| Titel: | Miszellen. | 
| Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. LXVIII., S. 242 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXVIII.
                        Miszellen.
                        Miszellen.
                        
                     
                        
                           Bericht uͤber ein außerordentliches Ankleben der
                              Sicherheitsklappe am Kessel auf dem Dampfbothe des Legislator der am Hudson faͤhrt. Von dem Mechaniker auf
                              demselben.
                           Hr. J. B. Calhoun, Mechaniker,
                              theilt im Journal of the Franklin-Institute
                              folgenden Bericht mit, welcher sich auch im Mechan. Magaz.
                                 N. 368, 28. August. S. 443, befindet:
                           
                              „Die lezte schrekliche Explosion auf dem Dampfbothe Helen M'Gregor erinnert mich an einen Zufall, welcher sich im vorigen
                                 Sommer unter meinen Augen zutrug. In der Erwartung, daß er der Menschheit nuzen
                                 kann, halte ich es fuͤr meine Pflicht, denselben bekannt zu
                                 machen.“
                              
                           
                              „Ich war im vorigen Sommer Mechaniker am Borde des Dampfbothes Legislator am Hudson. waͤhrend ich auf dem
                                 Vorderverdeke stand, bemerkte ich, daß die Maschine schneller ging als
                                 gewoͤhnlich. Da ich nicht, wie gewoͤhnlich, Dampf aus der
                                 Sicherheitsklappe ausstroͤmen sah, eilte ich in die Heizstube, wo der
                                 Heizer auf seinem Posten war. Er sagte mir, daß er 21 Zoll Dampf habe, und daß
                                 der Stab im Eichmaße oben gegen den Dekel des Kessels stoͤßt. Da die
                                 Sicherheitsklappe nur fuͤr 16 Zoll beladen war, erschrak ich, eilte
                                 zuruͤk in die Heizstube, und zog dort die Schnur, die uͤber eine
                                 Rolle laͤuft und an dem Hebel der Sicherheitsklappe befestigt ist. Ich
                                 wollte die Sicherheitsklappe heben, und vermochte es nicht. Meine Angst nahm zu,
                                 und ich stieg oben auf den Kessel, wo die Sicherheitsklappe war. Hier war alles
                                 in Ordnung, d.h., es lag kein anderes Gewicht, als das bestimmte, auf der
                                 Klappe. Ich schob dasselbe laͤngs dem Hebel bis auf den Stuͤzpunkt
                                 zuruͤk, wo dasselbe so zu sagen nur nominal auflag; und doch stieg die
                                 Klappe nicht. Ich gerieth nun in Verlegenheit, ergriff den Hebel, und zog ihn
                                 mit Gewalt in die Hoͤhe; ich zog einige Secunden lang, so gut ich konnte,
                                 als ploͤzlich, mit einem Knalle, wie an einem kleinen Feldstuͤke,
                                 die Klappe sich oͤffnete und der Dampf mit aller Heftigkeit herausfuhr.
                                 Dieß waͤhrte so fort, bis der Dampf endlich sich aus den
                                 gewoͤhnlichen Druk gesezt hatte: die Maschine arbeitete indessen immer
                                 fort. Es war kein Wasser auf der Klappe, noch irgend etwas sichtbar, was
                                 dieselbe hatte hindern koͤnnen auszusteigen, nachdem der Druk im Kessel
                                 staͤrker als 16 Zoll wurde, unter welchem Druke sie sonst immer von
                                 selbst aufsprang. Ich frage nun, ob dieses Ankleben der Klappe nicht dadurch
                                 entstand, daß Klappe und Lager derselben aus einem und demselben Metalle waren?
                                 Mir scheint es gewiß, daß dieses Ankleben einzig und allein durch Anhangen des
                                 Metalles an Metall entstand. Ich arbeite zwoͤlf Jahre als Mechaniker bei
                                 Dampfmaschinen, und hatte nie Gelegenheit eine solche Erfahrung zu machen. Ich
                                 hatte wohl gute Gruͤnde, dem Queksilber-Eichmaße nie ganz zu
                                 trauen, hatte aber bisher immer volles Vertrauen auf die Sicherheitsklappe
                                 gesezt. Dieß Mal aber hat sie mich getaͤuscht, und vielleicht hatte es
                                 nur noch einiger Augenblike bedurft, um eine Explosion mehr zu bekommen; denn
                                 ich zweifle nicht, daß, haͤtte der kleine Stab am Eichmaße durch die Deke
                                 des Kessels frei durchziehen koͤnnen, man 30 Zoll statt 16 an dem
                                 Eichmaße gesehen haben wuͤrde.“
                              
                           
                              „Gewoͤhnlich ist das Eichmaß auf Dampfbothen so in Grade getheilt,
                                 daß es so viele Dampfzoll zeigt, als die Maschine aufnimmt, und die
                                 Sicherheitsklappe so beladen, daß sie mit dem Eichmaße correspondirt, indem man
                                 naͤmlich glaubt, daß, wenn das Eichmaß 46 Dampfzoll zeigt, aller
                                 uͤbrige Dampf durch die Sicherheitsklappe entweicht. Die Mechaniker, oder
                                 wenigstens viele derselben, lassen gewoͤhnlich den Dampf nicht abblasen,
                                 wenn das Both bei einer Landung haͤlt, sondern verlassen sich darauf, daß
                                 die Sicherheitsklappe sich von selbst heben wird, wenn der Dampf uͤber
                                 die erforderliche Hoͤhe gestiegen ist. Man hielt bisher dieses Verfahren
                                 fuͤr vollkommen sicher; der obige Fall zeigt aber auf die bestimmteste
                                 Weise, daß man sehr Unrecht thut, wenn man sich zu sehr auf die
                                 Sicherheitsklappe verlaͤßt. Ich wuͤrde auf das Dringendste
                                 empfehlen, so oft ein Both zur Landung haͤlt, die Sicherheitsklappe zu
                                 heben, das Eichmaß mag was immer fuͤr einen Druk anzeigen. Dieß ist die
                                 einzige sichere Verfahrungsweise. Hat nicht vielleicht der Mechaniker am
                                 Dampfbothe Helen M'Gregor sich zu sehr auf das
                                 Steigen seiner Sicherheitsklappe verlassen, wenn der Dampf zu sehr stiege, und
                                 ist nicht vielleicht die Klappe in ihrem Lager kleben geblieben? Vielleicht
                                 hatte er zwei Mal so viel Dampf, als er brauchte, als er noch auf das Steigen
                                 der Klappe wartete, in dem Augenblike, als die schrekliche Explosion Statt
                                 hatte. Dieß mag vielleicht der Fall gewesen seyn. Ehe ich sah, daß meine
                                 Sicherheitsklappe nicht stieg, wo sie haͤtte steigen sollen, glaubte ich,
                                 die Ursache des Springens der Kessel muͤßte beinahe immer der Mangel
                                 einer hinlaͤnglichen Wassermenge gewesen seyn; nun scheint es mir aber,
                                 daß manche Explosion dem Umstande zugeschrieben werden kann, daß der Mechaniker
                                 sich durch die Sicherheitsklappe taͤuschen ließ, die nicht stieg, wo er
                                 es erwartet hatte.“
                              
                           „Wenn Sie,“ schreibt Hr. Calhoun an Dr. Jones, „obige Thatsachen der Bekanntmachung
                                 werth finden, so moͤgen sie es thun, und nach Belieben die Sache
                                 einkleiden. Ich verstehe mich nicht auf die Kunst, einen Aufsaz fuͤr das
                                 Publicum zu schreiben: fuͤr die Richtigkeit der erzaͤhlten
                                 Thatsache kann ich aber buͤrgen; der Pilot, der Schiffsschreiber und der
                                 Heizer werden sie bezeugen.“
                              
                           Hr. Jones bemerkt:
                              „Wir theilen nicht die Ansicht des Hrn. Calhoun uͤber den Werth des
                                 Eichmaßes, und glauben, daß der angefuͤhrte Fall denselben von dem Nuzen
                                 dieser Vorrichtung uͤberzeugen sollte. Um uͤber die Ursache des
                                 Anklebens der Sicherheitsklappe urtheilen zu koͤnnen, haͤtte man
                                 die Form derselben, und andere Umstaͤnde, welche hierauf Bezug haben
                                 koͤnnen, genau wissen sollen. Nach dem Berichte scheint es, daß in dem
                                 vorliegenden Falle ein wirkliches Ankleben der Klappe in ihrem Lager Statt
                                 hatte, und daß dieses, obschon es in einem gewissen Grade nicht gar selten ist,
                                 hier auf eine ganz außerordentliche Weise Statt hatte. Unsere Leser sind mit
                                 jener Adhaͤsion bekannt, welche Hr. Clément zu Paris uns zuerst kennen
                                 lehrte,Eine Menge Aufsaͤze hieruͤber findet man im Polyt. Journ.A. d. Ue. und welche so viele Eroͤrterungen veranlaßte. Indessen findet
                                 sich hier nichts, was uns zu dem Schlusse berechtigte, daß der
                                 gegenwaͤrtige Fall in einiger Beziehung damit stehen koͤnnte,
                                 indem Ausstroͤmen des Dampfes dieses Ankleben dann hatte begleiten
                                 muͤssen.“
                              Dem Uebersezer scheint indessen allerdings hier eine Analogie Statt zu haben,
                                    und mehrere franzoͤsische Physiker, auf die von Hrn. Calhoun richtig bemerkte
                                    Unsicherheit der Sicherheitsklappe hindeutend, haben bereits auf die
                                    Aehnlichkeit zwischen der Erscheinung des von Hrn. Clément zuerst
                                    umstaͤndlicher entwikelten Phaͤnomenes, und zwischen dem
                                    Sizenbleiben der Sicherheitsklappe aufmerksam gemacht.A. d. Ue.
                              
                           
                        
                           Hrn. White's Maschine zum Letterngusse
                           wird in der New-York
                              Evening Post und in Nile's
                              Register 21. Maͤrz 1829 als eine der wichtigsten
                              Erfindungen gepriesen, welche in N. America gemacht wurde. Der Guß geschieht nicht,
                              wie bisher, aus der Hand, sondern mittelst einer Maschine, die ein Knabe in Gang
                              sezt, indem er bloß eine Kurbel treibt. Herrn White's Lettern gelten fuͤr die
                              elegantesten in den Vereinigten Staaten, und kommen um 10 bis 12 p. C. wohlfeiler.
                              900 Pfund Lettern von White geben eben so viele Seiten,
                              alt 1000 Pfund der gewoͤhnlichen mit der Hand gegossenen. (Bullet. d. Scienc. techn. Juin 1830. S. 178.)
                           
                        
                           Ueber Hrn. Wilh. Grisenthwaite's Dampfmaschine,
                           worauf derselbe am 12. Hornung l. J. sich ein Patent ertheilen
                              ließ, aͤußert das Repertory of
                                 Patent-Inventions
                              Octob. 1830. S. 219. sich dahin, daß die Patenterklaͤrung
                              aͤußerst dunkel und ohne alle Zeichnung abgefaßt ist, und daß an diesen
                              Verbesserungen nicht viel Besonderes zu seyn scheint.
                           
                        
                           Ruderraͤder an Kriegsschiffen von Soldaten
                              getrieben.
                           Capitaͤn Charles Napier, C. B., ruͤstete das
                              Schiff Galathea mit Ruderraͤdern aus, die von der
                              Haͤlfte der Schiffsmannschaft getrieben werden. Hr. Croker untersuchte die Vorrichtung, und war bei
                              den Versuchen gegenwaͤrtig, die ganz zu seiner Zufriedenheit ausfielen. (Portsmouth Herald. Galignani. N. 4844.)
                           
                        
                           Verbesserung an Bojen.
                           Capit. Lillicrap hat eine sehr einfache Methode
                              vorgeschlagen, Bojen in Hafen, auf Rheden und an gefahrvollen Stellen als
                              Rettungsmittel fuͤr verungluͤkte Schiffende gebrauchen zu
                              koͤnnen, waͤhrend sie so, wie sie jezt sind, da sie leicht und hoch
                              auf dem Wasser schwimmen, und ihr Kupfer sehr glatt ist, selbst fuͤr Bothe,
                              die sich ihnen nahen, gefaͤhrlich sind. Er empfiehlt jede Boje der
                              Laͤnge nach mit Hangmatten-Brettchen (hammock
                                 buttens) zu versehen, so daß jeder Ungluͤkliche, und auch Bothe,
                              ohne Gefahr sich denselben naͤhern koͤnnen. (Portsmouth Herald. Galignani. 4851.)
                           
                        
                           Schiffspumpe.
                           Im Atlas (Galignani. N. 4850.) wird einer neu erfundenen
                              Schiffspumpe erwaͤhnt, die, mit sehr geringem Kraftaufwands, bei jedem Zuge 5
                              Gallons (50 Pfund) Wasser auswirft, also in Einer Stunde an 9000 Gallons (oder
                              90,000 Pfund.)
                           
                        
                           Ueber die Liverpool- und
                              Manchester-Eisenbahn
                           theilt das London Journal of Arts.
                              October 1830. S. 27. eine kurze Notiz mit, in welcher
                              es heißt, daß, so hoͤchst wichtig auch diese Bahn in artistischer Hinsicht
                              ist, sie doch durchaus nichts Neues im Baue der Eisenbahnen darbietet, und daß man
                              uͤber die Naͤhrvaͤter derselben den wahren Vater vergessen hat.
                              Dieser war Hr. Wilh. James,
                              Landmesser zu London, der zu Newcastle-upon-Tyne die Dampfwagen auf
                              Eisenbahnen kennen lernte, und schon im J. 1822 meinte, es koͤnne zwischen
                              Liverpool und Manchester eine aͤhnliche Fahrt hergestellt werden. Er
                              nivellirte auf seine Kosten; die von ihm gefundene Linie fand keinen Beifall, und
                              Hr. Stephenson nivellirte,
                              noͤrdlich von der James'schen Linie, im J. 1824 eine neue Linie. Der
                              Ueberschlag war 400,000 Pfund Sterling (4,800,000 fl.) Die Weisheit des jezigen
                              Parliamentes, von welchem Erlaubniß erholt werden mußte, war dagegen: man disputirte
                              37 Stunden lang, schwaͤzte, parliamentsmaͤßig, das albernste Zeug, und
                              verwarf den Antrag. Die guten Buͤrger von Manchester und Liverpool ließen
                              sich durch die Eseleien ihrer Vertreter oder Zertreter nicht irre fuͤhren,
                              und ließen, suͤdlich von der vorigen Linie, im J. 1825 eine neue Linie
                              nivelliren, unter Aufsicht der HH. Georg und Johann Rennie: Hr. Karl
                                 Vignoles hatte die Ausfuͤhrung, und vollendete Niveau und
                              Durchschnitte seiner Linie und Revision der vorigen in 3 Monaten. Als im J. 1826
                              daruͤber neuerdings im Parliamente gekraͤht, gehustet und gescharrt
                              werden mußte, ging im Unterhause die Erlaubniß, daß gescheidte
                                 und fleißige Buͤrger ihr Geld zu der schoͤnsten und
                                 nuͤzlichsten Unternehmung verwenden duͤrfen, die England
                                 aufzuweisen hat, mit der geringen Mehrheit von 47 Stimmen, im Oberhause mit 28,
                                 zur ewigen Schande fuͤr das heutige England durch. Waͤhrend
                              dieser Hahnengefechte zogen sich mehrere Directoren zuruͤk, Actionaͤre
                              verkauften ihre Actien, und die uͤbrig gebliebenen Directoren
                              uͤbertrugen den Bau nach der Linie der HH. Rennie und Vignoles weder diesen, noch Hrn. James, sondern Hrn. Stephenson.
                           Diese beruͤhmte Eisenbahn ist nun fuͤr das Publicum fuͤr immer
                              eroͤffnet. 130 Passagiers (groͤßten Theils Quaͤker [Society of Friends]) waren die Ersten, die sie
                              fuͤr die bestimmte Miethe, (7 Shillings, 4 fl. 12 kr. fuͤr die Person)
                              befuhren. Die Fahrt von ungefaͤhr 30 (engl., 7 1/2 deutschen) Meilen ward in
                              Einer
                              Stunde und zwei und dreißig Minuten, mit Einschluß zweimaligen
                              Aufenthaltes zum Einnehmen von frischem Wasser zuruͤkgelegt. 120 Passagiers
                              kehrten am Abende mit 3 Tonnen (60 Zentner) Bagage in Einer Stunde 48 Minuten
                              zuruͤk. Fortan faͤhrt taͤglich an jedem Ende der Bahn (zu
                              Liverpool und Manchester) um 7 Uhr Morgens, um 12 Uhr Mittags und um 4 Uhr Abends
                              ein Dampfwagen ab, der fuͤr 110 Passagiers Wagen nachzieht. Man wird diese 30
                              Meilen immer in zwei Stunden sicher zuruͤklegen.
                           
                        
                           Unfaͤlle auf Eisenbahnen.
                           Im Leeds Intelligencer (Galignani. N 4841) wird versichert, daß
                              waͤhrend der sieben Jahre, als die Darlington und
                              Stockton Eisenbahn befahren wird, nicht weniger als
                              50 Menschen-Leben auf dieser kurzen Streke zu Grunde gingen.
                           
                        
                           Wie das Landvolk in England uͤber Eisenbahnen
                              denkt.
                           Bei Eroͤffnung der Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester zeigte sich
                              solcher boͤser Willen unter den Tausenden und Tausenden der aus der
                              Nachbarschaft herbeistroͤmenden Menge, daß, wenn nicht Militaͤr bei
                              der Hand gewesen waͤre, wahrscheinlich die ganze Bahn zerstoͤrt worden
                              seyn wuͤrde. Es flogen Steine in Menge nach den Kutschen, in welchen
                              Wellington, Peel etc. fuhren. (Courier. Galignani.
                              4841.)
                           
                        
                           Neue Art, Holz zu eingelegter Arbeit in Blaͤtter von
                              unbestimmter Laͤnge zu schneiden.
                           Oberst Lancry, durch mehrere sinnreiche Erfindungen an
                              Flinten bereits ruͤhmlich bekannt, brachte aus Rußland eine Maschine nach
                              Frankreich, deren ein Claviermacher zu Petersburg, Hr. Faveryer, sich bedient, um das Holz nicht nach
                              oder durch die Mitte, sondern nach dem Umfange hin zu schneiden, wodurch er
                              Spaͤnerollen von unbestimmter Laͤnge erhaͤlt, die sehr
                              schoͤn geadert sind. Diese Schneidemaschine ist sehr einfach, arbeitet sehr
                              schnell und ohne Verlust an dem kostbaren Holze. Die Spaͤne, von unbestimmter
                              Laͤnge, fallen so fein aus, daß man Kupferstiche und lithographische
                              Zeichnungen auf dieselben abdruken, und sie auch als Dekel an Buͤchern
                              verwenden konnte. In drei Minuten ist ein hundert Fuß langer Span geschnitten.
                           Das Stuͤk Holz, aus welchem man diese feinen Spaͤne von dem Umfange
                              desselben abschneidet, wird zuvoͤrderst auf einer vierekigen Achse
                              aufgezogen, und mit dem Dreheisen der Drechsler abgedreht. Ein Messer oder ein
                              scharfes Hobeleisen aus Gußstahl, das gut gehaͤrtet und etwas laͤnger
                              als der Cylinder ist, ist an dem Ende eines 6 bis 7 Schuh langen Rahmens befestigt,
                              so daß es immer einen gleichfoͤrmigen Druk auf den Cylinder aͤußert,
                              und uͤberall von dem Umfange desselben ein Blatt von gleicher Dike abnimmt.
                              Der Rahmen, an welchem das Messer angebracht ist, ist an seinem hinteren Ende
                              beweglich und mit einem Gewichte versehen, damit er sich immer in dem Maße senkt,
                              als das Stuͤk duͤnner wird. Damit diese Senkung regelmaͤßig
                              fortschreitet, ist ein Regulator an der Maschine angebracht, der aus einer platten
                              kupfernen Stange besteht, die in einer schiefen Lage erhalten wird, und
                              laͤngs welcher der Rahmen niedersteigt, so wie der Regulator vorwaͤrts
                              zieht. (Bullet d. l. Soc. d'Enc. Mars. 1830. S. 93. Bullet. d. Sc. technol. Juin. 1830. S. 177.) [Auf eine
                              aͤhnliche Weise schneiden die Chinesen das sogenannte Reißpapier (Siehe polyt. Journ. B.
                                 XXXIII. S. 331. XXXIV. S. 311.)
                              Wahrscheinlich lernten die Russen von den Orientalen diese Art Holz zu
                              spaͤneln. Unsere Drechsler werden es wohl auch kennen.] A. d. Ue.
                           
                        
                           Ueber die Form des festen Koͤrpers, welcher die
                              hoͤchste Attraction aͤußert,
                           findet sich ein hoͤchst interessanter, jedoch nur
                              fuͤr Leser, welchen die hoͤhere Mathematik gelaͤufig ist,
                              genießbarer Aufsaz im Philos. Mag.
                              Oct. 1830. S. 256. Er ist fuͤr Nautiker und
                              Chemiker wichtig.
                           
                        
                           
                           Ueber Krystallographie in der Mineralogie
                           finden wir nach einem Auszuge in der Bibl. italian. Sett. p. 192. aus Hrn. Stef. Andr. Renier, Profs. der Mineralogie zu
                              Padova interessanten Elementi di Mineralogia
                              bemerkenswerth fuͤr unsere deutschen Krystallographen, und auch fuͤr
                              die franzoͤsischen, daß der Bologneser Guglielmini
                              schon am Ende des Jahres 1688, und noch ausfuͤhrlicher im J. 1705 in einer
                              Dissertation „de salibus“ einen
                              großen Theil von Delisle's und
                              Hauy's Theorie
                              ausfuͤhrte. Diese beiden Ehrenmaͤnner wuͤrden Guglielmini gewiß angefuͤhrt haben, wenn sie ihn
                              gekannt haͤtten. So bleiben Wahrheiten und die fruchtbarsten Ansichten
                              fuͤr Wissenschaften und Kuͤnste oft Jahrhunderte im Staube liegen,
                              waͤhrend gelehrte Phantasterei unter dieser Zeit ihren Weg in die Sterne
                              findet, aus welchen sie jedoch von Zeit zu Zeit wieder als Sternschnuppen,
                              gewoͤhnlich in dem Hofraume der Akademien und Universitaͤten,
                              niederfaͤllt.
                           
                        
                           Ueber die Geseze der theilweisen Polarisation das Lichtes
                              durch Reflexion
                           findet sich in den Phil. Trans.
                              1830. S. 69–84, und im Edinburgh Journal of
                                 Science, Julius S. 160, eine sehr lehrreiche
                              Abhandlung des Herrn Dr. Brewster, worauf wir Optiker aufmerksam machen zu muͤssen glauben,
                              welche dieselbe wohl bald in irgend einem deutschen der Physik geweihten Journale
                              uͤbersezt finden werden.
                           
                        
                           Ueber Staͤrkmehl aus Erdaͤpfeln.
                           Man hat in Frankreich mit gutem Erfolge aus gefaulten
                                 Erdaͤpfeln Staͤrkmehl bereitet. (Vergl. Mémorial de l'Yonne, Mars. 1830.) Herr Verollot
                              fils bemerkt dagegen, daß die 38 p. C.
                              Erdaͤpfel-Staͤrkmehl, die man aus den gefaulten
                              Erdaͤpfeln erhielt, viel zu viel waͤren, indem man aus gesunden
                              Erdaͤpfeln nur 12 bis 18 p. C. erhaͤlt; daß hier wenigstens die
                              Haͤlfte Brei oder Parenchym beigemengt gewesen seyn muͤßte. Man
                              bemerkt nun am ang. Orte gegen Hrn. Verollot, daß schon Vauquelin, auf dessen
                              Genauigkeit man sich verlassen konnte, darauf aufmerksam machte, daß verschiedene
                              Erdaͤpfelsorten verschiedene Mengen von Staͤrkmehl enthalten; daß die
                              sogenannte Orpheline z.B. 28 p. C. Staͤrkmehl
                              gibt; daß, nach Payen, man immer 20 p. C.
                              Staͤrkmehl auf frische Erdaͤpfel rechnen kann, folglich auf faule, die
                              schon einen Theil ihres Vegetationswassers verloren haben, noch mehr gerechnet
                              werden muß; daß, selbst wenn man auch die dachziegelfoͤrmige
                              Erdaͤpfelsorte genommen haͤtte (l'imbriquée), welche 18,5 p. C. Parenchym und nur 5,2
                              Staͤrkmehl gibt, oder die Parmentière, die
                              18,9 p. C. Parenchym liefert, man doch nie so viel Parenchym erhalten haben
                              wuͤrde, als Hr. Verollot angibt. Vauquelin fand nur 1
                              1/2, zuweilen nur 1 p. C. echtes Parenchym in Erdaͤpfeln. Das aus den
                              gefaulten Erdaͤpfeln erhaltene Staͤrkmehl war uͤbrigens
                              vollkommen rein, und loͤste sich in kochendem Wasser ohne allen
                              Ruͤkstand auf, gab auch mit Schwefelsaͤure die gehoͤrige Menge
                              Syrup. (Bulletin d. Scienc. techn. 1830. Juin. S. 141.)
                           
                        
                           Selbstentzuͤndung durch Hobelspaͤne, die mit
                              Leinoͤhl benezt wurden.
                           Ein Fabrikant, der Spinnmaschinen verfertigt, gab einem seiner Arbeiter den Auftrag,
                              dieselbe mit Leinoͤhl und spanischer Kreide, und dann mit Hobelspaͤnen
                              zu poliren. Der Arbeiter warf nach der Arbeit die Spaͤne auf den Boden.
                              Wenige Stunden darauf sah man des Nachts Licht in der Werkstaͤtte, und fand,
                              daß diese Spane brannten. Wenn man nicht zufaͤllig Licht in der
                              Werkstaͤtte bemerkt haͤtte, wuͤrde diese vielleicht mit den
                              Spaͤnen verbrannt seyn. Da in mancher Werkstaͤtte auf diese Weise
                              gearbeitet wird, will ich auf diese Thatsache aufmerksam machen. (Nile's
                              Register 10. Oct. 1829 im Bulletin technol.
                              Juin. S. 130.)
                           
                        
                           Selbstentzuͤndung durch Wachsleinwand.
                           Man weiß aus den Zeitungen, daß ein Transportschiff der lezten Expedition nach Algier
                              auf den hierischen Inseln in Brand gerieth. Man konnte es nur dadurch retten, daß man es ganz unter
                              Wasser tauchte. Als es spaͤter gelichtet, und auf die Rhede von Toulon
                              gebracht wurde, sing es neuerdings an zu brennen. Bei der Untersuchung fand es sich,
                              daß neue Wachsleinwand, die mit gelbem Ocher uͤberstrichen und in Stroh
                              gepakt war, die Ursache des Brandes gewesen ist. Diese Wachsleinwand lag an einem
                              warmen feuchten Orte aufgeschichtet, und hatte sich daselbst von selbst
                              entzuͤndet. Eine aͤhnliche Selbstentzuͤndung von Wachsleinwand
                              mit gelbem Ocher hatte waͤhrend des Transportes derselben von Paris nach
                              Marseille Statt. (Moniteur 26 Juin. 1830. Bulletin d. Scienc. technol. Juin.
                              S. 137.)
                           
                        
                           Bereitung eines schwarzen Harz-Firnisses.
                           Dieser herrliche Firniß, der durch seinen Glanz und durch seine Dauerhaftigkeit sich
                              so sehr auszeichnet, wird auf folgende Weise bereitet. Die Nuͤsse von Semecarpus
                              Anacardium, und die Beeren von Holigarma
                              longifolia werden einen Monat lang in klarem Wasser
                              geweicht, dann quer geschnitten und in einer Muͤhle gepreßt. Der
                              ausgedruͤkte Saft wird einige Zeit uͤber aufbewahrt, und man nimmt von
                              Zeit zu Zeit den Schaum ab, der an der Oberflaͤche aufsteigt. Die
                              Fluͤssigkeit wird sodann abgegossen, und derselben werden noch zwei Theile
                              Semecarpus und Ein Theil Holigarma zugesezt. Dieser Firniß wird wie Farbe aufgetragen, und, nachdem
                              er troken geworden ist, mit einem glatten Kiesel polirt. (London et Paris observer, 31. Jaͤner 1830. S. 80. Bulletin d. Scienc. technol. Juin. 1830. S. 142.)
                           
                        
                           Einige Notizen uͤber Maulbeerbaum- und
                              Seidenraupenzucht.
                           Wir haben unsere Leser bereits auf Vincenzo Ferrario's Werk, la vera
                                 Agricoltura, aufmerksam gemacht. In einem Auszuge aus demselben liefert die
                              Biblioteca italiana Luglio (ausgegeben am 9. Sept.)
                              uͤber einige darin abgehandelte Gegenstaͤnde einige Notizen, aus
                              welchen wir nur folgende ausheben wollen.
                           Hr. Ferrario berechnet den
                              Ertrag einer mit Maulbeerbaͤumen bepflanzten Ruthe Landes (Pertica) nach sieben Jahren und nach Abzug aller
                              fruͤheren, nicht sehr bedeutenden Kosten, auf 123 Lire, 11 Soldi (milanese). Er findet ferner Lomeni's Rechnung richtig, nach welcher 2 Loth
                              Seidenraupen, d.h., so viel Seidenraupen, als aus einer Unze Eier ausfallen, 10
                              Zentner 73 Pfund Futter (Reiser und Laub mit einander gerechnet) beduͤrfen;
                              wornach also auf das Pfund Cocons ungefaͤhr 12 1/2 Pfund Futter kaͤme.
                              Er rechnet ferner auf 12 Pfund Cocons 1 Pfund Seide. (Eben so viel, und zwar genau
                              eben so viel, haben wir selbst in diesem schlechten Sommer an der Isar in Bayern
                              erhalten.)
                           
                        
                           Ueber die Florentiner Strohhuͤte
                           findet sich im Mech. Mag. N. 365,
                              7. Aug. S. 398. folgende kurze Notiz, wie es heißt, „aus dem Franzoͤsischen“ ohne weitere Angabe der
                              Quelle:
                           
                              „Die besten Geflechte zu Strohhuͤten werden in der Nachbarschaft
                                 von Florenz, Pisa, Siena und in dem oberen Arno-Thale verfertigt. Ganze
                                 Familien, alt und jung, beschaͤftigen sich mit dieser Arbeit, die dem
                                 Lande jaͤhrlich bedeutende Summen traͤgt. Das rohe Material hat
                                 wenig Werth, die Verarbeitung desselben wird aber so eintraͤglich, daß
                                 die Hausmuͤtter im oberen Arno-Thale ihre Feldarbeiten von den
                                 Gebirgsbewohnern besorgen lassen, und sich dafuͤr im Strohflechten
                                 beschaͤftigen. Das Stroh, welches zu Huͤten verflochten wird, wird
                                 auf bergigen und unfruchtbaren Gruͤnden aus einer kleinkoͤrnigen
                                 Weizensorte gewonnen: es ist, obschon es duͤnn ist, sehr zaͤhe und
                                 fest, und troknet leicht, da der oberste Theil des Halmes hohl ist. Nachdem die
                                 Wurzeln von der Erde gereinigt wurden, bildet man es in kleine Buͤndel
                                 und schwingt es, und pfluͤkt das obere Glied, vom lezten Gelenke bis zur
                                 Aehre ab, so daß es dann zwischen 4 und 6 Zoll lang ist. Die Aehre bleibt daran.
                                 Nun wird dieses Stroh in Thau und Sonnenschein gebleicht: Regen ist dem Strohe
                                 hoͤchst nachtheilig und verdirbt die Weiße. Wenn ploͤzlich ein
                                 Regen einfaͤllt, sieht man alles beschaͤftigt, das Stroh unter
                                 Dach zu bringen. Der untere Theil des Halmes wird auf dieselbe Weise behandelt,
                                 und gibt dann Geflechte von geringer Qualitaͤt. Die obersten Glieder, welche gerade
                                 uͤber dem obersten Knoten abgebrochen wurden, werden nach dem Grade ihrer
                                 Feinheit sortirt. Durch dieses Sortiren, welches mit aller Sorgfalt geschieht,
                                 erhält man drei verschiedene Sorten von Stroh. Stroh, das man um 3/4 Paoli
                                 kaufte (4 1/2 Pence, 13 1/2 kr.), wird, nach dem Sortiren, fuͤr 10 Paoli
                                 (4 Shill. 7 P., 2 fl. 45 kr.) verkauft. Jeder einzelne Streif Geflechtes oder
                                 jedes Band besteht aus 7 bis 9 Halmen. Man beginnt das Flechten mit dem unteren
                                 Ende des Halmes, und flicht denselben bis auf anderthalb Zoll von dem oberen
                                 Ende, die Aehre mit eingerechnet, ein. Alle Enden der verbrauchten Halme werden
                                 ausgelassen, so daß die Aehren auf die untere Seite des Bandes fallen. Das
                                 Geflecht wird, so wie es fertig wird, auf einem hoͤlzernen Cylinder
                                 aufgerollt. Nachdem es vollendet ist, werden die hervorstehenden Enden und
                                 Aehren abgeschnitten, und zwischen der Hand und einem Stuͤke Holz, das
                                 eine scharfe Kante fuͤhrt, unter starkem Druke durchgelassen, wodurch es
                                 gepreßt und polirt wird. Die auf diese Weise zubereiteten Baͤnder werden
                                 nun mit roher Seide so zusammengenaͤhet, daß ein ganzer Hut aus Einem
                                 Stuͤke derselben hervorgeht. Der Durchmesser des Hutes ist im Allgemeinen
                                 immer derselbe, und der Unterschied zwischen Hut und Hut besteht in der
                                 verschiedenen Feinheit, d.h., in der Anzahl der Windungen, die ein solches Band
                                 in einem Hute bildet. Die Huͤte haben naͤmlich zwischen 20 und 80
                                 solcher Wendungen, wornach sich der Preis von 20 Paoli (9 Shill. 2 Pence, 7 fl.
                                 10 kr.) bis auf 100 Piaster (etwas mehr als 20 Pfund Sterling, 240 fl.)
                                 regulirt. Huͤte der hoͤchsten Feinheit haben keinen bestimmten
                                 Preis. Ein Hut von 100 Piastern traͤgt dem Kaufmann 40 p. C.; Stroh und
                                 Seide kostet naͤmlich 20 Piaster, und fuͤr die Arbeit zahlt er 40
                                 Piaster.Der Kaufmann gewinnt also fuͤr sein Nichtsthun gerade so viel, als
                                       der Arbeiter fuͤr die Arbeit.A. d. Ue. Eine Arbeiterin gewinnt des Tages zwischen 3–5 Paoli 48 kr. bis 1
                                 fl. 30 kr., 1 Shill. 4 Pence bis 2 Shill. 3 Pence. Mehrere
                                 Handlungshaͤuser zu Livorno und Florenz kaufen diese Huͤte im
                                 Lande bei den Baͤuerinnen auf. Eines dieser Haͤuser fuͤhrt
                                 jaͤhrlich fuͤr 400,000 fl. solcher Huͤte aus.Diese 400,000 fl. werden im Originale durch 3,500 Pfund Sterling
                                       uͤbersezt; es ist also bei den fl. eine Null zu viel, oder bei
                                       den Pfund Sterl. zu wenig.A. d. Ue. Man hat in Frankreich versucht solches Stroh zu ziehen, es gelang aber
                                 nicht; ehe die Huͤte verkauft werden, werden sie noch mit Schwefel
                                 gebleicht.
                              
                           
                        
                           Eisenhuͤttenmaͤnner und Baumwollenspinner: zwei
                              neue Dynastien in Frankreich.
                           In den erbaͤrmlichen Times (24. Sept.) heißt es
                              unter anderen:
                           „Die Dynastie der franzoͤsischen
                                 Eisenhuͤttenmaͤnner und Baumwollenspinner war es, nicht die
                                 Dynastie der Bourbons, die neulich der betriebenen Herabsezung der
                                 franzoͤsischen Einfuhrzoͤlle die groͤßten Hindernisse in
                                 den Weg legte. Bis diese Dynastien nicht auch
                                    gestuͤrzt sind, ist kein Heil fuͤr England: die neue
                                 Charte gibt wohl den Franzosen, nicht aber dem englischen Handel
                                 Freiheit.“ Welche Unverschaͤmtheit! Soll der Franzose sich von
                              den englischen Eisenhuͤttenmaͤnnern und Baumwollenspinnern auffressen
                              lassen, wie der Deutsche? Es wuͤrde uns nicht befremden, jede Dynastie den
                              Franzosen von den Englaͤndern unter der Bedingung freier Einfuhr englischer
                              Fabrikate aufgedrungen zu sehen. (Vergl. Galignani. N.
                              4847.)
                           
                        
                           Eisenvitriol-Fabrik zu Vermont in den Vereinigten
                              Staaten.
                           Am Ufer des Flusses Mill im Shrewsbury-Districte ist eine reiche Grube von
                              Schwefelkies, aus welchem man Eisenvitriol von der besten Qualitaͤt bereitet.
                              Hr. Robinson entdekte
                              dieselbe, und verkaufte sie an die mineralogische Gesellschaft in Vermont
                              fuͤr die Summe von 5000 Dollars. Die Gesellschaft, die sich groͤßten
                              Theils zu Boston befindet, hat den Bau derselben auf 25 Jahre uͤbernommen.
                              Sie siedet zu Strafford. Im J. 1828 fing sie mit geringen Quantitaͤten an,
                              erzeugt nun taͤglich anderthalb Tonnen, und richtet sich gegenwaͤrtig
                              auf ein taͤgliches Erzeugniß von 3 Tonnen (60 Zentner) ein. Die Fabrik ist
                              140 Fuß lang, und 72 Fuß
                              breit. Der Schwefelkies bricht hier unter einer rothen mit Steinen gemengten Erde
                              von 1 bis 3 Fuß Tiefe; er ist sehr dicht, von den verschiedensten Farben, und bricht
                              in großen Massen, die man mit dem Hammer zerschlaͤgt, und in Haufen von
                              mehreren Fuß Hoͤhe aufschichtet. Indem der Schwefelkies so der Luft ausgesezt
                              wird, erhizt er sich, und der ganze Haufe geht aus dem Zustande des Schwefelkieses
                              in den des schwefelsauren Eisens binnen wenigen Wochen uͤber. Nachdem dieß
                              geschehen ist, legt man ihn in Rinnsaale aus Thon, leitet Wasser auf denselben, und
                              fuͤhrt die Aufloͤsung in große bleierne Kessel, die 150 barils wiegen. Man kocht und verdampft in denselben die
                              Aufloͤsung bis zur gehoͤrigen Saͤttigung, und bringt sie dann
                              in Krystallisirgefaͤße, wo der Eisenvitriol sich an den Waͤnden der
                              Kufen und der Staͤbe krystallisirt. Wahrscheinlich wird diese Fabrik bald den
                              gesammten Bedarf der Vereinigten Staaten an Eisenvitriol deken, den man auf
                              ungefaͤhr 120 Tonnen schaͤzt. (Vermont
                              Aurora. Nile's
                              Register 22. Aug. 1829. Bulletin
                                 d. Scienc. techn. S. 131.)
                           
                        
                           Colonie am Swan River.
                           Diese neueste Colonie der Englaͤnder besteht gegenwaͤrtig aus
                              ungefaͤhr 2000 Koͤpfen. Sie hat bereits eine Zeitung und ein
                              litterarisches Institut. Es ist aber noch etwas theuer daselbst. Ein Pfund
                              Rind- oder Schaffleisch kostet 1 Shill. (36 kr.); ein Pfund Brot 8 Pence (24
                              kr.), Butter (das Pfund) 1 1/2 Shilling; Poͤkelfleisch 10 Pence (30 kr.);
                              Kaͤse 1 Shill. 2 Pence (42 kr.); Kerzen 2 Shill.; Oehl 9 Shilling das Gallon
                              (10 Pfund); Rum 7 Shill., Brantwein 8 Shilling, Wachholder-Brantwein 7
                              Shill.; Wein die Flasche 4 Shill. (2 fl. 24 kr.) Taglohn fuͤr einen Arbeiter
                              ist 6 bis 9 Shill. (3 fl. 36 kr. bis 5 fl. 24 kr.) fuͤr den Tag. Schaft, die
                              von England aus hingebracht wurden, gelten 50 Shilling bis 3 Pfund (36 fl.) das
                              Stuͤk. Mehl kostet der Zentner 48 Shilling. (Galignani. N. 4841.)
                           
                        
                           Ueber Friauler Weine, uͤber Moden, uͤber
                              Kuͤnste und Handel
                           findet sich eine Reihe koͤstlicher Briefe im III. bis
                              VII. Bande der Edizione completa degli scritti di
                                 Agricoltura, Arti e Commercio di Ant.
                              Zanon
                              , 16° Udine. 1830.
                              p. Mattiuzzi, welche, obschon sie vor mehr dann
                              einem halben Jahrhunderte geschrieben wurden, gar sehr eine deutsche Uebersezung
                              verdienten, wenigstens im Auszuge in Volksblattern, Modejournalen, Gewerbsblattern,
                              Handlungszeitungen etc. Sie enthalten einen Schaz von lehrreichen Bertragen zur
                              Geschichte der Erfindungen in allen Zweigen der Technik, von welchem nicht bloß die
                              deutschen, sondern selbst die franzoͤsischen und englischen Technologen
                              bisher kaum etwas zu ahnden schienen. Die Wenigsten unter denselben scheinen zu
                              wissen, daß Venedig durch mehr dann vier Jahrhunderte lang, ehe Flandern, Frankreich
                              und England eine Spur von Industrie besaß, Europa eben so am Narrenseile der Mode
                              fuͤhrte, wie, so viele Jahrhunderte später, Frankreich und England jezt
                              Deutschland und Italien und den Norden an demselben Seile gaͤngelt. Alles,
                              was wir jezt an Handarbeit, nicht Maschinenarbeit, an Saͤchsischen und
                              Brabanter Spizen, Tuͤchern, Seidenzeugen etc. bewundern, hatte Venedig vor
                              400 Jahren schon, und in einem hoͤheren Grade von Vollkommenheit, als wir es
                              gegenwaͤrtig nicht besizen. Venedig verfertigte noch zur Kroͤnung
                              Ludwig XIV. ein Spizen-Halsband aus weißen Menschenhaaren, an welchem 2 Jahre
                              lang gearbeitet wurde, und das 250 Ducaten kostete. Die Spizen, die unter dem Namen
                              punto in aria so beruͤhmt geworden sind, sind
                              eine uralte venezianische Erfindung.
                           Die Winke, welche der ehrwuͤrdige alte Zanon
                              uͤber die Mittel ertheilt, Kuͤnste und Gewerbe in einem Lande zu
                              foͤrdern, sind reine Ausspruͤche der hoͤchsten Weisheit in der
                              Kunst der Haushaltung des Staates. Er zeigt aus der Geschichte Spaniens, wie ein
                              Land, mitten im Besize eines Reichthumes von Millionen in Gold- und
                              Silberbarren, cm den Bettelstab herabsinkt, sobald es fremde Manufacturen frei einfuͤhren laͤßt, und nicht selbst
                              seinen Bedarf an denselben innerhalb seiner Graͤnzen erzeugt. Spanien war,
                              vor der Entdekung America's, bei seiner Wollen-Erzeugung, seinen herrlichen
                              Tuch- und Seidenzeug-, seinen Eisen- und
                              Stahl-Manufacturen einer der reichsten und maͤchtigsten Staaten
                              Europa's, so lang es naͤmlich dem Beispiele der Saracenen folgte, und
                              arbeitete. Als jaͤhrlich Millionen an Gold- und Silberstangen aus
                              America nach Spanien eingefuͤhrt wurden, und mit dem Reichthume Luxus und Faulheit sich
                              uͤber das Land verbreitete, als England und Frankreich Spanien mit ihren
                              Manufacturen uͤberschwemmte, verarmte Spanien von Jahr zu Jahr immer mehr und
                              mehr. Die Summe, welche Spanien vom J. 1492 bis 1764 dem Auslands fuͤr seine
                              Fabricate bezahlte, welche also außer Land ging, betraͤgt nach officiellen
                              Urkunden bei dem gruͤndlich unterrichteten Spanier Ustariz, nicht weniger als 4080 Millionen Piaster; so daß von allem aus
                              America eingefuͤhrten Golde und Silber kaum 200 Millionen Piaster, und diese
                              groͤßten Theiles in den Haͤnden des Clerus, blieben.
                           Sehr interessant ist die Lobrede, die der gute alte Italiaͤner auf unsere gute
                              alte Stadt Nuͤrnberg haͤlt, deren Kunstfleiß und durch alte Geseze zur
                              Foͤrderung desselben er seinen Zeitgenossen als
                                 Muster aufstellt. Es scheint, daß die Italiaͤner die schoͤne
                              Seite der Deutschen besser zu wuͤrdigen verstanden, als wir die Verdienste
                              der Italiaͤner, und daß man vor 50 und 60 Jahren weit richtigere Ideen
                              uͤber die Mittel zur Foͤrderung der Industrie hatte, als heute zu
                              Tage.
                           Zanon troͤstet die Schwaͤzer, die
                              uͤber die Wandelbarkeit der Industrie klagen, und daher gegen
                              Beguͤnstigung derselben schreien, mit dem Beispiele Flanderns und Englands.
                              England bezog bekanntlich all sein Tuch aus Flandern, ehe das Weib auf dem Throne
                              (Elisabeth) kluͤger war, als alle Minister, die England vor ihr regierten,
                              und die Einfuhr fremder Tuͤcher nach England auf das Strengste verbot. Vom
                              Tage dieses Einfuhrverbotes fremder Tuͤcher nach England an hob sich die
                              Tuchmanufactur in England nach und nach bis zu jener Hoͤhe, in welcher sie
                              jezt uͤber die ganze Welt gebietet. Flandern verlor den Gewinn seiner
                              Tuchmanufacturen gaͤnzlich. Ging es daruͤber zu Grunde, wie die
                              Anti-Industriellen uns glauben machen wollen, daß es bei jedem industriellen
                              Volke der Fall seyn muͤsse, wenn der Zweig von Industrie abgehauen wird, der
                              es bisher naͤhrte? Durchaus nicht! Die ehemaligen Tuchmacher wurden
                              Leinenweber, und die niederlaͤndische Leinwand ward in wenigen Jahren eben so
                              beruͤhmt, wie ehemals das niederlaͤndische Tuch, und Flandern ward
                              durch Leinwand- und Spizen-Manufactur noch reicher, als es ehevor
                              durch seine Tuchmanufacturen geworden ist.
                           Die Apologie, die der gute Zanon den Kaufleuten und dem Handel (nicht den Kraͤmern)
                              haͤlt, verdient gelesen zu werden auch noch in unseren Tagen.
                           
                        
                           Wie vor vierhundert Jahren rechtliche und hochsinnige
                              Buͤrger Steuern und Abgaben vermindern halfen.
                           Man fand vor Kurzem in der alten Bank zu Genua (antica banca
                                 di S. Giorgio di Genova) einen Brief von Christoph
                                 Colombo (dem Entdeker America's) an den damaligen Inspector dieser Bank, in
                              welchem er denselben benachrichtigt, daß er, „in der
                                    Eigenschaft eines genuesischen Buͤrgers“ (nella qualita sua di cittadino Genovese)
                              „seinem Sohne Diego den Auftrag ertheilte,
                                 jaͤhrlich den zehnten Theil seiner Einnahme
                                 zur Verminderung der Abgaben auf Getreide, Wein und Nahrungsmittel
                                 uͤberhaupt, die in Genua erhoben werden, an die Bank zu
                                 bezahlen.“ Man koͤnnte glauben Colombo waͤre, so wie der Entdeker des neuen Welttheiles, so auch
                              der Erfinder eines neuen Systemes zur Tilgung der Auflagen geworden, wenn dieser
                              große Mann nicht dem ehrenvollen Auftrage an seinen Sohn noch die Worte
                              beigefuͤgt haͤtte, „nach der Weise
                                    vieler anderer genuesischer Buͤrger“ (secondo la pratica di piu altri testatori genovesi). Wir
                              sehen also, daß es vor 400 Jahren Sitte war, daß Buͤrger zu Genua, wenn sie
                              ihre Rechnung mit der Welt abschloͤssen, ihres lieben Mitbuͤrgers auch
                              am Grabe noch auf eine so hochsinnige Weise gedachten, daß sie den zehnten Theil
                              ihres Vermoͤgens ihren eigenen Kindern entzogen, um die Last der Abgaben, die
                              auf ihre Mitbuͤrger druͤkt und in jedem Staate mehr oder minder
                              druͤken muß, nach und nach von den Schultern
                              derselben abzuheben. Kann man sich einen edleren, schoͤneren, reineren
                              Buͤrgersinn denken, als diesen? Wie war es moͤglich, daß dieses
                              Beispiel hoher Buͤrgertugend nicht bloß ohne Nachahmung außer den Mauern von
                              Genua geblieben ist, sondern selbst dort in Vergessenheit gerieth? Wie viele Staaten
                              koͤnnten jezt frei seyn von mancher Abgabe, wenn ihre Buͤrger ihrem
                              Vaterlande aͤhnlichen Zehend gegeben haͤtten? Ein Umstand, der uns den
                              alten Colombo um so mehr als edlen Buͤrger zeigt, ist der, daß er
                              von seinem Vaterlande nicht bloß verkannt, sondern verachtet und verfolgt war. Colombo war uͤbrigens nicht bloß aͤußerst
                              religioͤs, sondern in hoͤchstem Grade bigott. Er gab der Kirche mehr, als seinem Vaterlande; er vergaß aber
                              nicht, wie so viele unserer heutigen Bigotten, das
                              Vaterland uͤber den Seelenmessen der Kirche. (Vergl. Biblioteca italiana. N. 175. S. 102).
                           
                        
                           Ueber Venedig's fruͤhere Industrie.
                           Zanon zaͤhlt in seinem lehrreichen Aufsaze
                              uͤber den Handel das alten Aquileja und Venedig nicht weniger als 255
                              Kuͤnste und Gewerbe, die im 14ten und 16ten Jahrhunderte zu Venedig und im
                              Venezianischen betrieben wurden. Die Venezianer versahen damals Lyon mit Seidenzeugen und sogenannten reichen Zeugen und
                              allem dem, was man jezt Lyoner-Waare nennt, und,
                              nebst Florenz und Mailand, das uͤbrige Europa mit feinen Tuͤchern.
                              Ersaz fuͤr den Verlust, den Italien dadurch erlitt, daß seine Industrie sich
                              nach Norden und Westen zog, erhielt es durch die zeither ungemein vermehrte
                              Seidenzucht, und dadurch, daß es, sonderbare Erscheinung, aus einem industriellen
                              Staate ein landwirtschaftlicher, akerbauender geworden ist. (Vergl. Bibliot. ital. Sett. 1830. S. 210.)
                           
                        
                           Suͤd-africanisches Institut.
                           So eben ersehen wir aus dem Philosophical-Magazine and
                                 Annals of Philosophy. September 1830, S. 222,
                              daß sich am Vorgebirge der guten Hoffnung ein South-African Institution gebildet hat, deren Zwek
                              Foͤrderung der Naturgeschichte und Landwirthschaft in allen ihren Zweigen,
                              der Geographie und Physik ist. Diese Anstalt steht unter dem Schuze des Gouverneurs,
                              Sir G. L. Cole, und ihr
                              Praͤsident ist Oberstlieutenant Behl.
                              Vicepraͤsidenten sind: die hochw. F. Fallows, J.
                              A. Joubert, A. Olyphant, J. W.
                              Stoll. Secretaͤr ist Andr. Smith u. J. Adamson. In dieser
                              Anstalt erscheint vierteljaͤhrig das South African
                                 Quarterly Journal, welches zu London bei Nichardson, Cornhill, zu haben
                              ist. Hr. Bowre lieferte in
                              demselben eine herrliche Abhandlung uͤber die Nothwendigkeit botanischer
                              Garten (man sieht hieraus, daß die Hottentotten mehr Verstand haben, als die HHrn.
                              Senatoren mancher Universitaͤt und Akademie in Europa, an welcher botanische
                              Gaͤrten unterdruͤkt werden) und beweiset,
                              daß die einzige Cap-Colonie fuͤr sich allein eine groͤßere
                              Anzahl phanerogamischer Pflanzenarten besizt, als unsere gelehrten Botaniker (Humboldt und Decandolle) auf
                              ganz Africa rechnen. In diesem South African Quart.
                                 Journ. befindet sich auch ein interessanter Aufsaz „uͤber Kerzendochte und den Einfluß des Chlor es auf
                                    die Brennbarkeit des Wachsbeerenstrauches,“ von Dr. Reed.
                           
                        
                           Errichtung einer Central-Realschule zu
                              Darmstadt.
                           Auch in Darmstadt eroͤffnet sich nun die Aussicht zur Errichtung einer
                              polytechnischen Schule, wie die Leser aus nachstehender Rede ersehen, welche der
                              Abgeordnete von Daͤrnberg mit allgemeinem Beifall
                              im Sept. 1830 in der zweiten Kammer der Landstande des Großherzogthums Hessen
                              gehalten hat. Wir theilen diese Rede unsern Lesern mit, weil sie auf eine klare und
                              buͤndige Weise die Unzulaͤnglichkeit einer rein classischen (oder
                              vielmehr philologischen) Bildung fuͤr den groͤßeren Theil der
                              Unterthanen jeden Staates auseinandersezt. Moͤchten die Antraͤge des
                              Hrn. Abgeordneten nur bald in Erfuͤllung gehen und man sich durch
                              Diskussionen uͤber das Bessere nicht abhalten lassen, den Anfang zu machen,
                              da zwekmaͤßige Abaͤnderungen wo sie noͤthig sind,
                              spaͤter sich von selbst an die Hand geben muͤssen:
                           Meine Herren! Die Civilisation und die allgemeine
                              Verbreitung der Ausklaͤrung haben die Schranken der Scholastik
                              gluͤklich durchbrochen. Die Weisheit, die Kenntniß dessen, was uns Roth thut,
                              und der Mittel des Besserwerdens sind nicht mehr an den Nachlaß der Griechen und
                              Roͤmer gebannt. Verehren wir auch noch so dankbar die Surrogate von Bildung,
                              welche die alten Classiker unsern Altvordern im Mittelalter gewaͤhrten,
                              stellen wir selbst ihren bleibenden Werth fuͤr strenge Gelehrtenbildung nicht in Abrede; so
                              bietet uns doch die neuere Zeit ein Reich des Willens dar, das den
                              beschraͤnkten Kreis der Alten weit uͤberschritten hat. Beinahe alle
                              und gerade diejenigen Wissenschaften, die uns am meisten frommen, erhielten eine von
                              den Griechen und Roͤmern unabhaͤngige Begruͤndung, eine
                              selbststaͤndige Litteratur. Fuͤr die beiden Hauptwissenschaften, auf
                              welchen die neuere Bildung, der ungeheure Fortschritt der Aufklaͤrung und
                              Industrie vorzuͤglich beruht, Mathematik und Naturkunde, sind die Alten keine Fundgruben mehr) eben so
                              koͤnnen in den uͤbrigen Faͤchern nicht nur der Berufs-,
                              sondern auch der allgemeinen Menschen- und Buͤrgerbildung die Beduͤrfnisse des Unterrichts nur noch zum
                              kleinsten Theile aus den alten Classikern befriedigt werden.
                           Man hat daher zwar angefangen, auf den Gymnasien diesen Maͤngeln abzuhelfen;
                              immerhin bleiben diese Anstalten in ihrer ganzen Richtung vorzugsweise dem Studium
                              der alten Sprachen gewidmet oder bedienen sich vielmehr derselben als vorzugsweises
                              Vehikel ihres Unterrichts, lassen aber die Anspruͤche derjenigen, die zwar
                              eine wissenschaftliche, aber keine gelehrte Fachbildung beabsichtigen,
                              unbefriedigt.
                           Die Anzahl dieser Art von Schuͤlern vermehre sich
                              immer mehr, je ausgebreiteter die Civilisation wird, und diese macht desto
                              schnellere Fortschritte, je mehr nicht bloß fuͤr den Gelehrten vom Fach und
                              fuͤr den kuͤnftigen Staatsdiener, sondern auch fuͤr Andere,
                              Gelegenheiten zu wissenschaftlicher Ausbildung vorhanden sind. Diese Wechselwirkung
                              liegt in der Natur der Sache. Fuͤr den Menschenfreund, fuͤr den Freund
                              des Vaterlandes, kann es nur eine sehr erfreuliche Erscheinung seyn, wenn die Zahl
                              derjenigen zunimmt, die sich eine wissenschaftliche Bildung aneignen, ohne darum
                              Staatsdiener werden zu wollen, und insbesondere nach einem solchen Realunterricht
                              streben, weil dieser Weg der Aufklaͤrung in den nuͤtzlichen
                              Wissenschaften der sicherste ist zur Auffindung, richtigen Erkenntniß und
                              Wuͤrdigung, wie zum zwekmaͤßigen Gebrauche aller der
                              Huͤlfsquellen, welche Land und Volk durch Vervollkommnung und Bereicherung
                              der Gewerbe, der Landwirthschaft und Verbesserung der buͤrgerlichen
                              Einrichtungen in ihrem Schooße noch bergen.
                           Sie haben, meine Herren, durch Ihre Abstimmungen zu Gunsten der Real: schulen diesen
                              Ansichten Ihren Beifall geschenkt; ich hoffe auf einen gleichen Beifall fuͤr
                              die Folgerungen, die sich daraus noch weiter ergeben.
                           Der Theil unserer Jugend, dem es um eine wissenschaftliche Realbildung oder in
                              Vergleich zu den gewoͤhnlichen Buͤrgerschulen hoͤhere und
                              allgemeinere Bildung zu thun ist, ohne darum sich dem Gelehrten- oder
                              Beamtenstande widmen zu wollen, hat nun demjenigen zu Gefallen, was die Gymnasien
                              fuͤr diesen Zwek leisten, nicht mehr noͤthig, von der so kostbaren
                              Zeit dieses kurzen Lebens einen so bedeutenden Theil dem Studium der alten Sprachen
                              zum Opfer zu bringen, sondern kann das schoͤne Jugendalter fruchtbringender
                              zur gruͤndlicheren und ausgebreiteteren Erwerbung der Vorkenntnisse fuͤr seinen kuͤnftigen Beruf verwenden. Aber
                              dennoch koͤnnen in diesen Realschulen die Realwissenschaften nicht mit der
                              Gruͤndlichkeit und in dem Umfange gelehrt werden, welche den Erfordernissen
                              einer hoͤhern selbststaͤndigern Ausbildung in denselben
                              genuͤgten und der Wichtigkeit dieser Faͤcher wie ihrem tief
                              eingreifenden Einflusse auf Verbesserung der Gewerbe, der Landwirthschaft und der
                              technischen Betriebszweige entsprachen. Die Realschulen bilden in dieser Hinsicht
                              nur eine Uebergangsstufe zum gruͤndlicheren umfassenderen Studium;
                              fuͤr das reifere aber vorbereitete Alter ist eine hoͤhere
                              Unterrichtsanstalt noͤthig.
                           Hiermit, meine Herren, glaube ich den ersteren allgemeineren Zwek der Centralschule
                              der technischen Wissenschaften zureichend bezeichnet zu haben. Sie ist, wie gesagt,
                              fuͤr das reifere Jugendalter bestimmt. An ihr sollen Juͤnglinge, junge
                              Maͤnner Gelegenheit haben, in den Realwissenschaften eine hoͤhere
                              Ausbildung sich anzueignen, und darin nach Maßgabe ihrer Berufszweke den Grad von
                              Vollkommenheit zu erreichen, der sie in den Stand sezt, den reichhaltigen Stoff,
                              welchen das praktische Leben zur Anwendung dieser Wissenschaften darbietet,
                              fruchtbringend zu bearbeiten und zu benuzen. Zum Beweise dessen wird es hinreichen,
                              die in der Centralschule zu lehrenden Faͤcher zu nennen, naͤmlich die
                              verschiedenen Faͤcher der theoretischen Mathematik, Naturkunde und der Lehre
                              ihrer allgemeinen Anwendung, insbesondere also auch Statik der festen und
                              fluͤssigen Koͤrper, Mechanik, Hydraulik, praktische Geometrie,
                              politische Arithmetik, angewandte Physik und Chemie, Technologie, Modellirkunst, Statistik u.s.w. Alle
                              diese wissenschaftlichen Faͤcher stehen in inniger Wechselwirkung zur
                              Vervollkommnung saͤmmtlicher productiver Betriebszweige; ihnen verdankt man
                              vorzuͤglich die Fortschritte der neueren Zeit. Eine hoͤhere
                              Lehranstalt, worin die lehrbegierigen jungen Leute, welche sich technischen
                              Berufszweigen widmen, oder sonst Lust zu diesen Faͤchern und ihrer
                              demnaͤchstigen Anwendung haben, sie alle zusammen finden, wird die Strahlen
                              einer segensreichen Aufklaͤrung durch das Land verbreiten, und vielfache
                              Kraͤfte zur Bereicherung unserer Cultur und Industrie aus ihrem Schlummer
                              weken.
                           Die Centralschule wuͤrde auch dann, wenn der dortige Unterricht nicht noch
                              besonders in die Anwendung auf verschiedene Berufsfaͤcher, die in unserm Land
                              von vorzuͤglicher Wichtigkeit sind, einginge, einem wesentlichen
                              Beduͤrfnisse abhelfen, und die Luͤke ausfuͤllen, welche das
                              Universitaͤtsstudium in dieser Beziehung ebenso darbietet, wie die gelehrten
                              Gymnasien gegenuͤber den Realschulen. Diese werden zu unserer Centralschule
                              in einem aͤhnlichen Verhaͤltnisse stehen, wie die Gymnasien zur
                              Universitaͤt.
                           Fragen wir aber, fuͤr welche junge Leute sich besonders das Studium an der
                              Centralschule eignen wird, und welche dorr vorzuͤglich zusammentreffen, so
                              finden wir, daß es vornehmlich kuͤnftige Bautechniker jeder Art, Landwirthe,
                              Forstmaͤnner, Unternehmer von Fabrikanlagen und Kaufleute seyn werden. Mit
                              ihnen muͤssen wir also wuͤnschen, daß an der Centralschule zugleich
                              Gelegenheit vorhanden seyn moͤge, fuͤr die erwaͤhnten
                              besonderen Berufsfaͤcher ebenfalls sich bilden zu koͤnnen.
                           Dieß ist der zweite, bei Errichtung der Centralschule den
                              gegenwaͤrtigen Beduͤrfnissen noch naͤher liegende Zwek.
                           Die erwaͤhnten Berufsfaͤcher haben mehr und minder gemeinschaftliche
                              Huͤlfswissenschaften. Man kann daher an den fuͤr sie getrennt
                              errichteten Lehranstalten nicht umhin, auch meistens die naͤmlichen
                              Huͤlfswissenschaften zu lehren. Soll dieß gut und gruͤndlich
                              geschehen, so wird ein groͤßerer Kostenaufwand erfordert, als der auf die
                              einzelne Anstalt verwendbare Fond zulaͤßt. Die Folge davon ist eine
                              Aermlichkeit und Unvollstaͤndigkeit, welche den Unterricht hemmt und in dem
                              Wissen Luͤken zuruͤk laͤßt, die sich spaͤterhin nicht
                              mehr ergaͤnzen lassen; ein anderer Nachtheil besteht in der Einseitigkeit der
                              Bildung, waͤhrend doch im praktischen Leben gerade die erwaͤhnten
                              Faͤcher am meisten mit einander in Beruͤhrung kommen, sich gegenseitig
                              helfen, begreifen und unterstuͤzen, fuͤr gemeinschaftliche
                              hoͤhere Zweke zusammen wirken sollen.
                           Allen diesen Maͤngeln und Nachtheilen wird durch Verbindung der Bau-,
                              Landwirthschaftlichen und Forstschulen in Eine Anstalt
                              begegnet. Die Schuͤler koͤnnen gemeinschaftlichen Unterricht in den
                              Huͤlfswissenschaften genießen. Wenn der Lehrer schon bei dem Vortrag Winke
                              uͤber die Nuzanwendung auf die einzelnen Berufsfaͤcher ertheilt, so
                              ist dieß fuͤr jeden der Schuͤler, auch wenn es sein kuͤnftiges
                              Berufsfach nicht besonders beruͤhrt, doch von großem Nuzen. Als Lehrer der
                              einzelnen Huͤlfswissenschaften koͤnnen Meister, die ihre Forschung und ihr ganzes Leben ihnen vorzuͤglich
                              widmen und Ausgezeichnetes leisten, angestellt, und die erforderlichen Sammlungen,
                              Apparate wie auch sonstige Huͤlfsmittel des Unterrichts den
                              Beduͤrfnissen und dem Stande der Wissenschaft gemaͤß ausgestattet
                              werden.
                           Auf solche Weise, meine Herren, geht die Erreichung des ersten Zweks schon aus dem
                              zweiten hervor, indem die Huͤlfswissenschaften saͤmmtlicher
                              technischer Berufszweige an der Bau-, Landwirthschafts- und
                              Forstschule in dem Umfang und der Vollkommenheit gelehrt werden, daß auch viele
                              junge Maͤnner aus andern technischen Faͤchern, kuͤnftige
                              Kaufleute, Fabricanten etc., selbst junge Militaͤrs, sich fuͤr ihren
                              demnaͤchstigen Beruf an der Centralschule gruͤndlich vorbereiten
                              koͤnnen, und diese eine Facultaͤt der Realwissenschaften bildet.
                           Die Wichtigkeit des Zwekes, der wohlthaͤtige Einfluß auf Vermehrung und
                              zwekmaͤßigen Gebrauch der Huͤlfsquellen des Landes wuͤrde es
                              selbst reichlich lohnen, wenn es noͤthig waͤre, darauf große Summen zu
                              verwenden. Bliken wir auf die Reihe der Anstalten, die eine Stelle in unserm Budget
                              einnehmen, ja sehr große Ausgaben erfordern, so werden wir wenige finden, die in
                              Bezug auf wahrhaften Nuzen der zu errichtenden Centralschule der technischen
                              Wissenschaften an die Seite gestellt werden koͤnnen. Je dringender uns die
                              Noth des Landes mahnt, Ersparnisse zu bewirken, desto mehr muß es ein Anliegen seyn,
                              Anstalten und Unternehmungen in's Leben zu rufen, welche die Ertragskraͤfte
                              des Landes vermehren und
                              die Intelligenz in ihrem Gebrauche verbreiten; ihnen
                              muͤssen wir also die erforderlichen Fonds vorzugsweise zuwenden. Indessen
                              kann hier mit Wenigem sehr Vieles ausgerichtet werden. Wir haben bereits fuͤr
                              die Bauschule, fuͤr die Catasterschule, fuͤr die Zeichenschule,
                              fuͤr landwirthschaftlichen Unterricht, fuͤr die Forstlehranstalt wenn
                              auch verhaͤltnißmaͤßige geringe, aber doch so viele Fonds bewilligt,
                              daß es bei Vereinigung derselben, so wie der bei diesen Anstalten vereinzelten
                              Sammlungen, Apparate und sonstigen Huͤlfsmittel, zu einem Ganzen, keines
                              großen Zuschusses beduͤrfen wird, um die Staatsregierung in den Stand zu
                              sezen, dem Lande die erwaͤhnten Vortheile einer solchen Centralschule
                              zuzuwenden und Ausgezeichnetes leisten zu lassen.
                           Jeder Verzug in der Ausfuͤhrung eines so wohlthaͤtigen Unternehmens ist ein Verlust fuͤr das Land. Ich trage daher
                              darauf an:
                           1) Die Staatsregierung zu ersuchen, alle Anstalten fuͤr
                              den Unterricht in den Bauwissenschaften, in der Landwirthschaft, in der
                              Forstwissenschaft, wie auch die Catasterschule, uͤberhaupt alle Anstalten und
                              Fonds fuͤr die erwaͤhnten Zweke in ein Ganzes zu vereinigen, hierdurch
                              zugleich die Errichtung einer hoͤhern Centralschule in's Werk zu sezen, und
                              die Vorbereitung hierfuͤr so zu beschleunigen, daß der erste Cursus schon im
                              naͤchsten Fruͤhjahr eroͤffnet werden kann;
                           2) der Staatsregierung fuͤr jedes der beiden Jahre 1831
                              und 1832 einbegriffen die Kosten der ersten Einrichtung zur Centralschule, einen
                              Credit von 2000 fl. zu eroͤffnen, ohne jedoch daraus staͤndige
                              Besoldungen, die fuͤr eine folgende Finanzperiode im Voraus eine
                              Verbindlichkeit begruͤndeten, bewilligen zu duͤrfen, vielmehr
                           3) uͤber die Verwendung sowohl der vereinigten Fonds als
                              des Zuschusses bei dem naͤchsten Landtag eine specielle Rechenschaft
                              abzulegen und damit einen nach den bis dahin gemachten Erfahrungen
                              zuverlaͤssiger zu entwerfenden Plan der Einrichtung der fraglichen
                              Centralschule den Staͤnden vorzulegen.
                           ––––––––––
                           Diesem Antrage fuͤgen wir die Beurtheilung folgender interessanten Schrift
                              uͤber denselben Gegenstand bei:
                           
                        
                           Ueber die zwekmaͤßigste Einrichtung der Gewerbsschulen
                              und der polytechnischen Institute. Eine von der Koͤnigl. Societaͤt der
                              Wissenschaften zu Goͤttingen gekroͤnte Preisschrift, von Heinrich
                              Gottlieb Koͤhler, Doktor der Philosophie und
                              Privatdocent in Goͤttingen. Goͤttingen, in Commission der
                              Dietrichschen Buchhandlung. 1830. (62 Seiten.)
                           Da bei den unaufhaltsamen Fortschritten aller Industriezweige und der immer
                              zunehmenden Concurrenz zwekmaͤßig eingerichtete Gewerbsschulen ein so
                              dringendes Beduͤrfniß werden, daß in allen jenen deutschen Staaten, wo die
                              Regierungen nicht selbst die Herstellung derselben uͤbernehmen wollen oder
                              koͤnnen, die Landstaͤnde genoͤthigt seyn werden sich in das
                              Mittel zu legen (wovon vorstehende Rede ein Beispiel liefert), so wird eine Schrift
                              uͤber diesen Gegenstand, welche die Approbation der Koͤnigl.
                              Societaͤt der Wissenschaften zu Goͤttingen erhielt, schon deßwegen
                              Aufmerksamkeit erregen, weil diese Societaͤt uͤberall in einem eben so
                              großen als verdienten Ansehen steht, da sie stets in allen Faͤchern des
                              menschlichen Wissens die gruͤndlichsten Gelehrten besaß Und bildete und
                              bekanntlich auch mehr als jede andere in Deutschland sich von Verirrungen (besonders
                              im Gebiete der philosophischen und Naturwissenschaften) frei zu halten mußte.
                           Der Verfasser versteht unter technischer Lehranstalt,
                                 polytechnischem Institut, Gewerbsschule, eine Bildungsanstalt wo der
                              Handwerker und Kuͤnstler, und der aus der Bereinigung beider hervorgehende
                              Fabrikant bloß solche rationelle Kenntnisse erhalten soll, daß er in Stand gesezt
                              wird, die Handgriffe und Verfahrungsweisen seines Gewerbes zu beurtheilen, zu
                              pruͤfen und zu seinem Zweke zu verbessern. Der Verfasser bemerkt, daß es
                              unmoͤglich, nicht noͤthig und selbst nicht rathsam ist, alle
                              Gewerbtreibende eines Landes auf den Grad der Cultur zu heben, welche der jezige
                              Zustand der Wissenschaften zu bewerkstelligen im Stande waͤre, indem eine
                              große Anzahl derselben durch physische und moralische Verhaͤltnisse bestimmt ist, Maschine
                              zu seyn und zu bleiben, und sie durch ihre Kenntnisse mehr Schaden als Nuzen bringen
                              wuͤrden; der Herausgeber des Polyt. Journ. ist ebenfalls weit entfernt
                              fuͤr diejenige Classe, welche der Verfasser hier vor Augen hatte,
                              Gewerbsschulen in Vorschlag bringen zu wollen, glaubt aber, daß bei weitem der
                              groͤßte Theil derselben durch zwekmaͤßiger
                                 eingerichtete Volksschulen zu brauchbarerem und nuͤzlicheren
                              Individuen herangebildet werden koͤnnte, ohne daß man sie dadurch
                              uͤber ihren Stand erheben wuͤrde.
                           Um nun der kleineren Anzahl der Gewerbtreibenden eine nicht zu weit getriebene
                              theoretische Bildung zu ertheilen, die ihren Faͤhigkeiten angemessen ist und
                              einen vortheilhaften Einfluß auf das Emporkommen der Gewerbe haben muß, soll man
                              nach dem Verfasser
                           1) Gewerbsschulen (Secundaͤrschulen) in den vorzuͤglichsten Staͤdten des
                              Landes fuͤr diejenige Zahl errichten, deren Sphaͤre des Wissens nur
                              eine maͤßige seyn kann und zu seyn braucht und
                           2) eine Hauptschule (Centralschule) in der Hauptstadt des Landes fuͤr diejenige Anzahl,
                              wo die Sphaͤre des zwekdienlichen Wissens weiter ausgedehnt werden soll und
                              wo einzelne die hoͤchste Stufe erreichen koͤnnen. Diese koͤnnte
                              zugleich nach dem Vorbilde derjenigen zu Wien und zu Stockholm eine Anstalt seyn, wo
                              den Gewerbtreibenden Rath und Aufklaͤrung ertheilt, der Landesregierung
                              jaͤhrlich Bericht uͤber den Zustand und die Fortschritte der Gewerbe
                              ertheilt, durch Ausstellung der einheimischen Gewerbserzeugnisse Aemulation erregt
                              wuͤrde u.s.w.
                           Ganz mit dem Verfasser uͤbereinstimmend hat der Herausgeber schon vor mehreren
                              Jahren auf die Errichtung von Secundaͤrschulen in allen groͤßeren und
                              außerdem von Centralschulen in einigen der groͤßten und industriereichsten
                              Staͤdte des Koͤnigreichs Bayern zur Ausbildung von Fabrikanten,
                              Direktoren der Fabriken, technischen Beamten u.s.w. gedrungen.
                           Hinsichtlich der Secundaͤrschulen entsteht sogleich
                              die Frage, zu welcher Zeit der Unterricht ertheilt werden soll und wie wenigstens
                              auf die Lehrlinge der Handwerker (und Kaufleute) mit einigem Nachdruk gewirkt werden
                              kann. Der Verfasser schlägt zu diesem Ende vor, daß sich die Scholaren inscribiren
                              und foͤrmlich aufnehmen lassen und sich dadurch verpflichten sollen, Einen
                              Tag woͤchentlich (aber nicht des Sonntags, am besten des Montags) dem
                              Unterrichte puͤnktlich beizuwohnen und einen drei- oder
                              vierjaͤhrigen Cursus mitzumachen, widrigenfalls sich einer durch
                              Umstaͤnde zu bestimmenden Geldstrafe zu unterwerfen. Die Lehrherren
                              wuͤrden durch die Gildemeister oder sonstigen Behoͤrden aufgefordert
                              werden bei der Einschreibung eines Lehrlings schriftlich zu erklaͤren, ob sie
                              die Bildung desselben in der Secundaͤrschule zugeben und ihm
                              woͤchentlich den dazu bestimmten Tag frei geben wollten oder nicht. Im ersten
                              Falle koͤnnte dann der Meister gesezlich und von Rechtswegen dazu angehalten
                              werden, den Lehrling an dem dazu bestimmten Tage in die Schule zu schiken und ihm
                              kein Hinderniß in den Weg zu legen.
                           Dieß scheint dem Herausgeber nicht zu viel verlangt, und er erlaubt sich zu bemerken,
                              daß ein paar Stunden des Sonntags besonders fuͤr die Gesellen der Handwerker
                              Vortraͤge gehalten werden koͤnnten, was um so weniger Hindernisse
                              finden duͤrfte, da bekanntlich in mehreren Staͤdten Deutschlands die
                              Kunstschulen am Sonntage eroͤffnet sind, wenn man nun noch an einigen Abenden
                              in der Woche fuͤr die Gesellen Vortrage hielte (wie es in einigen der
                              industriereichsten Staͤdte Frankreichs geschieht), zu deren Besuch sie
                              natuͤrlich nicht gezwungen werden duͤrften, so moͤchte dieß
                              fuͤr sie vollkommen ausreichend seyn, besonders wenn sie als Lehrlinge die
                              Secundaͤrschule besucht haben.
                           Die Gegenstaͤnde des Unterrichts fuͤr die Secundaͤrschulen
                              wuͤrden nach dem Verfasser seyn:
                           1) das Zwekdienlichste aus der deutschen Sprache –
                              Grammatik, Orthographie, Styl –
                           2) Naturbeschreibung,
                           3) Arithmetik,
                           4) das einfache Buchhalten,Die einfache Buchhaltung, auf deren Nuzen
                                    fuͤr die Handwerksleute der Verfasser aufmerksam macht, findet man in
                                    England unter ihnen allgemein; dort sie aber schon deßwegen dazu
                                    genoͤthigt, weil sie in Wechseln bezahlt werden und auch auf ihre
                                    Schuldner trassiren.
                              
                           
                           5) Geometrie,
                           6) Naturlehre, verbunden mit dem Zwekdienlichsten aus der
                              Chemie, Statik, Mechanik, Hydrostatik, Hydraulik und Maschinenlehre.
                           7) Das Zeichnen, sowohl die freie Handzeichnung, als die
                              mathematisch-orthographischen Projektionen.
                           In der Centralschule, wo das Wissenschaftliche in einigen
                              Faͤchern, besonders den mathematischen, strenger beobachtet werden kann, da
                              sich die Schuͤler waͤhrend eines drei- bis vierjaͤhrigen
                              Cursus ganz der Bildung durch die Centralschule uͤberlassen sollen,
                              wuͤrden die Lehrgegenstaͤnde nach dem Verfasser seyn:
                           1) Naturbeschreibung – Zoologie, Botanik, Mineralogie
                              nebst Geognosie. –
                           2) Reine Mathematik – Arithmetik in Verbindung mit
                              Buchstabenrechnung, Algebra, die Elementargeometrie nebst der von Monge sogenannten Géométrie descriptive, ebene und sphaͤrische
                              Trigonometrie, und aus der hoͤheren Geometrie die Linien der zweiten
                              Ordnung.
                           3) Naturlehre.
                           4) Angewandte – Statik, Mechanik, Hydrostatik,
                              Hydraulik, Aërometrie, Maschinenlehre.
                           5) Chemie – Theoretische und
                              praktisch-analytische.
                           6) Technologie, verbunden mit Waarenkunde.
                           7) Zeichnen, sowohl das freie Handzeichnen als die
                              mathematischen Projectionen.
                           8) Das Italiaͤnische oder doppelte Buchhalten.
                           Ueber den Umfang und die Methode des Unterrichts in allen diesen Gegenstaͤnden sowohl in der
                              Secundaͤr- als Centralschule verbreitet sich der Verfasser
                              ausfuͤhrlich in der angezeigten Schrift, welche Niemand ungelesen lassen
                              darf, der bei Gewerbsschulen mehr oder weniger betheiligt ist; er hat das
                              „richtige Mittel zwischen dem zu Vielen und zu Wenigen in der
                                 theoretischen Ausbildung,“ welches den eigentlichen Gegenstand der
                              Preisfrage ausmachte, auf eine Weise bestimmt, welche gewiß das ehrenvollste Zeugniß
                              fuͤr seine wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse abgibt.
                           Bei dem Apparat der Schule vermissen wir eine Sammlung von Modellen wichtiger
                              Maschinen und Vorrichtungen, deren Einrichtung jungen Leuten durch eine bloße
                              Zeichnung nicht leicht vollkommen deutlich gemacht werden kann.Zum Unterrichte in der Mechanik hat man in der neuen Universitaͤt von
                                    London die wichtigsten Dampfmaschinen, Pumpwerke u.s.w. im Durchschnitte auf
                                    großen hoͤlzernen Tafeln aufgezeichnet, und die beweglichen Theile,
                                    zwar ebenfalls im Durchschnitte aber in natura,
                                    so angebracht, daß man bloß die Triebkraft durch die Hand zu ersezen
                                    braucht, um die vollstaͤndige innere und aͤußere Einrichtung
                                    und das ganze Spiel der Maschine mit einem Blike zu uͤbersehen: diese
                                    Tafeln sind nicht kostspielig und geben dem Anfaͤnger eine so
                                    deutliche Vorstellung von der Maschine, wie er sie sonst nur durch Modell
                                    und Zeichnung zugleich erhalten kann.
                              
                           Sehr richtig bemerkt der Verfasser, daß jeder Regierung technische Beamte,
                              Gymnasiallehrer u.s.w. zu Gebote stehen, welche bei einer maͤßigen
                              Gehaltszulage besonders an der Centralschule einige Vortraͤge
                              uͤbernehmen koͤnnten, und daß nur der Director und einige der
                              Secundaͤrschule eigene Lehrer nothwendig werden.