| Titel: | Ueber den Käsestoff und über Milch; über die neuen Hülfsmittel, welche die Gesellschaft aus denselben erhalten kann. Von Hrn. Heinr. Braconnot, Corresp. des Institutes. | 
| Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. XLV., S. 136 | 
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                        XLV.
                        Ueber den Kaͤsestoff und uͤber
                           Milch; uͤber die neuen Huͤlfsmittel, welche die Gesellschaft aus denselben
                           erhalten kann. Von Hrn. Heinr.
                              Braconnot, Corresp. des Institutes.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. 43. Th. S.
                              337.
                        Braconnot, uͤber den Kaͤsestoff und uͤber
                           Milch.
                        
                     
                        
                           Milch ist unter allen thierischen Fluͤssigkeiten unstreitig diejenige, die den
                              Menschen am meisten Huͤlfsquellen darbietet, und die man dessen ungeachtet
                              bisher noch am wenigsten genau untersucht hat. Es schien mir daß, wenn man von der
                              Milch allen moͤglichen Vortheil ziehen und den Nuzen, demselben
                              vervielfaͤltigen will (und dieß war der einzige Zwek meiner Untersuchungen),
                              man vor Allem denjenigen Grundstoff derselben gehoͤrig studieren
                              muͤsse, welcher der nahrhafteste ist, d.h., den Kaͤsestoff, das Caséum, dessen
                              wahre Natur man noch nicht gehoͤrig kannte. Nach Berzelius ist frischer Kaͤse, den man durch Saͤuren gerinnen
                              ließ, mittelst kohlensauren Baryts oder kohlensauren Kalkes in Wasser
                              aufloͤsbar. Wenn man diese Fluͤssigkeit der Waͤrme aussezt, um
                              sie zu verdampfen, so bedekt sie sich mit Haͤutchen, und man erhaͤlt endlich einen
                              Ruͤkstand, der in Wasser unaufloͤsbar, und nicht, wie der gelehrte
                              schwedische Chemiker glaubt, ein Product der Einwirkung der Luft auf den darunter
                              befindlichen Kaͤsestoff, sondern das Resultat der Verbindung dieses lezteren
                              mit den angewendeten erdigen Mittelsalzen ist. Nach Hrn. Chevreul ist Kaͤse, in reinem Zustande,
                              in Wasser hoͤchst aufloͤsbar, und scheidet sich aus demselben durch
                              die Hize, wie Eiweißstoff, ab; dieser geschikte Chemiker wird daher geneigt
                              Scheele's Meinung
                              anzunehmen, welcher diese beiden Koͤrper, die nicht mit einander verwechselt
                              werden duͤrfen, fuͤr einerlei erklaͤrt. Der Kaͤsestoff
                              bietet uͤbrigens, indem er so sehr geneigt ist sich mit den verschiedenen
                              Koͤrpern zu verbinden, mit welchen er in Beruͤhrung steht, so große
                              Schwierigkeiten bei seiner Ausscheidung dar, daß es kein Wunder ist, wenn man die
                              eigentliche Natur desselben bisher verkannte. Ich werde hoffentlich bald beweisen
                              koͤnnen, daß dieser Koͤrper, wenn er im Wasser aufgeloͤst ist,
                              durch Hize nicht gerinnt, und alle Eigenschaften der Saͤuren besizt, obschon
                              er sich mit diesen, und selbst mit dem groͤßten Theile der Neutralsalze,
                              verbindet, und dadurch unaufloͤsbare Koͤrper bildet. Ich will jedoch
                              noch vorher ein Product bekannt machen, von welchem die Kuͤnste großen
                              Vortheil ziehen koͤnnen.
                           
                        
                           Aufloͤsbarer Kaͤsestoff, in seinen Anwendungen
                                 auf die Kuͤnste betrachtet.
                           2500 Gramm weißen Kaͤses (fromage blanc,
                                 caillé, oberdeutsch Topfen, Schotten), so
                              wie man ihn auf unseren Maͤrkten findet, wurden einige Zeit uͤber der
                              Siedehize ausgesezt. Der Kaͤse zog sich bedeutend zusammen, und bildete eine
                              klebrige, elastische Masse, die in einer großen Menge Serum schwamm, aus welchem
                              Kali phosphorsauren Kalk und eine geringe Menge Kaͤsestoff niederschlug.
                              Diese elastische Masse wog, nachdem sie in siedendem Wasser gewaschen wurde, um sie
                              von allem saurem Serum zu reinigen, in ihrem nassen Zustande 469 Gramm. Sie ist eine
                              Verbindung von Kaͤsestoff mit Essigs und Milchsaͤure. Sie wurde
                              zertheilt, und dann mit 12,5 Gramm krystallisirtem Kali-Bicarbonate und einer
                              hinlaͤnglichen Menge Wassers erhizt. Die Aufloͤsung hatte unter
                              Aufbrausen Statt, und es kam eine schleimige Fluͤssigkeit von fadem Geschmake
                              zum Vorscheine, welche das Tournesolpapier sehr deutlich roͤthete. Diese
                              Fluͤssigkeit wurde unter staͤtem Umruͤhren, theils um die
                              Verdampfung zu beguͤnstigen, theils um zu verhuͤten, daß keine
                              schleimigen Haͤutchen auf der Oberflaͤche sich bildeten, und
                              vorzuͤglich um einer zu großen Erhizung am Boden des Gefaͤßes
                              vorzubeugen, abgeraucht. Es blieb ein Klumpen zuruͤk, der, als er anfing zu
                              erkalten, etwas diklicher wurde, und zwischen den Fingern sich zu Haͤuten
                              ziehen ließ, welche man
                              auf einem Siebe von Roßhaar der Luft aussezte, und daselbst troknen ließ. Diese
                              Masse wog 300 Gramm. Ich betrachte sie als saures, kaͤsesaures Kali (surcaseate de potasse), das noch Butter enthaͤlt,
                              und eine geringe Menge essigsaures und milchsaures Kali: Salze, welche Bestandtheile
                              der Milch bilden. Auf diese Weise abgetroknet, gleicht sie dem Fischleime; sie ist
                              gelblichweiß, halb durchscheinend, und hat einen faden Geschmak. Sie ist in kaltem
                              wie in siedendem Wasser vollkommen aufloͤsbar, und bildet eine
                              Fluͤssigkeit, die aussieht wie Milch, was von der in ihr noch enthaltenen
                              Butter herruͤhrt: man sollte glauben sie waͤre regenerirte Milch. Man
                              sieht hieraus, daß die Bereitung des aufloͤsbaren Kaͤsestoffes
                              hoͤchst einfach ist, wenn es sich bloß darum handelt, denselben im Zustande
                              der vollkommensten Reinheit zu erhalten. Man wird einsehen, daß man das Bicarbonat
                              hatte durch kohlensaures Kali, oder durch die im Handel vorkommende Soda ersezen
                              koͤnnen. Wir wollen einige Anwendungen hiervon auf die Kuͤnste und in
                              der Hauswirthschaft angeben: die Industrie wird noch weit mehrere entdeken
                              koͤnnen.
                           Dieser Stoff laͤßt sich, so wie die Gallerte, aufbewahren ohne daß er durch
                              die Laͤnge der Zeit litte. Er kostet aͤußerst wenig; denn die
                              Milchwirthschaft in großen Meiereien liefert eine so große Menge weißen
                              Kaͤses, daß die Menschen nicht im Stande sind denselben aufzuzehren. Wenn man
                              den Absaz desselben dadurch vermehrt, daß man mehr Hausthiere haͤlt, welche
                              damit gefuͤttert werden, so erhaͤlt man eine groͤßere Masse von
                              Duͤnger, und leistet dadurch dem Akerbau und dem Handel „(mit
                                 Viehe)“ einen wesentlichen Dienst.Dieß geschieht in Deutschland, wenigstens in Oberdeutschland, ohnedieß in
                                    jedem guten Bauernhofe: fuͤr uns Deutsche ist dieß nichts Neues.A. d. Ue. Der aufloͤsbare Kaͤsestoff, auf verschiedene Weise den
                              Nahrungsmitteln zugesezt, gibt ein kostbares Aushuͤlfsmittel,
                              vorzuͤglich auf weiten Seereisen.Auch dieß ist bei uns, zumal in Oberdeutschland, und besonders im Hochgebirge
                                    laͤngst allgemein bekannt. Die taͤgliche Kost unserer
                                    Landleute, zumal auf den Alpen, ist Schottensuppe, und als bessere Speise
                                    Topfennudeln etc. Es gehoͤren aber gute Dauungsorgane dazu: wer nicht
                                    daran gewohnt ist, bekommt davon leicht Durchfall. Fuͤr Seereisen,
                                    zumal unter den Wendekreisen, moͤchten wir diese Kost nicht
                                    empfehlen. Dysenteria und Cholera Morbus wuͤthet in Ost- und Westindien
                                    vorzuͤglich unter denjenigen Europaͤern, die viel Butter und
                                    Kaͤse genießen.A. d. Ue. Die waͤsserige Aufloͤsung des Kaͤsestoffes, gezukert
                              und mit etwas Citronenschale gewuͤrzt, kann fuͤr Reconvalescenten bei
                              schwachen Verdauungswerkzeugen ein gutes Nahrungsmittel abgeben, und als Uebergang
                              von der Pflanzenkost zur thierischen Kost dienen.Auch diese Speise moͤchten wir Reconvalescenten nicht empfehlen,
                                    vorzuͤglich denjenigen nicht, deren Dauungskraͤfte gelitten
                                    haben. Sie werden, darauf entkraͤftende Durchfaͤlle bekommen.
                                    Milchzuker ist fuͤr solche Individuen besser, und selbst dieser
                                    erregt noch zuweilen Durchfall.A. d. Ue. Eine Aufloͤsung desselben in Wasser, gehoͤrig verdikt und warm mit etwas
                              Butter versezt und mit Zukerwasser, gibt ein Emulsivum, das der Milch sehr nahe
                              kommt. Der aufloͤsbare Kaͤsestoff besizt in einem hohen Grade die
                              Faͤhigkeit zu kleben oder zu leimen. Wenn man die Aufloͤsung desselben
                              in einer glaͤsernen oder porzellanenen Abrauchschale abdampft, so klebt der
                              Ruͤkstand an derselben so fest an, daß es unmoͤglich ist denselben
                              davon los zu machen ohne Theilchen des Gefaͤßes mitzunehmen; ich habe mich
                              mit dem besten Erfolge concentrirter und noch heißer Aufloͤsung des
                              Kaͤsestoffes bedient, um Glas, Porzellan, Steine und Holz zusammen zu kitten
                              und zusammen zu leimen.Die sogenannten Kaͤsekitte fuͤr Glas, Porzellan etc. sind seit
                                    undenklichen Zeiten in Deutschland bekannt.A. d. Ue. Dieselbe Fluͤssigkeit bildet auch, wenn man sie auf Papier
                              auftraͤgt, auf demselben einen glaͤnzenden, firnißartigen Ueberzug:
                              ich bediene mich solchen Papieres schon seit langer Zeit zur Verfertigung
                              sogenannter Etiquetten fuͤr Aufschriften etc., indem sie nur leicht
                              befeuchtet werden duͤrfen, um in der Folge immer fest kleben zu bleiben.
                              Dieselbe Aufloͤsung dient in vielen Faͤllen statt der Hausenblase,
                              z.B. um den Seidenzeugen, Baͤndern, dem Duͤnntuche Glanz und Steifheit
                              zu geben, bei dem englischen Taffent, bei kuͤnstlichen Blumen etc. Es ist mir
                              nicht gelungen mit Kaͤsestoff Bier zu klaͤren; er wird aber ohne
                              Zweifel eben so gute Resultate liefern, wie die Milch und der Rahm, deren man sich
                              mit Vortheil zur Klaͤrung der feinen oder sogenannten Tafelliqueure bedient,
                              und wodurch leztere jenes Mollige und Angenehme erhalten, das sie sonst nur durch
                              Alter erlangen koͤnnen. Dieß scheint von der Vereinigung des
                              Kaͤsestoffes mit der Essigsaͤure herzuruͤhren; wenigstens
                              deutet ein Verfahren darauf hin, welches in dem Journal des
                                 connaissances usuelles zu demselben Zweke empfohlen wird, und welches darin
                              besteht, einige Tropfen Ammonium in diese Liqueurs zu troͤpfeln, wodurch die
                              Essigsaͤure neutralisirt wird, welche diese Liqueurs sonst nur durch das
                              Alter verlieren. Man wird auch begreifen, wie der aufloͤsbare
                              Kaͤsestoff auf eine sehr vortheilhafte Weise die abgerahmte Milch ersezen
                              kann, welche Achard und Clemandot bei der Runkelruͤbenzukerfabrikation und zur
                              Klaͤrung der Syrupe zugleich mit thierischer Kohle empfahlen: man hat dabei
                              das Kaͤsewasser nicht zu scheuen. Ich denke auch, daß man mit
                              Beihuͤlfe von etwas Ammonium den groͤßten Vortheil von dem weißen
                              Kaͤse ziehen koͤnnte, wenn man ihn dadurch, nachdem man ihn
                              vorlaͤufig durch Sieden von seinem Kaͤsewasser abgeschieden hat, in
                              eine trokene Masse verwandelte, welche mittelst einiger erdigen Salze zum
                              Klaͤren dienen koͤnnte. Ich habe wirklich diesen Stoff im Wasser
                              aufgeloͤst, und etwas salzsauren Kalk zugesezt, oder auch schwefelsaure
                              Bittererde, oder selbst gepuͤlverten schwefelsauren Kalk.
                           
                           Die Fluͤssigkeit schien sich durch die Kaͤlte nicht zu truͤben;
                              sobald aber die Waͤrme auch nur im Mindesten einwirkte, gerann sie
                              gleichfoͤrmig bloß in eine undurchsichtige Masse, die sich nach und nach in
                              sich selbst zuruͤkzog, und aus welcher eine vollkommen wasserhelle
                              Fluͤssigkeit hervortrat. Da die Milch von den angesehensten Aerzten stets und
                              mit Recht als ein sicheres Gegengift gegen Vergiftungen betrachtet wurde, so wird
                              der aufloͤsbare Kaͤsestoff diesen Zwek gegen die meisten Metallgifte
                              vollkommen erfuͤllen. Ich habe jedoch Gruͤnde zu vermuthen, daß Eiweiß
                              demselben bei Queksilbersublimat-Vergiftungen vorzuziehen ist.
                           
                        
                           Chemische Eigenschaften des Kaͤsestoffes.
                           Ich habe gesagt, daß der Kaͤsestoff eine Saͤure ist, und daß, wenn man
                              denselben in vollkommen reinem Zustande erhalten will, sich eine Menge Hindernisse
                              entgegenstellen. Nicht bloß die Butter allein hindert, wie Hr. Chevreul glaubt, die wesentlichen Eigenschaften
                              des Kaͤsestoffes kennen zu lernen, sondern auch das Streben, welches diesem
                              sonderbaren Koͤrper eigen ist, mit den meisten Stoffen, mit welchen er in
                              Beruͤhrung kommt, verwikelte Verbindungen einzugehen. Um denselben zu
                              erhalten, kann man auf folgende Weise verfahren: nachdem man den aufloͤsbaren
                              Kaͤsestoff, von welchem wir oben sprachen, in siedendem Wasser
                              aufgeloͤst hat, uͤberlaͤßt man die Fluͤssigkeit sich
                              selbst in einem Trichter, dessen Roͤhre man verstopft hat, um auf diese Weise
                              eine Schichte Rahmes zu bekommen, die sich an der Oberflaͤche sammelt. Man
                              gießt hierauf etwas weniges Schwefelsaͤure zu, wodurch eine geronnene Masse,
                              schwefelsaurer Kaͤsestoff (sulfate de caseum),
                              abgeschieden wird. Nachdem man diesen Niederschlag gut gewaschen hat, erhizt man ihn
                              mit Wasser und mit einer sehr geringen Menge kohlensauren Kalis: kaum so viel, als
                              nothwendig ist, um die ganze Masse aufzuloͤsen. Man erhaͤlt auf diese
                              Weise eine schleimige Fluͤssigkeit, die man noch warm mit hoͤchstens
                              ihrem Volumen Alkohol verduͤnnt. In dem Augenblike dieser Mischung darf sich
                              kein Bodensaz bilden; dieser muß erst nach 24 Stunden zum Vorscheine kommen, und
                              nimmt dann die Butter, das schwefelsaure Kali und einen Theil des
                              Kaͤsestoffes mit sich. Man schuͤttet hierauf Alles auf Leinwand, und
                              es kommt eine durchscheinende Fluͤssigkeit zum Vorscheine, welche, bis zur
                              Trokenheit abgedampft, eine vollkommen durchscheinende Masse
                              zuruͤklaͤßt, die das Lakmußpapier roth faͤrbt. Ich betrachte
                              diesen Stoff als den Kaͤsestoff, oder als die Kaͤsesaͤure in
                              einem Zustande, welcher der Reinheit sehr nahe kommt: indessen darf ich nicht
                              verfehlen, daß nach dem Verbrennen desselben etwas kohlensaures Kali
                              zuruͤkbleibt. Wenn man frisch gefaͤllten essigsauren Kaͤsestoff
                              in Wasser aufloͤst, welches man durch Zusaz einiger Tropfen Ammonium etwas
                              alkalisch gemacht hat, und dann die Fluͤssigkeit abraucht, um den
                              Ruͤkstand stark zu troknen; so kann man diesen, nachdem man ihn in etwas siedendem
                              Wasser aufgeloͤst hat, mit einer hinlaͤnglichen Menge Alkohol auf der
                              Stelle vollkommen niederschlagen. Wenn man aber nur diejenige Menge zusezt, welche
                              durchaus nothwendig ist, um nach langer Ruhe einen theilweisen Niederschlag zu
                              erzeugen, so erhaͤlt man eine durchscheinende Fluͤssigkeit, welche,
                              wenn man sie bis zur Trokenheit abraucht, Kaͤsestoff gibt, keine Butter mehr
                              enthaͤlt, das Lakmußpapier roͤthet, dessen Aufloͤsung im Wasser
                              aber noch einen leichten Ammoniumgeruch entwikelt, wenn man Kalk zusezt. Der auf
                              diese Weise enthaltene Kaͤsestoff ist ein trokener Stoff, der in der Luft
                              unveraͤndert bleibt, und den man dem aͤußeren Ansehen nach von dem
                              schoͤnsten arabischen Gummi nicht zu unterscheiden im Stande ist; der sich,
                              wie dieser, in kaltem und in siedendem Wasser vollkommen aufloͤst, und eine
                              klebrige Fluͤssigkeit gibt, welche leimt, und durch Abdampfung
                              Haͤutchen oder durchscheinende Deken gibt, die sich immerdar erneuern in dem
                              Maße als man sie abnimmt, so daß man auf diese Weise beinahe die ganze Menge
                              Kaͤsestoff in solche Haͤutchen verwandeln kann: diese Haͤutchen
                              loͤsen sich aber, wenn sie wieder in's Wasser kommen, eben so leicht wieder
                              auf, wie vorher, und geben eine Fluͤssigkeit von der vollkommensten
                              Durchsichtigkeit. Mineralsaͤuren, mit Ausnahme der Phosphorsaͤure,
                              vereinigen sich mit dem Kaͤsestoffe, indem sie denselben, wenn man sie in
                              diese Fluͤssigkeit gießt, zu einer weißen undurchsichtigen Masse gerinnen
                              machen, welche unaufloͤsbar ist; wenn jedoch die Aufloͤsung
                              hinlaͤnglich mit Wasser verduͤnnt ist, so erzeugen sie keinen
                              Niederschlag mehr, wie man sich mittelst etwas schwacher Schwefelsaͤure
                              uͤberzeugen kann. Wenn man diese Mischung der Hize aussezt, so wird sie
                              vielmehr Heller, statt daß sie sich truͤbte; sobald man aber nur etwas
                              Kalkwasser zusezt, hat auf der Stelle ein Gerinnen Statt. Wenn man Milch mit zwei
                              Mal ihrem Volumen Wasser verduͤnnt, so gerinnt sie gleichfalls durch
                              zugesezte Schwefelsaͤure nicht; bei Einwirkung des geringsten Grades von
                              Waͤrme aber gerinnt sie, indem die Milch phosphorsauren Kalk enthaͤlt,
                              welcher, wenn er in schwefelsauren Kalk verwandelt wird, sich mit dem
                              Kaͤsestoffe verbindet und diesen gaͤnzlich niederschlaͤgt.
                           Wir haben gesagt, daß die Phosphorsaͤure keine Veraͤnderung in der
                              Aufloͤsung des Kaͤsestoffes hervorbringt; eben dieß gilt auch von dem
                              eisen-blausauren Kali; wenn man aber dieser lezteren Mischung
                              Phosphorsaͤure zusezt, so bildet sich haͤufig eine geronnene Masse.
                              Die unvollkommene Arseniksaͤure truͤbt die Durchscheinenheit, wenn man
                              sie mit Kaͤsestoffaufloͤsung kocht, durchaus nicht, außer wenn man sie
                              mit Wasser verduͤnnt. Salzsaurer Kaͤsestoff, oder die geronnene Masse,
                              welche man durch Salzsaͤure erhaͤlt, loͤst sich wieder in dem
                              geringsten Ueberschusse der lezteren auf, und kann neuerdings durch einen neuen Zusaz derselben
                              Saͤure wieder niedergeschlagen werden. Die Verbindungen des Kaͤses mit
                              Mineralsaͤuren sind uͤberhaupt keiner Faͤulniß faͤhig.
                              Ich habe gut gewaschenen schwefelsauren Kaͤsestoff eine lange Zeit
                              uͤber mit Wasser sich selbst uͤberlassen; er hat sich darin zertheilt
                              und ist großen Theils verschwunden, ohne jedoch einen faulen Geruch zu verbreiten.
                              Es ging hieraus eine gelbliche Fluͤssigkeit von bitterem und salzigem
                              Geschmake hervor, welche schwefelsaures Ammonium, etwas Kaͤsestoff und
                              Aposépédine enthielt. Pflanzensaͤuren, wie Essigsaͤure,
                              Weinsteinsaͤure, Sauerkleesaͤure etc. schlagen den Kaͤsestoff
                              gleichfalls zu Boden, indem sie sich mit demselben verbinden: ein Ueberschuß der
                              ersteren loͤst aber die geronnene Masse wieder auf, die durch Zusaz einer
                              Mineralsaͤure wieder zum Vorscheine kommt.
                           Die geronnene Masse, welche durch Vereinigung des Kaͤsestoffes mit den
                              Saͤuren entsteht, geht, durch Beihuͤlfe der Waͤrme, auch in
                              neutrale alkalische essigsaure Verbindungen uͤber. Kaͤsestoff, mit
                              Kali, Natron und Ammonium gesaͤttigt, erzeugt Verbindungen, welche in Wasser
                              hoͤchst aufloͤsbar sind, in der Luft sich nicht veraͤndern,
                              vollkommen durchscheinend sind und dem Gummi gleichen.
                           Alle erdigen Grundlagen, alle Metalloxyde, schlagen den Kaͤsestoff aus der
                              waͤsserigen Aufloͤsung nieder, und bilden mit demselben
                              unaufloͤsbare Verbindungen. Wenn man z.B. diese Aufloͤsung mit
                              Bittererde erhizt, so scheidet der Kaͤsestoff sich gaͤnzlich aus. Eben
                              so kann man denselben auch kalt mit sehr reinem Zinndeuteroxyde niederschlagen,
                              welches mit Salpetersaͤure bereitet wurde, obschon, wie man weiß, dasselbe
                              keine Neigung hat sich mit Saͤuren zu verbinden.
                           Alle Salze, mit Ausnahme derjenigen, deren Grundlage Kali, Natron und Ammonium ist,
                              vereinigen sich mit dem Kaͤsestoffe und bilden Verbindungen mit demselben,
                              auf welche das Wasser gar keine Wirkung aͤußert. Ich will mich
                              begnuͤgen nur einige Beispiele anzufuͤhren.
                           Wenn man in eine Aufloͤsung von Kaͤsestoff gypshaltiges Wasser, oder
                              etwas gepulverten schwefelsauren Kalk gibt, so bemerkt man im Augenblike der
                              Mischung gar keine Veraͤnderung; der Hize ausgesezt bilden sich aber
                              Haͤutchen aus Kaͤsestoff und schwefelsaurem Kalke die in siedendem
                              Wasser unaufloͤsbar sind. Eine Aufloͤsung von Kaͤsestoff in
                              Wasser, mit sehr reinem weißen zukeraͤhnlichen Marmor bis zur Trokenheit
                              abgedampft, ließ einen im Wasser vollkommen unaufloͤsbaren Ruͤkstand
                              zuruͤk. Kohlensaures Kupfer, Blei, kohlensaurer Baryt und selbst sehr reiner
                              schwefelsaurer Baryt gaben durchaus dieselben Resultate, d.h., Verbindungen dieser
                              Salze mit dem Kaͤsestoff.
                           Schwefelsaure Bittererde und essigsaurer Kalk in eine Aufloͤsung von Kaͤsestoff
                              geschuͤttet, truͤbt die Durchsichtigkeit derselben nicht sehr; bei der
                              geringsten Einwirkung der Waͤrme aber zeigt sich augenbliklich eine
                              Gerinnung. Alkohol hat auf den Kaͤsestoff keine Wirkung; wenn er aber sehr
                              schwach ist, loͤst er denselben auf. Hierdurch erhaͤlt man ein Mittel,
                              den Kaͤsestoff vollkommen von der Butter zu befreien, was man bisher noch
                              nicht im Stande war zu thun.
                           Wenn man Zuker mit einer concentrirten Kaͤsestoffaufloͤsung erhizt, so
                              verliert sie ihre Consistenz und wird sehr fluͤssig; wenn man aber die Menge
                              Zukers um vieles vermehrt, so scheidet sich der Kaͤsestoff unter Form von
                              Kluͤmpchen oder Haͤutchen aus, die denjenigen aͤhnlich sind,
                              welche man erhaͤlt, wo man Milch kocht; durch Waschen loͤsen diese
                              Haͤutchen aber sich wieder vollkommen im Wasser auf. Man erhaͤlt
                              beinahe dasselbe Resultat, wenn man Neutralsaze mit aufloͤsbarer alkalischer
                              Grundlage nimmt; mit arabischem Gummi verliert aber der Kaͤsestoff seine
                              Aufloͤsbarkeit gaͤnzlich, was nur der Gegenwart erdiger Salze und
                              einer freien Saͤure im Gummi zuzuschreiben ist. Der Kaͤsestoff
                              enthaͤlt, wie es mir scheint, keinen Schwefel. Uebrigens verhaͤlt der
                              Gallaͤpfelaufguß sich mit dem Kaͤsestoffe so, wie mit der Gallerte; er
                              erzeugt ein haͤufiges weißes Magma, das durch die Hize klebrig und
                              gefaͤrbt wird.
                           Dieß sind die Eigenschaften, welche ich am Kaͤsestoffe (Caséum), oder, wenn
                              man will, an der Kaͤsesaͤure, wahrgenommen
                              habe: denn sie saͤttigt Alkalien. Er koͤnnte auch scheinen die Rolle
                              einer Grundlage zu spielen, indem er sich mit Saͤuren verbindet: er
                              saͤttigt sie aber durchaus nicht, und kommt in dieser Hinsicht gewissen
                              schwachen Saͤuren ziemlich nahe, die eine leichte Verbindung mit anderen
                              staͤrkeren Saͤuren eingehen.
                           Da das sonderbare Streben des Kaͤsestoffes mit den meisten Koͤrpern
                              Verbindungen zu bilden, die Ursache ist, warum man die wahren Eigenschaften
                              desselben so lang verkannte, so sollte man vielleicht vermuthen duͤrfen, daß
                              der Stoff, der unter dem Namen Pflanzen-Eiweißstoff bekannt ist (albumine
                                 végétale, glutine) nichts anderes seyn moͤchte, als
                              der Kaͤsestoff selbst, jedoch verstekt und unaufloͤsbar gemacht durch
                              die Gegenwart der erdigen Salze, die immer haͤufig in den durch Hize
                              gerinnbaren Pflanzensaͤften enthalten sind. So viel ist indessen gewiß, daß
                              man den Pflanzen-Eiweißstoff im Zustande seiner Reinheit noch nicht kennt.
                              Ich muß hier das Gestaͤndniß ablegen, daß ich, indem ich die Samen der
                              Huͤlsenfruͤchte untersuchte, noch ehe ich die Eigenschaften des
                              Kaͤsestoffes kannte, vielleicht in Irrthum gerathen seyn kann, indem ich
                              unter dem Namen Legumine einen Grundstoff aufstellte, der
                              mir heute zu Tage dem Kaͤse sehr aͤhnlich zu seyn scheint. Dieser
                              Stoff bleibt in dem Wasser in Aufloͤsung erhalten, dessen man sich zum Waschen des Breies
                              (pulpe) der Erbsen und Bohnen bedient, und wird
                              durch die Hize nicht zum Gerinnen gebracht; aus dem Grunde, weil die Samen, welche
                              denselben liefern, kein erdiges Salz enthalten, das im Stande waͤre mit dem
                              Kaͤsestoffe eine unaufloͤsbare Verbindung darzustellen; wenn nun aber
                              zufaͤllig schwefelsaurer Kalk oder irgend ein Kalkerde- oder
                              Bittererdesalz als Bestandtheil dieser Samen in denselben vorgekommen waͤre,
                              so ist es wahrscheinlich, daß ich, durch den truͤgerischen Anschein des
                              erhaltenen Coagulums getaͤuscht, nicht ermangelt haben wuͤrde von
                              demselben auf die Gegenwart des Eiweißstoffes zu schließen.
                           Nachdem ich nun die Haupteigenschaften des Kaͤsestoffes dargestellt habe,
                              bleibt mir noch uͤbrig dieselben dadurch unmittelbar nuͤzlich zu
                              machen, daß ich sie auf die Milch anwende.
                           
                        
                           Verfahren, die Milch auf ein kleines Volumen
                                 zuruͤkzufuͤhren, damit man sie aufbewahren, und ihr zugleich einen
                                 angenehmeren Geschmak geben kann.
                           Abgesehen von dem Kaͤsestoffe und von der Butter enthaͤlt die Milch
                              noch einige andere Bestandtheile, wie essigsaures Kali, und einen dem
                              Extractivstoffe aͤhnlichen Stoff, der allerdings weit entfernt ist, die guten
                              Eigenschaften derselben zu vermehren. Wenn man daher, ohne zur Verdampfung seine
                              Zuflucht zu nehmen, dahin gelangen koͤnnte, sie zu concentriren, indem man
                              ihr jene Bestandtheile entzoͤge, die dem Gaumen wenig schmeicheln, und wenn
                              sie dadurch zu gleicher Zeit auf eine unbestimmte Zeit uͤber gut erhalten
                              werden koͤnnte, so waͤre auf diese Weise eine schoͤne Aufgabe
                              geloͤst. Ich glaubte meine Untersuchungen auf diesen, fuͤr das
                              gesammte Menschengeschlecht so hoch wichtigen, Punkt hin leiten zu muͤssen,
                              und ich habe die Genugthuung erhalten, daß ich mit Huͤlfe eines
                              hoͤchst einfachen Mittels meinen Zwek erreichte. Es ist folgendes. Ich nahm 2
                              1/2, Liter (1 Liter= 7/10 Wiener Maß) Milch, und sezte dieselben einer Temperatur
                              von ungefaͤhr 45° aus. Ich goß, auf verschiedene Male, und unter
                              bestaͤndigem Umruͤhren, verduͤnnte Salzsaͤure zu, welche
                              alle Butter aus derselben abschied und zugleich den Kaͤsestoff: beide
                              bildeten eine geronnene Masse, die ich von dem Serum (den Molken,
                              Kaͤsewasser) abschied. Dieses Serum wirkte nicht mehr merklich auf das
                              Lakmußpapier, waͤhrend die Milch, wie man weiß, dasselbe roͤthet.
                              Hieraus folgt, daß es der Kaͤsestoff ist, dem man den geringen Grad von
                              Saͤure in der Milch zuzuschreiben hat, und nicht den freien Essig- und
                              Milchsaͤure, deren Gegenwart in dieser Fluͤssigkeit mir nicht
                              gehoͤrig erwiesen zu seyn scheint. Ich habe nach und nach der auf diese Weise
                              erhaltenen geronnenen Masse ungefaͤhr 5 Gramm (1 Gramm = 13,71 Gran
                              oͤsterr. Apothek. Gew.; = 16 Gran bayer.) basisch kohlensaure krystallisirte
                              Soda gepuͤlvert zugesezt; mittelst gelinder Waͤrme geschah die Aufloͤsung sehr
                              schnell. Sie hatte beinahe dieselbe Saͤure, wie frische Milch, und gab mir
                              ungefaͤhr ein halbes Liter einer Art Rahmes, oder vielmehr koͤstlicher
                              geschlagener Milch (franchipane), die in der Haushaltung
                              von großem Nuzen seyn kann, und verstaͤndigen Gastwirthen zu einer Menge eben
                              so koͤstlicher als mannigfaltiger Speisen dienen mag. Ich habe die
                              kostbarsten aromatisirten Crêmes daraus bereitet. Wenn man dieser
                              FranchipaneEs sollte Frangipane nach dem Familiennamen
                                    geschrieben seyn.A. d. Ue. eben so viel Wasser zusezt, als Molken daraus abgesondert wurden, und man
                              gibt noch etwas gemeinen Zuker dazu, so erhaͤlt man eine Fluͤssigkeit
                              von der vollkommensten Homogenitaͤt, die der Milch durchaus aͤhnlich
                              ist, deren Geschmak aber noch weit angenehmer ist. Da ich aber meinem Geschmake
                              hieruͤber nicht trauen wollte, und doch ein bestimmtes Urtheil zu erhalten
                              wuͤnschte, so wendete ich mich an eine junge Dame, deren feiner Gaumen
                              allgemein bekannt ist, und die, nachdem sie unsere regenerirte Milch
                              vergleichungsweise mit der natuͤrlichen kostete, sich auf das Entschiedenste
                              fuͤr die erstere erklaͤrte, und in der anderen einen Geschmak nach dem
                              Futter wahrnahm, den ich vorzuͤglich dem essigsauren Kali zuschreibe.Wir zweifeln nicht im Mindesten an der Feinheit des Geschmakes der
                                    angefuͤhrten Dame, und eben so wenig an der Koͤstlichkeit der
                                    regenerirten Milch, die ein so feiner und geuͤbter Chemiker, wie Hr.
                                    Braconnot, in
                                    seinem Laboratorium verfertigte; wir wuͤnschen eben so sehr, wie er,
                                    daß Milch und Honig jedem Erdensohne fließe; allein, wir besorgen sehr, daß,
                                    wenn diese Art von Milchfabrikation in unreine Haͤnde geraͤth,
                                    und ein etwas zu reichlicher Gebrauch von der basisch kohlensauren Soda
                                    gemacht wird, diese regenerirte Milch bei etwas empfindlichem Darmcanale
                                    oder Magen noch leichter Durchfall erregt, als selbst, unter obigen
                                    Verhaͤltnissen, die beste natuͤrliche Milch es nicht selten zu
                                    thun pflegt. Hieruͤber kann uͤbrigens nur Erfahrung
                                    entscheiden.A. d. Ue.
                              
                           
                        
                           Milch-Conserve.
                           Man hat ehevor verschiedene fruchtlose Versuche angestellt, um Milch abzutroknen, und
                              sie auf diese Weise getroknet aufbewahren zu koͤnnen. Vergebens wuͤrde
                              man versuchen durch Abdampfung zu diesem Zweke zu gelangen: man wuͤrde nichts
                              anderes, als eine braͤunliche, im Wasser unaufloͤsbare und
                              unbrauchbare Masse erhalten; wenn man aber die milchichte concentrirte
                              Fluͤssigkeit, von welcher wir so eben gesprochen haben, mit ungefaͤhr
                              eben so viel Zuker, als ihr Gewicht betraͤgt, erhizt, so erhaͤlt sie
                              eine bedeutende Fluͤssigkeit, und man erhaͤlt einen vortrefflichen,
                              vollkommen gleichfoͤrmigen Syrup. Wenn man diesen Syrup mit einer großen
                              Menge Wassers verduͤnnt, so gibt er eine weiße undurchsichtige
                              Fluͤssigkeit, die der gezukerten Milch durchaus aͤhnlich ist, aber
                              einen weit koͤstlicheren Geschmak besizt. Da dieser Syrup sich vollkommen gut
                              aufbewahren laͤßt, so wird es begreiflich, wie fortan jeder ohne die geringste
                              Schwierigkeit einen Vorrath von trefflicher Milch so zu sagen unter seiner Hand
                              haben kann, ohne daß er erst noͤthig haͤtte zu dem Milchmanne seine
                              Zuflucht zu nehmen. Eben dieser Syrup, mit mehr oder weniger Wasser
                              verduͤnnt, wird fuͤr Kranke und Reconvalescenten eine sehr gesunde
                              Nahrung gewaͤhren, welche man nach dem verschiedenen Geschmake derselben
                              aromatisiren kann, und von welcher sie sicherlich nicht jenes Druͤken im
                              Magen empfinden werden, das man so oft, und mit Recht, der Milch zuschreibt.Durchfall kann aber dadurch wohl sehr leicht entstehen.A. d. Ue. Dieser Syrup, unter bestaͤndigem, ununterbrochenen Umruͤhren
                              eingedikt, mit der Vorsicht die Verdampfung nicht uͤber eine gewisse
                              Graͤnze hinaus zu treiben, jenseits welcher die Butter nicht ermangeln
                              wuͤrde sich abzuscheiden, gab mir ein weiches Zukerwerk (confiture molle), welches in einem unvollkommen
                              geschlossenen Becher beinahe ein Jahr lang sich selbst uͤberlassen, sich ohne
                              die mindeste Veraͤnderung vollkommen gut erhielt.
                           In kochendem Wasser aufgeloͤst diente dasselbe zum Kaffee beim
                              Fruͤhstuͤke: man fand den Kaffee schmakhafter, als wenn er mit der
                              besten Milch bereitet ist. Eben diese Conserve, zu duͤnnen Plaͤzchen
                              ausgestrichen und der Luft ausgesezt, gab mir eine weiße, trokene, leicht
                              zerreibliche Masse, welche sich unveraͤndert, wie die vorige, und eben so
                              lang aufbewahren ließ.
                           Ich werde nicht laͤnger bei den Diensten verweilen, den diese Zubereitungen
                              uͤberall, vorzuͤglich aber auf der See, leisten koͤnnen.
                              Dasjenige, was ich hieruͤber bereits gesagt habe, mag hinreichen um Winke
                              hieruͤber zu ertheilen, und zugleich zu beweisen, daß diejenige Wissenschaft
                              die wahre ist, die uns unsere Genuͤsse vervielfaͤltigen und aus den
                              Naturproducten die hoͤchsten Vortheile ziehen lehrt.Wenn Hr. Braconnot zu
                                    Muͤnchen bei Schelling, Baader, Schubert,
                                       Goͤrres, Oken in die Schule gegangen waͤre,
                                    wuͤrde er diese schoͤne Abhandlung nicht mit einer solchen
                                    Gotteslaͤsterung gegen die Heiligkeit der heutigen Naturphilosophie
                                    geschlossen haben.A. d. Ue.
                              
                           Nancy d. 4. April 1830.