| Titel: | Fässer aus Marmor zur Aufbewahrung des edlen Unger-Weines. Auszug eines Schreibens an den Hrn. Grafen St. Priest, dd. Pesth 27. Dec. 1829. | 
| Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. CI., S. 356 | 
| Download: | XML | 
                     
                        CI.
                        Faͤsser aus Marmor zur Aufbewahrung des
                           edlen Unger-Weines. Auszug eines Schreibens an den Hrn. Grafen St. Priest, dd. Pesth 27. Dec. 1829.Wir haben schon vor mehreren Jahren in unseren Blaͤttern, und erst vor
                                 Kurzem wieder, den edlen Ungern vorgeschlagen, zur alt-roͤmischen
                                 Sitte zuruͤck zu kehren, und ihre herrlichen Weine, die im Fasse so sehr
                                 leiden, nach der alten classischen Methode in thoͤnernen Gefaͤßen
                                 aufzubewahren; wir haben es einem jungen Toͤpfer aus Wien an das Herz
                                 gelegt, seine lieben Nachbarn mit den classischen Amphoris, Cadis Doliisque aus Thon zu versehen. Es freut, uns, daß,
                                 wie wir hier sehen, einige Magnaten unsere Idee im Großen ausgefuͤhrt,
                                 und dem Jacchus Pannonicus einen, seiner
                                 Goͤttlichkeit wuͤrdigen Altar aus Marmor erbaut haben. Wo man mit
                                 solchen Beispielen vorausgeht, wird es an Nachfolgern nicht fehlen, und Europa
                                 wird vielleicht von den Ungern wieder die alte Sitte lernen, seinen Wein in
                                 thoͤnernen Faͤssern aufzubewahren, wie es in Spanien hier und da
                                 noch heute zu Tage Sitte ist. Lernten doch die groͤßten und besten
                                 Landwirthe Frankreichs, die ehrwuͤrdigen Ternaux, erst vor 12 Jahren, ihr Getreide nach der besten Methode von
                                 der Welt, nach der ungrischen, in Silos aufbewahren. A. d. Ue.
                           
                        Aus dem Bulletin des Scienc. techn. Avril
                              1830.
                        Mit Abbildung auf Tab.
                              VII.
                        St. Priest, Faͤsser aus Marmor zur Aufbewahrung des edlen
                           Ungerweines.
                        
                     
                        
                           Es gibt bisher zwei Faͤsser auf Marmor in Ungarn: das eine zu Ofen
                              gehoͤrt Hrn. Margofi, und ist mit Ofner
                              gefuͤllt; das andere haben Sie bei mir gesehen: es ist gegenwaͤrtig
                              mit dem besten alten Tokayer gefuͤllt. Beide Faͤsser sind nach
                              derselben Idee gebaut, und gewaͤhren folgende Vortheile:
                           1) da Marmor im Keller so kalt bleibt, wie dikes Glas, so wird der Wein nicht zu
                              warm; die Gaͤhrung geht in marmornen Faͤssern ruhiger und
                              regelmaͤßiger von Statten, als in hoͤlzernen.
                           2) ein marmornes Faß, gehoͤrig verfertigt, schuͤzt den Wein eben so gut
                              vor der Kellerluft, als eine gute Flasche; es verduͤnstet auch nicht ein
                              Tropfen, und man erspart das Nachfuͤllen, das bei hoͤlzernen
                              Faͤssern so bedeutend ist. Es ist daher
                           
                           3) aus Obigem offenbar, daß der Wein sich laͤnger und besser in Marmor
                              haͤlt, als in dem poroͤsen Holze; daher sind auch Faͤsser aus
                              Marmor vorzuͤglich fuͤr edlere ungrische Weine zu empfehlen. Die alten
                              Roͤmer bewahrten ihren Wein in steinernenMit Erlaubniß des hochgebornen Hrn. Verfassers waren die Amphoren bei den Roͤmern keine steinernen
                                    Gefaͤße sondern irdene. Amphora cepit
                                       institui, currente rotâ cur urceus exit! fragt Horaz. Wir wissen auch aus Plinkus, daß nicht bloß die Amphorae,
                                    sondern selbst die Faͤsser bei den Alten, von Toͤpfern aus
                                    Thon verfertigt wurden: „etiam fictilibus
                                          doliis ad vina excogitatis, et ad aquas. Propter quae Numa rex
                                          septimum collegium figulorum instituit. Quin et defunctos sese multi
                                          fictilibus doliis condi maluere, sicut M. Varro.“
                                    Glaͤserner Amphorae finden wir nur bei
                                    Petronius erwaͤhnt, und diese scheinen
                                    mit Gyps uͤberzogen gewesen zu seyn, damit sie nicht so leicht
                                    brechen; denn er nennt sie gypsatae. Einer
                                    steinernen Amphora, der einzigen, die man in der
                                    classischen Welt kennt, erwaͤhnt Plinius
                                    als eines Weltwunders: „Onychem etiamnum in
                                          Arabiae montibus, nec usquam aliubi nasci putavere veteres: sudines in Germania. Potoriis primum vasis inde
                                          factis, dein pedibus lectorum sellisque. Cornelius Nepos tradit
                                          fuisse magno miraculo, cum P. Lentulus Spinter amphoras ex eo
                                          chiorum magnitudine cadoruio ostendisset.“ Wie groß
                                    ein Cadus ehius war, wissen wir nicht; der
                                    roͤmische Cadus hat 72 Sextarios gehalten. Die roͤmische Amphora war 48 Sextarii. Ein Sextarius wird
                                    fuͤr ein halbes Quart (Noͤßel) gehalten. Obschon das Wort Amphora (Gefaͤß mit zwei Henkeln) auch
                                    von den classischen roͤmischen Auctoren, seines griechischen
                                    Ursprunges ungeachtet, gebraucht wurde, so hatten die Roͤmer doch ein
                                    echt lateinisches Wort fuͤr Amphora,
                                    naͤmlich Quadrantal; und es ist
                                    merkwuͤrdig, die zwei lezten Sylben dieses
                                    alt-roͤmischen Wortes Quadrantal
                                    noch heute zu Tage in der ungrischen Sprache als Antal erhalten zugehen. Man mißt und kauft den Tokayer in Ungarn
                                    nicht Faß- oder Flaschen-Weise, sondern Antal-Weise. Man sagt, daß Pannonien seine Reben durch Probus erhalten habe; da aber die Roͤmer
                                    schon fruͤher Pannonien besaßen, so laͤßt es sich leichter
                                    erklaͤren, wie dieses Wort in die ungrische Sprache kam, als wie es
                                    sich in derselben erhielt. Wenn des ehrwuͤrdigen guten Reynier de Lausanne Bemerkung richtig ist, daß
                                    dort, wo der. Wein in kurzen Neben an kurzen Weinsteken gezogen wird, die
                                    Rebe durch Griechen, und wo der Wein in langen Reben an Baͤumen und
                                    Treillagen gezogen wird, durch Roͤmer zuerst hingepflanzt wurde (was
                                    fuͤr Italien und fuͤr das suͤdliche Frankreich Reynier allerdings guͤltig erwiesen hat)
                                    so haͤtte Pannonien seine Weine durch die Griechen, und nicht durch
                                    die Roͤmer, erhalten. A. d. Ue. Gefaͤßen, und die Geschichte lehrt uns, daß die italiaͤnischen
                              Weine sich in diesen Amphoren weit besser erhielten, als
                              heute zu Tage in den Faͤssern.
                           4) Wenn die Reife abspringen oder los werden, oder wenn irgend ein Loch im
                              hoͤlzernen Fasse entsteht, so rinnt der Wein aus. Diese Nachtheile haben bei
                              marmornen Faͤssern nicht Statt.
                           5) Wenn ein hoͤlzernes Faß leer wird, nimmt es sehr oft einen uͤblen
                              Geschmak an, der dasselbe fuͤr die Zukunft ganz unbrauchbar macht: Marmor
                              hingegen nimmt nie einen Geruch an.
                           6) Da ein marmornes Faß nie nachgefuͤllt werden darf, so kann der
                              Eigenthuͤmer sein Faß siegeln und seinen Keller Jahre lang geschlossen
                              halten, ohne fuͤrchten zu duͤrfen, daß der Wein durch die
                              Nachlaͤssigkeit seiner Hallsleute leidet, oder durch ihre Untreue weniger
                              wird.
                           7) Bei einem marmornen Fasse ist keine Reparatur noͤthig. Die einzige Sorgfalt, die man
                              fuͤr dasselbe haben muß, ist diese, daß es keine heftige
                              Erschuͤtterung erleidet.
                           Hier folgt nun eine genaue Zeichnung und Beschreibung des oben erwaͤhnten und
                              gegenwaͤrtig mit Tokayer gefuͤllten Fasses.
                           Fig. 47.
                              zeigt das Faß von der Vorderseite.
                           Damit die zu große Schwere die weiche Erde nicht eindruͤkt, ist aaa die Grundlage aus dichten festen Steinen, auf
                              welchen das marmorne Faß, bbbb, ruht. In der
                              Abtheilung c, ist die Ziffer I, und befinden sich nach unten zu zwei Oeffnungen, dd. Durch die obere dieser Oeffnungen laͤßt
                              man den reinen Wein ab, durch die untere den Bodensaz, der sich in derselben bildet.
                              Auf einer Seite sind der ganzen Laͤnge des Fasses nach fuͤnf steinerne
                              Stuͤzen angebracht, ee, welche tief in die
                              Erde eingelassen sind. Auf der entgegengesezten Seite, g, sind fuͤnf Steine in dem Gewoͤlbe angebracht, auf welche das
                              Faß sich stuͤzt. Diese ganze Vorrichtung ist in allen ihren Theilen so fest
                              verbunden, daß nur eine sehr heftige Erschuͤtterung im Stande waͤre
                              sie zu beschaͤdigen.
                           Fig. 48.
                              zeigt den unteren Theil dieses marmornen Fasses, der in zwei Theile getheilt
                              ist.
                           Fig. 49. ist
                              eine der drei Abtheilungen, durch welche dieses Faß in vier Abtheilungen gebracht
                              ist. Denn es waͤre unmoͤglich ein solches Faß, das zur Aufbewahrung
                              des besten Tokayers bestimmt ist, in Einem Jahre mit solchem Weine von derselben
                              Guͤte zu fuͤllen.
                           Fig. 50.
                              zeigt die Ausdehnung der vier Abtheilungen, und die Oeffnungen, dd, der zwei mittleren Abtheilungen, Nro. 2 und 3, bei dd.
                           Fig. 51.
                              stellt die Außenseite der Laͤnge nach dar.
                           Die gegenuͤberstehende Seite ist wie in Fig. 47., nur muß in der
                              mittleren Abtheilung c die Ziffer 4 statt 1 kommen.
                           Nach oben zu hat jede Abtheilung eine eigene Thuͤre aus Marmor, damit man in
                              das Faß einsteigen kann, wenn es leer ist. Diese Thuͤren sind mit einem
                              leichten Kitte verstrichen, damit keine Luft eindringen kann. In der Mitte einer
                              jeden derselben befindet sich eine kleine Oeffnung, durch welche man den Wein in das
                              Faß laͤßt, und etwas davon herausnehmen kann, wenn man denselben kosten
                              will.
                           So groß aber auch immer die Vortheile dieser Marmorfaͤsser sind, so kann man
                              dieselben doch nur reichen Weinguͤter-Besizern empfehlen, die ihre
                              Weine Jahre lang uͤber gut aufbewahren wollen. Die Anschaffung und
                              Aufstellung derselben kommt theuer, und wenn man sie einmal hat, lassen sie sich
                              nicht so leicht transportiren und handhaben, wie hoͤlzerne Faͤsser.
                              Wir muͤssen noch uͤberdieß bemerken, daß man diese Faͤsser erst
                              dann fuͤllen darf, wenn der ganze Apparat hinlaͤnglich dicht geworden
                              ist.
                           
                           Um allen Oehlgeruch vollkommen zu beseitigen, ließ man das Faß, ehe man es mit
                              Tokayer fuͤllte, 9 Monate lang im Keller, und man uͤberzog den Kitt an
                              den Thuͤren der Abtheilungen mit Kolophonium und mit weißem Peche.So gut diese marmornen Faͤsser in jeder Hinsicht sind, so scheint es
                                    uns doch, daß sie auf eine noch weit einfachen, wohlfeilere Weise
                                    vorgerichtet werden koͤnnen; auf eine Weise, die auch die Reinigung
                                    der Faͤsser ohne Vergleich mehr erleichtert. Die edlen reichen
                                    Ungern, die leicht, wie einst die alten Roͤmer, groͤßere
                                    Keller, als andere Leute Felder, besizen koͤnnten („quorum agri“ sagt Plinius L. 36. c 15.
                                    von den besiegten Voͤlkern „quoque
                                          minorem modum obtinuere, quam cellaria Romanorum“),
                                    koͤnnen in Italien, besonders im Florentischen, in den Oehlkellern
                                    lernen, wie man Fluͤssigkeiten in Marmor aufbewahrt. Mehrere
                                    vierekige Marmortroͤge neben einander hingestellt, und an ihrem
                                    oberen Rande mit einem Falze versehen, in welchen man eine Marmortafel
                                    einschiebt, die man dann bloß an dem Falze mit grauem Thone zu verstreichen
                                    braucht, den man dann mit Harz uͤberzieht (Wein-Bassins),
                                    wuͤrden hinreichen.Wer mit seinen Augen gesehen hat, was in Ungern Faͤsser kosten, wie
                                    schlecht sie sind, und wie geistig der ungrische Wein ist; wie dieser
                                    folglich in dem Maße schlechter werden muß als die schlechtesten Weine, als
                                    das Faß schlecht ist, in welchem er aufbewahrt wird) der wird die
                                    Nothwendigkeit fuͤhlen, die ungrischen Weine nach Art der alten
                                    Roͤmer in Faͤssern aus Thon, und nicht in Faͤssern aus
                                    Holz aufzubewahren. Wenn das Gurkenwasser mit herbem Weinsteine und
                                    Gallapfelsaure, das als sogenannter Oesterreicher, Wuͤrzburger,
                                    Rheinwein gekeltert wird, in Faͤssern aufbewahrt werden kann, durch
                                    welche er verduͤnstet, so geschieht dieß dadurch, daß hier kein
                                    Alkohol verloren geht; denn diese schlechten, Magen und Bauch verderbenden
                                    Limonaden haben nur wenig Alkohol; sie verlieren nur ihr Wasser, und werden
                                    dadurch nur weniger waͤsserig, aber nicht weniger, geistig. Der
                                    Ungerwein hingegen, der lauter Alkohol ist, verliert seinen Alkohol in
                                    Faͤssern um so leichter, als Alkohol leichter als Wasser verdunstet.
                                    Dieß ist der Grund, warum der Ungerwein, wie man allgemein klagt, sich nicht
                                    so gut in Faͤssern verfuͤhren laͤßt, wie die schlechten
                                    Weine. Wuͤrden die Ungern ihren Wein in Flaschen verfuͤhren,
                                    wie die Burgunder und Bordelaisen, so wuͤrde man den Ungerwein in N.
                                    America und im Peter- und Paulshafen eben so gut trinken
                                    koͤnnen, als man ihn zu Oedenburg, Rust, St. Goͤrgen, Erlau,
                                    Keszthely, Sexard, und in ganz Syrmien trinkt. Der beste Tokayer, und der
                                    dem Tokayer weit vorzuziehende Karólysche Méneser, wird, in Faͤßchen verfuͤhrt,
                                    schlecht: in Flaschen kann er eine Reise um den Erdball machen, und wird
                                    eben so geistreich wieder heimkehren, als er ausfuhr. Wenn die Ungern ihre,
                                    urspruͤnglich griechischen und roͤmischen, Weine nach
                                    alt-griechischer und roͤmischer Weise behandeln werden, in cadis, doliis amphoris fictilibus, so werden
                                    ihre Weine eben so classisch werden, als es ihre Reben sind. Die Ungern
                                    koͤnnen alle Latein; sie duͤrfen nur Varro, Colunella, Plinius
                                    lesen, und thun, was diese guten Alten uns sagten, deren classische Weisheit
                                    wir in unserer modernen Albernheit, die wir fuͤr Allwissenheit
                                    halten, vergessen haben. A. d. Ue.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
