstandener Strafe, gegen die
                                    Nothwendigkeit neuer Verbrechen schuͤzt. Er kostet nicht den zehnten
                                    Theil der Auslagen, die man fuͤr einen Bergmann machen muß, wenn wir
                                    das damnum cessans in Anschlag bringen. Der Mineur und Sappeur
                                    kommt um eben so vieles wohlfeiler, wenn wir ihn auch waͤhrend seiner
                                    Exercierzeit im Bergwerke auf Kriegsfuß sezen, und der Vortheil, der durch
                                    Einuͤbung des Mannes in seinen Dienst entsteht, ist nicht zu
                                    berechnen. Man koͤnnte sogar, wo die Zahl der Mineurs und Sappeurs
                                    nicht hinreichte, da es immer gut ist, bei jedem Regiments Leute zu haben,
                                    die in diesem Dienste unterrichtet sind, und mehrere derselben gewiß Luft
                                    haben wuͤrden denselben zu lernen, und die Vortheile des Kriegsfußes
                                    dabei zu genießen, die Mineurs durch Freiwillige aus den Regimentern
                                    verstaͤrken. Daß dann, wo so wohlfeil gebaut werden koͤnnte,
                                    anders gebaut werden koͤnnte und wuͤrde, als unsere
                                    Federnfuchser bauen, daran wuͤrde wohl kein Sterblicher zweifeln, der
                                    auch nur ein Mal in die heiligen Hatten getreten ist, die der
                                    altroͤmische Fimmel und Faͤustel dem Plutus in dem tiefsten
                                    Schooße der Erde eroͤffnete, zu einer Zeit, wo man die Gewalt des
                                    Schießpulvers noch nicht kannte, und der in die
                                    Maulwurfsgrillengaͤnge einkroch, die wir heute zu Tage, als Bergbau,
                                    in die Berge graben.Außer dem (wie es uns wenigstens scheint) nicht zu verkennenden Nuzen, der
                                    durch Verwendung der Straͤflinge, als Arbeiter, und der Mineurs und
                                    Sappeurs, als Aufseher und Leiter im Bergbaue fuͤr den Staat sowohl
                                    in finanzieller, als in taktischer Hinsicht hervorgehen wuͤrde,
                                    entstuͤnde ein noch unendlich groͤßerer Nuzen fuͤr
                                    denselben dadurch, daß Hunderte, in manchen Laͤndern vielleicht
                                    Tausende seiner fleißigsten und betriebsamsten Buͤrger, daß die
                                    treuen Knappen, die armen Bergleute nicht vor der Zeit in's Grab geschikt
                                    wuͤrden, oder wenigstens nicht im maͤnnlichen Alter schon als
                                    Kruͤppel und Siechlinge ihm zur Last fielen; daß die Rasse seines
                                    Volksstammes nicht durch erkuͤnstelte Schwaͤchlinge verdorben
                                    wuͤrde. Keine Arbeit auf Erden ist haͤrter, keine der
                                    Gesundheit nachtheiliger, als die des Bergmannes: von Gefahren wollen wir
                                    hier nicht sprechen; denn jeder weiß, daß das Leben des Bergmannes in seiner
                                    Grube in jedem Augenblike nicht minder gefaͤhrdet ist, als jenes des
                                    Schiffers auf der See, und des Soldaten im Treffen; auch von dem sicheren
                                    fruͤhzeitigen Tode in Blei- und Queksilber-Bergwerken
                                    (zu Idria ist ein 40jaͤhriger Knappe eine Seltenheit, und ein
                                    30jaͤhriger gleicht mehr einem Gespenste, als einem lebendigen Wesen)
                                    wollen wir nicht sprechen, und bloß bei dem Knappen im gesuͤndesten
                                    Bergwerke, im Salzbergs stehen bleiben. Wir kennen die Salzbergwerke alle in
                                    der deutschen Alpenkette und in der noͤrdlichen Kette der Karpathen;
                                    wir haben mehrere derselben oft befahren, wir haben aber in keinem derselben
                                    auch nur einen einzigen Knappen gefunden, dessen Gesundheit wir mit der
                                    unsrigen haͤtten vertauschen moͤgen. Ob schon zehn Mal
                                    gluͤklicher, als ihre Kameraden in Blei: und
                                    Queksilber-Bergwerken, waren sie alle mehr oder minder erdfarben,
                                    welk, mager, und man sah es ihnen allen beim ersten Blike an, daß sie einer
                                    der ersten Bedingungen zu einer kraftvollen Gesundheit, reiner Luft und
                                    Tageslicht, entbehren. Abgesehen von den Nachtheilen dieser Entbehrungen
                                    waͤhrend mehr als des dritten Theiles seines Lebens (denn als
                                    6–7 jaͤhriger Knabe arbeitet er schon im Berge) hat der
                                    Bergmann noch mit allen Muͤhseligkeiten herber Armuth zu
                                    kaͤmpfen, und kann oft kaum an harter Kost sich taͤglich
                                    saͤttigen. Die wenigen Stunden, die er, vielleicht, im Tageslichte
                                    noch verleben kann, sind anderer nicht minder harten Arbeit geweiht, und so
                                    verkruͤppelt der arme Mensch nach und nach zu jenen leichen-
                                    und gespensterartigen Wesen, die wir als Knappen uͤberall finden. Es
                                    ist unmoͤglich, platterdings unmoͤglich, daß ein Mensch die
                                    Drangsale eines Bergmannes sein ganzes Leben uͤber ertragen
                                    koͤnnen soll, ohne gaͤnzlich unter denselben mit allen seinen
                                    Nachkommen auszuarten und zu verkruͤppeln. Der Staat erhaͤlt
                                    also bei dem gegenwaͤrtigen Bergbausysteme ein Heer von Siechlingen,
                                    das mit jedem Jahre sein eigenes Elend noch durch jenes vermehrt, in welches
                                    der Staat eben dadurch von Jahr zu Jahr mehr und mehr versinkt. Man frage
                                    menschenfreundliche Bergofficiere und die Aerzte, die bei Bergwerken
                                    angestellt sind, wenn man unsere Schilderung uͤbertrieben finden
                                    sollte. Es ist bereits so weit gekommen bei dem Bergbaue, daß
                                    menschenfreundliche und kluge Berghauptleute sich genoͤthigt sahen,
                                    selbst den Fleiß und die Betriebsamkeit ihrer Knappen zu
                                    beschraͤnken, und diese nicht so viel arbeiten zu lassen, als sie
                                    wuͤnschten, damit sie sich nicht noch mehr und noch schneller zu
                                    Kruͤppeln arbeiteten: die sogenannte Gedingarbeit mußte in manchen
                                    Bergen aufgegeben werden, in dem die Arbeiter sich dabei zu Grunde richteten
                                    und dem Staate oft schon in der Bluͤthe ihres Lebens als Siechlinge
                                    zur Last fielen. Alle diese, insofern sie Leben und Gesundheit von
                                    Hunderten, ja von Tausenden betreffen, gewiß nicht unbedeutenden Nachtheile
                                    wuͤrden gaͤnzlich beseitigt werden, wenn man das alte
                                    roͤmische Bergbausystem wieder einfuͤhrte; wenn man zu den
                                    Arbeiten des Bergbaues, die kein Mensch von seiner fruͤhesten Jugend
                                    an bis in das spaͤtere maͤnnliche Alter ertragen kann, ohne
                                    dabei zum Siechlinge zu werden, nur diejenigen Ungluͤklichen
                                    waͤhlte, die durch ihre Handlungen strafbar geworden sind; die, eine
                                    kuͤrzere Reihe von Jahren uͤber, 1 bis 20 Jahre lang, diese
                                    Arbeiten ohne Nachtheil auszuhalten vermoͤgen, in dem sie bereits
                                    erwachsen, nicht schon als Kind, zu dieser Arbeit verdammt werden. Selbst
                                    diejenigen Straͤflinge, die zur lebenslangen Strafe unter der Erde
                                    verdammt sind, werden hier dieselbe auf eine fuͤr den Staat und die
                                    Menschheit nuͤzlichere Weise eine laͤngere Zeit uͤber
                                    auszuhalten vermoͤgen, und dem Staate weniger zur Last fallen. Der
                                    Leiter und Aufseher dieser Arbeiter, der Sappeur und Mineur, wird alle Jahre
                                    abgeloͤst: ein Jahr lang kann jeder den Grubendienst aushalten, ohne
                                    daß seine Gesundheit im Mindesten dabei litte, und Mineurs und Sappeurs, die
                                    ein Jahr lang in der Grube ihre Schicht arbeiteten, werden im Kriege
                                    gewandter im Minenbaue seyn, als sie es gewoͤhnlich nicht sind.
                                    Unterofficiere und hoͤhere Officiere vom Geniecorps, die
                                    waͤhrend des Friedens gewoͤhnlich muͤßig sind,
                                    verdiente pensionirte Officiere vom Geniecorps koͤnnten hier, durch
                                    die kleine Zulage des Kriegsfußes, die man ihnen ertheilen koͤnnte,
                                    wenn sie die Oberleitung bei dem Bergbaue, und die Dienste, die
                                    gegenwaͤrtig den sogenannten Bergofficieren aufgetragen sind,
                                    besorgen, auf der einen Seite wohlverdiente Belohnung finden, und auf der
                                    anderen Seite alle uͤbrige, 20 Mal groͤßere, Auslage
                                    fuͤr die Bergwerksofficiere dem Staate ersparen. Die Geschichte des
                                    Geniewesens und des Bergwesens aller Voͤlker liefert uns Reihen von
                                    Beispielen, daß aus den Bergwerken die ausgezeichnetesten Officiere des
                                    Geniewesens hervorgingen, die siegreich Festungen theils eroberten, theils
                                    verteidigten, so wie umgekehrt manches Bergwerk seinen ganzen Aufschwung
                                    einem erfahrnen Officiere vom Geniecorps verdankt, der endlich den Dienst
                                    der Bellona mit jenem des Plutus vertauschte. Wenn nun die Geschichte uns
                                    alles dieses von den classischen Zeiten der Roͤmer durch alle
                                    Voͤlker fort bis auf unsere Tage uns lehrte, wie konnten wir Jahrhunderte
                                    durch taub und blind gegen diese Lehren geblieben seyn? Diese Frage ließe
                                    sich leicht beantworten, wenn wir nicht besorgen muͤßten zu
                                    weitlaͤuftig in unserer Anmerkung zu werden: wir muͤssen uns
                                    begnuͤgen, bloß mit zwei Worten zu bemerken, daß die
                                    Stupiditaͤt der Bureaukratie, die Klarheit des militaͤrischen
                                    Geistes scheuend, denselben seit Jahrhunderten uͤberall zu
                                    laͤhmen suchte, und immer nur auf Halbheit erpicht war und ist, quia ponere totum nescit.
                                    Was soll aber mit bell Hunderten und Tausenden der gegenwaͤrtigen
                                    Knappen geschehen? Soll man diese verhungern lassen? Wir fragen dagegen:
                                    Werden diese Hunderte und Taufende bei ihrem gegenwaͤrtigen
                                    Verdienste auch wirklich taͤglich satt? Ist der Boden der
                                    naͤchsten Umgebungen um Bergwerke von der Art, daß der arme Knappe,
                                    der allenfalls einen halben Morgen Landes um seine Huͤtte besizt, in
                                    demselben fuͤr sich und die Seinigen auch nur Erdaͤpfel und
                                    einige Krautkoͤpfe mit wahrem Vortheile bauen kann? Waͤre es
                                    nicht besser, wenn die ganze naͤchste Umgebung eines Bergwerkes,
                                    dessen erster Bedarf Holz ist, mit Baͤumen Statt mit den
                                    aͤrmlichen Huͤtten und Gaͤrtchen der Knappen besezt
                                    waͤre? Hiervon hat man sich an vielen Bergwerken bereits so sehr
                                    uͤberzeugt, daß man den Knappen gar keine Ansiedelungen in der
                                    Naͤhe erlaubte, sondern sie daselbst, ganz militaͤrisch,
                                    casernirte, und eine eigene Unterkunft fuͤr sie erbaute. Der Staat
                                    gewinnt nichts, wenn er Gegenden bevoͤlkert, die nur mit Verlust
                                    seines Holzbedarfes urbar gemacht werden koͤnnen, und dafuͤr
                                    ganze Quadratmeilen von Heiden, die nur den Pflug erwarten, um tragbares
                                    Land der besten Guͤte zu liefern, unbekannt und unbewohnt liegen
                                    laͤßt. Es gibt kein Land, das Bergwerke besizt, und nicht als
                                    Domaͤnen oder vernachlaͤssigte Gemeindegruͤnde auch
                                    Heiden und Moore genug besaͤße, um auf denselben den armen
                                    ausgehungerten Bergmann als Landwirth anzusiedeln. Der Fleiß, die Ordnung
                                    bei allen Arbeiten, die dem Bergmanne zur Gewohnheit, zur zweiten Natur
                                    wurde, wird ihn bald der Oberflaͤche des tragbaren Landes eben so
                                    viel und noch mehr abgewinnen lehren, als er ehevor aus der Tiefe der Erde
                                    zog; er wird, im Genusse des reinen Tageslichtes, mit den Seinigen sich
                                    erholen, und nach und nach eben so erstarken, als er ehevor mit denselben
                                    bei dem Grubenlichte unter der Erde zu Grunde ging. Der Staat erhaͤlt
                                    also bei dem altroͤmischen Systeme eine gesuͤndere
                                    kraftvollere Bevoͤlkerung, und mehr fruchtbares Land; er
                                    erhaͤlt geuͤbtere Krieger; er straft und schont zugleich die
                                    Ungluͤklichen, die er aus seinem Verbande entlassen mußte auf eine
                                    zwekmaͤßigere Weise; und erspart noch bei dem Gewinne, den er
                                    hierdurch erhaͤlt, Knappenlohn und Unterhaltungskosten der
                                    Straͤflinge.Es ist merkwuͤrdig, daß in zwei Staaten, deren Grundprincipien
                                    diametraliter entgegengesezt sind, die N. Amerikanischen Vereinigten Staaten
                                    und das große absolute Kaiserreich von der Weichsel bis zum Peter-
                                    und Paul's-Hafen, sich beide der altroͤmischen Methode,
                                    Bergbau durch Straͤflinge und durch das Geniecorps leiten zu lassen
                                    (vorzuͤglich Salzsteinkohlen: und Eisenbergball) taͤglich mehr
                                    und mehr naͤhern. Man wird das nicht als liberal verschreien, was man
                                    in einem kraftvoll absoluten Staate angewendet sieht, und auch das nicht als
                                    despotisch verrufen, was in dem liberalsten Staate auf dem Erdballe
                                    eingefuͤhrt ist. Die Ursache, warum wir in dem Haushalte dieser
                                    beiden Riesen Staaten so viel der alten klassischen Staatsverwaltung
                                    Aehnliches finden, ist diese, daß beide nicht die traurige Schule des
                                    Mittelalters, des Papst- und Moͤnchthumes, des
                                    Universitaͤtsunwesens, der Schreiberkaste durchzulaufen hatten, wie
                                    die uͤbrigen alten Staaten in Europa: in beiden Staaten besiegte der
                                    militaͤrische Geist der Peter und der Washington nicht bloß die
                                    aͤußeren Feinde gluͤklich, sondern auch die noch
                                    gefaͤhrlicheren inneren, die, in anderen Staaten, ihren
                                    Privatvortheilen das Wohl des Staates und der Menschheit aus das
                                    Schaͤndlichste zu opfern die hochherzige Gewissenhaftigkeit hatten.
                                    Neu geschaffen und zu Riesen gestaltet durch das Genie der Peter, der
                                    Washington, der Franklin, uͤberschritten sie mit Einem Schritte den
                                    ganzen Wust von Albernheiten, in welchen Europa seit Jahrhunderten begraben
                                    lag, mancher Staat erstikte und begraben wurde, und mancher noch begraben
                                    werden wird, dessen Minister bei ihrer albernen Vorliebe fuͤr
                                    Halbheit, weder Weiß noch Schwarz, sondern das Mittel von beiden, ein
                                    schillerndes Eselgrau, zum Wappenschilde zu waͤhlen fuͤr gut
                                    finden.A. d. Ue. Es waͤre zu wuͤnschen, daß man zugleich im Stande
                              waͤre, die Theorie anzugeben, nach welcher Natron in unseren Salzseen und Salzsuͤmpfen sich
                              neben Kochsalz und Glaubersalz bilden koͤnnte, und die Wahrheit derselben
                              durch Versuche zu erweisen; denn eine solche Theorie koͤnnte zur Entdekung
                              eines vor theilhaften
                              Verfahrens leiten, die Soda durch kuͤnstliche Ausscheidung aus den Salzen zu
                              erlangen, in welchen sie enthalten ist.
                           Die Akademie bestimmt einen Preis von 100 hollaͤndischen Ducaten fuͤr
                              die beste Beantwortung
                              dieser Frage, wenn der Verfasser eine bereits bekannte Methode den
                              Ortsverhaͤltnissen anpaßt, und einen Preis von 200 Ducaten, wenn er eine ganz
                              neue Methode von seiner Erfindung angibt, welche besser ist, als alle diejenigen,
                              die bisher bekannt geworden sind.
                           
                           Die Abhandlungen koͤnnen in franzoͤsischer, russischer, deutscher,
                              englischer oder lateinischer Sprache geschrieben seyn, und muͤssen vor dem
                              1sten August eingesendet werden.
                           Die Entscheidung der Akademie wird am Ende des Jahres 1831 bekannt gewacht werden in ihrer
                              oͤffentlichen Sizung. Die gekroͤnte Preisschrift bleibt das Eigenthum
                              der Akademie; die uͤbrigen Eingaben koͤnnen bei dem perpetuirlichen
                              Secretaͤre von den Agenten der Verfasser zuruͤkgefordert werden.
                           
                        
                           
                           Versuche mit Winan's Wagen auf den
                              Eisenbahnen zu Baltimore und am Ohio.
                           Von den vielen Versuchen, welche in Gegenwart einer Menge von Menschen angestellt
                              wurden, fuͤhren wir nur folgende auf:
                           Ein Pferd, das sichtbar so leicht lief, als ob es den leichtesten Wagen (ein Tilbury)
                              auf dem ebensten Wege gezogen haͤtte, zog zwei Winan-Wagen, mit 11
                              Personen, mit einer Schnelligkeit von 10–11 engl. Meilen (2 1/2 bis 2 3/4
                              deutsche) auf Eine Stunde, auf einer Streke von 5 engl. Meilen.
                           Ein anderes Pferd zog 25 Personen in einem anderen Wagen auf derselben Bahn mit einer
                              Geschwindigkeit von 12 engl. (3 deutschen) Meilen auf die Stunde, und 2 Wagen mit 55
                              Personen mit einer Geschwindigkeit von 9 engl. Meilen auf die Stunde, und, als ein
                              dritter Wagen angehaͤngt wurde, 84 Personen mit derselben
                              Geschwindigkeit.
                           Ein anderer Wagen, mit 7 Personen, wurde von zwei Maͤnnern, die das Seil, an
                              dem er gezogen wurde, auf einer Winde aufwanden, mit bedeutender Geschwindigkeit
                              gezogen.
                           Zwei Hunde vor einem solchen Wagen angespannt, liefen mit demselben im Trotte,
                              obschon 6 Personen in demselben saßen. Wenn man solche Sachen nicht gesehen hat, so
                              glaubt man sie nicht; sie sind aber darum nicht minder wahr.Es ist sonderbar, daß gerade diejenigen Menschen, die sonst am leichtesten
                                    glauben, und denen man Kameellasten von Dingen als Wahrheiten
                                    aufgebuͤrdet hat, die nicht sind, und welche sie mit
                                    bewundernswerther Geduld fortschleppen, solchen Thatsachen am mindesten
                                    geneigt sind Glauben zu schenken. Sie halten sie fuͤr Possen,
                                    Aufschneidereien etc. Gerade diejenigen, die den Ruͤken dieser armen
                                    Teufel mit ihren Luͤgen belasteten, widersezen sich am meisten, daß
                                    man auch nur Einen Gran Wahrheiten noch auf die Ballen von Unwahrheiten
                                    aller Art lege, die sie bereits aufgethuͤrmt haben. Wuͤrde man
                                    der Wahrheit so leicht und gern glauben und huldigen, wie der Luͤge
                                    und dem Mysticismus aller Art, auf welcher Stufe des Lichtes wuͤrde
                                    die Menschheit stehen!
                              
                           Unter den angestellten Versuchen fand sich auch einer mit Segeln. Obschon der Wind
                              schwach war, segelte doch ein Wagen mit 6 Personen mit Schnelligkeit auf dieser
                              Wahn. Dieser Versuch gewaͤhrte die meiste Unterhaltung, und zeigte, daß man
                              mittelst eines großen Segels bei einem frischen Winde auf diesen Bahnen mit solchen
                              Wagen schnell weiter kommen wuͤrde. (Nile's
                              Register; 2. Jaͤn. 1830. Bullet. d. Scienc. technol. Avril
                                  1830. S. 367.)
                           
                        
                           Einladung an die gute ehrwuͤrdige alte Stadt
                              Nuͤrnberg, ihren weltberuͤhmten Nuͤrnberger Trichter in Thaͤtigkeit zu sezen, und der
                              eleganten Welt durch Nuͤrnberger Kunst etwas Verstand einzutrichtern. Zu Nuz
                              und Frommen aller achtbaren Haͤftelmacher in dieser guten Stadt.
                           Es ist eine merkwuͤrdige Thatsache in der Geschichte der Menschheit, daß sehr
                              oft aus derselben Quelle, aus welcher Unheil und Elend sich uͤber
                              Voͤlker und Welttheile ergossen hat, spaͤter auch die Heilung und
                              Linderung desselben geflossen ist.
                           Europa und die gluͤklichen oder ungluͤklichen Voͤlker fremder
                              Welttheile, die unter europaͤisches Joch gekommen sind, haben alle, mehr oder
                              minder, die Pest der Mieder, Schnuͤrbruͤste, Corsets,
                              Schnuͤrguͤrtel, und wie alle diese Werkzeuge des Wuͤrgengels,
                              der Millionen vor der Zeit in's Grab strekte, und Generationen auf Jahrhunderte
                              vorhinein verkruͤppelte, von Frankreich aus erhalten. Vergebens haben die
                              Beherrscher Deutschlands, das Unheil fuͤhlend, welches Frankreichs gezierte
                              Sittenlosigkeit uͤber ihre Voͤlker ausspie, dem Verderben
                              Graͤnzen zu sezen versuchtKaiser Joseph II. unsterblichen Andenkens erließ ein Gesez, durch welches
                                    den
                                    Vorstehern und Vorsteherinnen einer jeden oͤffentlichen weiblichen
                                    Erziehungsanstalt auf das Schaͤrfste verboten ward,
                                    Schnuͤrbruͤste oder Schnuͤrleibchen bei ihren
                                    Ziehtoͤchtern zu dulden, oder auch nur solche Maͤdchen
                                    aufzunehmen, an welchen deutliche Spuren eines fruͤheren zu starken
                                    Schnuͤrens sichtbar waren. Ein Decan der medicin. Facultaͤt zu
                                    Wien, Hr. v. Schosulan, schrieb bei dieser
                                    Gelegenheit eine eigene Abhandlung uͤber die Schaͤdlichkeit
                                    der Schnuͤrbruͤste fuͤr den weiblichen Koͤrper,
                                    und zaͤhlte in derselben das Heer toͤdtlicher und unheilbarer
                                    Krankheiten auf, welche durch dieselben entstehen. Heute zu Tage finden wir
                                    die Schnuͤrleibchen, Corsets in allen Erziehungsinstituten wieder als
                                    den Nothanker aller Weiblichkeit!: die Weisheit auf dem Throne vermag nur wenig gegen die Thorheit der ererbten Voͤlker,
                              wenn andere Fuͤhrer sich derselben fruͤher bemaͤchtigt haben;
                              Vorurtheile, zumal wenn sie in das Gebiet der Religion und der Mode eingreifen, sind
                              wie Flechten; man wird leichter davon angestekt, als man sie zu heilen vermag.
                           Dasselbe Frankreich, das die Pest der Schnuͤrbruͤste und Corsets
                              uͤber den Erdball verbreitete, lehrte uns bei dem Ausbruche der Revolution
                              dieselben in das Feuer werfen mit den Bouffants, Culs de
                                 Paris, und all dem Tande ausgearteter Hofschranzerei. Die weibliche Brust
                              athmete freier, und der weibliche Koͤrper ward nicht mehr in die
                              haͤßliche Insecten-Taille einer Schlupfwespe verunstaltet, an welcher
                              der Bauch nur mehr an einem Faden zu haͤngen scheint, die Taille zum
                              Umspannen war.
                           Mit der Restauration restaurirte sich auch der alte Unsinn wieder, und wir sahen seit
                              15 Jahren nicht nur das alte Unheil der Schnuͤrbruͤste, Corsets etc.
                              wieder von Frankreich aus uͤber den Erdball verbreitet, wir sahen es sogar
                              auch jene Haͤlfte des menschlichen Geschlechts ergreifen, die bisher frei und
                              unangestekt davon geblieben ist. Auch in dem maͤnnlichen Geschlechte sahen
                              wir jezt diese Seuche wuͤthen, und Maͤnner wurden zu Geken, wie Weiber
                              ehevor Coquetten geworden sind; selbst Maͤnner aus derjenigen Classe ihres
                              Geschlechts, die zu der achtbarsten desselben gehoͤrt, selbst Officiere sehen
                              wir jezt die Regiments-Schande begehen, sich zu schnuͤren, wie Russen,
                              so daß, wenn man einem solchen Schnuͤrriemhelden, der den Schnuͤrstift
                              gewandter zu fuͤhren versteht, wie es scheint, als seinen Degen, den
                              Handschuh vor die Fuͤße wuͤrfe, er, einer Hofdame gleich, denselben
                              liegen lassen muͤßte, bis ein guter Freund denselben aufhebt. Man
                              koͤnnte zwar allerdings sagen, daß der Dienst durch dieses Schnuͤren
                              gewinnen muͤsse, indem die geschnuͤrten Officiers nicht so leicht
                              davon laufen koͤnnen; allein wer nicht ruͤkwaͤrts laufen kann,
                              kann auch nicht vorwaͤrts laufen und den fliehenden Feind mit dem Degen in
                              den Rippen verfolgen.
                           Waͤhrend nun diese Pest seit 15 Jahren von Frankreich aus sich uͤber
                              Weiblich und Maͤnnlich verbreitete, kommt endlich aus der Hauptstadt dieses
                              Landes auch ein Arcanum gegen dieses Pestuͤbel,
                              welches, indem es auf den Bericht des Hrn. Vallot den
                              Beifall der so achtbaren Société de
                                 l'Encouragement erhielt, die fuͤr das Wohl der leidenden Menschheit
                              so unendlich viel Gutes gethan hat, auch die Aufmerksamkeit der deutschen
                              Menschenfreunde verdient.
                           Dieses Arcanum gegen die Mieder- und
                              Corset-Pest ist eine neue patentirte Erfindung des Hrn. Josselin zu Paris: neue Haͤftel und neue
                                 Corset-Ruͤken, (Agrafes et dos de
                                 Corsets perfectionnés de Mr. Josselin), mittelst welcher man auf der
                              Stelle, ohne den Anzug im mindesten in Unordnung zu bringen, die Schnuͤrung,
                              wenn man dieselbe aus was immer fuͤr einer Ursache zu laͤstig
                              fuͤhlen sollte, nachlassen kann.
                           Die Beschreibung dieser Haͤftel und Ruͤken in dem Bulletin de la Soc. d'Encouragement Janv
                                 . 1830. S. 20., und im Bulletin d. Sc. technolog.
                                 April 1830. S. 341, ist zu undeutlich, als daß irgend ein
                              Haͤftelmacher, selbst mit Beihuͤlfe eines Kleidermachers fuͤr
                              Damen, im Stande waͤre, nach derselben zu arbeiten. Es geht aber indessen so
                              viel aus dieser Beschreibung hervor, daß die achtbaren Haftelmacher zu
                              Nuͤrnberg sehr viel dabei gewinnen koͤnnen, wenn sie durch einen ihrer
                              Mitbuͤrger zu Paris ein paar Exemplare solcher Agrafes
                                 et dos de Corsets de Mr. Josselin à Paris kaufen und sich so bald
                              moͤglich zusenden lassen; und daß sie viel verlieren wuͤrden, wenn,
                              was zu vermuthen steht, diese Pariser Mode in Deutschland eben das Gluͤk
                              macht, was sie in Frankreich fand, und was manche weit schlechtere
                              franzoͤsische Mode in Deutschland bereits gemacht hat, und wenn sie, als
                              die aͤltesten und beruͤhmtesten Haftelmacher Deutschlands, diesen
                              Zweig ihrer Industrie sich entreißen ließen: um so mehr, als die alten
                              Haͤftel (ihr bisheriger Erwerbszweig) durch diese neue Erfindung sehr
                              beeintraͤchtigt werden, und sie nun auf anderes denken muͤssen.
                           „Man weiß,“ sagt Hr. Vallot in
                              seinem Berichte, „wie gefaͤhrlich und verderblich fuͤr die
                                 Gesundheit die Folgen eines anhaltenden Zusammenschnuͤrens durch Mieder,
                                 Corsets, Guͤrtel auf den unteren Theil der Brust sind; allein, die
                                 legitim gewordene Gewalt der Modethorheit hat zu sehr uͤber alle, in
                                 unseren Tagen illegitim gewordenen, Beobachtungen des gesunden
                                 Menschenverstandes, uͤber allen wohlgemeinten Rath der Aerzte, den die
                                 Menschenfreunde unter denselben uns taͤglich wiederholen,Wir koͤnnen nicht umhin, hier aus den Schriften der Aerzte die
                                       Krankheiten, welche bei Millionen lediglich durch
                                       Schnuͤrbruͤste entstanden sind, namentlich
                                       anzufuͤhren: vielleicht fallen diese Blaͤtter in die
                                       Haͤnde irgend eines Vaters oder einer Mutter, die durch sie erst
                                       das Unheil der Schnuͤrbruͤste kennen lernen, wenn es
                                       anders einen Menschen geben koͤnnte, der nicht wuͤßte, daß
                                       eine gesunde, weite, starke Brust die erste Bedingung zur Gesundheit und
                                       zu hohem Alter ist, und daß alles, was die Brust einengt, wie Mieder,
                                       Corsets, Guͤrtel etc., siech und fruͤhzeitig sterben
                                       macht. Die verderblichen Folgen der Mieder und Corsets bei Kindern sind: sogenanntes Auswachsen:
                                       Kruͤmmung des Ruͤkgrates nach der rechten oder linken
                                       Seite, Erhoͤhung der einen Schulter oder der anderen,
                                       Hoͤker nach vorwaͤrts oder ruͤkwaͤrts,
                                       schiefe Huͤften etc. Man waͤhnt gewoͤhnlich,
                                       Kindern durch Mieder, Schnuͤrleibchen etc. geraden Wuchs geben zu
                                       koͤnnen. Allein das Kind, das noch der Natur, nicht, wie die
                                       Coquette, der Kunst angehoͤrt, fuͤhlt sich durch den Druk
                                       des Schnuͤrleibchens beengt; es sucht demselben durch eine
                                       Seitenbewegung mit der einen oder der anderen Schulter oder
                                       Huͤfte, mit welcher es nachgibt, oder durch Beugung nach vor:
                                       oder ruͤkwaͤrts auszuweichen, und wird gerade dadurch
                                       krumm, wodurch man es gerade zu machen glaubte. Bei Kindern und Erwachsenen: Verengerung der Brusthoͤhle und dadurch
                                       gehinderte Entwikelung der Lungen, also gehindertes, erschwertes
                                       Athemholen, zumal bei irgend einer koͤrperlichen Anstrengung,
                                       z.B. schnellerem Gehen, Steigen, Laufen, Singen, Tanzen etc.; Andrang
                                       und Anhaͤufung des Blutes in den fuͤr die Menge des Blutes
                                       zu kleinen Lungen; daher Bluthusten, Blutspeien, Blutstuͤrze,
                                       Neigung zu Lungenentzuͤndungen, Verwachsungen der Lungen mit dem
                                       Nippen: und Zwerchfelle, mit dem Herzbeutel, wirkliche
                                       Lungenentzuͤndung, und als Folge dieser und des Blutspeiens,
                                       Bereiterung der Lungen und Lungensucht. Durch den Druk auf die
                                       Bruͤste und die Achseldruͤsen wird der erste Keim zu dem
                                       furchtbaren Brustkrebse des weiblichen Geschlechtes gelegt. Der Druk des
                                       Mieders, der Schnuͤrleibchens, Corsets erstrekt sich auch auf den
                                       Magen und den oberen Theil des Bauches, also auf Leber und Milz; daher
                                       die vielen Arten von Magenkraͤmpfen und Unverdaulichkeiten; daher
                                       Mangel an Ernaͤhrung, schlechte Gesichtsfarbe, Bleichsucht,
                                       weißer Fluß; daher die Lebererhaͤrtungen und vielen Leberleiden,
                                       die Krankheiten der Milz. Wenn der Druk noch weiter hinab auf den Bauch
                                       reicht, so entstehen durch den Druk auf die Gedaͤrme und die
                                       Gekroͤsedruͤsen gestoͤrte Verdauung, Mangel an
                                       Ernaͤhrung mit allen oben angegebenen Folgen derselben,
                                       harnaͤkige Verstopfungen, und, da die Gedaͤrme in den
                                       unteren Theil des Bauches hinabgetrieben werden, wo sie keinen Gegendruk
                                       finden, Austretungen derselben in der Form von Nabel- und
                                       Leisten: und anderen Bruͤchen, Muttervorfaͤlle,
                                       Beschwerden bei der Reinigung, Gebaͤrmtuterblutfluͤsse,
                                       Erhaͤrtungen, Mutterkrebs. Bei Schwangeren (man darf nicht vergessen, daß das
                                       Schnuͤren in der Jugend sehr haͤufig die Ursache der
                                       verwuͤnschten Unfruchtbarkeit der Weiber ist: wer einer
                                       Nachkommenschaft sicher seyn will, nehme nie eine Frau, die sich
                                       geschnuͤrt hat!) außer allen obigen Nachtheilen bei Erwachsenen,
                                       auch noch fruͤhe Geburten (Abortus),
                                       todte Geburten, und sehr oft, wenn die Mutter auch fruͤher ihre
                                       Lenden schnuͤrte und ihr Beken verengerte, schwere Geburten, in
                                       welchen nicht selten keine Kunst weder das Kind noch die Mutter zu
                                       retten vermag, und, im besten Falle, Verkruͤppelung des Kindes.
                                       – Bei Alten endlich Brustwassersucht
                                       und Schlagfluß. Dieß sind nur die vorzuͤglichsten und
                                       gefaͤhrlicheren Krankheiten, welche durch Schnuͤren
                                       entstehen; von Kopfweh, Vapeurs, Herzklopfen, Ohnmachten, Gichtern oder
                                       Fraisen, Kraͤmpfen etc. haben wir geschwiegen. Diese
                                       furchtbaren Thatsachen sind Erfahrungen von Tausenden von Aerzten an
                                       Millionen von Ungluͤklichen, die vor der Zeit aus den
                                       angefuͤhrten Ursachen zu Grabe gingen. Es ist etwas Sonderbares
                                       um die Menschen. Wenn sie krank sind, lassen sie Aerzte kommen, und
                                       glauben und folgen dem elendesten Charlatane mit der groͤßten
                                       Hingebung. Wenn sie gesund sind, glauben sie auch den weisesten Aerzten
                                       nicht, die ihnen zurufen: Kinder, Freunde, thut dieß nicht! Es schadet
                                       Euch! Ihr werdet Eure Thorheit mit der Haut buͤßen: Sie wissen es
                                       besser, und die elendeste franzoͤsische Gouvernante findet mehr
                                       Glauben bei ihnen, als der rechtschaffenste Arzt. So ist die Welt: wer
                                       mag sie heilen ohne Nuͤrnberg's Trichter! ihr bleiernes Zepter erhoben, als daß sie sich von dem allgemein gemein verbreiteten
                                 Wahnsinne, mit welchem sich Jung und Alt um dieser Mieder und Corsets Willen vor
                                 der Zeit in's Grab stuͤrzt, vernuͤnftiger Weise nicht erwarten
                                 ließe, man werde diesem Unheile heute zu Tage so schnell und so
                                 verstaͤndig ein Ende machen, wie vor 50 und 40 Jahren. Man muß sich
                                 begnuͤgen zu lindern, wo man nicht heilen kann: Heilung selbst wird nur
                                 zu oft erst nach vorausgegangener Linderung moͤglich.“
                              
                           
                        
                           Drathzieherei des Hrn. Mignard-Bellinge zu Paris.
                           Hr. Mignard-Bellinge hat zu Belleville bei Paris eine Drathzieherei errichtet, uͤber welche Hr.
                              Francoeur der Société d'Encouragement im Bulletin derselben, Janvier 1830. S. 3. (Bullet. d. Sc. techn. Avril
                                  1830. S. 361) Bericht erstattet.
                           In dieser Drathzieherei wird Eisendrath, Stahldrath aus gegossenem Stahle, und
                              Messingdrath von 20 Arbeitern, und zwar von 2 1/2 Centimetern Dike bis zu den
                              feinsten Nummern gezogen. Man pruͤfte die Staͤrke (Zaͤhigkeit)
                              dieses Drathes, und fand, daß ein Stahldrath von 6 Decimeter Laͤnge von N. 2. (Limoger Maßstab), also von 2/3 Millimeter,Ein Decimeter ist = 3,82394 preuß. Zoll. Ein Centimeter = 4,58813 preuß. Linien. Ein Millimeter = 0,4588 preuß. Linien. 29 Kilogramm
                                    sind 32 preuß. Pfund. Der Drath war also 3/10 preuß. Lin. im Durchmesser und
                                    trug 81 13/14 Pfd. A. d. Ue. 37 Kilogramm (uͤber 81 13/14 Pfd.) trug, und erst bei dem lezten
                              dieser Last zugesezten halben Kilogramme, und zwar an jener Stelle riß, wo er, in
                              eine Schlinge gewunden, aufgehaͤngt, also gedreht und dadurch
                              geschwaͤcht war. Da die Spannung dieser Drathe, als Saiten, hoͤchstens
                              nur 10 Kilogr. betraͤgt, so werden diese Drathe jede musikalische Stimmung
                              oder Spannung aushalten.
                           Diese Drathzieherei ist ohne allen Luxus eingerichtet, und die in derselben
                              noͤthigen Werkzeuge werden in derselben selbst verfertigt. Es sind in dem
                              beschraͤnkten Raume dieser Fabrik Ziehbaͤnke aufgestellt, die, in
                              Staͤrke, jener an der k. Muͤnze wenig nachgeben, und eine Bank mit 10
                              Spulen, auf welchen feine Nummern gezogen werden, wird mittelst einer Kurbel von
                              einem 13jaͤhrigen Jungen mit aller Leichtigkeit getrieben.
                           Hr. Mignard-Bellinge zieht, was fuͤr
                              Uhrmacher hoͤchst merkwuͤrdig seyn muß, mittelst einer
                              zusammengesezten Vorrichtung Triebstoͤke oder Trillinge von jeder beliebigen
                              Staͤrke und von 6 bis 12 und mehr Fluͤgel, so daß der Uhrmacher nur
                              diese Trillingdrathe in Stuͤke von gehoͤriger Laͤnge zu
                              schneiden braucht, um treffliche Triebstoͤke zu haben. Man verfertigt auch in
                              dieser Fabrik bessere Drathmesser, zur Bestimmmung der Dike (der Nummer)
                              derselben.
                           Hr. Francoeur traͤgt auf eine Medaille fuͤr
                              Hrn. Mignard-Bellinge an, indem er die
                              Verfertigung eines Artikels in Frankreich verbesserte, die man daselbst bisher nur
                              aus dem Auslande bezog.
                           
                        
                           Gesellschaft zum Graben Artesischer-Brunnen zu
                              Odessa.
                           Ein Franzose, Hr. de Chatillon, hat, nach dem Globe, 23. Maͤrz 1830, zu Odessa eine
                              Gesellschaft zusammengebracht, die 15,000 Rubeln zu Bohrversuchen auf Artesische
                              Brunnen vorschoß. Wir wuͤnschen dieser Gesellschaft herzliches Gluͤk
                              Auf! Jedes Land ist gluͤklich zu preisen, in welchem man nur den
                              Millionten-Theil desjenigen Geldes dazu verwendet den Schoß der allguͤtigen Mutter Erde zu
                              oͤffnen, welches man an Pagoden, Minarets, Kirchtuͤrme, deren Spizen
                              den vierten Theil des Jahres uͤber in Nebel gehuͤllt sind, und mit
                              welchen wir buchstaͤblich mit der Stange im Nebel herumfahren, seit
                              Jahrtausenden verschwendet hat. Indessen scheint Odessa mit seinen Umgebungen, so
                              viel wir dieselben aus Berichten von Geologen kennen, nicht sehr geeignet,
                              gluͤkliche Erfolge zu versprechen. Es ist eine delicate Sache mit diesen
                              Versuchen, indem es Leute gibt, die versuchen durch Bohren in der Erde eben so viel
                              zu gewinnen, als andere dadurch gewannen, daß sie uns mit Stangen in dem Nebel
                              herumfahren, Thuͤrme und Minarets etc. erbauen lehrten. Wo man nicht so treue
                              Freunde seines Vaterlandes findet, als Wuͤrtemberg an Hrn. Bruckmann gefunden
                              hat (fuͤr welches Land wir nach seiner Geologie schon vor einigen Jahren
                              viele Erwartungen fuͤr das Gedeihen artesischer Brunnen hegten (Siehe Polyt. Journ. B.
                                 XXXVII. S. 115.), empfehlen wir hoͤchste Vorsicht, damit nicht die
                              beste Sache durch Mißbrauch in zu fruͤhen Verfall geraͤth.
                           
                        
                           Ueber unser Aeolikon oder die
                              Mundharmonika
                           hat der beruͤhmte Physiker und Chemiker Faraday am 21. Mai in der Royal
                                 Institution eine sehr lehrreiche Vorlesung gehalten. Er verspricht der
                              Musik ein neues weites Feld, das sich derselben durch diese Aeolina (wie man unsere Mundharmonika nun in England nennt) oͤffnen
                              wird. Wir haben unsere musikalischen Instrumentenmacher schon vor 2 Jahren (im
                              Septemb. Hefte 1828. Bd. XXIX. S. 387.), und
                              zeither oͤfters, darauf aufmerksam gemacht. Hr. Orgelmacher Frosch zu
                              Muͤnchen allein hat uns geneigtes Gehoͤr geschenkt. Wenn er nicht bald
                              unserem Rathe folgt, und einen Sprung nach England macht, werden die
                              Englaͤnder ihm vorkommen. Sie sind nun einmal daran und haben, wie man sagt,
                              das Ding in der Arbeit. (Vergl. Philosoph. Magaz. and Annals
                                 of Phil. Julius. S. 69.)
                           
                        
                           Literatur.
                           
                              a) Deutsche.
                              Versuche uͤber den Seitendruk der Erde;
                                 ausgefuͤhrt auf hoͤchsten Befehl des Hrn.
                                 General-Geniedirectors, Erzherzogs Johann,
                                 kaiserlicher Hoheit, und verbunden mit einer theoretischen Abhandlung
                                 uͤber diesen Gegenstand nach Coulomb und Français, nebst einer Nachweisung
                                 aͤlterer Versuche dieser Art, von Carl Martony de
                                    Roͤszegh, Major im k. k. Geniecorps. 4. Wien 1828. Aus der k. k.
                                 Hof- und Staats-Aerarial-Drukerei. 221 Seiten und 19
                                 lithographirte Tafeln in 1/8 Folio. Preis: 2 fl. Conv. Muͤnze.
                              Wir bedauern herzlich, daß dieses herrliche und lehrreiche Werk uns nicht
                                 fruͤher zu Gesichte gekommen ist, um dasselbe nicht bloß dem taktischen
                                 Techniker, welcher Festungen zu bauen hat, sondern auch dem Baumeister, der
                                 Berg-, Canal- und Wasserbauten zu fuͤhren hat, und jedem
                                 Baumeister uͤberhaupt, der ein Gebaͤude nicht so auffuͤhren
                                 will, daß, wenn es einstuͤrzt, die ganze Baucommission seines Staates
                                 daruͤber anfangen muß zu wakeln, nach Wuͤrde empfehlen zu
                                 koͤnnen.
                              Der Druk der Erde gegen Futtermauern war von jeher als
                                 einer der wichtigsten, zugleich aber auch der schwierigsten Gegenstaͤnde
                                 im Baue uͤber und unter der Erde, vorzuͤglich aber im
                                 Festungsbaue, betrachtet, und die angesehensten Mathematiker haben sich mit
                                 Untersuchung dieses Gegenstandes beschaͤftigt. Leider huldigte man aber
                                 mehr der Theorie, als der Erfahrung, und, da im Verlaufe der Zeiten beide auf
                                 Abwege geriethen, ward die eine durch die andere verdorben: Belidor's theoretische Bestimmungen waren unrichtig,
                                 sie wurden aber so sehr zur Baunorm, daß, selbst nachdem Coulomb, Français und Prony die
                                 fehlerhafte Theorie Belidor's erbesserten, diese
                                 Reformatoren, irre gefuͤhrt von altem Herkommen und falschen Erfahrungen,
                                 wie Herr Major 
                                 von Martony sehr richtig bemerkt, wieder „mit
                                 eigener Hand die moͤglichen hoͤchst nuͤzlichen Folgen ihrer
                                 Bemuͤhungen zerstoͤrten.“
                              „So lang,“ sagt er, „die Uebereinstimmung der Ergebnisse der
                                 Theorie mit den Erscheinungen der Natur nicht uͤberzeugend erwiesen war,
                                 war es vorauszusehen, daß Furcht und Zweifel den Staat um den Genuß der
                                 Vortheile bringen wuͤrden, welche eine richtige Lehre
                                 darbietet.“
                              „Diese Ueberzeugung koͤnnte aber nur aus Versuchen hervorgehen, die
                                 mit der hierzu erforderlichen Vorkenntniß und Genauigkeit, zugleich auch in
                                 einem groͤßeren Maßstabe als die bisher bekannt gewordenen unternommen
                                 und auf verschiedene Erdgattungen ausgedehnt, alle physischen Ursachen und deren
                                 Wirkungen zur Kenntniß dringen wuͤrden, welche auf den Erddruk Einfluß
                                 nehmen, und welche die Theorie zwar erwaͤhnen, aber nicht messen
                                 koͤnnte.“
                              „Sr. kais. Hoheit, der Erzherzog Johann,
                                 General-Geniedirector, stets bemuͤht, aus den verschiedenen
                                 Zweigen des menschlichen Wissens fuͤr den Staat Vortheile zu
                                 sammeln,Fuͤr den Staat, und fuͤr die gesammte
                                          Menschheit: denn die Fortschritte, welche einzelne Menschen,
                                       wie einzelne Staaten, in der Cultur des menschlichen Geistes
                                       vorwaͤrts thun, sind und werden Gemeingut der gesammten
                                       Menschheit. Die gesammte Menschheit wird dem erlauchten Stifter des
                                       Johannaͤums fuͤr das, was er durch Gruͤndung dieser
                                       herrlichen Anstalt, so wie in seinem ganzen schoͤnen Leben durch
                                       sein persoͤnliches individuelles Foͤrdern der eigentlichen
                                       Wissenschaften (der sciences exactes, der
                                       Mathematik und Naturgeschichte in allen ihren Theilen, der Physik und
                                       Chemie in allen ihren Zweigen) geleistet hat, ewigen und tief
                                       gefuͤhlten Dank als Huldigung der Verehrung fuͤr jene
                                       Wohlthaten darbringen, mit welchen Er sie begluͤkte. Das
                                       Menschengeschlecht freut sich um so mehr der Namen solcher
                                       Fuͤrsten, und segnet das unsterbliche Andenken derselben, als sie
                                       in den Annalen der Menschheit nicht auf jeder Seite zu lesen sind. geruheten mittelst hauptgenieaͤmtlicher Verordnung vom 21. Sept.
                                 1826 N. 3084. die Ausfuͤhrung solcher
                                 Versuche anzubefehlen, und beehrten den Ingenieur-Major v. Martony mit dem hoͤchsten Auftrage, dieselben
                                 anzuordnen und auszufuͤhren, welcher sich hierzu den
                                 Ingenieur-Hauptmann Dierkes und Hrn.
                                 Ingenieur-Oberlieutenant Reuter zu
                                 Gehuͤlfen erbat.“
                              „Nachdem in dem Winter 1826 und 27 die Herstellung des Apparates besorgt,
                                 und uͤberhaupt alle Vorbereitungen getroffen waren, wurden die Versuche
                                 selbst bei dem ersten Eintritte der guͤnstigen Witterung begonnen, und
                                 nur bei dem Eifer, mit welchem die beiden oben genannten Hrn. Officiere den
                                 Ingenieur-Major v. Martony
                                 unterstuͤzten, war es mitten unter den gehaͤuften und dringenden
                                 Geschaͤften eines bedeutenden Baues moͤglich, noch im Verlaufe
                                 desselben Jahres mit der groͤßten Genauigkeit eine Reihe von Versuchen
                                 durchzufuͤhren, durch welche der erhaltene hoͤchste Auftrag
                                 vollstaͤndig, und wie man hofft, befriedigend erfuͤllt worden
                                 ist.“
                              In diesem vortrefflichen Werke ist nun im 1sten Abschnitte S. 7–42. Coulomb's Theorie aus den Mémoires de l'Academie 1773 im Auszuge mitgetheilt, insofern
                                 sie zur Verstaͤndlichkeit des Folgenden gehoͤrt, Hrn. Français Aufsaz uͤber denselben
                                 Gegenstand ist aber aus dem Mémorial de l'Officier
                                    du Génie, Annèe 1828. N. 4.
                                 getreu uͤbersezt, wofuͤr man Hrn. v. Martony um so mehr danken muß, als dieses Journal in Deutschland wenig
                                 bekannt, und dieser Aufsaz hoͤchst belehrend ist.
                              Der 2te Abschnitt enthaͤlt die Versuche der HHrn. Gadroy, Papacini d'Antony, Gauthey, Rondelet, Mayniel zu Alexandria und Juliers;
                                 dann die zu Wien im J. 1827 angestellten Versuche mit Dammerde, Sand, reinem
                                 gelben Lehme und Schotter, nebst Anwendung der Resultate der vorgenommenen
                                 Versuche bei der Herstellung eines Theiles der Schotten-Bastion zu Wien
                                 im J. 1827. (S. 42 bis 167.)
                              Im 3ten Abschnitte sind die Untersuchungen uͤber die Uebereinstimmung der
                                 Theorie mit den angestellten Versuchen in vier Reihen von Versuchen abgehandelt.
                                 (S. 167 bis 200.)
                              Der 4te Abschnitt liefert S. 200 bis 221 einen Versuch uͤber die Anwendung
                                 der Theorie bei wirklichen Baufuͤhrungen, wornach erhellt, daß, bei
                                 gleicher Stabilitaͤt, die Futtermauer, welche hier empfohlen wird und
                                 aufgefuͤhrt wurde, nur halb so viel an Geld und Zeit kostete, als eine nach
                                 den bisher befolgten Grundsaͤzen erbaute gekostet haben
                                 wuͤrde.
                              Diese gedraͤngte Inhalts-Anzeige mag hinreichen unsere Leser von
                                 der Wichtigkeit dieses Werkes zu uͤberzeugen: von der Vortrefflichkeit,
                                 mit welcher die darin enthaltenen Gegenstaͤnde abgehandelt sind,
                                 wuͤnschen wir, daß Baumeister und Ingenieurs sich durch eigenes Studium
                                 uͤberzeugen moͤchten; sie werden dann das Lob, welches dieser
                                 gehaltvollen Schrift allgemein zu Theil wurde, nicht als Lobpreisung, sondern
                                 als den baren Ausspruch reiner Wahrheit finden.
                              Was jedem unserer Leser bei dieser Anzeige des obigen Werkes auffallen wird, ist
                                 der unglaublich geringe Preis eines so schoͤn gedrukten Werkes. Es ist
                                 das wohlfeilste Werk in der, bei allen Voͤlkern kostbaren, Litteratur der
                                 Baukunst, das seit Erfindung der Buchdrukerei gedrukt wurde. Zwei Gulden Conv.
                                 Muͤnze fuͤr 221 Quartseiten und 19 Halbfolio-Tafeln! Das
                                 ist fuͤrwahr unerhoͤrt, und wir wuͤrden es kaum glauben,
                                 wenn wir nicht aus guter Quelle wuͤßten, daß es um diesen Preis zu Wien im Kriegsgebaͤude 1. Stok im Buͤreau des k. k. Genie-Hauptarchives ausgetheilt wird. Man
                                 erkennt hieran die segensvolle Hand, die das Geniewesen in Oesterreich leitet,
                                 und der echt militaͤrischen Geist, der die geistreichen Officiers dieses
                                 vortrefflichen Corps beseelt. Der wahre Soldat, der edle tapfere Krieger gibt
                                 immer lieber, als er nimmt. Wo war bisher, seit Erfindung der Buchdrukerei,
                                 irgend ein Schreibercorps, das Werke von solcher Kostbarkeit, wie dieses, unter
                                 dem Publicum zu solchen Preisen vertheilt haͤtte, die kaum die Drukkosten
                                 deken! Man sieht, daß das Militaͤr besser fuͤr
                                 oͤffentlichen Unterricht zu sorgen weiß, als jene Schreiber, die sogar
                                 den Schulbuchhandel zur Finanzquelle erhoben, und am Kinde des Bettlers, das
                                 Lesen lernen will, sich nicht schaͤmen, einige Groschen fuͤr die
                                 Fibeln und Schulbuͤcher abzuzwaken, deren es beim Schulunterrichte
                                 bedarf. Das Militaͤr will, daß die Individuen seines ehrenvollen Standes
                                 kraͤftig fortschreiten in ihrer Ausbildung; die Civilschreiber wollen,
                                 daß das Volk ruͤkwaͤrts schreite und in Dummheit erstike: Similis simili gaudet.
                              ––––––––
                              Grundlehren der Chemie fuͤr Jedermann, besonders
                                 fuͤr Aerzte, Apotheker, Landwirthe, Fabrikanten, Gewerbtreibende, und
                                 alle diejenigen, welche in dieser nuͤzlichen Wissenschaft sich
                                 gruͤndliche Kenntnisse erwerben wollen. Von J. F. Runge, Dr. der Phil, und Med., außerord.
                                 Prof. der Technol. an der Universitaͤt zu Breslau. 8. Breslau. 1830. Bei
                                 Graß, Barth und Comp. 303 S. und XXIII. Vorr. und Inhalt.
                              
                              Mit wahrem Vergnuͤgen empfehlen wir den Aerzten, Apothekern, und
                                 vorzuͤglich den Landwirthen, Fabrikanten und Gewerbsmaͤnnern ein
                                 Compendium der Chemie, das wir, ungeachtet seiner außerordentlichen
                                 Gedraͤngtheit, fuͤr sie ebenso lehrreich als nuͤzlich
                                 finden.
                              Wir theilen gaͤnzlich die Ansicht des Hrn. Verfassers, (der sich schon
                                 fruͤher als ein hoͤchst geistreicher Mann beurkundete), wenn er es
                                 als Fehler an so vielen sogenannten populaͤren Chemien betrachtet:
                                 „daß sie zu viel geben. Sie fuͤhren
                                 weitlaͤuftig eine Menge Eigenschaften und Verbindungen auf, die nur zur
                                 Vollstaͤndigkeit des Systemes und fuͤr den wissenschaftlichen
                                 Forscher wichtig, dem praktischen Manne aber ganz unnuͤz sind. Diese Art
                                 der Darstellung ist ein großes Hinderniß fuͤr die gruͤndliche
                                 Auffassung des Gegebenen; das Ganze ist dem Anfaͤnger zu viel, er weiß
                                 sich das Bedeutungsvollere nicht heraus zu finden, und so vernachlaͤssigt
                                 er nicht selten Alles.“
                              Was dieses Compendium vor anderen seines gleichen sehr vortheilhaft auszeichnet,
                                 ist, daß es ganz auf Stoͤchiometrie
                                 gegruͤndet ist, und diese dem Leser so leicht als moͤglich
                                 faßlich, und so deutlich als moͤglich begreiflich macht. Wir halten die
                                 Wohlthat, die der Hr. Verf. dadurch seinen Lesern und Zuhoͤrern erweiset,
                                 fuͤr desto groͤßer, als in unserem mystischen und mystificirten
                                 Zeitalter der Verstand zu Gunsten der Phantasie selbst aus den eigentlichen,
                                 nicht bloß aus den schoͤnen und historischen, Wissenschaften immer mehr
                                 und mehr verbannt wird.
                              „Wie fruͤher, „sagt der Hr. Verfasser“ die
                                 Physiologie durch den Mißbrauch der „Seele“
                                 etc. unverstaͤndlich und in ihren Fortschritten aufgehalten wurde, so
                                 wird es die Chemie durch das Wort „Verwandtschaft.“ Ich rechne es daher diesem Werke als ein
                                 Verdienst an, daß in demselben, unbeschadet der chemischen Theorie, das Wort
                                 Verwandtschaft niemals vorkommt. Es ist unglaublich, wie sehr die
                                 Stoͤchiometrie den Unterricht in der Chemie erleichtert, und welchen
                                 ungeheueren Schritt der Lehrer vorwaͤrts gethan hat, wenn es ihm gelungen
                                 ist, seinem Schuͤler die paar Zahlen einzupraͤgen, die in der
                                 Chemie eine so große Rolle spielen. Durch das immerwaͤhrende Hinweisen
                                 auf ganz bestimmte unabaͤnderliche Zahlenverhaͤltnisse bei der
                                 Erzeugung chemischer Verbindungen erreicht man bei dem Fabrikanten und
                                 Handwerker noch einen anderenauderen sehr wichtigen Zwek, naͤmlich den, daß sie die Notwendigkeit des Waͤgens und Rechnens einsehen lernen. Wie vieles mißlingt ihnen,
                                 oder wird nicht so, wie es werden koͤnnte, durch Mangel an Genauigkeit,
                                 und um wie viel wohlfeiler koͤnnen sie ihre chemischen Erzeugnisse
                                 stellen, wenn sie nicht nach Gutduͤnken, sondern nach dem richtigen
                                 Verhaͤltniß, welches das chemische Mischungsgesez ihnen vorschreibt,
                                 verfahren!“
                              Sehr richtig dringt der Hr. Verf. mit Salomon 11. 22. auf „Maß, Zahl und
                                 Gewicht;“ denn nur die Imponderabilien in der Physik, die
                                 incommensurabeln Groͤßen in der Mathematik sind es, uͤber welche
                                 in vielen Faͤllen unser vermeintliches Wissen noch weniger als nichts
                                 ist.
                              Wir sind uͤberzeugt, daß Hr. Prof. Runge bei
                                 Abfassung dieses Compendiums feinen schoͤnen Zwek, eine der erhabensten
                                 Wissenschaften gemeinnuͤzig zu machen, bei seinen so haͤufigen und
                                 trefflich durchgefuͤhrten „Hinweisungen auf ihre Nuzung
                                 fuͤr's Leben“ vollkommen erreicht hat. Wir freuen uns, daß er
                                 unsere Ansicht theilt: „nisi utile est, quod
                                    facimus, stulta est gloria.“
                              Dieses lehrreiche Compendium ist dem ruͤhmlich bekannten Secretaͤr
                                 der technischen Section der schlesischen Gesellschaft fuͤr
                                 vaterlaͤndische Cultur und Besizer einiger Manufakturanstalten, Hrn. K.
                                    Milde, in Breslau zugeeignet.
                              
                           
                              b) Franzoͤsische.
                              
                                 Chimie. Traité élémentaire de
                                       cette science et de ses applications aux arts et manufactures. Par M.
                                       Desmarest. 2. ed. 12. Paris 1830 Malher
                                       et Comp. 435 S. 4 Fr. 50 C.
                                    
                                 
                                    Manuel de la Metallurgie du fer; par C. J. B. Karsten, tradu. par. F. G. Culmann. 2. édit. 8. Metz. 1830 ch.
                                       Mad. Thiel.
                                    
                                 Manuel du Cartonnier, du Cartier et du fabricant de
                                       Cartonnages. Par Lebrun. 18. Paris 1830 ch.
                                       Roret. 264 S. 3 Fr. (Verdiente eine
                                    Uebersezung.)
                                 Instruction sur les précautions a prendre pour
                                       bien conduire l'appareil servant à extraire la gélatine
                                       des os de la viande de boucherie; par Mr. d'Arcet. 8 Paris. 1830. ch.
                                       Chassaignon. 16 S.
                                 
                                    Plus de Famine! Coup-d'-oeil sur la
                                       situation de la boulangerie en France, suivi des moyens
                                       d'amèlioration qu'elle necessite. Par L. B. Lamanon, Ex-maître Boucanger. 8. Paris. 1830. 3
                                       fecilles. Pal. Royal. Galérie d'Orleans.