| Titel: | Bemerkungen über das Härten des Stahles. Von Rufus Tyler, Mechaniker zu Philadelphia. | 
| Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. XII., S. 29 | 
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                        XII.
                        Bemerkungen uͤber das Haͤrten des
                           Stahles. Von Rufus
                              Tyler, Mechaniker zu Philadelphia.
                        Aus dem Franklin Journal, im Register of Arts, Junius.
                              1830. S. 29.
                        Tyler, uͤber das Haͤrten des Stahles.
                        
                     
                        
                           Ich lege dem Institute folgende Bemerkungen uͤber das Haͤrten des
                              Stahles, als die Resultate vieler Erfahrungen in dem regelmaͤßigen Verlaufe
                              meiner Arbeiten, und als Versuche vor, welche ich, veranlaßt durch einige
                              zufaͤllig bemerkte Sonderbarkeiten, zu meiner eigenen Belehrung angestellt
                              habe. Man wird vielleicht bedauern, daß ich nicht Muße genug fand, sie mit
                              groͤßerer Genauigkeit in ihrem ganzen Detail zu wiederholen; vielleicht wird
                              aber gerade dieser Umstand anderen erwuͤnscht scheinen, indem keine Reihen
                              von Zahlen und Formeln dadurch zum Vorscheine kommen konnten, und daher desto
                              leichter uͤber die Sache gesprochen, und Alles erwogen und verbessert werden
                              kann: denn zu verbessern wird es hier, ungeachtet aller Muͤhe, die ich
                              angewendet habe, noch Vieles geben.
                           Die eigene Art von Haͤrtung, deren der Stahl faͤhig ist, beruht auf
                              zwei Bedingungen: 1) auf einem hinlaͤnglichen Grade von
                                 Hize (etwas unter dem tiefsten Roth), welchen man die Haͤrtungshize
                              nennen kann; 2) auf dem ploͤzlichen
                                 Abkuͤhlen. Wenn es nur um einige wenige Grade von Hize gefehlt ist,
                              oder wenn es nur um zwei oder drei Secunden zu viel ist; so ist die ganze Arbeit mißrathen.
                           Das gewoͤhnliche Verfahren beim Haͤrten des Stahles zu
                              gewoͤhnlichen Zweken ist dieses, daß man denselben bis auf den
                              gehoͤrigenWir haben so viel vom gehoͤrigen Hizen des
                                    Stahles gelesen, gehoͤrt und gesehen, daß wir nur so viel wissen, daß
                                    der Stahl, wenn er gehoͤrig
                                    gehaͤrtet werden soll, gehoͤrig
                                    gehizt werden muß; die Temperatur selbst aber haben wir noch nirgendwo an
                                    irgend einem Pyrometer in Graden angegeben gefunden. Es waͤre zu
                                    wuͤnschen, daß man Hrn. Prinsseps
                                    Pyrometer bei dieser wichtigen Arbeit versuchen moͤchte.A. d. Ue. Grad erhizt (je niedriger desto besser, vorausgesezt daß die Hize nicht gar
                              so niedrig ist, daß kein Haͤrten Statt haben koͤnnte), und dann
                              schnell in kaltes Wasser taucht. Wenn es noͤthig ist, die Oberflaͤche
                              gegen die anfressenden Wirkungen der atmosphaͤrischen Luft zu
                              schuͤzen, wie bei Stahlstichen, bei fein gearbeiteten staͤhlernen
                              Praͤgestaͤmpeln etc., so muß der Stahl in fein gestoßenes
                              Holzkohlenpulver gelegt werden, das man vorher in einer eisernen Buͤchse bis
                              zur Rothgluͤhehize erhizte, um alles aus demselben zu verjagen, was sich
                              verdampfen laͤßt, und wenn der Stahl dann hinlaͤnglich gehizt ist, muß derselbe, so wenig
                              als moͤglich der Luft ausgesezt, in die Abkuͤhlungsfluͤssigkeit
                              gebracht werden. Wenn Alles, was in der Buͤchse ist, zugleich mit dem Stahle
                              so in Oehl geworfen wird, daß alle Luft vollkommen ausgeschlossen bleibt, so
                              behaͤlt der Stahl seine Politur und seinen Glanz unveraͤndert.
                           Alle Stahlarbeiten unterliegen mehr oder weniger dem Werfen, wenn man sie schnell
                              abkuͤhlt, wegen der ungleichen Zusammenziehung ihrer Theile, und manche
                              dieser Arbeiten erfordern die groͤßte Geschiklichkeit und Gewandtheit, wenn
                              man verhuͤten will, daß sie waͤhrend der Arbeit in Stuͤke
                              brechen.
                           Wo immer also die Natur des Stahlstuͤkes, das man haͤrten will, den
                              Gebrauch des Oehles, als Abkuͤhlungsmittel, erlaubt, wird dasselbe sicherer
                              wirken, als Wasser, indem es in seiner Wirkung langsamer ist. Es ist daher offenbar,
                              daß, da große Stahlmassen selbst im Wasser nur mit der groͤßten Muͤhe
                              innerhalb der Haͤrtungszeit gehaͤrtet werden koͤnnen, nur
                              kleine Arbeiten, wie z.B. Federn, duͤnne Klingen etc. in Oehl
                              gehaͤrtet werden koͤnnen. Man hat zuweilen behauptet, daß Oehl dem
                              Stahle, der in demselben gehaͤrtet wird, einen gewissen Grad von
                              Zaͤhigkeit ertheilt, so wie es ein Stuͤk Horn oder Leder zaͤher
                              machen wuͤrde, indem es in die Poren desselben eindringt, und ich glaube das
                              beruͤhmte Patent, auf die gepriesenen in Oehl
                                 gehaͤrteten Patent-Feder-Bruchbaͤnder
                                 gruͤndet sich auf diese Vermuthung.
                           Die Gefahr des Brechens nimmt mit der Dike des Stuͤkes zu, es mag was immer
                              fuͤr eine Form haben; diejenige Form ist dem Brechen am wenigsten ausgesezt,
                              in welcher die groͤßte Freiheit der Bewegung Statt hat, oder in welcher eine
                              gleichzeitige Zusammenziehung aller Theile bewirkt werden kann.
                           Beim Haͤrten einer Walze, z.B. von zwei drei Zoll im Durchmesser und von
                              derselben Laͤnge, ist das erste Streben des Zusammenziehens ihrer
                              Oberflaͤche eine Trennung derselben. Da aber die Kraft dieses Strebens
                              uͤber die ganze Oberflaͤche gleich vertheilt ist, und das Metall sich
                              in einem Zustande von Nachgiebigkeit befindet, so ist, im Allgemeinen, die einzige
                              Wirkung diese, daß die Oberflaͤche sich uͤber ihre
                              urspruͤnglichen Graͤnzen ausdehnt. Die auf diese Weise
                              vergroͤßerte Oberflaͤche wird auf ein Mal hart und fest, so daß das
                              darauf folgende Abkuͤhlen des Mittelpunktes den Druk auf die
                              Oberflaͤche umkehrt, und dieselbe zusammenzudruͤken oder zu
                              verkuͤrzen trachtet, und dieß zwar in einem solchen Grade, daß oͤfters
                              ein Segment mit großer Gewalt weggeschlaͤudert wird, oder, wenn der
                              aͤußere Theil hinlaͤngliche Staͤrke hat der zusammenziehenden
                              Kraft des Mittelpunktes zu widerstehen, so strebt dieser Theil wieder sich abzusondern, indem er
                              durch den aͤußeren Theil (an welchem er anhaͤngt) gehindert ist, in
                              seine urspruͤngliche Ausdehnung zuruͤkzukehren. In diesem Falle ist
                              eine Trennung im Mittelpunkte unvermeidlich, außer es bleibt ein Theil der Hize
                              zuruͤk, bis die Oberflaͤche durch das Anlassen schlaffer wird, worauf
                              man dann abkuͤhlen kann. Wenn ein Sprung im Mittelpunkte anfaͤngt, so
                              trennen die Theile sich gewoͤhnlich mit einer solchen Kraft, daß die Masse
                              mit einem lauten Klange sich von einander reißt.
                           Bei dem Springen oder Brechen der Praͤgestaͤmpel, Walzen etc. (bei
                              welchen das Anlassen vernachlaͤssigt wurde) geschieht es zuweilen, daß diese
                              Wirkung erst nach mehreren Stunden, und selbst Tagen, nach dem Harten Statt hat.
                           Die Schriftsteller sagen, daß Stahl, wenn man denselben bis auf den
                              Haͤrtungspunkt erhizt, sich um 1/8 Zoll im Fuße ausdehnt, und bei dem
                              Abkuͤhlen sich ungefaͤhr um 2/3 der Laͤnge, um welche er sich
                              ausdehnte, zusammenzieht: vorausgesezt, daß wirklich Haͤrtung Statt hat, denn
                              sonst zieht er sich beinahe auf seine urspruͤngliche Laͤnge zusammen.
                              Ich war daher gewohnt, auf diese Ausdehnung, welche gewoͤhnlich beobachtet
                              wurde, in einem groͤßeren oder geringeren Grade zu rechnen, und war mehrere
                              Jahre lang der Meinung, daß dieß eine nothwendige Folge des Haͤrtens des
                              Stahles ist, daß diese Wirkung Statt haben muͤsse,
                              und zwar im Verhaͤltnisse zu dem Grade der erzeugten Harte.
                           Von dieser Theorie weichen jedoch mehrere Thatsachen ab, und ich glaube, daß der oben
                              als Ursache des Brechens angegebene Umstand auch die in Frage stehende Erscheinung
                              auf das Genuͤgendste erklaͤrt, naͤmlich das Erhaͤrten
                              der aͤußeren Oberflaͤche, ehe dieselbe sich so viel moͤglich
                              bis zur gehoͤrigen Groͤße zusammenziehen konnte, waͤhrend die
                              innerhalb enthaltene Masse noch ausgedehnt war.
                           Ich habe in einer Menge von Faͤllen bei duͤnnen hohlen Cylindern oder
                              flachen Ringen, wo das Abkuͤhlen am leichtesten durch und durch, und beinahe
                              augenbliklich, geschehen konnte, wo also der groͤßte Grad von Haͤrtung
                              Statt hatte, gefunden, daß keine Vergroͤßerung bemerkbar war.
                           Bei dem Abkuͤhlen muß vorzuͤglich dafuͤr gesorgt werden, daß an
                              keinem Theile eine Unterbrechung Statt hat, wie dieß so oft dadurch geschieht, daß
                              man das Stuͤk zu schnell in dem Wasser hin und her bewegt, und dadurch die
                              gegenuͤberstehenden Seiten abwechselnd kuͤhlt, und einem leeren Raume
                              aussezt; denn auf diese Weise kann ein Theil, welcher so behandelt wurde, nachdem
                              man ihn schnell gegen das stroͤmende Wasser bewegt, bis er gehoͤrig
                              gehaͤrtet ist, leicht wieder angelassen oder temperirt werden (let
                                 down, wie man sagt), indem die Hize von dem Mittelpunkte gegen die Seite
                              hin fuͤhrt, welche dem leeren Raume gegen uͤber steht, und keine
                              hinlaͤngliche Wiedererhizung Statt hat, die als Vorbereitung zur
                              Haͤrtung bei der Wiederkehr der Wasserstroͤmung dienen koͤnnte.
                              Auf diese Weise entstehen oͤfters weiche Stellen, welche man irrig der
                              Ungleichheit des Stahles, dem Mangel an hinlaͤnglicher Hize etc.
                              zuschreibt.
                           Wenn man das Ende einer kleinen Stange (welche auf mehrere Zoll in der Laͤnge
                              gehizt ist) in Wasser taucht, und ganz ruhig haͤlt, bis es beinahe zur
                              Oberflaͤche des Wassers, welches sehr kalt seyn muß, gehaͤrtet ist,
                              und dann dieselbe schnell um ein Achtel Zoll oder mehr empor hebt, nach der
                              Laͤnge der Stange; so wird ein Theil des Stuͤkes, welches
                              gehaͤrtet wurde, wieder weich durch den daruͤber befindlichen erhizten
                              Theil: sobald man dieß wahrnimmt, lasse man die Stange wieder in das Wasser sinken,
                              so weit sie noch in der Haͤrtungshize steht, was vielleicht einen halben Zoll
                              tiefer seyn mag, als vorher; so wird ein anderer Theil von ungefaͤhr 3/8 Zoll
                              auf diese Weise gehaͤrtet werden. Man ziehe nun die Stange wieder um etwas in
                              die Hoͤhe, wie vorher, und wiederhole die vorige Operation, bis endlich in
                              der Stange keine Haͤrtungshize mehr uͤbrig bleibt; auf diese Weise
                              entsteht dann eine Reihe abwechselnder harter und weicher Ringe.
                           Als ich die Staͤrke verschiedener Arten von Stahl pruͤfte, indem ich
                              jede Art wiederholt so lang haͤrtete, bis ein Bruch entstand, fand ich zu
                              meiner Verwunderung, daß kleine Stuͤke, z.B. von einem Zoll im Gevierte, und
                              3/8 bis 1/2 Zoll Dike, nach drei- bis viermaligem Harten bedeutend
                              geschwollen waren, und daß jede Haͤrtung ihre Convexitaͤt vermehrte,
                              bis endlich in der Mitte einer der Flaͤchen die Oberflaͤche wirklich
                              barst. Ich wiederholte den Versuch mit einem vollkommen flach zugearbeiteten
                              Stuͤke, und fand daß die erste, zweite, dritte und vierte Haͤrtung die
                              Oberflaͤche immer mehr und mehr woͤlbte: bei der vierten
                              Haͤrtung bekam das Stuͤk einen Sprung.
                           Ich habe ein duͤnnes Stuͤk Stahl sehr schoͤn dadurch
                              gehaͤrtet gesehen, daß ich es bei seinem Durchgange durch Strekwalzen
                              erstarren (frieren, chilling) ließ. Dieses Stuͤk
                              zeigte in der Folge auf seinem Bruche ein außerordentlich schoͤnes Korn,
                              wahrscheinlich als Folge seiner Haͤrtung unter einem ungeheueren Druke.
                           Kleine Bohrer und andere Stuͤke von geringer Dike, wie z.B. von der Dike einer
                              kleinen Nadel, koͤnnen dadurch hinlaͤnglich schnell bis zur
                              Erhaͤrtung abgekuͤhlt werden, daß man dieselben in der Luft schnell
                              hin und her bewegt.
                           Wasser, wenn es bei dem Abkuͤhlen kraͤftig wirken soll, muß frei von aller Seife seyn.
                              Wenn nur etwas Seife in dem Wasser ist, wird die Abkuͤhlungszeit dadurch weit
                              uͤber die Graͤnze der Haͤrtung hinausgeruͤkt,
                              vorzuͤglich wenn das Stuͤk Stahl nicht sehr klein ist.
                           Das Korn des Stahles, obgleich schoͤner, wenn der Stahl hart, als wenn er
                              weich ist, wird noch weit schoͤner, wenn das Anlassen so tief als
                              moͤglich herabgebracht wird, bis ungefaͤhr auf das Mittel zwischen
                              Hart und Weich, wo dann die Schoͤnheit wieder anfaͤngt abzunehmen.
                           Gußeisen kann auf dieselbe Weise, wie Stahl, gehaͤrtet werden, diejenige Art
                              ausgenommen, welche bereits bei dem Gusse selbst gehaͤrtet wurde. Diese Art
                              besizt einen ausgezeichneten Grad von Haͤrte, welcher materiell von
                              demjenigen verschieden ist, den man nach der Haͤrtungsweise des Stahles
                              erhaͤlt. Das Haͤrten geschieht hier, waͤhrend das Eisen aus dem
                              Zustande von Fluͤssigkeit in den festen Zustand uͤbergeht, und solches
                              Gußeisen kann nur durch Umschmelzen wieder weich werden. Sobald es die Zeit erlaubt,
                              werde ich einige Bemerkungen uͤber hartes und weiches Gußeisen
                              mittheilen.
                           Die genuͤgendste Theorie uͤber das Haͤrten des Stahles, welche
                              sich auch auf Gußeisen anwenden laͤßt, ist jene von Hrn. Wilh. Mason allhier. Er nimmt an, daß bei der
                              Haͤrtungshize die Bestandtheile des Stahles in einem Zustande von
                              vollkommener chemischer Vereinigung sich befinden, und daß, wenn man bei dem
                              Abkuͤhlen Zeit laͤßt, diese Vereinigung aufgeloͤst oder in ein
                              bloß mechanisches Gemenge umgewandelt wird. Er unterstuͤzt diese Ansicht mit
                              folgendem Versuche. Man schmelze gewisse Mengen von Zink und Queksilber zusammen,
                              und gieße einen Theil des Amalgames in Wasser, den anderen in einen
                              hoͤlzernen oder papiernen Model. Derjenige Theil, welcher in das Wasser
                              gegossen wurde, wird auf der Stelle erstarren, seine chemische Verbindung
                              beibehalten, und die Consistenz eines Teiges bekommen, waͤhrend der andere
                              sich trennen wird: der Zink wird eine feste zellige Masse bilden, in deren
                              Zwischenraͤumen das Queksilber in Gestalt kleiner Kuͤgelchen enthalten
                              ist.