| Titel: | Ueber die Gränzen der Verdampfung von M. Faraday F. R. S. | 
| Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. CX., S. 430 | 
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                        CX.
                        Ueber die Graͤnzen der Verdampfung von
                           M. Faraday F. R.
                           S.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions.
                              November 1830. S. 309.
                        Faraday, uͤber die Graͤnzen der
                           Verdampfung.
                        
                     
                        
                           Vor einiger Zeit stellte ich einige Bemerkungen und Versuche uͤber das Daseyn
                              einer Graͤnze der Verdampfung zusammen, welche in den Philosophical Transactions fuͤr das Jahr 1826 (polyt. Journal
                              Bd. XXVII. S. 415.) erschienen. Als die
                              daselbst erwaͤhnten Versuche bekannt gemacht wurden, begann ich einige andere
                              uͤber denselben Gegenstand, welche jedoch sehr langer Zeit zur Entwikelung
                              ihres Resultates erforderten. Seitdem verstrichen vier Jahre, waͤhrend
                              welcher die Wirkungen, wenn solche Statt gefunden haͤtten, merklich genug
                              geworden seyn muͤßten; ich will in dieser kurzen Notiz uͤber sie
                              berichten.
                           Der Gegenstand meiner Untersuchung war urspruͤnglich dieser, ob es irgend eine
                              bestimmte Graͤnze der Verdampfungskraft gibt. Wasser gibt bei 220°
                              Fahr. so reichlich Dampf aus, daß es die Dampfmaschine treibt; bei 120° gibt
                              es schon viel weniger; bei 40° verdunstet es noch, obgleich es kalt ist;
                              selbst unter 32°, wo es Eis ist, verdampft es noch und weder Natur noch Kunst
                              bringen eine Kaͤlte hervor, die so stark ist, daß sie die Verdunstung des
                              Wassers so vollstaͤndig aufhebt oder verhindert, daß eine feuchte Substanz an
                              freier Luft nicht troken wird.
                           
                           Viele ausgezeichnete Naturforscher, unter anderen auch Sir H. Davy und Hr. Dalton waren der Meinung, daß die
                              Verdampfungskraft mit der Verminderung der Temperatur bestaͤndig abnimmt,
                              aber nie ganz aufhoͤrt, und daß daher jede feste oder fluͤssige
                              Substanz eine Atmosphaͤre von ihrem eigenen Dampf um sich und in ihrer
                              Naͤhe verbreitet hat; daß diese aber um so duͤnner ist je fester der
                              Koͤrper war und je niedriger die Temperatur ist, daher auch bei
                              unzaͤhligen Substanzen, wie den Erden, Metallen u.s.w. so schwach ist, daß
                              sie bei unseren Untersuchungen ganz unbemerkt bleibt, obgleich sie in einigen
                              Faͤllen auf die Leitung der Elektricitaͤt Einfluß haben oder in die
                              Atmosphaͤre aufsteigen und daselbst eigenthuͤmliche und befremdende
                              Resultate hervorbringen kann.
                           Der Gegenstand meiner fruͤheren Abhandlung war, zu zeigen, daß es wirklich
                              eine bestimmte Graͤnze der Verdampfung gibt, und daß wir eine große Anzahl
                              von Substanzen besizen, welche bei der gewoͤhnlichen Temperatur vollkommen
                              fix sind. Ich leitete meine Gruͤnde erstens aus der Schwerkraft ab, welche
                              bewirkt, daß die Atmosphaͤre um, unseren Erdkoͤrper eine
                              Graͤnze hat und zweitens aus der Cohaͤsionskraft; jede derselben
                              schien mir allein hinreichend, der Verdampfung eine Graͤnze zu sezen und ich
                              habe einige Versuche uͤber die Hinlaͤnglichkeit der lezteren Kraft in
                              meiner fruͤheren Abhandlung ausfuͤhrlich beschrieben. Das Resultat
                              war, daß zwar solchen Substanzen wie Aether, Alkohol, Wasser, Jod u.s.w. die
                              Verdampfungskraft durch kein uns bekanntes Mittel entzogen werden kann, sondern daß
                              sie im freien Raume oder in der Luft immer noch etwas Dampf ausgeben, daß es jedoch
                              auch andere Koͤrper gibt, wie Eisen, Silber, Kupfer u.s.w. wie die meisten
                              Metalle, und auch die Erden, welche unter gewoͤhnlichen Umstaͤnden
                              absolut fix sind; daß es ferner einige wenige Koͤrper gibt, wo die
                              Graͤnzen der Verdampfung in unserer Macht liegen und die wir daher nach jeder
                              Richtung verdunsten lassen koͤnnen. So ist Queksilber bei Temperaturen
                              uͤber 30° fluͤchtig, aber bei einer Temperatur unter 20°
                              fix und concentrirte Schwefelsaͤure, welche bei ungefaͤhr 600°
                              siedet, ist bei der gewoͤhnlichen Temperatur der Atmosphaͤre fix.
                           Jeder praktische Chemiker weiß, daß man die Verdunstung beschleunigen und so manche
                              Substanzen bei einer Temperatur, welche mit unter ihrem Siedepunkte ist, destilliren
                              kann. Dieß ist z.B. der Fall mit den wesentlichen Oehlen; viele derselben erfordern,
                              wenn man sie allein destillirt, eine hohe Temperatur, wodurch sie zum Theil zersezt
                              werden, waͤhrend sie mit dem Wasserdampf bei einer viel niedrigeren
                              Temperatur in Dampf uͤbergehen und nach der Verdichtung in
                              unveraͤndertem Zustande erhalten werden koͤnnen. Man hat vermuthet,
                              daß der Wasserdampf
                              durch seine Verwandtschaft zum Dampfe des wesentlichen Oehls oder auf irgend eine
                              andere Art die Verdampfungskraft des lezteren bei der angewandten Temperatur
                              erhoͤhte und es so in Stand sezte uͤberzudestilliren; aber es ist kein
                              Zweifel, daß wenn Luft oder eine andere aͤhnliche elastische
                              Fluͤssigkeit in gleich großer Menge bei 212° Temperatur und auf eine
                              Art, daß sie den Wasserdampf repraͤsentirt, mit der Masse des wesentlichen
                              Oehls in Beruͤhrung kaͤme, sie nach wohlbekannten Gesezen den Dampf
                              des wesentlichen Oehls vielleicht eben so stark vorwaͤrts treiben
                              wuͤrde; nur erlaubt der Wasserdampf, da er so leicht zu verdichten ist, den
                              Dampf des wesentlichen Oehls vollstaͤndig zu condensiren, waͤhrend die
                              Luft als eine permanent elastische Fluͤssigkeit auch nach dem Erkalten eine
                              große Menge Oehldampf zuruͤkhalten wuͤrde.
                           Dessen ungeachtet gibt es einige Erscheinungen, welche die Meinung, daß Wasser
                              manchmal die Verdunstung mehr beguͤnstigt als es ein dem Wasserdampf gleiches
                              Volum Luft auf oben besprochene Weise thun wuͤrde, und es blieb durch
                              Versuche zu ermitteln uͤbrig, ob Substanzen, welche sich bei hohen
                              Temperaturen merklich verfluͤchtigen und die bei gewoͤhnlicher
                              Temperatur als fix betrachtet werden koͤnnen, bei gewoͤhnlicher
                              Temperatur etwas fluͤchtig werden, wenn sie mit Wasser oder seinem Dampfe in
                              Beruͤhrung sind. Bekanntlich hat man eine Theorie der Meteorsteine auf die
                              Vermuthung gegruͤndet, daß die Erden und Metalle, welche man in ihnen findet,
                              von aͤhnlichen Substanzen auf unserer Erde als Dampf aufstiegen, welche
                              Daͤmpfe, obgleich Anfangs außerordentlich duͤnn, sich
                              allmaͤhlich anhaͤuften, durch irgend eine Naturbegebenheit in den
                              oberen Regionen der Atmosphaͤre verdichtet wurden und so die
                              außerordentlichen Massen bildeten, welche zuweilen aus der Luft auf die Erde
                              herabfallen. Zu Gunsten dieser Theorie ist der merkwuͤrdige Umstand, daß
                              ungeachtet sehr viele verschiedenartige Substanzen in den Meteorsteinen und dem
                              Meteoreisen vorkommen, doch bis jezt keine aufgefunden werden konnte, welche nicht
                              auch auf unserer Erde vorkaͤme;Dieser sehr auffallende Umstand ist kein Beweis,
                                    daß die Meteorsteine auf irgend eine Art von unserem Planet
                                    herruͤhren; wenn wir aber beweisen koͤnnten, daß sie von einem
                                    anderen Weltkoͤrper abstammen, so koͤnnte man daraus
                                    schließen, daß dieselben Substanzen, woraus unser Erdkoͤrper gebildet
                                    wurde, auch noch bei einer anderen materiellen Schoͤpfung gebraucht
                                    wurden.A. d. O. wenn das Wasser die Verdunstung dieser Substanzen einigermaßen
                              beguͤnstigen kann, so spricht dieß sehr fuͤr diese Theorie, weil die
                              Verdunstung eine der anhaltendsten und ausgedehntesten Operationen ist, welche
                              zwischen der Oberflaͤche der Erde und der sie umgebenden Atmosphaͤre
                              vorgehen.
                           
                           Im September 1826 wurden mehrere mit gut schließenden Glasstoͤpseln versehene
                              Standflaschen vollkommen gereinigt und mehrere weite an einem Ende zugeschmolzene
                              Roͤhren hergerichtet, welche man als kleinere Gefaͤße in die
                              Standstaschen stellen konnte; es wurden sodann ausgewaͤhlte Substanzen in die
                              Roͤhren und Aufloͤsungen von andern ausgewaͤhlten Substanzen in
                              die Flaschen gebracht; die Roͤhren wurden in die Flaschen gestellt, so daß
                              nichts von dem einen Gefaͤße in das andere gelangen konnte, ausgenommen auf
                              dem Wege der Verdunstung; die Stoͤpsel wurden nun eingesezt, die Flaschen
                              sorgfaͤltig verbunden und in einen dunkeln Schrank gestellt, von wo sie nur
                              gelegentlich zur Untersuchung herausgenommen wurden, uͤbrigens beinahe vier
                              Jahre lang stehen blieben; die fluͤchtigen Substanzen hatten also Zeit genug
                              ihre respectiven Wirkungen auszuuͤben.
                           N. 1. Die Flasche enthielt eine klare Aufloͤsung
                              von schwefelsaurem Natron, mit einem Tropfen Salpetersaͤure – die
                              Roͤhre, Krystalle von salzsaurem Baryt. Die Haͤlfte oder mehr von dem
                              Wasser ging durch Verdunstung in die Roͤhre und bildete eine
                              Aufloͤsung von salzsaurem Baryt, aber sowohl diese als die
                              ruͤkstaͤndige Aufloͤsung von schwefelsaurem Natron ist
                              vollkommen klar; weder in der einen noch in der anderen ist die geringste Spur
                              schwefelsaurer Baryt, so daß weder der salzsaure Baryt noch das schwefelsaure Natron
                              sich mit dem Wasser verfluͤchtigt zu haben scheinen.
                           N. 2. Die Flasche enthielt eine Aufloͤsung von
                              salpetersaurem Silber, die Roͤhre geschmolzenes Chlornatrium. Alles Wasser
                              ging von dem salpetersauren Silber zu dem Salze uͤber, aber weder in dem
                              einen noch in dem anderen ist eine Spur Chlorsilber; es sublimirte sich weder
                              salpetersaures Silber mit dem Wasser, noch ging Chlornatrium zu dem salpetersauren
                              Salze uͤber.
                           N. 3. Die Flasche enthielt eilte Aufloͤsung von
                              salzsaurem Kalk; die Roͤhre Krystalle von Kleesaͤure. Das Wasser blieb
                              hier bei dem salzsauren Kalk. In der Roͤhre bildete die Kleesaͤure,
                              als man sie hineinbrachte, ein loses Aggregat mit vielen leeren Raͤumen und
                              sehr unregelmaͤßiger Oberflaͤche ungefaͤhr einen Zoll unter dem
                              Rande der Roͤhre. In den leeren Raͤumen zeigte sich keine besondere
                              Erscheinung, aber am oberen Ende wurde offenbar Kleesaͤure sublimirt, denn
                              auf den Krystallen und dem Glase bildeten sich neue Krystalle als außerordentlich
                              duͤnne und glaͤnzende Blaͤttchen; diese reichen in der
                              Roͤhre nicht hoͤher hinauf als bis auf das Niveau des am meisten
                              hervorragenden Theiles der urspruͤnglich hineingebrachten Kleesaͤure;
                              daruͤber hinaus zeigt sich keine Sublimation und es hat den Anschein, daß die
                              hoͤchsten Theile des Salzes Dampf ausgaben, welcher niedersank und auf den
                              benachbarten niedrigeren Oberflaͤchen Krystalle bildete, daß aber kein Dampf bis zum oberen
                              Theile der Roͤhre stieg. Als man jedoch die Aufloͤsung mit ein paar
                              Tropfen Aezammonium untersuchte, entstand ein schwacher Niederschlag von kleesaurem
                              Kalk. Dieser Versuch zeigt, daß die Kleesaͤure bei gewoͤhnlicher
                              Temperatur fluͤchtig ist, und nicht nur Krystalle in der Roͤhre
                              bildete, sondern auch zu der Kalkaufloͤsung uͤberging.
                           N. 4. In der Flasche bestand die Fluͤssigkeit aus
                              Schwefelsaͤure und Wasser zu gleichen Theilen; in der Roͤhre war
                              krystallisirtes Kochsalz. Es ging kein Wasser zum Salze uͤber. Als man die
                              Flasche oͤffnete und die klare verduͤnnte Schwefelsaͤure auf
                              Salzsaͤure pruͤfte, zeigte sich keine Spur davon. Chlornatrium wurde
                              daher unter diesen Umstaͤnden nicht verfluͤchtigt.
                           N. 5. Die Flasche enthielt eine Ausloͤsung von
                              salzsaurem Kalk, die Roͤhre krystallisirtes kleesaures Ammonium. Das
                              kleesaure Ammonium schien ganz unveraͤndert; die Aufloͤsung von
                              salzsaurem Kalk war vollkommen klar, etwas Aezammonium brachte darin einen sehr
                              schwachen Niederschlag von kleesaurem Kalk hervor.
                           N. 6. Die Flasche enthielt etwas
                              Aezkali-Aufloͤsung, die Roͤhre weißen Arsenik in Stuͤken
                              und als Pulver. Diese Flasche wurde wegen ihres Aussehens im October 1829
                              geoͤffnet und blieb dann drei Jaͤhrt lang unangetastet. Die arsenige
                              Saͤure war allem Anscheine nach unveraͤndert; die
                              Kaliaufloͤsung war truͤbe. Bei der chemischen Untersuchung ergab sich,
                              daß sie sehr stark auf das Glas gewirkt hatte; sie hatte so viel Kieselerde
                              aufgeloͤst, daß sie auf Zusaz einer Saͤure ganz gelatinirte; sie hatte
                              auch eine betraͤchtliche Menge Blei aufgeloͤst, enthielt aber keine
                              Spur arsenige Saͤure; so daß diese Substanz, obgleich sie bei 600°
                              sehr fluͤchtig ist, bei gewoͤhnlichen Temperaturen in
                              Beruͤhrung mit Wasserdampf und Luft nicht verdunstet.
                           N. 7. War etwas von der bei diesen Versuchen gebrauchten
                              Schwefelsaͤure, welche man zur Vergleichung aufbewahrte.
                           N. 8. Die Fluͤssigkeit in der Flasche bestand zur
                              Haͤlfte aus Schwefelsaͤure und zur anderen Haͤlfte aus Wasser;
                              die Roͤhre enthielt Stuͤke von salzsaurem Ammonium. Die
                              Salmiakstuͤke erschienen beim Oeffnen der Flasche nicht veraͤndert; es
                              war weder Feuchtigkeit um sie, noch konnte ich Spaltungen in denselben bemerken. Die
                              Schwefelsaͤure wurde mit schwefelsaurem Silber auf Salzsaͤure
                              gepruͤft, zeigte aber keine Spur davon; salzsaures Ammonium ist also unter
                              diesen Umstaͤnden fix.
                           N. 9. Die Flasche enthielt etwas Aufloͤsung von
                              schwefelsaurem Eisenperoxyd; die Roͤhre Krystalle von eisenblausaurem Kali.
                              Beide waren unveraͤndert; weder um die Krystalle noch in der
                              Fluͤssigkeit war Berlinerblau: keines der beiden Salze wurde
                              verfluͤchtigt.
                           
                           N. 10. Die Flasche enthielt etwas
                              Aezkaliaufloͤsung, die Roͤhre Stuͤke von Calomel. Das Kali
                              hatte hier auf das Glas gewirkt wie in N. 6; der Calomel
                              war nicht im Geringsten verfluͤchtigt worden. In der Kaliaufloͤsung
                              war weder Queksilberoxydul noch irgend eine andere Substanz, aus welcher man auf die
                              Verdampfung von etwas Calomel haͤtte schließen koͤnnen.
                           N. 11. Die Flasche enthielt eine
                              Aezkaliaufloͤsung; die Roͤhre Stuͤke von aͤzendem
                              Sublimat. Das Kali hatte hier wie bei N. 10. auf das
                              Glas gewirkt; es trat auch Kohlensaͤure durch den Stoͤpsel ein, so daß
                              die Flasche kein aͤzendes Kali mehr enthielt, aber es waren deutliche
                              Anzeigen da, daß der aͤzende Sublimat verfluͤchtigt worden war und
                              kleine Krystalle davon zeigten sich auch unten am Stoͤpsel der Flasche;
                              aͤzender Sublimat ist also bei gewoͤhnlichen Temperaturen
                              fluͤchtig.
                           N. 12 u. 13. Die Flaschen enthielten eine
                              Aufloͤsung von chromsaurem Kali; von den Roͤhren enthielt die eine
                              Chlorblei als Pulver, die andere salpetersaures Blei in Krystallen. Bei beiden
                              Versuchen hatte das chromsaure Kali auf das Blei des Glases gewirkt und es gelb und
                              undurchsichtig gemacht, so daß es unentschieden blieb, ob die Bleisalze
                              verfluͤchtigt worden waren oder nicht.
                           N. 14. Die Flasche enthielt eine Aufloͤsung von
                              Jodkalium; die Roͤhre Chlorblei. Beide blieben unveraͤndert. Die
                              Aufloͤsung des Joduͤrs war vollkommen klar und farbenlos; keine Spur
                              Chlorblei war in Dampf uͤbergegangen.
                           N. 15. Die Flasche enthielt eine Aufloͤsung von
                              salzsaurem Kalk, die Roͤhre Krystalle von kohlensaurem Natron. Ein Theil des
                              Wassers ging zu dem kohlensauren Natron uͤber; aber sowohl dieses als die
                              ruͤkstaͤndige Aufloͤsung von salzsaurem Kalk war vollkommen
                              klar. Es hatte sich von beiden Salzen nichts verfluͤchtigt.
                           N. 16. Die Flasche enthielt verduͤnnte
                              Schwefelsaͤure; die Roͤhre salpetersaures Ammoniak in Stuͤken.
                              Leztere war etwas feucht. Bei der Untersuchung der Saͤure ergab sich, daß sie
                              etwas Salpetersaͤure enthielt, waͤhrend das in N. 7. aufbewahrte Muster derselben vollkommen frei von
                              Salpetersaͤure war. Es moͤchte hiernach scheinen, daß salpetersaures
                              Ammoniak bei gewoͤhnlichen Temperaturen ein fluͤchtiges Salz ist,
                              obgleich es sich moͤglicherweise langsam zersezen kann und so
                              Salpetersaͤure oder ihre Elemente uͤbergehen moͤgen.
                           N. 17. Die Flasche enthielt eine Aufloͤsung von
                              schwefelsaurem Kupferoxyd; die Roͤhre Krystalle voll eisenblausaurem Kali.
                              Die Krystalle hatten fast alles Wasser von dem Kupfersalze angezogen; aber sowohl
                              die Aufloͤsung des eisenblausauren Kalis als diejenige des Kupfersalzes
                              hatten ihre eigenthuͤmliche Farbe, und keine war braun geworden; keines der
                              Salze war verfluͤchtigt worden.
                           
                           N. 18. Die Flasche enthielt eine Aufloͤsung von
                              essigsaurem Blei; die Roͤhre Jodkalium. Das essigsaure Blei ist jezt troken,
                              das Jodkalium zog alles Wasser an und bildete eine braune Aufloͤsung, worin
                              freies Jod ist. In der Roͤhre zeigt sich kein Jodblei, wohl aber in der
                              Flasche, hoͤchstwahrscheinlich in Folge der Verdunstung freien Jods aus der
                              Aufloͤsung in der Roͤhre.
                           Nach diesen Versuchen moͤchte es scheinen, daß man keinen Grund hat
                              anzunehmen, daß Wasser oder seine Daͤmpfe solche Substanzen, welche nur bei
                              hoͤheren Temperaturen fluͤchtig sind, im Geringsten fluͤchtig
                              macht, und daß folglich die natuͤrliche Verdunstung keine Wirkungen dieser
                              Art auf die Atmosphaͤre hervorbringen kann.
                           Es moͤchte auch scheinen, daß salpetersaures Ammoniak, aͤzenden
                              Sublimat, Kleesaͤure und vielleicht kleesaures Ammoniak Substanzen sind,
                              welche bei gewoͤhnlichen Temperaturen Daͤmpfe ausstoßen.