| Titel: | Dick's Hänge-Eisenbahn. | 
| Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. LXXXII., S. 322 | 
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                        LXXXII.
                        Dick's
                           Haͤnge-Eisenbahn.Wir muͤssen noch immer unsere Leser um Aufschub der Bekanntmachung der
                                 haͤngenden Eisenbahn eines unserer Mitarbeiter ersuchen, die wir bereits
                                 uͤber drei. Vierteljahre im Pulte liegen haben, und uͤber welche
                                 wir nichts bekannt machen wollen, bis wir nicht Versuche daruͤber
                                 angestellt haben, welche die Vorzuͤge derselben vor jener Palmer's, und vor der
                                 gegenwaͤrtigen, jedem auf die einleuchtendste Weise von der Welt
                                 fuͤhlbar machen werden. A. d. R.
                           
                        Aus dem Mechanics' Magazine. N. 358 19. Jun. S.
                              258
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Dick's Haͤnge-Eisenbahn.
                        
                     
                        
                           Hr. Maxwell Dick, ein Gentleman aus Ayrshire, zeigt nun in
                              einem Zimmer in Charing-Croß zu London das Modell einer
                              Haͤnge-Eisenbahn, dieser fuͤr seine Erfindung ausgibt, nebst
                              den dazu gehoͤrigen Wagen. Das Modell verdient von Freunden der Mechanik
                              gesehen zu werden; denn, was man auch gegen die Originalitaͤt der Idee sagen
                              mag, so kann man doch die Geschiklichkeit nicht genug loben, mit welcher Hr. Dick, im Kleinen, dem Auge den ganzen Mechanismus seiner
                              Eisenbahn und die Praxis auf derselben dargestellt hat. Es gehoͤrte viele
                              Beharrlichkeit dazu, und auch eine nicht unbedeutende Auslage. Wir brauchen unseren
                              Lesern nicht zu sagen, daß die Idee einer haͤngenden Eisenbahn, d.h. einer
                              Eisenbahn, die auf Pfeilern ruht, welche in gewissen Entfernungen stehen, und auf
                              welcher Eisenbahn die Wagen so laufen, daß der Kasten unten, die Raͤder oben
                              auf der Bahn sind, nichts weniger als neu ist. Vor vier oder fuͤnf Jahren hat
                              Hr. H. R. Palmer
                              Es sind bereits 8 Jahre. Wir haben schon im VIII. Bd. S. 253. und im XI.
                                       Bd. S. 178. unseres Polytechn.
                                       Journales von Palmer's haͤngender
                                       Eisenbahn Nachricht gegeben. Sie wird in England in
                                    Steinbruͤchen, Ziegeleien etc. mit Vortheil angewendet. A. d. Ue. eine solche Bahn vorgeschlagen, um Maaren und Guͤter in wenigen
                              Stunden von London nach Brighton zu bringen. Wir behaupten indessen nicht, daß Hr.
                              Dick von Hrn. Palmer's
                              fruͤheren Arbeiten etwas wußte, wenigstens erwaͤhnt er derselben nicht
                              in der Beschreibung, die er von seinem Modelle herausgegeben hat. Er erzaͤhlt
                              auf eine sehr natuͤrliche Art, wie er zu der Idee einer solchen Bahn gekommen
                              ist, und welche Versuche er vorlaͤufig anstellte.
                           
                              „Als im Maͤrz 1827 so viel Schnee fiel, daß man mehrere Tage lang
                                 mit keinem Wagen auf der Straße fortkommen koͤnnte, empfahl ich einen
                                 einfachen und wohlfeilen Schneepflug, zugleich kam mir aber die Idee, daß eine
                                 haͤngende Eisenbahn ein weit sichereres Mittel ist, um alle
                                 Schwierigkeiten zu beseitigen, und, fuͤr leichte Fuhrwerke, eine
                                 schnellere Communication herzustellen, als man meines Wissens bisher noch nicht
                                 hat. Da mein Plan in meinem Kopfe ausgefuͤhrt war, errichtete ich eine
                                 tragbare haͤngende Eisenbahn in einem Privathause, und machte meinen
                                 ersten Versuch mit einem Wagen, der demjenigen aͤhnlich ist, den ich hier
                                 darstelle. Das Resultat des Versuches fiel so guͤnstig aus, daß ich mich
                                 entschloß, den Versuch in einem groͤßeren Maßstabe zu wiederholen. Ich
                                 errichtete im Sommer 1829Ende Sommers 1829 erhielten wir den Plan unseres Mitarbeiters, dessen
                                       Wagen, nicht aber die Bahn, dem hier abgebildeten sehr aͤhnlich
                                       ist. A. d. Ue. eine Linie von Stangen in einer Streke von ungefaͤhr 2 engl.
                                 Meilen (1/2 deutsche): dieß war auf einem Pachtgute zu Irvine, das dem Herzoge
                                 von Portland gehoͤrt. Von dem einen Ende dieser ausgestekten Linie
                                 fuͤhrte ich eine Bahn – aus Hanf (es war ein Seil von einem halben
                                 Zoll in der Dike), und hing den Wagen an dasselbe. Die Kraft brachte ich an dem
                                 anderen Ende der Linie an, und mein Wagen fuhr mit einer Geschwindigkeit von 30
                                 engl. Meilen in Einer Stunde. Dieß war an einem Hanfseile mit rauher
                                 Oberflaͤche. Der Wagen war 12 Pfd. schwer, und der Durchmesser der
                                 Raͤder nur 2 1/2 Zoll. Um die Zugkraft zu bestimmen, hing ich ein 4 Pfd.
                                 schweres Gewicht an eine Leine, die ich uͤber eine Rolle laufen ließ,
                                 welche ich an dem einen Ende der ausgestekten Linie oben an einer hohen Stange
                                 anbrachte. Die erste Viertelmeile forderte eine Kraft von 4 1/2 Pfd., um das
                                 Gewicht bis an den Gipfel der Stange zu bringen; die zweite Viertelmeile
                                 brauchte 5 Pfd., und so nahm es von Viertelmeile zu Viertelmeile um ein halbes
                                 Pfund zu. Der Versuch wurde mit einer Spiralschnellwage bemessen. Das ganze
                                 Gewicht der Leine fuͤr 2 englische Meilen war 6 Pfd., und die zum
                                 Aufziehen derselben und der 4 Pfd. noͤthige Kraft war 8 Pfd., oder 2 Pfd.
                                 weniger als das wirklich gezogene Gewicht. Der Apparat bei dem Versuche war sehr
                                 unvollkommen, sonst wuͤrde er noch bessere Resultate geliefert
                                 haben.“
                              
                           Fig. 40.
                              zeigt Hrn. Dick's Haͤnge-Eisenbahn im Perspective. Die Weise, wie er
                              die Wagen auf derselben foͤrdert, ist folgende.
                           
                              „Ich schlage feststehende (fixed or
                                    stationary) Zugmaschinen vor, welche Zugleinen oder Seile ziehen, die an
                                 dem Wagen befestigt sind. Wenn die Bahn doppelt ist, ist die Leine ein Laufband,
                                 wenn sie einfach ist, wirkt die Maschine gegenseitig. Ein Ende der Zugleine wird
                                 zuerst um das Laufrad der Maschine gewunden, und kommt dann auf das große Trommelrad,
                                 welches die ganze Leine aufwindet; bei der Ruͤkfahrt des Wagens wird das
                                 Trommelrad außer Umtrieb gesezt, und die Leine wieder laufen gelassen.
                                 Fuͤr einen Zug von 6 Wagen zu einer halben Tonne reicht eine wasserdichte
                                 Zugleine von einem halben Zoll im Durchmesser uͤberall hin, außer wo es
                                 sehr bergig ist: in lezterem Falle muß die Leine mit der Starke der Maschine und
                                 der Steilheit in Verhaͤltniß stehen. Wenn das Trommelrad 9 Fuß im
                                 Durchmesser hat, und 4 Fuß breit ist, so wikeln 196 Umdrehungen dieses Rades
                                 eine Leine von der Laͤnge einer englischen Meile auf, d.h. mit anderen
                                 Worten, eine Leine von 5 englischen Meilen Laͤnge wikelt sich auf einer
                                 solchen Trommel nicht diker als 5 Zoll dik auf. Daß uͤbrigens
                                 Staͤrke der Leine und der Maschine von der Ebene der Bahn, von der
                                 Groͤße der Last und von der Schnelligkeit abhaͤngt, mit welcher
                                 gezogen wird, versteht sich von selbst. Diese Art Wagen zu ziehen ist von
                                 unseren stehenden Dampfmaschinen her bekannt geling; ich fuͤge aber der
                                 gegenwaͤrtigen Zugmaschine noch zwei Raͤder und zwei
                                 Triebstoͤke zu, wodurch die Geschwindigkeit bei leichtem Fuhrwerke
                                 groͤßer wird, als je ein Naderwagen fuhr. Fig. 41. zeigt eine
                                 Skizze dieser Maschine: zwei Handkurbeln auf jeder Achse, welche bei leichtem
                                 Fuhrwerke mit der Hand, bei schwerem mittelst Dampf- oder
                                 Pferde-Kraft getrieben werden koͤnnen. Eine Doppelmaschine in der
                                 Mitte einer Station einer doppelten Bahn kann 2 Wagen in ununterbrochener
                                 Bewegung halten, und so koͤnnen durch abwechselnd thaͤtige und
                                 leidende Betriebsamkeit zweier Leinen die Kraͤfte feststehender
                                 Maschinell in entgegengesezter Richtung wirken, und derselbe Weg nach der einen
                                 und nach der anderen Richtung schnell durchlaufen werden. Ein Wasserfall mit
                                 einer doppelten gegenseitigen Maschine wird, wo er nur immer vorkommt, mit
                                 großem Vortheile benuͤzt werden koͤnnen.Wir haben nicht bloß Wasserfaͤlle, sondern kleine Fluͤsse
                                       und große Baͤche, die Muͤhlenraͤder von der Kraft
                                       von 30 bis 50 und 100 Pferden treiben, in Unzahl auf dem festen Lande;
                                       noch ist es aber keinem Festlaͤndler eingefallen, die Straße in
                                       der Nahe einer solchen Triebkraft schnurgerade zu leiten, und seine
                                       Wagen vom Muͤhlrade ziehen zu lassen. In vielen tausend
                                       Doͤrfern koͤnnten alle Ernten von Feldern, die einem
                                       solchen Communalwege, wenn er gerade auf das
                                       Muͤhlrad des Dorfes hingezogen wird, naͤher liegen als dem
                                       Dorfe, von dem Muͤhlrade des Dorfes heimgezogen werden
                                       Stundenweit. Jedes Muͤhlrad am Ufer eines starken Baches ist eine
                                       stationary double Locomotive engine auf
                                       Eine Stunde aufwaͤrts und abwaͤrts. Haͤtten die
                                       Englaͤnder unsere Baͤche und Fluͤsse in
                                       Oberdeutschland, die Dampfmaschine waͤre nie auf die Welt
                                       gekommen. A. d. Ue. Auf laͤngeren Streiken kann die Zugleine selbst, wenn sie an
                                 beiden Enden Gewichte fuhrt, und gespannt ist, bei leichterem Fuhrwerke zur
                                 Foͤrderung desselben dienen, wenn sie ein Mal um eine Trommel an dem
                                 Bauche des Wagens geschlagen ist: wenn noch ein Triebstok mit einem Zahnstoke
                                 angebracht ist, so koͤnnen leichte Wagen mit 4–5 Fahrenden schnell damit
                                 weiter kommen, und die Fahrenden koͤnnen sich entweder selbst treiben,
                                 oder von Leuten ziehen lassen, und ein Wagen kann so schnell nach dem anderen
                                 fahren, als man will. Mit dem Patent-Reibungswagen kann, auf ebener Bahn,
                                 die Kraft eines Mannes hinreichen, um einen Wagen von 12 Ztr. mit großer
                                 Schnelligkeit vorwaͤrts zu treiben. Man hat uͤbrigens die Kraft in
                                 seiner Gewalt, und kann nach Belieben still stehen. Kraͤftige
                                 Trommelfedern koͤnnen unter gewissen Umstaͤnden gleichfalls als
                                 maͤchtige Triebkraft verwendet werden. Die Bahn ist indessen die
                                 Hauptsache, da die Triebkraft von der Kraft einer Feder bis zu jener von 100
                                 Pferden steigen kann.“
                              
                           Fig. 42.
                              zeigt einen der Wagen des Hrn. Dick von der Seite, mit einem Durchschnitte der
                              tragenden und der Sicherheitsbahn und den Sicherheitsraͤdern.
                           Fig. 43. ist
                              der Wagen von der Vorderseite.
                           Was das uͤbrige Detail der Errichtung und Stuͤzung der Bahn und
                              Sicherung der Wagen gegen Gefahr betrifft, so muͤssen wir auf Hrn. Dick's Broschuͤre verweisen, in welcher Alles sehr
                              umstaͤndlich entwikelt und 19 Zeichnungen beigefuͤgt sind.
                           Nach Hrn. Dick's Ueberschlag kaͤme die englische
                              Meile einer solchen Bahn nur auf 1400 Pfd., ungefaͤhr ein Drittel der Kosten
                              der gewoͤhnlichen liegenden Eisenbahnen. Unter den vielen Vortheilen bei
                              dieser haͤngenden Bahn fuͤhrt er vorzuͤglich diesen auf, daß
                              sie gerader als jede andere abgestekt werden kann, ohne die Unebenheiten des Bodens
                              so sehr beruͤksichtigen zu duͤrfen, wie bei der liegenden, indem man
                              durch die Hoͤhe der Pfeiler nachhelfen kann; daß der Akerbau und die
                              uͤbrigen Arbeiten dadurch weniger gestoͤrt werden, und die Gefahren
                              beseitigt sind, welche bei Schnellfuhren auf liegenden Eisenbahnen Statt haben.
                              Allerdings koͤnnen nicht einzelne Wagen mit so großer Last, wie auf den
                              liegenden. Bahnen, auf dieser Haͤngebahn laufen; allein, man kann diese Last
                              leicht auf mehrere kleine Wagen vertheilen, und leichte Wagen kommen hier leichter
                              fort.
                           Das Mech. Magazine bemerkt jedoch einen Nachtheil, den
                              Hr. Dick uͤbersehen zu haben scheint, naͤmlich diesen, daß, wenn in
                              der Reihe von Wagen, welche auf dieser Bahn gezogen werden, irgend einem Wagen ein
                              Unfall begegnet, derselbe nicht so leicht von der Bahn geschafft werden kann, und
                              daß das Stillstehen desselben bei der schnellen Bewegung der uͤbrigen Unheil
                              erzeugen kann. Fuͤr die hoͤchste Geschwindigkeit, 50–60 engl.
                              Meilen in Einer Stunde, sagt das Mech. Magazine, ist
                              keine Bahn mehr geeignet, als eine haͤngende, und es wuͤnscht
                              sehnlich, dieselbe bald ausgefuͤhrt zu sehen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
